Das Grab des Petrus
Prof. Helmut Bouzek aus Wien hat für uns in einem ausführlichen Bericht die wesentlichen Überlieferungen und Erkenntnisse über das Petrus-Grab dargestellt:
Das erste Petrusgrab befand sich nach der Überlieferung in der Nekropole auf dem
Vatikan
.
Im Jahr 1940 stieß man bei Bauarbeiten in den Vatikanischen Grotten für das Grab Pius' XI. auf eine römische Nekropole. Im Verlauf der Grabungen entdeckte man Mausoleen und an einer unter dem heutigen Papstaltar gelegenen Stelle einfache Erdgräber. Diese Gräber liegen auf einem bescheidenen, kleinen Platz, Teil eines größeren Friedhofes, der vor der Erbauung der Mausoleen zur Bestattung der Toten diente, die nicht reich genug für einen Grabbau waren. Dieses 7 x 4 Meter messende Feld blieb auch dann frei, als vom 2. Jahrhundert an die Familiengräber der Reichen entstanden. Dass beim Bau der Mausoleen, bei dem man auf den übrigen Friedhof keine Rücksicht nahm, gerade dieser kleine Hof ausgespart wurde (die Entdecker haben ihn Campo B genannt), hatte möglicherweise einen besonderen Grund.
In der Mitte des 2. Jahrhunderts wurde er im Westen mit einer Mauer
eingefasst (aufgrund der roten Verputz-Färbung Muro Rosso genannt), in der zwei
übereinander liegende Nischen eingebaut sind; sie sind durch eine auf zwei
kleine Säulen ruhenden Marmorplatte getrennt und bilden eine kleine Ädikula
(Grabgebäude) über einem Erdgrab. In der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts
wurde die Ädikula mit Marmordekoration geschmückt und durch zwei kleine Mauern
eingerahmt (Muro g im Norden und Muro s im Süden). Beim Bau der Peters-Basilika
im 4. Jahrhundert hielt man dieses Grab für bedeutsam. Trotz des starken
Gefälles und der Nekropole, die einem derartigen Bauvorhaben sicher im Wege
standen, ließ Konstantin
die Basilika hier errichten, denn die kleine Ädikula sollte in der Mitte des
Presbyteriums zu stehen kommen: sie war das Denkmal, das im 2. Jahrhundert
über der Grabstätte Petri errichtet wurde (?). Nach Abbruch der umliegenden
Mauern stand so das kleine Grabmal Petri - mit der Mauer g, in der eine
Marmornische für die Petrus-Reliquien angelegt wurde - im Mittelpunkt der
konstantinischen Basilika. Hinterfront und Seiten erhielten eine Verkleidung
aus phrygischem Marmor in Porphyr-Fassung, und über dem Ganzen wurde ein
Altar-Baldachin auf gewundenen Säulen errichtet. In der Folge entstanden über
diesem Monument nacheinander die Altäre Gregors
I., Callistus' II. und Clemens' VIII.; letzterer ist der heutige Papstaltar,
Altar der Confessio
genannt.
Ungeachtet der Tatsache, dass der Aufenthalt des Petrus in
Rom umstritten bzw. nicht beweisbar ist, können
Überlegungen hinsichtlich seines Grabes angestellt werden. Petrus könnte im Sommer oder Frühherbst des Jahres 64 an der
Nordseite des Zirkus' des => Nero gekreuzigt und danach nahe der Zirkusmauer,
beim ersten Meilenstein an der Via Cornelia, wo die Opfer gewöhnlich vergraben wurden, bestattet worden sein. Ob Papst
Anenkletos 30 Jahre später über dem Grab ein Oratorium errichten ließ,
ist äußerst fraglich. In der ersten Zeit nach Petrus' Tod jedenfalls wurden seine Gebeine
mehrfach an sichere Orte überführt. So z. B. befand sich in der sogenannten Platonia in der
San Sebastian-Katakombe die zeitweilige
Begräbnisstätte für die Gebeine des Petrus und des Paulus. Darüber hinaus gilt der mit
einer halbrunden Apsis versehen Raum R
der San Sebastian-Katakombe wegen der eingravierten Worte Domus Petri
als
die Grabstätte des Apostels.
Um 200 glaubte der römische Presbyter Gaius das Petrusgrab zu kennen: auf dem
Vatikan
. Von der Kreuzigung und der Bestattung
in den Gärten des => Nero berichtete erstmals Bischof
Eusebius im 4. Jahrhundert. Der
Jesuit und Archäologe Engelbert Kirschbaum, der eine ganze Kette von Beweisen
für
die Echtheit des Petrusgrabes unter der Peterskirche
zusammengestellt hat, nahm für eine Enthebung der Gebeine des Petrus aus diesem Grab
das Jahr 258 an. Der Grund ist fraglich und für die Durchführung gibt es keine Beweise. Auch konnte er bloß glauben …,
dass man nur das Haupt entnahm
. Am Ende des 11. Jahrhunderts ist erstmals die Vermutung geäußert worden, die Köpfe von
Petrus und Paulus seien vom jeweiligen Rumpf getrennt worden, um in der Kirche
San Giovanni in Laterano, der Papstkathedrale
und Mutterkirche des Christentums, aufbewahrt zu werden.
Seit Kaiser Konstantin I. hat man angeblich Petrus' Grab in St. Peter verehrt - und gesucht! Stimmt es, dass man das Haupt des Petrus im Lateran aufbewahrte, so ergibt sich daraus, nach den alten Gesetzen Roms und den Kanones der katholischen Theologie, dass Petrus nicht unter dem Petersdom begraben sein kann. Wo der Kopf ist, ist nach der alten Maxime die Grabstätte. Selbst heute gilt in der pastoralen Praxis der Kopf als der wichtigste Teil des Leichnams. Im Fall eines enthaupteten oder verstümmelten Toten wird der Kopf mit heiligem Öl gesalbt.
Es gab eine Gelegenheit, bei der Petrus' Kopf wieder zu seinem Rumpf gekommen sein könnte. 1241 marschierte Kaiser Friedrich II. nach Rom. Viele Bürger hatten das Papsttum satt und bereiteten sich darauf vor, die Stadttore zu öffnen, um die Invasoren einzulassen. Papst Gregor IX. kam auf den Gedanken, mit den Häuptern der beiden Apostel eine Prozession vom Lateran zur Peterskirche zu veranstalten. Es funktionierte! Den Bürgern Roms wurde klar, dass sie nicht nur ihr Erbe verlieren würden, sondern auch ihre wichtigste Einnahmequelle; sie standen zusammen, um die Gefahr abzuwenden. 1370 ließ Papst Urban V. die Häupter in juwelenbesetzte Silberbüsten fassen. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts stellte es sich heraus, dass dem Reliquar viele Edelsteine fehlten, sie wurden offensichtlich am Festtag Peter und Paul gestohlen, als das Reliquar ausgestellt war. Die Täter wurden gefasst und hingerichtet. 1799 stahlen Napoleons Soldaten das Reliquar. Sie nahmen die Juwelen mit, auch die Perlen, ließen aber die Reliquien zurück. Diese wurden, wie verlautet, mit intaktem Originalsiegel gefunden. Erhalten blieb ein Kieferknochen mit ein paar losen Zähnen und ein Stück eines Schädelknochens. Neue Goldreliquare wurden angefertigt, und nun ruhen die Häupter in dem Schrein über dem Papstaltar der Lateransbasilika.
Die spektakulärste Suche nach dem Grab des Apostelfürsten
erfolgte in den
Jahren 1940 - 1949. An den Grabungen waren beteiligt: der Archäologe Enrico
Josi, der Architekt Bruno Apollini-Ghetti sowie die Jesuiten
Antonio Ferrura und Engelbert Kirschbaum; Regie führte der aus Deutschland
stammende Prälat Ludwig Kaas (1881 - 1952). Am Vorabend des Weihnachtsfestes
1950 verkündete Pius XII. der aufhorchenden (katholischen) Menschheit, die
Forschung, die Wir von den ersten Monaten Unseres Pontifikates im Sinn hatten
,
seien, wenigstens soweit sie das Grab des Apostels betreffen, im Laufe des
Jubeljahres zu einem glücklichen Abschluss
gekommen. Das Ergebnis der sehr
genauen Forschung
nannte der Papst von höchster Reichhaltigkeit und
Bedeutung
, und auf die wesentliche Frage, die Frage, ob man wirklich das Grab
des heiligen Petrus wiedergefunden hat, antwortet das Schlussergebnis der
Arbeiten und Studien mit einem klaren JA. Das Grab des Apostelfürsten ist
wiedergefunden worden
.
Schon im darauf folgenden Jahr schrieb die katholische Herder-Korrespondenz
Orbis Catholicus
ziemlich kleinlaut: die Stelle, an der Petrus begraben wurde,
sei zweifelsfrei wiedergefunden
, das Apostelgrab selbst ist nicht mehr
vorgefunden worden
- eine Wortwahl, die Formulierungskunst und katholische
Schule verrät. Schließlich wollte und konnte man dem Papst nicht direkt
widersprechen. Gefunden wurde unter der Peterskirche
- in deren Nähe das Phrygianum, ein Heiligtum der Göttin Kybele, stand - eine Menge heidnischer
Gräber: bei den neusten Grabungen nicht weniger als 22 Mausoleen und zwei
offene Grabhöfe. Kirschbaums Grabungsbericht enthält zum Teil sehr vage
Aussagen. Die Resultate kritische Forscher - Adriano Prandi, Armin von Gerkan,
Theodor Klauser, A. M. Schneider u. a. - nötigten dem Jesuiten
immerhin das Zugeständnis ab, dass der (katholische) Grabungsbericht nicht
fehlerfrei
sei. Er räumt Unvollständigkeiten der Beschreibung
ein, spricht
von kleineren und größeren Widersprüchen
, nennt das errare humanum est
also
leider immer noch wahr
. Aber das Entscheidende, so möchte er glauben
, habe
die Kritik in keiner Weise … erschüttert
. Doch kann schließlich auch
Engelbert Kirschbaum nur konstatieren: Wurde also das Petrusgrab gefunden?
Wir antworten: Das Tropaion aus der Mitte des zweiten Jahrhunderts wurde
gefunden, aber das dazugehörige Apostelgrab wurde nicht im gleichen Sinne
. Dort, wo man das Grab Petri vermutete, fand
man gefunden
, sondern bewiesen, das heißt, durch eine Kette von Indizien wurde
seine Existenz festgestellt, obwohl materielle Teile
dieses ursprünglichen
Grabes nicht mehr vorhanden sindein Häuflein Gebeine
, und
sie gehören alle der gleichen Person
, wie
die ärztliche Prüfung ergab
. Ja, es steht fest, dass es tatsächlich die eines
alten Mannes sind. Und Petrus war bei seinem Tod ein alter Mann
.
Ein so verblüffender Beweis
, dass selbst Engelbert Kirschbaum es nicht
wagt, ein endgültiges Wort darüber zu sagen
. 1965 behauptete Margherita
Guarducci, eine Professorin für Altertumskunde an der Universität Rom, in
einem aufsehenerregenden Buch, die Reliquien des hl. Petrus zweifelsfrei
entdeckt zu haben. Da man aber nicht einmal das Grab des Petrus hatte, reagierte
zumindest die Fachwelt geziemend spärlich auf die neue Entdeckung
und dann
oft abweisend unfreundlich
. Als Venerando Correnti, ein anerkannter
Anthropologe, die Gebeine des vecchio robusto
, die angeblichen Knochen des
Petrus, untersuchte, identifizierte er sie als die Überreste von drei
Individuen, darunter so gut wie sicher die einer alten, etwa 70-jährigen Frau.
Papst Paul VI. verkündete jedoch am 26. Juni 1968 bei seiner Ansprache in der
Generalaudienz: Die Reliquien des hl. Petrus sind in einer Weise identifiziert
worden, die Wir als überzeugend annehmen können
.
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korrekt zitieren: Prof. Helmut Bouzek: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.
• Prof. Helmut Bouzek, E-Mail vom 4. Januar 2005
• http://www.stpetersbasilica.org/images.htm
• http://www.jakobus-weg.de/aRomweg/RomPZ.htm