Ökumenisches Heiligenlexikon

Raunächte


Die Rauhnächte beginnen am Abend des 25. Dezember und dauern bis 6. Januar, sind also die letzten sechs Nächte im alten und die ersten sechs Nächte im neuen Jahr. Vorchristlicher Aberglauben und uraltes Brauchtum ranken sich um diese 12 Nächte, in denen nach germanischem Aberglauben das wilde Heer von Odin durch die Luft fährt und jeden mitreißt, der ihm begegnet. Der Begriff Raunacht stammt von dem Wort ruch, pelzig oder haarig ab und geht zurück auf das Aussehen der Dämonen, die nach germanischen und keltischen Traditionen in den Raunächten angeblich ihr Unwesen treiben. Auch Berchta / Perchta - bekannt aus dem Märchen als Schnee erzeugende Frau Holle - zieht in diesen Nächten mit ihren Kindern umher.

Allgemein verbreitet war der Gedanke, dass die den Nächten folgenden 12 Tage das Wetter der kommenden 12 Monate anzeigen, wobei jeder Tag für einen Monat des kommenden Jahres steht. Noch heute gibt es in ländlichen Gebieten Bauern, die sich das Wetter in dieser Zeit aufzeichnen, um eine Prognose für das kommende Jahr zu haben. In der Zeit der zwölf Nächte sollte man keine Türen zuschlagen, sonst müsse man im kommenden Jahr mit Blitz und Donner rechnen; durfte man keine Wäsche aufhängen - v. a. keine weiße Wäsche, denn die dunklen Mächte würden diese Wäsche, bevorzugt Leintücher, mitnehmen und dann Tücher im Folgejahr als Leichentuch für ein Mitglied des Hauses verwenden. Auch die Betten sollte man nicht im Freien lüften. Wer sich in dieser Zeit Fingernägel oder Haare schnitt, musste mit Fingerkrankheiten oder Kopfschmerzen rechnen. Überhaupt war jetzt jede Arbeit verboten.

Im Alpenraum gibt es die nach der der Wintergöttin Berchta - oder nach Frau Holle - benannten Umzüge. Die zentrale Figur trägt eine Maske, die von vorne ein dämonisches Antlitz, von hinten die lieblichen Züge der neugeborenen Sonne zeigt.
Im Alpenraum gibt es die nach der der Wintergöttin Berchta - oder nach Frau Holle - benannten Umzüge. Die zentrale Figur trägt eine Maske, die von vorne ein dämonisches Antlitz, von hinten die lieblichen Züge der neugeborenen Sonne zeigt.
Foto: Margret Madejsky.

In der Nacht zum neuen Jahr sollte man in der ersten halben Stunde nach Mitternacht alle Türen und Fenster verschließen - außer der Hintertür, weil durch sie der Segen ins Haus kommt. Am Silvesterabend konnte man am Zaun des Nachbarn rütteln, damit im neuen Jahr dessen Hühner zum Eierlegen auf das eigene Grundstück kommen. Am Neujahrsmorgen sollte man Lebkuchen in Schnaps legen, anzünden und dann essen, um vor Sodbrennen geschützt zu sein.

Die letzte Nacht vom 5. auf den 6. Januar galt im Alpenraum als Perchtenabend. Das Wort ist aus dem mittelhochdeutschen bercht, glänzend / leuchtend abgeleitet. Der Tag wurde dann mit Maskenumzügen begangen, Felder wurden mit Weihwasser besprengt, um die Erde zum Leben zu erwecken, damit sie fruchtbar und ertragreich sei. Vielerorts stellte man Perchta Speisen vor die Tür, um sie zu besänftigen. In den vier wichtigsten Rauhnächten, der Thomasnacht, der Heiligen Nacht, der Silvesternacht und der Nacht zum Dreikönigstag, wurde das Haus mit Wacholder oder Weihrauch ausgeräuchert und mit diesem uralten Reinigungsritual wurden auch Speisen und Kochgeschirr geschützt. Den lärmenden Perchtenläufen setzte das Christentum im Mittelalter die Umzüge der Sternsinger entgegen.

Im Harz und seinem Umland wurde diese Zeitspanne auch Twischenfeste, zwischen den Jahren genannt. Wotan mit seinem wilden Heer, voran die Raben und die Tutursel, stürmte dem Volksglauben zufolge in diesen Tagen bedrohlich durch die Lüfte, dagegen zog Frau Holle über das Land - umgeben von einem Heer verstorbener Kinder - und segnete Haus und Hof.

In der Schweiz ist der 2. Januar der Berchtoldstag, der im Kanton Thurgau sogar arbeitsfreier Feiertag ist. In der Kantonshauptstadt Frauenfeld wird die Bechtelisnacht jeweils am dritten Montag im Jahr gefeiert, wobei kostümierte Trinkfreudige durch die Gassen und Kneipen ziehen.

In Italien entspricht der Perchta / Berchta die Befana, die auf der Suche nach dem Jesuskind auf einem Besen von Haus zu Haus fliegt, die den Kinder Geschenke bringt, sie auch straft und zudem spukt. Der Sage nach soll sie von den Hirten die Frohe Botschaft gehört haben, da sie aber zu spät aufbrach, verpasste sie den Stern, der sie zur Krippe führen sollte. Heute kommt - die meist hässlich, einer Hexe ähnlich dargestellte - Befana meist als gute Fee.

Dem Sonnenschein wurde an diesen Tagen orakelhafte Bedeutung zugeschrieben: Sonnenschein bedeutet am

  •   1. Lostag (26.12.): Es wird ein glückliches neues Jahr.
  •   2. Lostag (27.12.): Preiserhöhungen stehen an.
  •   3. Lostag (28.12.): Streitigkeiten kommen auf.
  •   4. Lostag (29.12.): Fieberträume werden plagen.
  •   5. Lostag (30.12.): Es wird eine gute Obsternte.
  •   6. Lostag (31.12.): Alle anderen Früchte gedeihen prächtig.
  •   7. Lostag (   1. 1.): Die Viehweiden tragen saftige Kräuter.
  •   8. Lostag (   2. 1.): Fische und Vögel sind zahlreich.
  •   9. Lostag (   3. 1.): Gute Geschäfte sind zu erwarten.
  • 10. Lostag (   4. 1.): Unwetter kommen.
  • 11. Lostag (   5. 1.): Nebeltage treten vermehrt auf.
  • 12. Lostag (   6. 1.): Zwist und Hader kommt auf.




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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 21.12.2022

Quellen:

• http://www.sueddeutsche.de/muenchen/starnberg/tradition-was-es-mit-dem-perchten-brauch-in-bayern-auf-sich-hat-1.3800336 - abgerufen am 21.12.2022
• https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/traditionen-maibaer-kreuzwunder-und-kinderfest-der-jahreskalender-mit-allen-ostschweizer-feiertagen-ld.2083671 - abgerufen am 21.12.2022
• https://www.harzkurier.de/lokales/dialog-und-meinung/article237190011/Erinnerungen-an-die-Raunaechte-im-Harzer-Umland.html - abgerufen am 21.12.2022

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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