Johann Friedrich Flattich
Gedenktag evangelisch: 31. Mai
Name bedeutet: J: Gott ist gnädig (hebr.)
F: der Friedensreiche (althochdt.)
Johann Friedrich Flattich, der ob seines trockenen Humors berühmt wurde, war der Sohn eines Amtsmannes und Dorfschullehrers, er wurde im Schulhaus geboren und ererbte seine pädagogische Leidenschaft vom Vater, der aber schon in Johanns Kindertagen starb. Die Mutter brachte nur mit Mühe die Mittel auf, um ihren Sohn auf die Lateinschule - das heutige Friedrich-Schiller-Gymnasium - in Ludwigsburg schicken zu können. Anschließend wurde er in der Klosterschule in Denkendorf aufgenommen; dem lebhaften Schüler von Johann Albrecht Bengel fiel es schwer, sich dort den strengen Ordnungen anzupassen.
Nach dem theologischen Studium am Stift in Tübingen folgte die erste Anstellung als Vikar bei seinem Onkel in Hoheneck - heute ein Stadtteil von Ludwigsburg; von hier aus absolviert er gleichzeitig eine Lehre als Drechsler in Ludwigsburg, denn: man dürfe sich nicht allein mit hochgeistigen Dingen beschäftigen.
1742 übernahm Flattich seine erste Pfarrstelle in Asperg bei Ludwigsburg und als Garnisonsprediger, im selben Jahr heiratete er Christiana Margarethe Groß, die Waisentochter eines Pfarrers. Von den 14 gemeinsamen Kindern überlebten acht. Weil das Geld meist knapp war, gab Flattich Privatunterricht für ins Pfarrhaus aufgenommene Zöglinge, meist sonst hoffnungslose Fälle, oft Söhne von Offizieren der Garnison Ludwigsburg; großen Wert legte er darauf, dass die Kinder am Unterricht Freude haben. Viele seiner Zöglinge bekleideten später bedeutende Positionen in Württemberg.
1747 wurde Flattich Pfarrer in Metterzimmern - dem heutigen Stadtteil von Bietigheim-Bissingen. Hier kümmerte er sich um Verbesserungen für die darbende Landwirtschaft und ermahnte die armen Bauern, ihre Söhne zu erziehen. Mehr als dreißig Personen wurden täglich im Pfarrhaus verköstigt und unterrichtet. Unerschrocken fand Flattich deutliche Worte gegenüber dem absolutistischenen Herzog von Württemberg, Karl Eugen. Als der - die Reitpeitsche in der Hand - einen Untergebenen zur Rechenschaft ziehen wollte, kam Flattich dazu und trat dazwischen. Der Herzog ließ sich diese direkte Art gefallen und sorgte dann auch dafür, dass Flattich gegen den eigentlichen Willen der Kirchenbehörde die reich dotierte Pfarrei der Johanneskirche im wohlhabenden Münchingen bekam, wo er von 1760 an 37 Jahre lang bis zu seinem Tod tätig war.
Junge Menschen, so Flattichs Überzeugung, lieben die natürliche, ungekünstelte Umgangsart. Zu seinen pädagogischen
Grundeinsichten gehörte, dass harte Behandlung und Leistungsdruck die Versagensangst steigern und sich daher für das Lernen
als kontraproduktiv erweisen: Nicht durch den Stock, sondern durch Güte und Geduld ändert sich vieles.
Ebenso
betonte er, dass jeder Mensch zu seiner persönlichen Entwicklung Zeit brauche. Bemerkenswert war das Taktgefühl des
Erziehers gegenüber seinen Schülern: es gebe Dinge, die der Erzieher nicht zu wissen brauche, übertriebene Kontrolle
veranlasse die Jugendlichen zur Lüge. Gelegentlich griff Flattich auch zu unorthodoxen Methoden: So gewöhnte er den bei
ihm im Haus lebenden Kindern das Kartenspiel dadurch ab, dass er sich zu ihnen setzte und so lange ohne Unterbrechung mit
ihnen spielte, bis sie keine Karten mehr sehen wollten. Seine Erziehungsgrundsätze und Methoden hat Flattich in zwei
Schriften sowie dem Aufsatz Sendschreiben von der rechten Art Kinder zu unterweisen
festgehalten.
Sein weites Herz bewies Flattich auch für die Armen. Eines Tages sei er ohne Schuhe nach Hause gekommen: einer sei im
Schlamm stecken geblieben, da habe er auch den anderen dort gelassen, weil der Finder ja mit nur einem Schuh nichts
anfangen könne. Auf einer Wanderung zur Kirchenbehörde, dem
Konsistorium in Stuttgart - Kutschfahrten
lehnte er als zu aufwändig ab - traf er eine Frau, die über den drohenden Verlust ihres Hauses klagte; er gab ihr die
30 Gulden, die er zur Beschaffung eines noblen Anzugs bei sich hatte, trat im schäbigen Gewand seinen Vorgesetzten
gegenüber und freute sich, als er später von der Rettung der Heimstatt der Frau hörte. Auf die Frage seines Herzogs,
was er an dessen Geburtstag gepredigt habe, antwortete Flattich: dass Fürsten fürstliche Gedanken haben sollen
.
Zu einem Empfang am Hof kam er als einziger ohne gepudertes Haar und begründete das dem Herzog: er brauche das Mehl für die Spätzle, zur Ernährung. Als
wieder einmal Krieg war, kam ein französischer Offizier ins Pfarrhaus; Flattich sprach ihn in seiner Sprache an, lud ihn zu
Tisch, übergab ihm die Schlüssel des Hauses und diente ihm alles an, was das Haus zu bieten hatte; daraufhin verzichtete
der Gast auf die Plünderung, ja er brachte sogar alles, was er bisher an sich genommen hatte, ins Pfarrhaus, damit Flattich
es den Leuten zurückgeben konnte.
In einer Ehekrise soll er der streitsüchtigen Ehefrau eingeredet haben, dass ein vor Morgengrauen aus dem Bach geholter
und unter die Zunge gelegter Kieselstein den Streit vertreibe. Da sich mit vollem Mund schlecht streiten lässt, blieb die
Ehe bestehen. Der vielfach als originellstes unter allen schwäbischen Originalen
Bezeichnete wurde durch seine
bildhaften Aussprüche zum Gegenstand zahlreicher Anekdoten, aber er machte auch als Erzieher und Seelsorger von sich reden.
Der bekannte Satz kleine Kinder - kleine Sorgen, große Kinder - große Sorgen
stammt aus seiner Feder.
Im Alter half sein Sohn Ludwig Flattich bei den Amtsgeschäften. Nach einem Schlaganfall und zwei Wochen der Lähmung starb er.
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
Durch das Evang. Stift in Tübingen gibt es jeden Sonntag um 15.30 eine Führung durch Studierende zum Preis von 3 € (ermäßgt 2 €). (2014)
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 06.03.2021
Quellen:
• http://www.elk-wue.de/cms/kirchefuersie/gedenktage/johannfrflattich/
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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