Jeremias Gotthelf
bürgerlicher Name: Albert Bitzius
Gedenktag evangelisch: 22. Oktober
Name bedeutet: Gott richtet auf (hebr.)
Albert war Sohn des Pfarrers Sigmund Bitzius und dessen dritter Ehefrau Elisabeth Bitzius-Kohler, besuchte ab 1812 die
Literaturschule
in Bern und studierte
ab 1814 dort Theologie. Daneben war er als Hilfslehrer tätig, das Unterrichten blieb ihm zeitlebens eine Herzensangelegenheit,
Pestalozzi hatte er noch selbst gehört. 1820 wurde er Vikar bei seinem Vater in
Utzenstorf bei Bern, 1821/1822 absolviert er
zwei Semester an der Universität in Göttingen und
reiste durch Norddeutschland.
Ab 1824 war Albert Bitzius als Pfarrvikar in Herzogenbuchsee im Oberaargau tätig; hier erfuhr er von der Würde und Begabung, aber auch von den Bildungsmängeln der Bauern. Er engagierte sich wieder Fragen der Bildung, was ihn in Konflikt mit dem zuständigen Oberamtmann brachte; die angedrohte Strafversetzung wurde aufgeheoben, Bitzius stattdessen an die Heiliggeistkirche nach Bern versetzt, wo er sich in der Liberalen Partei engagierte.
1831 wurde Bitzius zunächst Vikar bei dem alten Pfarrer, im Jahr darauf Pfarrer in Lützelflüh im Emmental. Er heiratete Henriette Zeender, die Enkelin des inzwischen gestorbenen Pfarrers; mit dieser hatte die drei Kinder Henriette, Albert und Cécile. Dann zog er sich immer mehr zurück und begann, schriftstellerisch tätig zu werden.
1837 erschien Albert Bitzius' autobiografisches Werk Der Bauernspiegel oder: Lebensgeschichte des Jeremias Gotthelf,
von ihm selbst geschrieben
, zwei Jahre danach Die Leiden und Freuden eines Schulmeisters
, 1840 Die
Armennot
.
Albert Bitzius geißelte die bösen Menschen in ihrem durch die Erbsünde verderbten Leben und forderte eine Erneuerung des Familienlebens nach dem Vorbild der Lehren Pestalozzis. Beispielhaft umsetzen konnte er seine Ideen in der von ihm 1835 zunächst im nahen Weiler Sam, einem Ortsteil von Sumiswald, gegründeten Erziehungsanstalt für arme Jungen, die ab 1838 im Schloss in Trachselwald untergebracht war. Noch 1835 wurde er zum Schulkommissär ernannt; 1845 wurde ihm das Amt wieder aberkannt.
Zunehmend entwickelte sich Jeremias Gotthelf, wie er sich nun selbst nannte, zum Mystiker, der von der Verbindung von
Himmel und Erde und von der Offenbarung Gottes in der Natur ergriffen wurde. Die Poesie des Sonntags mit seiner Schönheit
als Erfahrung himmlischen Lichts in der dunkeln Welt steht dann im Mittelpunkt von Geld und Geist
von 1844. Gotthelf
sammelte Schweizer Sagen und Erzählungen aus dem Volksleben
und verfasste Romane. Sein Ideal einer von Fleiß,
Bodenständigkeit, Heimatliebe und Religiosität geprägten Gesellschaft sah Gotthelf durch Individualismus, Radikalismus und
die Industrialisierung bedroht. Diese Gefährdung gehe auch von Juden aus, die meist negativ dargestellt werden.
Die Novelle Die schwarze Spinne
von 1842 verarbeitet alte Sagen zu einer Erzählung über christlich-humanistische
Vorstellungen von Gut und Böse; Thomas Mann bekannte, dass er das Buch wie kaum ein zweites Stück Weltliteratur
bewundere. Walter Muschg meinte, Gotthelf sei fraglos nicht nur der größte, sondern der einzige Erzähler ersten Ranges
in der deutschen Literatur, der einzige, der sich mit Dickens, Balzac oder Dostojewskij vergleichen lässt
. Die kritische
Gesamtausgabe seiner Werke, erschienen 1911 bis 1951, umfasst 36 Bände.
In Trachselwald errichteten die Schüler
kurz nach Gotthelfs Tod ihrem Freund und Wohltäter
einen Gedenkstein. An Gotthelfs
Wirkungsstätte in Lützelflüh gibt es das kleine
Museum Gotthelf-Stube
; 2012 wurde im ehemaligen Pfarrhaus das Gotthelf-Zentrum
als Zentrum für Schweizer-
und Weltliteratur eröffnet.
Eine kurze Biographie und einige Werke von Jeremias Gotthelf gibt es online bei gutenberg.de.
Die Universität Bern arbeitet an einer historisch-kritischen Edition der Werke von Jeremias Gotthelf und hält Informationen hierzu bereit.
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
Die
Heiliggeistkirche in Bern ist dienstags bis
freitags von 11 Uhr bis 18.30 Uhr, sonntags von 13 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. (2021)
Das Gotthelf-Zentrum mit der zugehörigen
Gotthelf-Stube
in Lützelflüh ist von Mai bis Oktober täglich außer samstags von 13.30 Uhr bis 17 Uhr geöffnet, der
Eintritt beträgt 10 CHF. (2016)
Das Schloss in Trachselwald ist täglich von
8 Uhr bis 18 Uhr, samstags erst ab 9 Uhr, sonntags erst ab 12 Uhr zur Besichtigung geöffnet, der Eintritt ist frei. (2016)
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 15.10.2024
Quellen:
•
• http://www.gotthelf.ch/de/leben-und-wirken/biografie
• Infotafeln am Schloss in Trachselwald
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.