Hinweise zu Stadlers »Heiligen-Lexikon« Abkürzungen
Theodard von Narbonne
Theodardus (Audardus), Ep. Conf. (1. Mai). Dieser hl. Erzbischof von Narbonne war um das J. 840, kaum später, zu Montauriol (Mons Aureolus), einem Städtchen am Einflusse des Tescou in den Tarn, wo heute Montauban steht, geboren. Die Namen seiner Eltern sind unbekannt, waren aber für seine Ausbildung sehr besorgt, wahrscheinlich von Adel und in guten Vermögensverhältnissen, da ihnen oder wenigstens ihren unmittelbaren Vorfahren die Mitstiftung des Klosters St. Martin zu Montauriol zugeschrieben wird. Er scheint zu Toulouse sich dem Studium der Rechte zugewendet und eine Zeit lang als Anwalt daselbst gewirkt zu haben, da er in einem dort verhandelten Rechtsstreite zwischen den Juden und dem Bischofe Bernard als deren Vertheidiger auftrat und ihre Sache mit dem besten Erfolge verfocht. (So die Boll.; nach Guerin V. 203 hätte er die Sache des Bischofes gegen die Juden vertheidigt.) Bei dieser Gelegenheit nahm der Erzbischof Sigebold von Narbonne, welcher zur Beilegung dieses Streites nach Toulouse gekommen war, den jungen vielversprechenden Jüngling mit sich. Die Hoffnungen dieses Oberhirten erfüllten sich so sehr, daß er ihm die Priesterweihe geben und ihn zu seinem Erzdiacon ernennen konnte. Auch das Volk gewann ihn lieb, denn er war (nach dem Propr. von Montauban) »dem Blinden ein Auge, dem Lahmen ein Fuß, den Armen ein Vater, allen Bedrängten ein Tröster.« Seine Gebete waren andächtig und ausdauernd; die canonischen Tagzeiten verrichtete er regelmäßig zu den festgesetzten Stunden. Im J. 885 wurde er nach dem Hinscheiden des Erzbischofes Sigeboldus einstimmig zu dessen Nachfolger erkoren und empfing am 15. Aug. d. J. die bischöfliche Consecration. Es ist bedeutsam. daß er unmittelbar darauf, ungeachtet die Wege zu Wasser und zu Land gleich unsicher waren, eine Romreise machte, um sich vom Papste Stephan VI. die Bestätigung und das Pallium zu erbitten. Er war ein äußerst thätiger, für Alles besorgter Oberhirte. Nicht bloß restaurirte er die Domkirche, sondern suchte auch sonst überall die Schäden auszubessern, welche die wiederholten Einfälle der Saracenen angerichtet hatten. Die bischöfliche Kirche von Ausonne, welche unter denselben am meisten gelitten hatte, stellte er schon im J. 886 wieder her. Besonders nahmen die in Saracenische Gefangenschaft gefallenen Christen seine Thätigkeit in Anspruch; er opferte für deren Auslösung nicht bloß seine Einkünfte, sondern auch die Werthsachen seiner Kirche. Später fand er Gelegenheit die letztere zu entschädigen: er schenkte ihr ein kostbares, mit einer Kreuzpartikel geschmücktes Kreuz und zwei schön gearbeitete Reliquienschreine. Jede freie Zeit verwendete er zur Lesung und Betrachtung der hl Schriften. Aber seine Kraft schwand allmählich dahin; die angestrengten Berufsarbeiten und sein strenges Leben raubten ihm den Schlaf; er hatte fast ununterbrochenes Fieber, das ihn aufs Aeußerste erschöpfte Dennoch wollte er sich die Ruhe nicht gönnen, deren er so sehr bedurfte. Noch im J. 891 finden wir ihn auf einer Bischofsversammlung zu Mehun an der Loire. Endlich begab er sich in seine heimathliche Gegend, um in den Erinnerungen seiner Jugend und an der dortigen milden Luft Geist und Körper zu erfrischen. Nachdem er sich kurze Zeit in Toulouse aufgehalten hatte, ließ er sich nach Montauriol ins St. Martinkloster bringen. Sein letztes Stündchen kam näher. Mit rührender Andacht empfing er die heil. Wegzehrung, nachdem er dem Abte und den Priestern des Convents eine öffentliche Beichte seiner Sünden abgelegt und die Lossprechung empfangen hatte. Bald darauf empfahl er seine Seele in die Hände der göttlichen Barmherzigkeit und schlummerte sanft und ruhig hinüber ins bessere Leben. Es war am 1. Mai d. J. 893 nach 8jährigem Episcopate. Schon im nächsten Jahrhunderte war seine Verehrung in Folge der an seinem Grabe geschehenen Wunder so allgemein, daß das Kloster den Namen St. Audard (Theodard) schon im J. 945 erhielt. Die Hugenotten entweihten und verwüsteten auch diese Stätte der Andacht. Die Reliquien des hl. Bischofes sind von dieser Zeit an bis auf einige kleine Reste, die zu Villebrumier aufbewahrt wurden, verschwunden. Im J. 1833 wurde ein Theilchen durch den Bischof Dubourg wieder in die Kathedrale von Montauban übertragen. Die Verehrung der Gläubigen und ihr Vertrauen zu der Fürbitte des Heiligen ist geblieben. (I. 141-156. VII. 540 u. Guerin.)