Darmstädter Wort
Das Darmstädter Wort zum politischen Weg unseres Volkes
, benannt nach seinem Entstehungsort, dem
Elisabethenstift in Darmstadt, war ein Bekenntnis
in der Tradition der Bekennenden Kirche. Es wurde am 8. August 1947 vom Bruderrat der Evangelischen Kirche in Deutschland
herausgegeben und von den Theologen Hans Joachim Iwand und Karl Barth
verfasst. Anders als das Stuttgarter Schuldbekenntnis benannte es konkrete
Irrwege
der Kirchen, die dem Nationalsozialismus mit den Weg zur Macht ebneten.
Wort zum politischen Weg unseres Volkes
1. Uns ist das Wort von der Versöhnung der Welt mit Gott in Christus gesagt. Dies Wort sollen wir hören, annehmen, tun und ausrichten. Dies Wort wird nicht gehört, nicht angenommen, nicht getan und nicht ausgerichtet, wenn wir uns nicht freisprechen lassen von unserer gesamten Schuld, von der Schuld der Väter wie von unserer eignen, und wenn wir uns nicht durch Jesus Christus, den guten Hirten, heim rufen lassen auch von allen falschen und bösen Wegen, auf welchen wir als Deutsche in unserem politischen Wollen und Handeln in die Irre gegangen sind.
2. Wir sind in die Irre gegangen, als wir begannen, den Traum einer besonderen deutschen Sendung zu träumen, als ob am deutschen Wesen die Welt genesen könne. Dadurch haben wir dem schrankenlosen Gebrauch der politischen Macht den Weg bereitet und unsere Nation auf den Thron Gottes gesetzt. - Es war verhängnisvoll, daß wir begannen, unseren Staat nach innen allein auf eine starke Regierung, nach außen allein auf militärische Machtentfaltung zu begründen. Damit haben wir unsere Berufung verleugnet, mit den uns Deutschen verliehenen Gaben mitzuarbeiten im Dienst an den gemeinsamen Aufgaben der Völker.
3. Wir sind in die Irre gegangen, als wir begannen, eine christliche Front
aufzurichten gegenüber notwendig gewordenen Neuordnungen im gesellschaftlichen
Leben der Menschen. Das Bündnis der Kirche mit den das Alte und Herkömmliche
konservierenden Mächten hat sich schwer an uns gerächt. Wir haben die
christliche Freiheit verraten, die uns erlaubt und gebietet, Lebensformen
abzuändern, wo das Zusammenleben der Menschen solche Wandlung erfordert. Wir
haben das Recht zur Revolution verneint, aber die Entwicklung zur absoluten
Diktatur geduldet und gutgeheißen.
4. Wir sind in die Irre gegangen, als wir meinten, eine Front der Guten gegen die Bösen, des Lichts gegen die Finsternis, der Gerechten gegen die Ungerechten im politischen Leben und mit politischen Mitteln bilden zu müssen. Damit haben wir das freie Angebot der Gnade Gottes an alle durch eine politische, soziale und weltanschauliche Frontenbildung verfälscht und die Welt ihrer Selbstrechtfertigung überlassen.
5. Wir sind in die Irre gegangen, als wir übersahen, dass der ökonomische Materialismus der marxistischen Lehre die Kirche an den Auftrag und die Verheißung der Gemeinde für das Leben und Zusammenleben der Menschen im Diesseits hätte gemahnen müssen. Wir haben es unter lassen, die Sache der Armen und Entrechteten gemäß dem Evangelium von Gottes kommendem Reich zur Sache der Christenheit zu machen.
6. Indem wir das erkennen und bekennen, wissen wir uns als Gemeinde Jesu Christi freigesprochen zu einem neuen, besseren Dienst zur Ehre Gottes und zum ewigen und zeitlichen Heil der Menschen. Nicht die Parole: Christentum und abendländische Kultur, sondern Umkehr zu Gott und Hinkehr zum Nächsten in der Kraft des Todes und der Auferstehung Jesu Christi ist das, was unserem Volk und inmitten unseres Volkes vor allem uns Christen selbst Not tut.
7. Wir haben es bezeugt und bezeugen es heute aufs neue: Durch Jesus
Christus widerfährt uns frohe Befreiung aus den gottlosen Bindungen dieser Welt
zu freiem, dankbarem Dienst an seinen Geschöpfen.
Darum bitten wir inständig:
Lasst die Verzweiflung nicht über euch Herr werden, denn Christus ist der
Herr. Gebt aller glaubenslosen Gleichgültigkeit den Abschied, lasst euch nicht
verführen durch Träume von einer besseren Vergangenheit oder durch Spekulationen
um einen kommenden Krieg, sondern werdet euch in dieser Freiheit und in großer
Nüchternheit der Verantwortung bewusst, die alle und jeder einzelne von uns für
den Aufbau eines besseren deutschen Staatswesens tragen, das dem Recht, der
Wohlfahrt und den inneren Frieden und der Versöhnung der Völker dient.
Quellen:
• https://www.ekd.de/Festakt-Darmstaedter-Wort-70-Jahre-27616.htm
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