Ökumenisches Heiligenlexikon

Otmar von St. Gallen

auch: Othmar
eigentlich: Audomar, Audemar

1 Gedenktag katholisch: 16. November
Fest im Bistum St. Gallen
gebotener Gedenktag im Bistum Chur
nicht gebotener Gedenktag im Bistum Basel und im Erzbistum Freiburg im Breisgau
Übertragung der Gebeine: 15. April
zweite Übertragung der Gebeine: 25. Oktober

Name bedeutet: der durch Besitz Berühmte (althochdt.)

Klostergründer, erster Abt in St. Gallen
* um 689 in der Schweiz (?)
16. November 759 auf der Insel Werd bei Stein am Rhein in der Schweiz


Der in der Domschule in Chur erzogene Alemanne Otmar wurde nach seiner Priesterweihe vom Tribun Waltram zum Vorsteher der Einsiedelei des Gallus im Hochtal der Steinach an der Stelle des heutigen Klosters St. Gallen ernannt. Er baute 719 mit rätischen Mönchen die Zelle zum Kloster aus, 744 wurde Otmar erstmals als Abt erwähnt. 747 gab er seinem Kloster auf Betreiben der Brüder Karlmann und Pippin des Jüngeren die Benediktinerregel. Die Abtei wurde bald reich mit Gütern alemannischer Grundbesitzer bedacht, die für ihr Seelenheil sorgen, aber auch ihre Güter dem Zugriff des Frankenreiches entziehen wollten.

Statue an der Kathedrale im Kloster St. Gallen
Statue an der Kathedrale im Kloster St. Gallen

Otmar hatte eine ausgeprägte soziale Ader, verschenkte Klostervermögen an die Armen, baute in der Nähe des Klosters das erste Haus für Aussätzige in der Schweiz und nahm Kranke, Blinde und Arme in einem weiteren Bau auf, wo er sie auch nachts selbst betreute; die enge Verbindung der Klosterbrüder zum einfachen Volk begründete Missionserfolge und brachte ihm den Namen Armenvater ein. Er fürchtete den wachsenden Reichtum seines Klosters und kleidete sich selbst einfach, ritt nur auf einem Esel statt auf einem Pferd. Im Jahre 753 verpflichtete sich ein Bauer, dem Galluskloster und namentlich seinem Abt Otmar jährlich eine bestimmte Menge Bier abzuliefern. In der dabei ausgestellten, bis heute erhaltenen Urkunde kommt erstmals im Abendland das lateinische Wort cerevisia für Bier vor.

Das aufblühende Kloster St. Gallen geriet dann in die Wirren der Politik im Frankenreich. Der Stamm der Alemannen hatte sich zwar den Franken unterworfen, doch der fränkische Hof lebte in ständiger Furcht vor einem alemannischen Aufstand; vorbeugend wurde deshalb 746 mit dem Blutgericht von Cannstatt die gesamte alemannische Elite ermordet. Die fränkischen Gaugrafen Warin und Ruthard nutzten die Gelegenheit, das Kloster und seinen wachsenden Besitz zu schwächen, erhoben gegen Otmar Anklage aufgrund von Verleumdungen eines Lampertus und erwirkten, dass er deportiert wurde. Erst wurde er in den Kerker der Königspfalz in Bodman geworfen, dann zu einem Schauprozess geführt, bei dem ihm die Schändung einer Frau vorgeworfen und er zum Hungertod verurteilt, später zu lebenslänglicher Haft begnadigt wurde. Bei Graf Gozbert fand er schließlich auf der Rheininsel Werd bei Stein am Rhein Asyl, überlebte die zuvor erduldeten Misshandlungen aber nicht mehr lange und starb dort.

Haus und Kapelle auf der Rheininsel Werd, im Grundbestand aus dem 10. Jahrhundert
Haus und Kapelle auf der Rheininsel Werd, im Grundbestand aus dem 10. Jahrhundert

Otmars Biograph Gozbert berichtet, dass nach zehn Jahren Mönche aus St. Gallen den Leichnam des Klostergründers zurückholen wollten und ihn unverwest in seinem Hochgrab auf der Insel fanden. Die Brüder hätten ein Weinfässchen als Wegzehrung mitgenommen, es blieb auf dem Hin- und Rückweg stets gefüllt, so viel sie daraus auch tranken. Auch wurde ein die ganze Gegend verwüstender Sturm auf wunderbare Weise vom Schiff bei der Fahrt über den Bodensee und von ihrem Wagen ferngehalten, so dass nicht einmal die Kerzen zu Füßen und am Kopf von Otmar verlöschten. Die als Gründungsmythos der Schweiz bedeutsame Schlacht am Morgarten bei Oberägeri von 1315 fand am Tag vor St. Otmar statt; damals habe ein Sterndeuter dem Habsburger Herzog erklärt, er sehe am Tag vor St. Otmar großes Glück; allerdings fiel das Glück des Sieges der Schweizer Gegenseite zu.

Die um 830 von Gozbert verfasste Lebensgeschichte wurde um 836 von Walahfrid Strabo überarbeitet. 867 wurden die Reliquien in die nun Otmar geweihte Klosterkirche von St. Gallen gebracht, bereits 887 wurde Otmar neben Gallus als Patron des Klosters genannt. Die Verehrung verbreitete sich schnell. Wasser, Öl und Kinderkleider werden in seinem Namen geweiht und sollen gegen Kinderkrankheiten helfen; die Otmars-Kittelchen wurden kranken Kindern neun Tage lang angezogen, was die Genesung bewirke. Auch in Attenhausen bei Krumbach liegen Reliquien, zahlreiche Wunder seien hier geschehen, seit 1750 gibt es dort eine Wallfahrt. Im Veitsdom in Prag wird sein Kopf verehrt, der Überlieferung nach wurde dieser zusammen mit dem von Gallus durch König Karl IV. 1353 entwendet, als er St. Gallen besuchte.

In einem Außenbezirk von St. Gallen ist heute auch die ab 1905 erbaute große Kirche Otmar geweiht.

Otmars Wappen
Otmars Wappen

Attribute: Weinfässchen
Patron der Winzer; gegen Kinderkrankheiten und Krankheiten allgemein; des Bistums St. Gallen

Martyrologium Romanum Flori-Legium

Stadlers Vollständiges Heiligenlexikon

Catholic Encyclopedia

Schön bebildert sind die Informationen der Pfarrgemeinde St. Othmar in Mödling.

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon





USB-Stick Heiligenlexikon als USB-Stick oder als DVD

Unterstützung für das Ökumenische Heiligenlexikon


Seite zum Ausdruck optimiert

Empfehlung an Freunde senden

Artikel kommentieren / Fehler melden

Suchen bei amazon: Bücher über Otmar von St. Gallen

Wikipedia: Artikel über Otmar von St. Gallen

Fragen? - unsere FAQs antworten!

Im Heiligenlexikon suchen

Impressum - Datenschutzerklärung

Schauen Sie sich zufällige Biografien an:
Emming
Giselbert von Zusmarshausen
Maurilius von Angers
Unser Reise-Blog:
 
Reisen zu den Orten, an denen die
Heiligen lebten und verehrt werden.


      Zum Schutz Ihrer Daten: mit 2 Klicks empfehlen!

Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 14.12.2023

Quellen:
• Charlotte Bretscher-Gisinger, Thomas Meier (Hg.): Lexikon des Mittelalters. CD-ROM-Ausgabe. J.B. Metzler, Stuttgart / Weimar 2000
• http://beta.shn.ch/index.php?rub=news&page=detail&detail=237826
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 7., Herder, Freiburg im Breisgau 1998
• https://www.20min.ch/schweiz/ostschweiz/story/Schaedel-der-St--Galler-Klostergruender-gefunden-19194587

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.