Franz Stock
auch genannt: Abbé Stock
Gedenktag katholisch: 24. Februar
Name bedeutet: der Franke (latein.)
Franz Stock, erstes von neun Kindern des Ehepaares Johannes Stock und Franziska geb. Schramm, besuchte das Realgymnasium
seiner Heimatstadt bis zum Abitur 1926. Schon
während seiner Schulzeit schloss er sich dem Bund Neudeutschland
und später der Quickbornbewegung
an, einer
katholischen Jugendbewegung; durch sie erlebte er eine ihn prägende internationale Jugendbegegnung mit über 10.000
Teilnehmern, die 1926 in Bierville bei Rouen von
dem Vorkämpfer der deutsch-französischen Verständigung Marc Sangnier veranstaltet wurde. 1926 bis 1932 studierte er an der
Theologischen Fakultät in Paderborn und als erster
deutscher Theologiestudent in Frankreich seit dem Mittelalter in
Paris. 1932 wurde er zum Priester geweiht.
Nach einer ersten Stelle als Seelsorger war er Vikar an St. Barbara in Dortmund-Eving. Dort lernte er neben Französisch auch Polnisch, um sich mit seinen vielen aus Polen stammenden Gemeindemitgliedern besser verständigen zu können. 1934 wurde er zum Rektor der deutschen Gemeinde in Paris berufen. Zur Betreuung von rund 500 Gemeindemitgliedern gehörten neben der seelsorglichen Tätigkeit auch viele sozial-caritative Aufgaben und bald auch die Hilfe für die vor den Nationalsozialisten geflohenen politischen Flüchtlinge. Kurz vor Kriegsbeginn am 1. September 1939 musste Franz Stock Paris verlassen und übernahm Vertreterstellen. Als im Juni 1940 Paris von der Deutschen Wehrmacht besetzt wurde, kam Franz Stock erneut als Seelsorger der Deutschen nach Paris. Als Standortpfarrer im Nebenamt begann er Anfang 1941 auch seine Tätigkeit in den Pariser Wehrmachtsgefängnissen; er betreute die Häftlinge und bereitete die zum Tode Verurteilten auf ihre Hinrichtung vor. In seinem Tagebuch erwähnt er 863 Erschießungen, denen er beiwohnen musste; kurz vor seinem Tod äußerte er, es seien über 2000 gewesen; die Gedenktafel auf dem Mont Valerien nennt eine Zahl von über 4500. Stock leistete aufopferungsvoll seinen Dienst an den ungerecht Verurteilten, gerühmt werden seine Menschlichkeit und sein Zugehen auf andere.
Als im August 1944 Charles de Gaulle Paris zurückeroberte, blieb Stock in der Stadt und half im Hospital la Pitié, mehr als 600 nicht transportfähige, verwundete deutsche Soldaten zu betreuen. Als der Offizier der französischen Truppen Franz Stock dort erkannte, den er als Gefangener der Deutschen kennengelernt hatt, ließ er das Lazarett unter den Schutz der Résistance stellen; seine Insassen waren vor Repressalien geschützt. Nachdem die Amerikaner das Lazarett übernahmen, wurde Stock amerikanischer Kriegsgefangener im Lager in Cherbourg. 1945 war Franz Stocks Gesundheit schwer angegriffen, er hätte in die Heimat zurückkehren können, beteiligte sich aber an der Gründung eines Priesterseminars, in dem deutschsprachige Priester und Seminaristen zusammengeführt werden sollten. Es wurde auf Initiative der französischen Regierung und mit Unterstützung des Apostolischen NuntiusDer Apostolische Nuntius ist der Botschafter des Staates Vatikanstadt in einem Land. Zugleich vertritt er den Papst als Kirchenoberhaupt gegenüber den Ortskirchen dieses Landes. Roncalli, des späteren Papstes Johannes XXIII., gegründet. Abbé Stock wurde gebeten, dieses Seminar als Regens zu leiten. Das Seminar wurde im April 1945 in Orléans eröffnet und im August nach Chartres verlegt. Dort wurden alle in französischer Kriegsgefangenschaft befindlichen Priester und Seminaristen zusammengelegt.
Im Juni 1947 wurde das Seminar aufgelöst, Franz Stock kehrte nach
Paris zurück. Im Dezember 1947 wurde zum
Ehrendoktor der Universität Freiburg im Breisgau
ernannt. Abbé Franz Stock starb dann plötzlich und unerwartet, noch keine 44 Jahre alt; sein Tod durfte in der Presse
nicht bekannt gegeben werden, da er noch immer den Status eines Kriegsgefangenen hatte, deshalb folgte seinem Sarg nur
ein knappes Dutzend Menschen; von der Familie konnte niemand teilnehmen, da sie keine Einreiseerlaubnis erhalten hatte.
Bei der Totenfeier in der Kirche St-Jacques-du-Haut-Pas sagte Nuntius
Roncalli: Abbé Franz Stock - das ist kein Name - das ist ein Programm!
. Die erste öffentliche Gedenkfeier fand
im Juli 1949 im Invalidendom statt, wo bis dahin noch nie ein Deutscher geehrt worden war. Pater Riquet, der Domprediger
von Notre-Dame, sagte in seiner Ansprache: Das ist die Paradoxie, dass ein deutscher Priester sich mitten im Kriege
zum Diener und Freund derer machte, die seine Regierung als die ärgsten Feinde betrachtete.
Die Familien der
Inhaftierten und Erschossenen stiften den Grabstein für Abbé Stock mit der Inschrift PAX.
In Frankreich erhielt Stock die Beinamen l'Aumônier de l'enfer
, der Seelsorger der Hölle
und l'Archange
en enfer
, der Erzengel in der Hölle
. Viele Widerstandskämpfer haben ihm
die Ehre erwiesen. Heute ist der Platz vor dem Mémorial de la France Combattante in
Paris, das an den Widerstand der Franzosen gegen
die deutsche Besatzungsmacht erinnert, nach Abbé Franz Stock benannt. 1963 wurden die
Gebeine von Paris nach
Chartres in die neu erbaute Kirche
Saint-Jean-Baptiste übertragen. 1998 fanden in Paris die Feierlichkeiten zum 50. Todestag von Abbé Franz Stock statt.
Höhepunkt war das Pontifikalamt in der Kathedrale von Chartres, das der Erzbischof von Paris, Kardinal Lustiger, zusammen
mit Bischof Lehmann, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, im Beisein des deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl
und dem Präsidenten des Senats und damit zweitem Mann der französischen Republik, zelebrierte.
Kanonisation: 2009 eröffnete der Erzbischof von Paderborn das Seligsprechungsverfahren für Franz Stock.
Worte von Franz Stock
Abbé Stock machte Tagebucheinträge über die Begleitung der dann Hingerichteten. Sein Eintrag vom 6. März
1942 erinnert an eine ähnliche Erfahrung der hl. Theresia von Lisieux
über die Bekehrung des wegen Mordes zum Tod verurteilten Pranzini:
Von St. Cloud Nachricht; dass um 4.30 Herr Albert R erschossen werden soll. Älterer Mann, wegen Waffenbesitz -
Maschinengewehrpistole und Munition -, praktizieren nicht mehr. Ganz trostlos, seine Frau soll ihn denunziert haben. Ehe
nicht in Ordnung kleines Kind, das er noch nicht gesehen hat. Hatte Totenzettel von seinem verstorbenen Sohn, 20 Jahre alt,
bei sich. Trotzt all meinen Versuchen, ihn zu den Sakramenten zu bewegen … Glaubte an keinen Gott und kein Jenseits,
bat mich aber doch, ihn zu begleiten. Ich betete öfter zu seinem toten Sohn, dass er uns helfe. Auf dem Weg zum Pfahl bat
ich ihn nochmal, an seine Seele zu denken, vergebens. Angebunden. Augen nicht verbunden, da rief er nach mir, fragte:
Haben Sie ein Kruzifix?
Ich sagte: Wollen Sie beten?
Betete ein Reuegebet, das er reumütig mitbetete, die
Hände gefaltet, gab ihm die Generalabsolution Dann bat er noch einmal um das Bild seines Sohnes, das er küsste. Auf dem
Friedhof Ivry begraben.
Freitag, den 20. November 42:
Nachmittags in Cherche-Midi. 1 Exekution war dort. Louis L wegen Feindbegünstigung vom Gericht in St-Cloud. 6 Uhr
erschossen. Im Dunkeln in Ivry beendigt. … Hat gut gebeichtet und kommuniziert, war sehr gefasst, lange nicht mehr
praktiziert, seine Frau und sein Sohn möchten doch auch ein christliches Leben führen. Das sei sein letzter Wünsch. Als
ich ihm den Segen gab, sagte er mir, nachdem er mich umarmt hatte:
Stellen Sie sich hinter die Soldaten, … dass ich
Sie sehe.
Am 26. April 1947 sprach er zu den etwa 165 deutschen Priesterseminaristen im Gefangenenlager u. a. folgendes:
Eine Zahl von der Vorsehung gewollter Heiliger wird genügen, unsere Epoche zu retten. Heilige, die sich ganz dieser
Aufgabe hingeben und die Werte unserer Zeit in Tugenden umsetzen werden, … Heilige, die ihre Bindung an das Vaterland
mit der Liebe zur gesamten Menschheit zu versöhnen wissen, hinweg über alle Ländergrenzen, Nationen, Rassen oder Klassen.
Es ist die Vorsehung, die uns diesen Anruf zur Heiligkeit entgegenschleudert durch die Stimme der Geschichte, und wir müssen
ihn hören, und der Welt die Botschaft von Freiheit und Frieden, Heil und Liebe zu bringen.
Quelle: Hanns Cornelissen: Abbé Franz Stock. Dreiklang einer Freundschaft. Deutscher Spurbuchverlag, Baunach 2001, S. 86 - 88, 132
Zitate von Franz Stock:
Stocks Primizspruch aus 1. Petrusbrief 1, 22 f lautete:
Weihet eure Seele durch Gehorsam gegen die Wahrheit zu aufrichtiger Bruderliebe und habt einander von Herzen lieb.
Ihr seid ja wiedergeboren nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, aus Gottes Wort!
Bei einer Predigt zur Weltausstellung in Paris 1937 spielte er auf die gemeinsame Verehrung des
hl. Michael durch Franzosen und Deutsche an:
Sollte uns dieser [dem hl. Michael geweihte] Altar nicht helfen können, die Brücke zu finden hin- und herüber?
Sollte es nicht möglich sein, dass unter dem Bild des hl. Michael, unter dem so viel gestritten und gekämpft worden ist,
des Schutzpatrons Deutschlands und Frankreichs, die Herzen sich finden zu gegenseitiger Achtung und Verständigung!
Angesichts der angeordneten Morde an Franzosen schreibt er in sein Tagebuch:
Armes Deutschland! Culpa gravissima [schwerste Schuld]! … Dies ist eine Sünde, die nicht vergeben wird!
Quelle: Hanns Cornelissen: Abbé Franz Stock. Dreiklang einer Freundschaft. Deutscher Spurbuchverlag, Baunach 2001, S. 35, 64, 118
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung
Die Website der Franz-Stock-Vereinigungen in Frankreich und Deutschland bietet ausführliche Informationen auch in französicher und englischer Sprache.
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- zuletzt aktualisiert am 26.10.2024
Quellen:
• http://www.franz-stock.org/index.php?option=com_content&view=article&id=46&Itemid=34&lang=de
• Robert Jauch. In: Friedrich-Wilhelm Bautz †, Traugott Bautz (Hg.): Biographisch-Bibliographisches
Kirchenlexikon, Bd. XXX, Nordhausen 2009.
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der
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https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.