Ökumenisches Heiligenlexikon

Albert Schweitzer

Gedenktag evangelisch: 4. September

Name bedeutet: durch Adel glänzend (althochdt.)

Theologe, Musiker, Arzt, Wohltäter
* 14. Januar 1875 in Kaysersberg im Elsass in Frankreich
4. September 1965 in Lambaréné in Französisch Äquatorialafrika, heute Gabun


Kirche und Geburtshaus in Kaysersberg von hinten
Kirche und Geburtshaus in Kaysersberg von hinten

Albert Schweitzer wuchs auf im Pfarrhaus des oberelsässischen Günzbach - dem heutigen Gunsbach -, wo sein Vater Dorfpfarrer war. Im Alter von 17 Jahren gab er in der Stefanskirche, der reformierten Hauptkirche, in Mülhausen - dem heutigen Mulhouse - sein erstes Orgelkonzert, noch während er dort das damalige Gymnasium besuchte. Ab 1893 studierte er an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität in Straßburg Theologie und Philosophie und ließ sich zugleich zum Organisten ausbilden.

Stefanskirche in Mülhausen
Stefanskirche in Mülhausen

1894/1895 leistete Schweitzer sein Militärjahr beim Infanterieregiment 143 in der Manteuffel-Kaserne in Straßburg. An Pfingsten 1896 fasste er den Entschluss, ab seinem 30. Lebensjahr einen Beruf auszuüben, mit dem er den Menschen helfen wolle. Er setzte das Studium der Philosophie und der Musik in Paris fort, ab 1899 an der Humboldt-Universität in Berlin, wo er in Philosophie promovierte. 1900 wurde er mit einer Arbeit über das Abendmahl auch zum Doktor der Theologie promoviert; schon seit 1898 wurde er als Vikar an der Nikolauskirche in Straßburg eingesetzt. In seinem großen Buch über Johann Sebastian Bach zeichnete er Bach als Dichter und Maler in Tönen; als Herausgeber der Orgelwerke Bachs erwarb er sich große Verdienste.

1902 erfolgte an der Universität in Straßburg die Habilitation in Evangelischer Theologie mit der Schrift Das Messianitäts- und Leidensgeheimnis (Jesu). Schweitzer wirkte nun als Privatdozent für Neues Testament und ab 1903 als Direktor des Seminars an der Thomaskirche. Für die Theologie von Bedeutung wurde sein 1906 erschienenes Werk Leben-Jesu-Forschung. Von Reimarus zu Wrede; er erkannte darin die Liebesethik als bleibenden Kern des historischen Jesus, die über das Christentum hinaus gilt und weltanschaulich nicht an ihren Ursprung gebunden ist.

Schon 1905 hatte er öffentlich erklärt, Urwaldarzt werden zu wollen und deshalb mit dem Studium der Medizin begonnen; 1912 erhielt er die Approbation als Arzt. Im selben Jahr heiratete er Helene geb. Breßlau, Tochter eines Straßburger Historikers, und wurde ihm der Titel eines Professors verliehen auf Grund seiner anerkennenswerten wissenschaftlichen Leistungen. 1913 erfolgte die Promotion zum Doktor der Medizin mit einer Dissertation über Die psychiatrische Beurteilung Jesu; im selben Jahr erschien seine Geschichte der Leben-Jesu-Forschung.

Albert Schweitzer bei der Arbeit in Lambarene
Albert Schweitzer bei der Arbeit in Lambaréné

Noch 1913 reiste Albert Schweitzer mit seiner Frau Helene nach Afrika und gründete auf dem Gelände der Pariser evangelischen Mission in Andende - einem Stadtteil von Lambaréné - in Gabun - sein erstes Spital. Er begann in einem alten Hühnerstall, den er bald in einen Operationssaal umwandelte, fügte dann kleine Bambuspavillons für die Kranken an. Seine Frau wirkte als Verwalterin und Krankenschwester, ein Einheimischer assistierte ihr und diente als Dolmetscher. Wegen des weitverzweigten Flussnetzes war der Ort aus allen Himmelsrichtungen erreichbar. Nach der Fertigstellung des Krankenhausbaus konnte er ans andere Flussufer, nach Lambarene, umziehen.

1915 benutzte Schweitzer nach einer Schifffahrt auf dem Fluss Ogove erstmals den für sein weiteres Leben zentralen Begriff der Ehrfurcht vor dem Leben; darin sah er zusammengefasst das Grundprinzip des Sittlichen: Gut ist: Leben erhalten, Leben fördern, entwicklungsfähiges Leben auf seinen höchsten Wert bringen. Böse ist: Leben vernichten, Leben schädigen, entwickelbares Leben niederhalten. Dieses Grundprinzip sei denknotwendig, absolut und universal, Ausgangspunkt dieses Denkens ist ihm die Erkenntnis: Ich bin Leben, das leben will inmitten von Leben, das leben will.

Der Erste Weltkrieg machte einen weiteren Ausbau seiner Krankenstation unmöglich, 1917 wurde Schweitzer wegen seiner deutschen Staatsbürgerschaft als Zivilinternierter nach Südfrankreich interniert, 1918 konnte er nach Straßburg zurückkehren und arbeitete dort als Arzt und Vikar an der Nikolaikirche. 1919 lernte er den schwedischen Erzbischof Nathan Söderblom kennen, der fortan seine Arbeit kräftig unterstützte. Durch Vorträge, Bücher und Orgelkonzerte gelang es Schweitzer, weitere Finanzmittel einzutreiben. 1924 kehrte er nach Afrika zurück, wo er nun ein größeres Krankenhaus bauen konnte. Bald wurde die Raumnot aber wieder zu groß, er begann, drei Kilometer oberhalb der Missionsstation seine dritte Krankenstation zu bauen. Das 1927 bezogene neue Spital Lambaréné bot mehr als 200 Patienten Platz, europäische Ärzte und Krankenschwestern unterstützten Schweitzer. Im Zweiten Weltkrieg blieb die Einrichtung aufgrund ihrer weltweiten Bekanntheit unzerstört.

Karikatur: 'Mr. Schweitzers Appell zum Stopp der Atombomben-Tests - ein Ruf aus der Zivilisation'
Karikatur: Mr. Schweitzers Appell zum Stopp der Atombomben-Tests - ein Ruf aus der Zivilisation

1928 erhielt Schweitzer den Goethepreis der Stadt Frankfurt; mit dem Preisgeld ließ er in Günzbach ein neues Haus bauen, in dem er dann während seiner Aufenthalte in Europa lebte. 1949 unternahm Schweitzer seine erste Reise in die USA, wo man in ihm den größten Mann des Jahrhunderts sah. 1951 wurde Schweitzer mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet, für 1952 erhielt er den Friedensnobelpreis 1 - mit dem Preisgeld errichtete er ein Lepradorf in Lambaréné -, 1955 den Orden Pour le mérite in der Friedensklasse 2, hinzu kamen Ehrendoktorwürden zahlreicher Universitäten.

Aufsehen lösten 1957 drei vom Rundfunk in Oslo ausgestrahlte Reden aus, in der er gegen die Kernwaffenversuche auftrat und zur Vernunft angesichts der atomaren Weltgefahr mahnte; sie erschienen als Buch unter dem Titel Friede oder Atomkrieg und wurden in viele Sprachen übersetzt. Immer größer wurde seine Wirksamkeit im europäischen Kulturleben durch Orgelkonzerte, Vorträge und Reden; seine ethischen Impulse wurden nicht nur im europäischen Raum, sondern in der ganzen Welt gehört und gewürdigt. Anfang 1965 besuchten ihn zahlreiche Repräsentanten aus aller Welt anlässlich seines 90. Geburtstages in seinem Krankenhaus in Afrika.

Das Krankenhaus Lambaréné wurde 1974 von einer internationalen Stiftung übernommen und ist heute ein Spital, in dem hervorragende medizinische Leistungen erbracht werden.

Das Deutsche Albert-Schweitzer-Zentrum informiert über Schweitzer und sein Wirken und das Hospital Lambaréné auf seiner Homepage.

Auch die Albert-Schweitzer-Stiftung in Weimar informiert auf ihrer Homepage umfassend und sehr interessant.

Die Homepage der Internationalen Albert Schweitzer Vereinigung mit Sitz in Günzbach informiert über Schweitzer und sein Werk, betreibt das Schweitzer-Museum und sammelt Spenden für Lambaréné.

Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet bietet in seinem Artikel über Albert Schweitzer umfassende und fundierte Informationen.

1 Er wurde 1953 rückwirkend verliehen und 1954 von Schweitzer entgegengenommen.

2 Der Orden Pour le mérite in der Friedensklasse für Wissenschaften und Künste, ist ein 1841 vom preussischen König Friedrich Wilhelm IV. auf Empfehlung von Alexander von Humboldt gestifteter Orden, der vom Bundespräsidenten Theodor Heuss nach dem 2. Weltkrieg als Protektor des Ordens wieder aufgegriffen wurde und seither - wie auch schon früher - als Ordensgemeinschaft besteht, die sich selbst ergänzt. Er ist, ohne ein offizieller Orden der Bundesrepublik zu sein, der höchste in Deutschland verliehene Orden für Wissenschaft und Kunst. Der ursprüngliche, von König Friedrich II. von Preussen gestiftete Orden Pour le mérite für militärische und zivile Verdienste wurde seit König Friedrich Wilhelm III. nur noch für militärische Verdienste verliehen und endete mit dem Ende der Monarchie 1918. Der Orden für Wissenschaft und Kunst bestand aber weiter und wurde dann von Bundespräsident Heuss erneuert.
Hartwig A. W. Niemann, Oberlandeskirchenrat i.R. aus Braunschweig

Das von Schweitzer erbaute Haus in Günzbach ist heute Museum und Archiv zum Lebenswerk des Nobelpreisträgers; es ist - dienstags bis samstags - von 9 Uhr bis 11 Uhr und von 14 Uhr bis 16.30 Uhr geöffnet, der Eintritt beträgt 5 €. (2015)
Im Rathaus von Günzbach ist der ehemalige Schulsaal, in dem Albert Schwitzer die Elementarschule besuchte; er ist heute Afrika-Museum mit denselben Öffnungszeiten, der Eintritt beträgt zusätzlich 1 €. In der Kirche daneben gibt es auch eine kleine Ausstellung und die auf Schweitzers Initiative erneuerte Orgel zu sehen, geöffnet mittwochs bis samstags von 15 Uhr bis 18 Uhr. (2015)
Neben Schweitzers Geburtshaus in Kaysersberg ist ein Museum eingerichtet, das von Mitte März bis Mitte November jeden Tag von 9 Uhr bis 12 Uhr und von 14 Uhr bis 18 Uhr - von Juli bis September bis 19 Uhr - geöffnet ist; der Eintritt beträgt 2 €. (2015)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 29.09.2023

Quellen:
• Klaus Kienzler. In: Friedrich-Wilhelm Bautz †, Traugott Bautz (Hg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. IX, Herzberg 1995
• http://www.schweitzer.org/
• http://www.vetschau.de/dr.-albert-schweitzer/

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.