Johannes von Euböa
auch: Johannes ho Rosos
, der Russe
Gedenktag orthodox: 27. Mai
Name bedeutet: Gott ist gnädig (hebr.)
Johannes war Bauernjunge, als Soldat nahm er 1711 am Feldzug von Zar Peter dem Großen gegen die Türkei teil. Dabei fiel er als Kriegsgefangener in türkische Hand, wurde auf dem Sklavenmarkt verkauft und kam nach Prokopion - dem heutigen Ürgüp bei Kayseri - in der Türkei. Er trat nicht - wie viele seiner Kriegskameraden - zum Islam über; im Pferdestall, seinem Schlafplatz, sang er nachts Psalmen, in einem kleinen Kirchlein für die griechische Bevölkerung empfing er die EucharistieDie Eucharistie - von griechisch „ευχαριστειν, Dank sagen” - vergegenwärtigt das heilvolle Sterben Jesu Christi. Die Römisch-Katholische, die Orthodoxe und die Anglikanische Kirche nennen diese Mahlfeier im Anschluss an 1. Korintherbrief 11, 24 Eucharistie, die Evangelischen Kirchen sprechen von „Abendmahl” im Anschluss an Markusevangelium 14, 17 und 1. Korintherbrief 11, 23..
Die Legende erzählt, wie der Aga des Ortes eines Tages zu einer Pilgerfahrt nach
Makkah / Mekka aufbrach. Während seiner
Abwesenheit lud seine Gattin zu einem Bitt-Mahl ein, damit Allah den Gatten unversehrt zum Ziel seiner
Wallfahrt gelangen lasse, Johannes war der Tischdiener. Unter den Speisen war auch
Pilaf - ein im Orient beliebtes Mahl aus Reis und Hammelfleisch. Schön wäre es, wenn mein Gatte jetzt auch davon
speisen könnte
, seufzte die Frau; Johannes griff dies schnell auf: Gib mir einen Teller voll, den ich mit Gottes
Hilfe zum Aga gelangen lasse.
Unter dem höhnischen Gelächter der Gäste gab man ihm den Pilaf, Johannes ging in seine
Gebetsecke im Stall und bat seinen Gott, die köstliche Speise seinem Herrn im fernen Mekka zukommen zu lassen. Gott
erhörte den Wunsch; als der Aga nach seiner Rückkehr von dem überraschenden Empfang des Pilaf berichtete, waren alle
wie versteinert. Von dieser Stunde an sah man im Dorf, ob Muslim oder Christ, den kriegsgefangenen Russen als einen
Gerechten Gottes an.
Drei Jahre nach Johannes' Tod staunten die orthodoxen Gläubigen über eine Lichterscheinung über dem Grab des Russen. Aus dem Grabe gehoben, sahen sie seinen Leichnam unverwest und betteten ihn in einen Holzschrein der St. Georgskirche in Prokopion.
1832 gab es einen Aufstand des Statthalters im damals türkisch beherrschten Ägypten, Muhammad Ali Pascha, gegen den osmanischen Sultan Mahmud II.; Ali Pascha ließ eine Armee von 80.000 Mann in Prokopion aufmarschieren. Die Christen des Orts versteckten sich aus Angst in Höhlen. Bei der Plünderung erbrachen die Soldaten auch den Sarg des Johannes, erschraken aber vor einem Lichtstrahl. Die orthodoxen Bewohner von Prokopion bauten daraufhin eine großräumige neue Kirche und wollten Johannes damit einen Ehrenplatz schaffen, doch die Reliquien kehrten auf unerklärliche Weise stets wieder in die kleine St. Georgskirche zurück. 1868 wurde die Georgskirche dann Johannes geweiht.
Neben der Georgskirche in Prokopion war die Schule. 1862 hatte eine der Frauen aus dem Ort einen Traum, in dem Johannes aus seinem Sarg stieg und das Schuldach auf seinen Händen trug. Kaum hatte die Frau den Nachbarn ihren Traum erzählt, als sich ein Krachen vernehmen ließ; das Schuldach war eingestürzt, doch keinem der zwanzig Kinder war ein Leid geschehen.
Als die Griechen 1924 beim Bevölkerungsaustausch umgesiedelt wurden, nahmen sie die Gebeine von Johannes mit. Im neu gegründeten Ort Prokopion auf Euböa wurde sie in einen offenen silbernen Schrein gebettet. Mit dem Bau der neuen Kirche wurde 1930 begonnen, 1951 wurde sie fertig.
Die Heilungswunder, die am unverwesten Leichnam des Johannes in der ihm geweihten Kirche in der Flüchtlingssiedlung Prokopion geschahen, haben den Ort in ganz Griechenland berühmt gemacht. Der Leichnam von Johannes ist heute schwarz; berichtet wird, die Türken hätten den Heiligen verbrennen wollen, aber die Gebeine verbrannten nicht. Als der Leichnam 1986 mit neuen Kleidern umhüllt wurde, verbreitete sich ein wunderbarer Duft, zwei Wochen lang war die Kirche von Wohlgeruch erfüllt. Am Festtag strömen heute 15.000 Pilger herbei.
Neben der Kirche wurde 2018 durch den Metropoliten von
Athen und ganz Griechenland das Museum der
kleinasiatischen Kultur
eingeweiht, das kirchliche und volkstümöliche Erinnerungsstücke zeigt, die durch Flüchtlinge
aus dem alten Prokopion mitgebracht wurden.
Kanonisation: Johannes wurde am 19. Juli 1962 von der Russisch-Orthodoxen Kirche heiliggesprochen.
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 13.06.2019
Quellen:
•
• Friedrich Heyer. In: Friedrich-Wilhelm Bautz †, Traugott Bautz (Hg.): Biographisch-Bibliographisches
Kirchenlexikon, Bd. III, Herzberg 1992
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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