Ökumenisches Heiligenlexikon

Barsanuphios der große Ältere

1 Gedenktag katholisch: 11. April
in Oria: Übertragung der Gebeine: 8. Februar

1 Gedenktag orthodox: 6. Februar

Name bedeutet: Sohn des Richters (aramäisch - koptisch)

Mönch, Einsiedler
* in Ägypten
540 bei Gaza in Palästina


neapolitanische Schule: Statue von Barsanuphios, in der Kathedrale in Oria
neapolitanische Schule: Statue von Barsanuphios, in der Kathedrale in Oria

Barsanuphios wurde Mönch bei == Marcellos dem Älteren. Nach dessen Tod wollte er als Einsiedler leben, aber viele Klöster suchten seinen Rat. Schließlich schloss er sich dem Kloster von Vater Seridos an und lebte dort 18 Jahre abgeschlossen in seiner Zelle, besucht nur vom Abt, der ihm die Heilige Kommunion und viele Briefe von Ratsuchenden brachte. Er heilte den Abt und einen Mönch.

Der Prophet Johannes hörte von Barsanuphios und zog in seine Nähe. Aus ihrem Briefwechsel entstand ein Buch mit dem Titel Antworten. Nach dem Tod von Johannes und dem Abt des Klosters - beide starben innerhalb einer Woche - lebte Barsanuphios weitere 50 Jahre in seiner Zelle ohne jeglichen Kontakt zu anderen Menschen. Barsanuphios lebte offenbar weiter in seiner Zelle, obwohl ihm niemand Nahrung brachte. Als der Bischof von Jerusalem mit seinen Begleitern die Zellentür öffnete, wurden sie fast vom Feuer verzehrt.

Barsanuphios-Reliquien, in der Kathedrale in Oria
Barsanuphios-Reliquien, in der Kathedrale in Oria

Reliquien von Barsanuphios wurden der Überlieferung zufolge Mitte des 9. Jahrhunderts durch einen Mönch vom Heiligen Land nach Oria in Süditalien gebracht, um sie vor den Sarazenen zu retten, und 890 in der Krypta einer Kapelle an der Stelle der heutigen Kirche San Francesco di Paola gelegt, wo sie bis 1170 verbleiben; seine Armreliquie liegt heute in der Kathedrale von Oria. Nach Meinung der Acta Sanctorum kam ein Teil davon dann nach La-Croix-St-Leufroy bei Évreux in Frankreich.

Samuele Tatulli: Bischof Theodosius von Oria bittet Barsanuphios um das Patronat für Oria, 1788, in der Kathedrale in Oria (Ausschnitt)
Samuele Tatulli: Bischof Theodosius von Oria bittet Barsanuphios um das Patronat für Oria, 1788, in der Kathedrale in Oria (Ausschnitt)

Patron von Oria

Barsanuphios' Briefe gibt es online zu lesen in den Documenta Catholica Omnia.

Worte des Heiligen

Ein Bruder schreibt dem Großen Meister: Wie kann man zur echten Danksagung Gott gegenüber gelangen? Barsanuph antwortet: Wenn die Armen um eine kleine Gabe bitten, damit sie von grausamer Not befreit werden und sie erhalten sie, dann danken sie und verkünden allen ihren Dank und preisen ihre Wohltäter. Wie vielfach sind wir verpflichtet Gott zu danken? Mit welchen Dankesworten müssen wir ihn preisen? Er ist unser Schöpfer und er gab uns Kraft bis jetzt, alle Schwierigkeiten zu überwinden. Er schenkte uns das Urteil des Herzens, die Gesundheit des Leibes, das Augenlicht und die Fähigkeit, seine Luft einzuatmen als Lebensstrom. Was aber alles Natürliche überragt, er führte uns zur wahren Reue und Zerknirschung und nährt uns mit seinem Blut und seinem Fleisch zur Vergebung der Sünden und zur Stärkung unserer Herzen: (Psalm 103, 15). Damit aber niemand auf den Gedanken komme, diese Worte bezögen sich nur auf das irdische Brot, sagt derselbe Heilige Geist: Nicht vom Brote allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Worte, das aus dem Munde Gottes kommt (Matthäusevangelium 4, 4). Wenn die Menschen aber schon für die irdischen und vergänglichen Dinge danken, wie vielmehr müssen sie danken für alles, was er für sie gelitten hat? Wenn wir ihm wirklich danken wollen, dann müssen wir unseren Dank dadurch zeigen, dass wir für ihn zu sterben bereit sind. Was aber tun die Menschen, von denen er das fordern könnte? Sie beleidigen ihn durch ihre Sünden, die Menschen, für die er selber starb. Um der Menschen willen wurde er im Kerker gehalten, auch um deinetwillen. Musst du da nicht mit allen deinen Kräften ihm danken? Wenn wir auch mit Herz und Mund ihm danken, so gut wir können, so bleibt doch unser Dank so klein, wie jene zwei Scherflein der Witwe im Tempel; aber in seiner Menschenliebe nimmt er unseren Dank an. Das gilt für sündige Menschen. Die Gerechten zeigen ihren Dank vor allem durch ihre Selbstüberwindung und Selbstverleugnung; denn der Apostel verlangt ständigen Dank an Gott. Und ihm sei die Ehre in alle Ewigkeit. Amen.

Quelle: Vom Reichtum des Schweigens. Ein Zeugnis der Ostkirche. Geistliche Antwortbriefe der Schweigemönche Barsanuph und seines Schülers Johannes (6. Jahrh.), ausgewählt und übersetzt von Matthias Dietz. Thomas-Verlag, Zürich / Schöningh-Verlag München 1963

Zitate von Barsanuphios:

Wer die ständige Gegenwart Gottes üben lernen will, muss ohne jede Furcht damit anfangen. Dann hilft ihm Gott mit seiner Gnade. Säe in Hoffnung und die Ernte wird reifen. Preise Gott und deinen Anfang wird er segnen. In dem Maße, wie du dich anstrengst, wird er dir seine Kraft schenken.
Wenn du zu Gott betest und du spürst, wie dein Geist zerstreut ist, dann musst du mutig deinen Geist sammeln und ihn zwingen, sich zu konzentrieren. Obwohl wir armselige Menschen sind, und die Zerstreuung eine Zeit lang bleiben kann, müssen wir doch schließlich unserem Herzen einen Stoß geben und in Zerknirschung sprechen: Herr erbarme dich meiner und verzeihe mir alle meine Sünden. Er verzeiht dir alle Sünden auch die Zerstreuung, die dich vorher im Gebete bedrängte.
Das vollkommene Gebet besteht darin, dass wir zu Gott sprechen ohne jede Abschweifung und in vollkommener bewusster Konzentration. Dazu gewinnt der Mensch die richtige Einstellung, wenn er jeder menschlichen Beeinflussung und der Welt und allem, was uns mit ihr verbindet, abstirbt. Wir brauchen Gott im Gebet wirklich nicht mehr zu sagen als: Erlöse uns von allem Bösen oder dein Wille geschehe mit uns. Wir dürfen annehmen, dass Gott jedem beisteht, der so zu ihm spricht.
Wenn dich jemand schlägt, gegen dich fehlt, deine Ehre raubt, dich rühmt oder verurteilt, dich ehrt oder bedrängt oder dir Wohlwollen entgegenbringt, dann musst du das alles vergessen, das für etwas Überflüssiges halten und dich niemals davon berühren lassen.

Quelle: Vom Reichtum des Schweigens. Ein Zeugnis der Ostkirche. Geistliche Antwortbriefe der Schweigemönche Barsanuph und seines Schülers Johannes (6. Jahrh.), ausgewählt und übersetzt von Matthias Dietz. Thomas-Verlag, Zürich / Schöningh-Verlag München 1963

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 23.02.2024

Quellen:
• https://www.oca.org/saints/lives/2024/02/06/100443-venerable-barsanuphius-the-great-and-john-the-prophet - abgerufen am 22.02.2024
• https://it.wikipedia.org/wiki/Oria#Architetture_religiose - abgerufen am 22.02.2024

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.