Ökumenisches Heiligenlexikon

Johann Evangelist Wagner

1 Gedenktag katholisch: 13. Oktober

Name bedeutet:J: Gott ist gnädig (hebr.)
E: der Verkünder des Evangeliums (griech.)

Priester, Gründer
* 5. Dezember 1807 in Dattenhausen in Bayern
13. Oktober 1886 in Dillingen an der Donau in Bayern


Johann Evangelist Wagner
Johann Evangelist Wagner

Johann war das fünfte von acht Kindern des Landwirts Johann Evangelist Wagner und dessen zweiter Ehefrau Kreszentia. Das hochbegabte Kind besuchte das Gymnasium in Dillingen, und studierte dann Theologie in Dillingen und München, bis er 1833 zum Priester geweiht wurde. 1836 wurde er Präfekt am Priesterseminar in Dillingen und 1842 - im Alter von nur 34 Jahren - dort Inhaber des Lehrstuhls für Dogmatik; 1863 wurde er zum Regens des Priesterseminars ernannt, als der er ob seiner Güte und Milde hoch geschätzt war. 1843 erhielt er zudem die Ernennung zum geistlichen Direktor des Dillinger Klosters der Franziskanerinnen, als dessen Beichtvater er bereits schon vorher tätig war. Er unterstützte die Klosterfrauen in ihrem Engagement für die Erziehung und Bildung gehörloser Mädchen und Frauen und 1847 bei der Eröffnung einer Schule für Gehörlose. Liturgische Priestergewänder und Fahnen, die zum Unterhalt der Einrichtung gefertigt wurden, gingen aus der 1854 gegründeten Dillinger Taubstummenanstalt für Mädchen bald schon in alle Welt hinaus; lange vor anderen Einrichtungen und der Bildung des Begriffes schuf Wagner damit eine Werkstatt für Behinderte.

Die „Regens Wagner”-Einrichtung für Erwachsene mit geistiger Behinderung im ehemaligen Schloss der Fugger in Glött
Die Regens Wagner-Einrichtung für Erwachsene mit geistiger Behinderung im ehemaligen Schloss der Fugger in Glött

Die Aufnahme auch von Schwachsinnigen, Epileptischen, Kretinen und Krüppel machte die Erweiterung der Dillinger Anstalt erforderlich, sie erfolgte 1869 im ehemaligen Schloss der Grafen von Fugger in Glött südlich von Dillingen mit einer Einrichtung für geistig behinderte Mädchen und Frauen; Vorsteherin und Oberin wurde die Meisterin des Dillinger Mutterhauses, Schwester Maria Hildegardis, die zweite Tochter von Fidel Ferdinand Graf Fugger-Glött-Oberndorf. 1872 gründete Wagner in Zell bei Hilpoltstein eine weitere Schule und Versorgungsanstalt für Gehörlose und 1876 eine solche in den Gebäuden des 1803 säkularisierten Klosters in Hohenwart bei Schrobenhausen. 1881 folgten Einrichtungen für geistig Behinderte in Lauterhofen und Holnstein in der Oberpfalz und 1885 eine für Gehörlose in Michelfeld in der Oberpfalz.

Johann Evangelist Wagners Grab in der Krypta der Christkönigskirche beim Zentrum der Regens-Wagner Anstalten in Dillingen
Johann Evangelist Wagners Grab in der Krypta der Christkönigskirche beim Zentrum der Regens-Wagner Anstalten in Dillingen, gestaltet von Schwester Maria Animata Probst von den Franziskanerinnen und Friedrich Koller

1885 erlitt Johann Evangelist Wagner einen Schlaganfall, an dessen Folgen starb er gut ein Jahr später. Er wurde in Dillingen bestattet, 1907 wurden seine Gebeine in die damalige Kirche der Dillinger Taubstummenanstalt überführt, 1962 in die Krypta der beim Zentrum der Anstalten in Dillingen neuerbaute Christkönigskirche gebracht.

Beim Tod von Johann Evangelist Wagner hatten über 532 behinderte Menschen in den verschiedenen Einrichtungen Förderung und Heimat gefunden. Die Stadt Dillingen ernannte ihn zum Ehrenbürger und benannte eine Straße nach ihm. Im Jahr 2000 bestanden die Regens-Wagner-Stiftungen aus zwölf großen Behinderteneinrichtungen.

Kanonisation: Schon bald nach dem Tod von Johann Evangelist Wagner gab es Bemühungen um eine Seligsprechung, aber erst 2001 eröffnete der Bischof von Augsburg das offizielle Seligsprechungsverfahren. Am 3. April 2009 erkannte Papst Benedikt XVI. Johann Evangelist Wagner den heroischen Tugendgrad zu.

Worte von Johann Evangelist Wagner

Vor seiner Diakonatsweihe machte sich Wagner Gedanken über die Anforderungen an einen guten Seelsorger:
Herr, erleuchte mich, dass ich die Pflichten des geistlichen Standes vollends erwäge. Nicht nur den Weg muss ein Seelsorger seiner Herde weisen, sondern er muss auch den Schwachen (und wer ist nicht in dieser Hinsicht ein Schwacher?) stärkende Seelennahrung reichen. Keine Arbeit kann so dringend, keine Nacht so finster, keine Witterung so schlecht, noch vermögen irgendeine Unbequemlichkeit so groß sein, dass sich der Seelsorger dadurch von seiner heiligen Hirtenpflicht dispensieren dürfte. Ja nicht einmal eine Lebensgefahr kann so groß sein, dass er sich ihr nicht aussetzen müsste, um dieser Pflicht zu genügen. Und wenn er in eine arme, unreinliche Hütte gerufen wird, muss er nicht weniger bereitwillig folgen, als wenn man ihn zu einem Reichen ruft.
Wird er aber das können, wenn er sich nicht ganz seinem Berufe opfert, wenn er sich nicht ohne Vorbehalt seiner Pflicht weiht? Und wird er mit bloßen Vernunftgründen, dass es nun einmal der Wahn des Volkes so erfordere; dass man sich vieles gefallen lassen müsse, um des guten Namens willen lange aushalten in seiner Berufstreue, wenn er nicht von der Notwendigkeit und Wirksamkeit dieser heiligen Sakramente überzeugt ist? Und wird diese Überzeugung ausreichen ohne Liebe zu seiner Gemeinde, zu allen Menschen - vielmehr zu allen Seelen?
Aber belehren, ermuntern, antreiben und drängen nützt wenig oder nichts, wenn nicht der Seelsorger mit seinem Beispiel vorangeht. In gewissenhaftester Pflichterfüllung, in Bescheidenheit, in Ordnung im eigenen Hause, in geregelter Lebensweise, in Wohltätigkeit soll er als Muster voranleuchten; er soll durch sein Beispiel schon vorher lehren, was er mit Worten von der Kanzel oder im Beichtstuhl sagt.
Hoffe gar nicht, meine Seele, mit Verstellung lange auszuweichen; nur wahrer Ernst, reine Tugendhaftigkeit wird in diesem Punkte bestehen. Alles Erkünstelte wäre schändliche Heuchelei. Darum bedarf es feiner Aufmerksamkeit, steter Wachsamkeit über sich selbst und zur zweiten Natur gewordener Selbstüberwindung.


Gebet um die rechte Erkenntnis:
Beinahe mit Ängstlichkeit bemühe ich mich um Kenntnisse, und meines Lebens schönsten Teil habe ich ihnen geweiht; wahrlich die Arbeit reuet mich nicht! Aber wenn ich nun auf das bisherige Resultat sehe, Vater, dann habe ich Ursache, mit meiner Methode unzufrieden zu sein. … Mein Studieren glich und gleicht wohl noch dem törichten Benehmen eines Reisenden, der die schönsten Gegenden durchschwärmend, die herrlichsten Denkmale der Kunst beschauend, nicht an den Gesamtcharakter der einen, noch an die zu Grunde liegende Idee der anderen denkt, sondern bei einer Blume oder einer einzelnen Verzierung das Ganze vergisst. O Herr, hätte ich mich von dir belehren lassen. Aber die Eitelkeit, selbst etwas zu wissen und die mildern Forderungen der menschlichen Schule hielten mich zurück von dir, und indem ich selbst weise sein wollte, blieb ich ein Tor. …
Sieh mein Herz bereit, o Gott, ganz sich deinem Unterrichte zu öffnen. O lass auch einen Strahl deiner Klarheit in mich fallen, dass der Verstand erhellt und das Herz erwärmt werden. Lass mich erwägen, mit deiner heiligen Kirche das Andenken an jene wunderbare Ausgießung des hl. Geistes der Wahrheit flehen, - und mit ihr Erhörung finden, durch unseren Erlöser und Heiland Jesus Christus. Amen.

Quelle: Peter Rummel: Johann Evangelist Wagner - Ein Leben für andere. Don Bosco Medien, München 2010, S. 49f, 31f

Zitat von Johann Evangelist Wagner:

Als 19-jähriger schreibt er:
Unter den vielen Tugenden, deren das Menschengeschlecht fähig ist, äußert wohl keine einen so allgemeinen Einfluss auf die Mitwelt, ist keine des Menschen würdiger, erhebt ihn keine so sehr, bringt ihn keine der Gottheit selbst so nahe, als die Wohltätigkeit.

Über die Behinderten:
Die etwas lernen können, müssen etwas lernen.
Die Nützliches thun können, müssen es thun.
Die aber das nicht können, seien unser Allernächsten,
denn sie sind der Hilfe am meisten bedürftig.

Quelle: M. Michaela Speckner OSF: Regens Johann Evangelist Wagner - Persönlichkeit und Wirken in Bayern - Regens Wagner Hohenwart von der Gründung bis heute. Pfaffenhofen a. d. Ilm 2007, S. 7, 20

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 30.03.2021

Quellen:
• Manfred Berger. In: Friedrich-Wilhelm Bautz †, Traugott Bautz † (Hg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. XX, Nordhausen 2002
• http://www.regens-wagner.de/hp631/Gruenderpersoenlichkeiten.htm

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.