Ökumenisches Heiligenlexikon

Maria von der Menschwerdung Guyart Martin

französischer Ordensname: Marie de l'Incarnation

1 Gedenktag katholisch: 30. April
nicht gebotener Gedenktag in Kanada

Name bedeutet: die Beleibte / die Schöne / die Bittere / die von Gott Geliebte (aramäisch)

Ordensfrau, Missionarin
* 28. Oktober 1599 in Tours in Frankreich
30. April 1672 in Québec in Kanada


Hugues Pommier: Portrait
Hugues Pommier: Portrait

Maria Guyart war das vierte von acht Kindern des Bäckers Florent Guyart und der Jeanne geb. Michelet. Schon im Alter von acht Jahren hatte sie eine erste Vision, mit 14 Jahren wollte sie Nonne werden, musste aber ihrem Vater gehorchen und 1617 den Seidenfabrikanten Claude Martin heiraten, mit dem sie einen Sohn hatte. Als 1619 nach unglücklicher Ehe ihr Mann starb, arbeitete Maria in leitender Position im Transportunternehmen ihres Schwagers, führte nebenbei ein intensives Gebetsleben und gelobte 1621 Keuschheit, 1624/25 auch Armut und Gehorsam. 1625 erhielt sie daraufhin eine Schau der Dreinigkeit, dann eine der Menschwerdung Jesu, bei der dieser ihr Herz mit dem seinen verband. Nach einer zweiten Trinitätsvision 1627 trat sie 1631 in ihrer Heimatstadt in den Ursulinenorden ein mit dem Ordensnamen Maria von der Menschwerdung; kurz darauf empfing sie eine dritte, besonders intensive Schau der Dreieinigkeit.

1639 wurde sie gemäß ihrer Schau in einem prophetischen Traum als Missionarin nach Québec gesandt; im Traum hatte sie Kreuz ohne Ende, innere Verlassengheit von seiten Gott und der Geschöpfe bis zu einem Grad, der wahrhaft kreuzigend war, dazu ein Leben in völliger Verborgenheit geschaut. Zusammen mit drei Krankenschwestern aus dem Augustinerorden gründete sie den Konvent ihres Ordens und wurde dessen Oberin; in der Zeit des Beginns der Kolonialisierung Kanadas verlangte dies großes organisatorisches und spirituelles Geschick. Unter ihrer Leitung entstanden weitere Ordensniederlassungen. Der Konvent wurde Zentrum der Mission in Kanada und bildete französische und indianische Mädchen aus. Marias Hilfsbereitschaft und ihre Liebe zu den Ureinwohnern schloss diesen die Herzen auf, sie erlernte die Sprachen der Indianer, verfasste Wörterbücher und Katechismen in den Indianersprachen der Huronen, der Irokesen und der Algonkin.

Maria verfasste 1633 und 1654 autobiographische Schriften; ihr Sohn, gleichnamig wie ihr Mann Claude Martin, verfassste die erste Lebensgeschichte seiner Mutter und gab ihre mystischen Schriften sowie ihre Briefwechsel heraus. Papst Johannes Paul II. nannte sie bei der Seligsprechung Mutter der katholischen Kirche in Kanada.

Kanonisation: Maria von der Menschwerdung wurde am 22. Juni 1980 von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. Papst Franziskus dehnte ohne vorherigen Nachweis eines Wunders mit Dekret vom 3. April 2014 ihre Verehrung auf die gesamte Weltkirche aus.

Worte der Heiligen

Maria von der Menschwerdung hat von einem Bekehrungserlebnis berichtet, das sie während ihrer geschäftlichen Tätigkeit bei ihrem Schwager überraschte. Sie erzählt im Rückblick:

Eines Morgens wollte ich an meine Arbeit gehen. Ich hatte sie inständig Gott empfohlen. Plötzlich fühlte ich mich wie von einer inneren Kraft angehalten. Ich stand still, und meine Gedanken über das Geschäft waren ebenso plötzlich aus meinem Gedächtnis entschwunden. Im gleichen Augenblick öffneten sich mir die Augen des Geistes, und ich sah mit einer Deutlichkeit und Klarheit, die kein Menschenwort zu schildern vermöchte, alle Fehler, alle Sünden und Unvollkommenheiten, die ich von Anbeginn meines Lebens an begangen hatte, vor mir. Im gleichen Augenblick sah ich mich vollständig in Blut untergetaucht, und ich wusste genau, dass es das Blut Jesu Christi sei, an dessen Vergießung ich durch die Sünden, die mir so klar vor Augen standen, mitschuldig geworden war. Wenn mich Gottes Güte damals nicht gestützt hätte, ich glaube, ich wäre vor Schrecken gestorben. …
Ich sah, dass der Sohn Gottes für mich allein das Gleiche getan hätte, was er für alle getan hat. … Solche Visionen, solche Einwirkungen von oben dringen so tief in die menschliche Seele ein, dass sie in einem kurzen Augenblick über alles Klarheit schaffen, alles wirken. Mein Herz fühlte sich erhoben und ganz in die Liebe dessen umgewandelt, der mir dieses Zeichen seiner Erbarmung gegeben hatte, der mich seine Liebe erfahren und der mich an ihr leiden ließ. … Leiden durch die Reue, den Größten der Großen beleidigt zu haben, Ihn, der über alle menschliche Vorstellung erhaben ist.
Diese Liebe war so durchdringend und zugleich so erbarmungslos, weil sie mir keinen kleinsten Teil des ungeheuren Schmerzes erließ, der in mir brannte. Ich hätte mich in ein Feuermeer gestürzt, wenn ich sie so hätte zufriedenstellen können.
Was aber am unbegreiflichsten war, ihre Strenge dünkte mich süß. Sie schien meine Seele mit ihrer Wundermacht wie mit Ketten zu fesseln und fest an sich zu schließen, um sie dorthin zu führen, wohin sie wollte. Meine Seele war glücklich und ließ sich in die Fesseln schlagen.

Quelle: Henri Bremond: Falsche und echte Mystik (Jeanne des Anges und Marie de l'íncarnation). Regensburg 1955, S. 86f

Zitate von Maria von der Menschwerdung:

Es ist nicht möglich, lange ein geistliches Leben zu führen, ohne durch diese Versuchungen und Trübsale zu schreiten. Alle Heiligen mussten ja hindurch, um heilig zu werden. Sie sind notwendig.

Du musst nicht erstaunt sein, wenn du in deinen Handlungen Fehler entdeckst. Deine Augen werden in diesem Zustand der Einung, wohin der Geist Gottes dich ruft, aufgetan. Je mehr Licht der Geist dir gibt, desto mehr Unvollkommenheiten wirst du entdecken. Du wirst feststellen, dass sie immer feiner werden, aber auch immer vielfältiger. Es handelt sich da nicht mehr um grobe Laster oder solche Unvollkommenheiten, wie man sie früher begangen hat, aus Anhänglichkeit, durch Überraschung oder aus Gewohnheit. Jetzt sind deine Fehler viel innerlicher und viel schwerer zu benennen. Der Geist Gottes, der nichts Unreines duldet, lässt der Seele keine Ruhe, dass sie darauf aus ist, das, was schon gereinigt scheint, noch reiner werden zu lassen.



Ist die Seele in jenem Zustand (mystischen Lebens), dann wird sie in die getreue Praxis der Nachfolge Christi hineingenötigt. Sie verspürt nicht, wie das sonst wohl beim Beginn der Betrachtung der Fall ist, jene eigentümliche, durch Nachdenken verursachte Kopfanstrengung, auch nicht jenen glühenden Eifer, den man mit den Sinnen wahrnimmt und der zu sorgfältiger Gewissenserforschung und fleißigen Tugendakten antreibt. Aber sie sieht voll inneren Friedens mit einemmal in ihrem Herrn die göttlichen Tugenden, die er übte. Sie sieht sie und erfährt dadurch eine sanfte Anziehung, die sie dahin bringt, das Handeln ihres göttlichen Vorbilds zu übernehmen? Sie will und kann dann letztlich nichts anderes mehr sein als ein beständig zur Verherrlichung Gottes dargebrachtes Opfer.

Quelle: Henri Bremond: Falsche und echte Mystik (Jeanne des Anges und Marie de l'íncarnation). Regensburg 1955, S. 200f, 197

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung

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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 15.02.2022

Quellen:
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 6., Herder, Freiburg im Breisgau 1997
• Ferdinand Holböck: Die neuen Heiligen der katholischen Kirche, Band 1. Christiana, Stein am Rhein 1991
• http://de.radiovaticana.va/news/2014/10/11/live_bei_uns:_papst_feiert_dankmesse_f%C3%BCr_kanadische_heilige/ted-830386

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.