Friedrich Christoph Oetinger
Gedenktag evangelisch: 10. Februar
Name bedeutet: F: der Friedensreiche (althochdt.)
C: der Christusträger (griechisch)
Friedrich Christoph Oetinger war das dritte von elf Kindern des Stadt- und Amtsschreibers in Göppingen, Johann Christoph Oetinger und seiner Frau Rosina Dorothea geb. Wölffing, und wurde in der Stadtkirche getauft. Ab 1717 besuchte er die evangelische Klosterschule in Blaubeuren, dann in die in Bebenhausen, ab 1722 studierte er Theologie im Stift in Tübingen. Er lernte Jakob Böhme kennen und kehrte der vorherrschenden Aufklärungstheologie den Rücken, sein Vorbild wurde Johann Albrecht Bengel, dessen bedeutendster Schüler er war: er wies Oetinger einen Weg, die Trennung von Naturwissenschaft, Medizin und Theologie zu überwinden.
In seiner Jugend lernte Oetinger rastlos, mit großer Planmäßigkeit und großer Weite, in den Wissenschaften der Antike
wie der Gegenwart. Geradezu körperlich litt er unter, wie er fand, den lebensfeindlichen Konsequenzen einer formalen,
idealistischen
Wissenschaft, die das Leibliche, die Gefühle und die Nähe zur Lebenswirklichkeit verleugnet.
Oetinger wollte an Stelle von Aufklärung und Orthodoxie, die beide nur den Verstand ansprachen, eine Theologie als
Begründung aller Wissenschaften und aller Wirklichkeitsdeutung entwickeln. Er versuchte, Gegensätzliches zusammen zu
bringen, um die Menschen der entdeckungsfreudigen Neuzeit auf die Zukunft vorzubereiten, denn die Zukunft gehöre Gott,
nicht dem Teufel, das war seine Überzeugung. Ab 1730 lehrte Oetinger als Repetent am
Tübinger Stift; 1734 studierte er Medizin an der
Universität in Leipzih - diese stand damals an der Stelle des heutigen
Paulinums
, des ehemaligen Klosters der
Dominikaner mit der Kirche St. Pauli, das nach seiner
Aufhebung 1543 die Universität beherbergte; die Kirche wurde 1968 abgerissen, 2007 bis 2017 wurde das heutige Gebäude mit
wissenschaftlichen Instituten und Universitätskirche errichtet. Oetinger setzte sein Medizinstudium an der Universität in
Halle fort - ihr Gebäude, die Ratswaage
,
stand vor dem heutigen Ratshof. Weitere Reisen waren Ausdruck von Oetingers Krisen und Auseinandersetzungen.
Bei dem deutsche Philosophen
Jakob Böhme, in der Kabbala der
jüdischen Mystik und der antiken und neuplatonischen Philosophie fand Oetinger Grundbausteine seiner Theologie und
Philosophie. In den verschiedensten frommen Gruppen, vor allem in
Graf von Zinzendorf und seiner
Brüdergemeine entdeckte er viel gelebtes Christentum, doch auch
Einseitiges und Enge; 1734 trennte er sich von Zinzendorf. Dann gehe ich doch lieber zur Kirche
, dem allgemeinen
Weg Gottes
, sagte er sich nach zehnjähriger Prüfung. 1738 kam er als Pfarrer nach
Hirsau, heiratete und wurde sesshaft. 1743
übernahm er die Pfarrstelle in Schnaitheim bei
Heidenheim, 1746 die in Walddorf bei Tübingen.
1752 wurde er Dekan in Weinsberg, 1759 Dekan in
Herrenberg und 1766 Prälat in
Murrhardt.
Mit umfassender Bildung und dem unstillbaren Streben, Gott überall in der Welt am Werk zu finden, beschäftigte Oetinger
sich mit fast allen Wissenschaften und verfasste weit über 100 Werke. Er war in Kontakt mit dem Priester Prokop Diwisch in
Mähren, der sich mit dem Bau von
Blitzableitern beschäftigte und gab - als das wohl erste deutschsprachige Fachbuch zur Elektrizität - dessen in Mähren
verbotene Anleitung zum Blitzableiterbau heraus; ob man mit Blitzableitern in Gottes Handeln eingreifen dürfe, war eine
theologisch brisante Frage. Für Oetinger war es keine Frage, dass Gottes Wort und sein in der Welt und Natur sichtbares
Wirken eine Einheit sind: Das Wort ward Fleisch
(1. Johannesevangelium 1, 14) war ihm eine besonders wichtige
Bibelstelle.
Wichtig war Oetinger die Treue zum biblischen Text; die Bibel beinhalte nicht bloße Gleichnisreden, die man nicht
so genau nehmen müsse
. Seine Predigten, seine Lieder, die Selbstbiographie und manche theologischen Schriften werden
bis heute aufgelegt, jüngst sein Biblisches und emblematisches Wörterbuch
von 1776, eines seiner Hauptwerke.
Oetinger war als frommer Mensch, als Anhänger des Pietismus, der tiefen
Überzeugung, dass Christen in Solidarität mit allen Menschen für das soziale, technische, kulturelle Wohl auf dieser Welt
sorgen können, weil sie an Gott, den Schöpfer und den Heiligen Geist glauben.
Christus bringt das Heil nicht nur einzelnen Menschen, sondern für alle
und für die ganze Natur; Christen leben deshalb zukunftsweisend und erwarten die Ankunft einer für die Schöpfung
güldenen Zeit
. Mit weitem Herzen und gelassen sollen sie in Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur
Mitverantwortung als Vorarbeit für das Reich Gottes übernehmen.
Bis heute viel zitiert ist die ihm zugesprochene Gebetsbitte 1: Gott gebe mir die
Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht Ändern kann; den Mut, Dinge zu Ändern, die ich Ändern kann; und die Weisheit,
das eine vom anderen zu unterscheiden.
1 ▲ Tatsächlich geht das Gebet auf den evangelischen Theologen Reinhold Niebuhr und das Jahr 1943 zurück, wie die Württembergische Landesbibliothek überzeugend aufzeigt.
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 18.10.2023
Quellen:
•
• Evang. Gemeindeblatt für Württemberg 6/2007
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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