Hinweise zu Stadlers »Heiligen-Lexikon« Abkürzungen
Petrus Acotantus
1B. Petrus, (15. al. 23. Aug. 6. Sept.) mit dem Zunamen Acotanto, wird zu Venedig verehrt, wo er in der Basiliuskirche ruht. Er lebte im 12. Jahrhundert und errang sich durch zahlreiche und heroische Werke der Nächstenliebe, die er sorgfältig geheim hielt, die Krone der ewigen Vergeltung. Seine Lebensbeschreibung, wahrscheinlich von einem Benedictiner des St. Georgenklosters herrührend, ist zum ersten Mal i. J. 1839 zu Wien mit Anm. von Zappert in nur 220 Exemplaren in den Druck gegeben worden. - Geboren i. J. 1115 von edeln Eltern, erhöhete er den Glanz der Abkunft durch die Heiligkeit seiner Sitten. Er wurde von seinem Vater Philipp und seiner Mutter Agnes christlich erzogen. Die überaus liebevolle Mutter nährte das Kind nicht bloß leiblich, sondern pflegte es auch geistig mit dem Honigseim der Frömmigkeit. Frühzeitig lehrte sie ihn Buchstaben kennen, sie zu Silben verbinden und zu Wörtern vereinen, und auf daß der Kleine desto fleißiger aufmerke, setzte sie ihm Leckereien als Belohnung vor, und bald hatte er das Gebet des Herrn und das Symbolum auswendig inne. Sie ermahnte ihn häufig, jedes unwahre Wort zu meiden, noch mit dem Gesinde zu plaudern. Der Knabe versprach, die Freude und der Trost seiner Eltern zu werden, als er in seinem 7. Jahre schwer erkrankte, so daß er weder zu sitzen noch zu stehen vermögend war. Während der Vater trostlos war, nahm die Mutter ihren Sohn in die Kirche von St. Jacob in Rivoalto, machte fromme Gelöbnisse, und der barmherzige Gott ertheilte auf die Fürbitte des hl. Jacobus dem Knaben die Gesundheit wieder. Kurz darauf heftete der Vater, mit Beistimmung seiner Gemahlin, sich das Feldzeichen des Kreuzes auf das Obergewand und zog, das Schwert um die Lenden gürtend, nach Jerusalem. Der Knabe kam zur weitern Ausbildung in das St. Georgskloster. Mit vielen andern christlichen Soldaten fiel aber der Vater in der Schlacht bei Pratum palliorum und errang zugleich mit Boamund, Fürsten von Antiochia, die Mar(t)yrerpalme. Petrus war damals 16 Jahre alt. Bald darauf ehelichte er nach dem Wunsche seiner Mutter ein Mädchen voll trefflicher Eigenschaften, eine Waise aus einem edlen Stamm der Insel Creta entsprossen, Namens Maria. Die beiden Eheleute brachen den Hungernden ihr Brod, und führten die Dürftigen und Obdachlosen in ihr Haus. Drei Monate nach seiner Vermählung starb die fromme Mutter. Bald nach deren Hinscheiden pilgerte Petrus, seiner Gattin Lebewohl sagend, nach Jerusalem, nicht um zu kämpfen, sondern um zu beten. Bis er alle heiligen Orte besucht hatte, verstrichen drei Jahre. Als er nach Hause kam, traf er sein frommes Weib nicht mehr am Leben. Nun fing er an, sich noch mehr als früher der Werke der christlichen Liebe zu befleißigen. Der arme und demüthige Jesus war der Gegenstand seiner täglichen Betrachtung u. eifrigen Nachfolge. Wenn die Armen ihre Wohnungen nicht verlassen konnten, um ihr Almosen zu holen, pflegte er ihnen auf einem Kahn Brod und Lebensmittel zuzuführen. So fuhr er fort, bis er Nichts mehr zu geben hatte. Dann trat er in das Kloster St. Georg und lebte in großer Frömmigkeit und Abtödtung. Als er einmal krank wurde, wollte er weder einen Bissen Fleisch, noch einen Tropfen Wein genießen, sondern vertrauend auf Gott, unsern Arzt und Seligmacher, erlangte er ohne alle arzneiliche Hilfe seine Gesundheit wieder. Von dieser Zeit an begann er sein Fasten zu verdoppeln, und unter dem Joche der Enthaltsamkeit nahm seine körperliche Schönheit dergestalt zu, daß seine früheren Freunde ihn vor Wohlgestalt nicht mehr erkannten. Sein Antlitz, obwohl hager und abgemagert, glänzte in einer Lieblichkeit, die Alle zu ihm hinzog. Als daher der Abt dieses Klosters, Namens Paschalis, gestorben war, so wählten die Brüder einhellig der seligen Petrus zum Abte. Doch wies er diese Würde standhaft von sich. Von dem neuen Abte erbat und erlangte er die besondere Gunst, nicht ferne von dem Kloster als Einsiedler leben zu dürfen. Als solcher starb er. Seine heilige Seele wurde zur nämlichen Stunde auf den Händen der heiligen Engel in Gestalt eines Kindes in ihre Wohnung getragen. So im Wesentlichen die Legende. 1 Anfänglich suchte der Klerus seine Verehrung zu hindern, weßhalb auch sein Leichnam auf dem gewöhnlichen Gottesacker beigesetzt wurde. Aber das Volk konnte seine theilnehmende Liebe nicht vergessen und ruhete nicht, bis er i. J. 1340 in die obengenannte Kirche gebracht und auf dem Kreuzaltare ausgestellt wurde. Die Boll. nennen ihn am 23. Sept. und geben über ihn die Lobrede eines Ungenannten. Am 15. August steht er unter den Uebergangenen. Papst Clemens VIII. hat seine Verehrung bestätigt. (VI. 651.)
1 ▲ Vita B. Petri Acotant. Zum ersten Mal aus einer Handschrift des 15. Jahrhunderts herausgegeben und mit (einer sehr schönen) Uebersetzung und Anmerkungen begleitet von Georg Zappert. Wien, 1889. Die Anmerkungen sind besonders in kunstgeschichtlicher Beziehung sehr beachtenswerth.