Eva von Tiele-Winckler
Gedenktag evangelisch: 21. Juni
Name bedeutet: die Leben Schenkende (hebr.)
Eva von Tiele-Winckler, zweitjüngstes von neun Kindern des evangelischen Hubert von Tiele und seiner katholischen Frau
Valeska aus der oberschlesischen Großindustriellenfamilie von Winckler, wurde katholisch getauft und empfing von ihrer der
Mystik zugeneigten Mutter eine Liebe zu klösterlichem Leben und einer mystisch geprägten Frömmigkeit. Schon als Kind
beschloss sie, eine Heilige zu werden und ihr Leben den Armen zu widmen. Ihre Mutter starb, als Eva 13 Jahre alt war;
die zweite Frau des Vaters, die evangelische Rose geb. Gräfin von Schulenburg, wollte sie evangelisch konfirmieren lassen,
was Eva ablehnte; aber sie nahm am evangelischen Religionsunterricht teil und begann in der Bibel zu lesen; besonders
beeindruckt war sie, als sie dort in Johannesevangelium 10, 11 von Jesus
als dem guten Hirten
las.
1885 schickte ihre Stiefmutter Eva zu Friedrich von
Bodelschwingh nach Bethel, ab 1887 erhielt Eva dort im
Krankenhaus Sarepta ihre Ausbildung in Kranken-
und Gemeindepflege. Nach dem Abschluss ihrer Ausbildung zur Diakonisse errichtete sie 1890 in einem Gebäude, das ihr Vater
für sie neu bauen ließ unweit des der Familie gehörenden Schlosses in
Miechowitz, das Haus Friedenshort
und
baute gemäß dem Rat Bodelschwinghs ab 1892 eine eigene Schwesternschaft auf. Daraus entwickelte sich ein großes
diakonisches Arbeitsfeld mit später 28 Häusern und Aktivitäten bis nach China. Eva verausgabte sich in ihrer Arbeit so sehr,
dass Bodelschwingh sie 1895 nach Bethel zurückholte, wo sie fünf Jahre als Oberin des damaligen
Mutterhauses Sarepta
der Diakonissen - der
heutigen Pflegeschule des Evangelischen Krankenhauses - wirkte.
Schwester Eva ist für alle unsere Diakonissen, auch die ältesten unseres Hauses, wirklich ein Vorbild gewesen eines wahren und lebendigen Christentums und eines echten, fröhlichen Diakonissensinnes. Ich habe ein schöneres Vorbild auf Erden nicht gesehen.
Immer wieder stellte Eva von Tiele-Winckler sich die Frage, ob ihre geistliche Entwicklung ausreichend sei und sie ihr
Ziel eines Heiligungsleben im Geist
erreichen könne; mit strenger Askese trotz ihres aufopferungsvollen Dienstes
wollte sie ihren Glaubenszuwachs befördern. Kraft zog sie aus dem Rückzug in die Einsamkeit und Stille, von dem sie
rückblickend bedauert, ihn nur dreimal praktiziert und nicht mehr von den Kräften der oberen Welt meinem irdischen Leben
und Schaffen
zugeführt zu haben. Von ihrer musischen Begabung legen ihre Gedichte Zeugnis ab. Mehrfach überlegte sie,
ob sie nicht wieder katholisch werden und in einen Orden eintreten sollte.
Was hier mir die Stille gegeben
Und was mir die Einsamkeit war -
Das mache da draußen mein Leben
Im Wandel und Dienst offenbar.
Nun ziehe ich wieder von hinnen
Und geh' meinen Weg durch die Welt,
Doch bleibe ich stille tief innen,
Verborgen im himmlischen Zelt.
Es bleibt allerweg' mein Begleiter
Der Strom, der in Ewigkeit quillt;
So ziehe ich fröhlich nun weiter
Mit Ihm, der mein Dürsten gestillt! 1
Während einer Erholungskur in Davos traf Eva von Tiele-Winckler auch mit Hudson Taylor zusammen. 1905 erlebte sie die Erweckung in Wales, die sich dann auch auf das geistliche Leben der Schwestern in Miechowitz auswirkte. Enge Kontakte unterhielt sie zur Gemeinschafts- und Pfingstbewegung.
Das Heiligtum (3. Mose 21, 12 und 1. Petrus 2, 9
Nicht aus dem Heiligtum heraus,
Nein - tief ins Heiligtum hinein,
Führt Dich der Geist nach Gottes Wort,
Bis zur Gemeinschaft Gottes ein.
Und ist das Salböl auf dem Haupt,
Hat dich der Heil'ge Geist berührt,
So halte, was Dir anvertraut,
Weil man den Schatz so leicht verliert!
Bist Du gesegnet in der Still',
So hüte Dich, Dich zu zerstreun
Und bleib gesammelt allerwärts,
Dann wird die Gnade sich erneun.
Verharre Du mit stillem Geist
Allzeit in Gottes Gegenwart,
Damit Ihn Wort und Wandel preist
Und Er Sich tiefer offenbart.
Was Er Dir in der Stille gab,
Das ist ein anvertrautes Pfund.
Nun geh und wirke Tag für Tag
Und mach Seine Liebe kund!
Hast Du getrunken aus dem Quell,
So reich' dem Durstigen den Trunk,
Und mache trübe Augen hell
Und matte Herzen wieder jung!
So gehst Du aus, so gehst Du ein
Und bleibst doch stets im Heiligtum.
Ein Segen immerdar zu sein,
Zu Deines Gottes Preis und Ruhm. 2
1906 wurden die ersten Schwestern in Gebiete der äußeren Mission ausgesandt.
1910 konnte Eva nahe Breslau - dem heutigen Wrocław
- ein erstes Kinderhaus gründen für 90 Kinder, das Landhaus Warteberg
. Schon 1923 hatte die daraus gewachsene
Organisation Friedenshort - Heimat für Heimatlose
60 Häuser an 35 Orten in ganz Deutschland, in denen über 14.000
Kinder lebten: Evas Konzept der Kinderfamilie
, der Erziehung von etwa zwölf Kindern verschiedenen Alters in einer
familienähnlichen Gruppe unter Leitung einer Mutter
genannten Diakonisse wurde zum Vorbild einer Reform der
Heimerziehung. Trotz Krieg und Inflation konnte sie ihr Werk auch noch in den 1920er-Jahren fortsetzen und ausbauen.
Die Schwesternschaft besteht bis heute in Freudenberg bei Siegen in Nordrhein-Westfalen, in Heiligengrabe in Brandenburg und in Berlin, die Jugendhilfeeinrichtungen sind über ganz Deutschland verteilt.
1 ▲ Eva von Tiele-Winckler: Denksteine des lebendigen Gottes
2 ▲ Eva von Tiele-Winckler: Aus stillen Stunden
Die Stiftung Diakonissenhaus Friedenshort
stellt
im Internet Eva von Tiele-Wincklers Geschichte und ihr Wirken dar.
Heiligenlexikon als USB-Stick oder als DVD
Unterstützung für das Ökumenische Heiligenlexikon
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 24.10.2024
Quellen:
• http://www.glaubenszeugen.de/kalender/t/kalt059.htm
• Barbara Kanowsky. In: Friedrich-Wilhelm Bautz †, Traugott Bautz (Hg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon,
Bd. XII, Herzberg 1997
• Joachim Schnürle: Ein Leben der Liebe für andere, Deutsches Pfarrerblatt 10/2016
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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