Dietrich Bonhoeffer
Gedenktag evangelisch: 9. April
Gedenktag anglikanisch: 9. April
Name bedeutet: der im Volk Mächtige (althochdt.)
Dietrich Bonhoeffer wuchs in Breslau und ab 1916 in
Berlin
auf als sechstes von acht Kindern des Arztes und Professors für Psychiatrie und Neurologie Karl Bonhoeffer und seiner Frau
Paula geb. von Hase. 1923 begann er in Tübingen
mit dem Studium der Theologie und schloss sich der akademischen Verbindung Igel
an; das Studium setzte er in
Rom und an der
Humboldt-Universität in Berlin fort und schloss
es mit der Doktorarbeit Sanctorum Communio
, Gemeinschaft der Heiligen
, 1927 ab. Es folgte ein Vikariat in
Barcelona während des Jahres 1928, dann ab 1929
die Assistentenzeit in Berlin. 1930 legte Bonhoeffer sein zweites theologisches Examen ab, wenige Tage später folgte die
Habilitation mit der Schrift Akt und Sein
, anschließend ein einjähriger Studienaufenthalt am Union Theological
Seminar in New York.
Von August 1931 bis Sommer 1933 lehrte Bonhoeffer als Privatdozent an der Berliner Humboldt-Universität. In jener Zeit habe er die Bergpredigt (Matthäusevangelium 5 - 7) mit ihrer klaren Verpflichtung zu Frieden und Gerechtigkeit entdeckt wie nie zuvor. Seine internationalen Kontakte führten 1931 zu seiner Teilnahme an der Konferenz des Weltbundes christlicher Studenten in Cambridge, wo er zum Jugendsekretär gewählt wurde. Neben der Lehrtätigkeit an der Universität erteilte er Konfirmanden-Unterricht in der Gemeinde der Zionskirche im Arbeiterviertel Rosenthaler Vorstadt in Berlin-Mitte.
1932 erwarb Bonhoeffer eine Baracke, um für seine Studenten wie für die Konfirmanden Wochenendfreizeiten durchzuführen.
1933 nahm er wieder an verschiedenen internationalen kirchlichen Konferenzen teil. Wichtigste literarische Hinterlassenschaft
aus dieser Zeit ist die von ihm selbst veröffentlichte Vorlesung über 1. Mose 1 - 3 unter dem Titel Schöpfung und Fall
.
Zunächst: es gibt nichts, was uns die Abwesenheit eines lieben Menschen ersetzen kann, und man soll das auch garnicht versuchen; man muss es einfach aushalten und durchhalten; das klingt zunächst sehr hart, aber es ist doch zugleich ein großer Trost; denn indem die Lücke wirklich unausgefüllt bleibt, bleibt man durch sie miteinander verbunden. Es ist verkehrt, wenn man sagt, Gott füllt die Lücke aus; er füllt sie garnicht aus, sondern er hält sie vielmehr gerade unausgefüllt, und hilft uns dadurch, unsere echte Gemeinschaft miteinander – wenn auch unter Schmerzen – zu bewahren. Ferner: Je schöner und voller die Erinnerungen, desto schwerer die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude. Man trägt das vergangene Schöne nicht mehr wie einen Stachel, sondern wie ein kostbares Geschenk in sich.
Im Februar 1933, wenige Tage nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, hielt Bonhoeffer im Radio einen Vortrag
über den Führer
-Begriff, der von der Sendeleitung abgebrochen wurde. Im Sommer 1933 gab er seine Lehrtätigkeit auf,
um sich ganz der Arbeit als Pfarrer in einer Gemeinde zu widmen. Im August gab er ein Flugblatt heraus, das sich kritisch
mit dem Arierparagraphen in der Kirche
beschäftigte, und im September war er wesentlich an der Gründung des
Pfarrernotbundes
beteiligt, der in den folgenden Monaten mehr als 7000 Pfarrer als Gegenbewegung gegen die Deutschen
Christen
und die Einführung des Arierparagraphen
in der Kirche sammelte. Von Oktober 1933 bis April 1935 war er in
der deutschen Gemeinde in London tätig; von hier
aus pflegte er ökumenische Kontakte und informierte über die Vorgänge in Deutschland nach der Machtübernahme der Nazis.
Besondere Aufmerksamkeit erregte er 1934 als Teilnehmer an der ökumenischen Konferenz in
Fanø mit seiner Rede Kirche und Völkerwelt
.
1935 kehrte er auf Bitten der Bekennenden Kirche nach Deutschland zurück und übernahm die Leitung des
Predigerseminars der Evangelischen Kirche von Berlin-Brandenburg in Finkenwalde - dem heutigen Stadtteil
Zdroje in Stettin / Szczecin. Gemeinsames Leben
und spirituelle Erfahrungen in einer tragenden Gemeinschaft waren ihm für die Ausbildung der späteren Pfarrer entscheidend
wichtig.
Bonhoeffer setzte sich nachdrücklich für die Geltung der Barmer Erklärung
und der daraus resultierenden Einrichtung neuer kirchenleitender Gremien ein. Gleichzeitig bemühte er sich um Anerkennung
der Bekennenden Kirche durch die Ökumene, d. h. die Kirchen im Ausland, und den gleichzeitigen Abbruch von deren Beziehungen
zu der von den Nazis gelenkten Reichskirche
; dies hatte aber nur teilweise Erfolg. Die Bekennende Kirche beauftragte
Bonhoeffer 1935 mit der Einrichtung eines Bruderhauses
beim Predigerseminar in
Finkenwalde für die Pfarrer und Mitstreiter. 1936
hielt er sein letztes Kolleg an der Theologischen Fakultät der Berliner
Humboldt-Universität in Berlin zur Auslegung der
Bergpredigt mit dem Titel Nachfolge
- 1937 als Buch erschienen. Im August desselben Jahres wurde ihm die Lehrbefugnis
entzogen. Auch das Predigerseminar musste schließen, es wurde illegal in Hinterpommern weitergeführt.
Nachfolgeunternimmt Bonhoeffer den Versuch einer Zeitansage:
Es scheint heute so schwer zu sein, den schmalen Weg der kirchlichen Entscheidung in aller Gewissheit zu gehen und doch in der ganzen Weite der Christusliebe zu allen Menschen, der Geduld, der Barmherzigkeit, Liebe Gottes mit den Schwachen und Gottlosen zu bleiben; und doch muss beides beieinander sein, sonst gehen wir Menschenwege. Gott schenke uns in allem Ernst des Nachfolgens die Freude, in allem Nein zur Sünde das ja zum Sünder, in aller Abwehr der Feinde das überwindende und gewinnende Wort des Evangeliums.Der Maßstab für die Kirche war ihm die Nachfolge als gelebtes Zeugnis in der Welt und für die Welt:
Rechtes geheiligtes Leben in der Gemeinde Gottes unterscheidet sich von jeder frommen Nachäffung dadurch, dass es den Menschen zugleich zu Zeugnis an die Welt führt.Das bedeutet, dass
Kirche nur dann Kirche ist, wenn sie für andere da ist.
Im Februar 1938 konnte Bonhoeffer zum letzten Mal an einer ökumenischen Konferenz - in
London - teilnehmen, im September wurde sein
Predigerseminar in Finkenwalde von der Geheimen
Staatspolizei geschlossen, im November wurden 27 ehemalige Seminaristen in Haft genommen. Anfang 1938 wurde Bonhoeffer aus
Berlin ausgewiesen, er knüpfte erste Kontakte
zu den Widerständlern Sack, Oster, Canaris und Beck. Bonhoeffers Schwester und ihre Familie emigrierten nach England, er
selbst beteiligte sich während der Sudetenkrise an Umsturzplänen. Die wichtigsten Schriften aus dieser Zeit sind neben einer
Reihe von brisanten, stark in das kirchliche Geschehen eingreifenden Vorträgen und Aufsätzen die erwähnte Nachfolge
und die Schrift Gemeinsames Leben
vom September 1938.
Während einer Amerikareise im Frühsommer 1939 lehnte Bonhoeffer es ab, dort zu bleiben, und kehrte nach
Berlin zurück und nahm auch seine Wirken im
Sigurdshof in Tychow - dem heutigen Tychowo -
wieder auf, der als Ersatz für das geschlossene nun ein geheimes Predigerseminar beherbergte. 1940 wurde ein Rede- und
Schreibverbot verhängt. Er schloss sich dem Widerstandskreis um seinen Schwager Hans von Dohnany an, beteiligte sich aktiv
und wurde Verbindungsmann der militärischen Abwehr unter Admiral Canaris. Sein spezieller Auftrag war, über seine ökumenischen
Verbindungen die Westmächte über Fortgang, Pläne und Möglichkeiten der Widerstandsbewegung zu informieren, sie vom
Friedenswillen einer neuen Regierung nach Hitlers Sturz zu überzeugen und sie für diesen Fall zu akzeptablen
Waffenstillstandsbedingungen geneigt zu machen. Zu diesem Zweck unternahm er Reisen ins neutrale Ausland, die spektakulärste
war das Treffen mit Bischof Bell von Chichester
Mitte 1942 in Schweden. In engem Zusammenhang mit dieser Tätigkeit stand die Arbeit an der Schrift Ethik
, in der er
Grundlagen christlichen Handelns von den Erfahrungen jener Jahre her formulierte. Daneben war er, solange Reise- und
Aufenthaltsverbote ihn nicht daran hinderten, als Visitator der Bekennenden Kirche und als theologischer Gutachter für
aktuelle Fragen tätig.
Im Januar 1943 verlobte sich Bonhoeffer, im April wurde er verhaftet und ins damalige Wehrmachtsgefängnis in Berlin-Tegel eingeliefert.
Dort entstand Bonhoeffers bekanntestes Buch Widerstand und Ergebung
, das Briefe aus der Haft enthält und die
große, getroste Kraft des ungebrochenen Gefangenen deutlich macht. Ein Fluchtversuch scheiterte 1944, nach dem gescheiterten
Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 sank auch Bonhoeffers Hoffnung auf eine Wende. Im September bewies ein Aktenfund seine
Teilnahme am Widerstand. Im Oktober 1944 wurde Bonhoeffer in den
GeStaPo-Bunker in der damaligen Albrechtstraße -
der heutigen Niederkirchnerstraße - in Berlin verlegt; dort ist heute das 1987 eröffnete Dokumentationszentrum Topographie
des Terrors
, das die Schrecken des Nationalsozialismus dokumentiert.
Im Februar 1945 kam Bonhoeffer ins Konzentrationslager nach Buchenwald bei Weimar; dort wurde er aber nicht im eigentlichen
Lager eingesperrt, sondern zusammen mit zwei
anderen - angeblichen - Verschwörern
in den SS-Kasernen im Keller festgehalten - in einer davon gibt es deshalb, etwas
abseits des eigentlichen Konzentrationslagers, ein einem dieser Keller die
Dierich-Bonhoeffer-Gedenkstätte. Von dort wurde er
zusammen mit den beiden anderen wegen der herannanhenden Befreiung durch die Amerikaner am 8. April ins
Konzentrationslager nach Flossenbürg gebracht.
Hitler persönlich erließ am 5. April 1945 den Befehl zu seiner Ermordung, am 9. April wurde er zusammen mit anderen
Widerstandskämpfern im KZ Flossenbürg hingerichtet.
Im Jahr 2000 veröffentlichte die katholische Kirche ein Märtyrerverzeichnis für den deutschen Sprachraum, in dem auch
Bonhoeffer als Nichtkatholik in ökumenischen Gruppen
verzeichnet ist. Am ehemaligen
Wohnhaus der Familie Bonhoeffer in Berlin-Grunewald
erinnert eine Gedenktafel an Dietrich Bonhoeffer und seinen Vater Karl.
Dietrich Bonhoeffer: Von guten Mächten
Literatur von und über Dietrich Bonhoeffer
Die Internationale Bonhoeffer-Gesellschaft - Deutschsprachige Sektion bietet Informationen über Leben und Werk sowie die Bonhoeffer-Forschung und didaktische Materialien.
In der Reihe der EKD-Texte wurden mit dem Titel Vorbild im
Glauben
Texte und Predigten anlässlich des 100. Geburtstages von
Dietrich Bonhoeffer veröffentlicht, die als PDF-Datei online verfügbar sind.
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
Die
Gedenkstätte Konzentrationslager Buchenwald ist
taglich von 10 Uhr bis 18 Uhr - von November bis März nur bis 16 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei. (2023)
Die Kirche San Bartolomeo all'isola in Rom ist
werktags von 9.30 Uhr bis 13.30 Uhr und von 15.30 Uhr bis 17.30 Uhr, sonntags von 9.30 Uhr bis 13 Uhr geöffnet. (2017)
Heiligenlexikon als USB-Stick oder als DVD
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 28.10.2023
Quellen:
• Otto Dudzus: Einführung. In: Bonhoeffer-Auswahl, Bd. 1, Chr. Kaiser Verlag München 1980
• http://uploader.wuerzburg.de/emk-wue/text/dauer/Nachfolge01_Vorwort.htm nicht mehr erreichbar
• Evang. Gemeindeblatt für Württemberg 5/2006
• https://v-kleist.com/Wendisch-Tychow/tychowbuch88.htm - abgerufen am 27.08.2023
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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