800 Märtyrer von Otranto
lateinisch: von Hydruntum
Gedenktag katholisch: 14. August
nicht gebotener Gedenktag im Bistum Altamura-Gravina-Acquaviva delle Fonti
in Otranto: 31. Juli
Im Jahr 1480 gelang es den Truppen des osmanischen Sultan Mehmet II., die bereits Konstantinopel, die Halbinsel Krim, Teile Serbiens und Griechenlands, die Walachei, Bosnien und Albanien erobert hatten, mit 18.000 Soldaten unter Führung von Großwesir Ahmed Gedik Pascha und mit Unterstützung der Venezianer, bis nach Otranto vorzustoßen. Die Stadt wurde nach 15 Tagen Belagerung am 11. August als erste Stadt auf italienischem Boden erobert; am 14. August wurden etwa 800 Gefangene - alle Männer im Alter von über 15 Jahren - auf dem Minerva-Hügel, auf dem heute die Kirche Santa Maria dei Martiri daran erinnert - enthauptet, weil sie den christlichen Glauben nicht aufgeben wollten. Nach 13 Monaten - Mehmet II. war inzwischen gestorben - konnten Truppen unter Führung von Alfons II., dem König von Neapel aus dem Hause Aragón, die Stadt wieder befreien.
Die Überlieferung berichtet, die Türken
seien nach ihrem Eindringen in die Stadt in die Kathedrale gekommen, wo
der Erzbischof der Stadt, Stephanus, gerade die Kommunion austeilte; ein Äthiopier habe ihm dabei den Kopf
abgeschlagen. 800 Männer seien dann vom Großwesir auf einem Hügel vor der Stadt zusammengetrieben worden, weil sie nicht
bereit waren, ihren Glauben zu verleugnen, sondern sich standhaft zum Christentum bekannten. Der erste, der enthauptet
wurde, war demnach der Tuchmacher Antonio Primaldo. Mit seinem Kopf wurde er auf einen Stein gelegt, nach der
Enthauptung fiel sein Kopf zu Boden, aber sein Körper blieb bis zum Ende des Massakers auf seinen Füßen stehen, trotz der
Bemühungen der Türken, ihn umzustoßen. Der Henker Berlabei habe deshalb sein Schwert weit weggeworfen und sich ob des
Wunders zum Christentum bekehrt. Nachdem auch alle anderen von den Osmanen enthauptet waren, wurden ihre Leichen auf dem
Feld liegen gelassen; die Leichname waren dann 13 Monate lang der Sonne ausgesetzt ohne zu verwesen und ließen die
Kathedrale der Stadt in wundersamem Licht erstrahlen, als die Stadt zurückerobert wurde; dann konnten die Toten bestattet
werden.
Viele Geschichtsforscher sehen die Toten heute als Opfer der Kämpfe, wofür entsprechende Verletzungen an manchen
Schädeln sprechen. In der Regel haben die Osmanen ihre unterworfenen christlichen Gegner nicht um ihres anderen Glaubens
willen getötet, sondern gemäß Sure 9, Vers 29 des Korans mit einer besonderen Steuer - der Dschizya
- belegt. 2007
wurde in Otranto ein großer Kongress zu dieser
Frage abgehalten, der die Zweifel an der traditionellen Auffassung deutlich verstärkte. Dagegen approbierte Papst Benedikt
XVI. im Juli 2007 das Dekret zur Bestätigung des Martyriums des seligen Antonio Primaldo und der Gefährten, die aufgrund
von Glaubenshass den Tod fanden
.
1482 wurden die Gebeine der Märtyrer in die Kathedrale in Otranto gebracht; 1711 wurde an diese die Kapelle der Märtyrer, angebaut. Der Stein, auf dem die Märtyrer enthauptet worden sind, befindet sich unterhalb des Altars der Kathedrale. Auf dem Hügel, auf dem das Massaker sich ereignet habe, stand einst ein der römischen Göttin Minerva geweihter Tempel. 1614 wurde dort die Kirche Santa Maria dei Martiri errichtet. Papst Johannes Paul II. besuchte 1980 zum 500. Jahrestag der Ereignisse Otranto und rief dabei zum Gebet für die verfolgten Christen im nur 70 km entfernten Albanien auf.
Ab 1485 wurde ein Teil der Reliquien in die Kirche Santa Caterina in Formiello nach Neapel übertragen, wo sie zunächst unter dem Altar der Maria vom Rosenkranzfest platziert wurden, was an den Sieg der christlichen Truppen über die Osmanen in der Schlacht von Lepanto erinnern sollte; anschließend wurden sie in die von Papst Benedikt XIII. geweihte Reliquienkapelle dieser Kirche gebracht und 1901 unter den Altar gelegt, wo sie sich heute befinden. Eine Untersuchung bestätigte 2002/2003 die Echtheit.
2015 konnte Gino Fornaciari von der Universität in
Pisa das Rätsel um eine der
Reliquien lösen: sie fällt dadurch auf, dass der Totenschädel 16 kreisrunde Löcher
unterschiedlicher Tiefe und Größe aufweist. Sie stammen von einem Trepanierbohrer
, mit dem man feinsten
Knochenstaub produzierte, dem Heilkraft nachgesagt wurde. So beschrieb der französische Chemiker Nicolas Lémery 1697
in seinem Buch Pharmacopée universelle
, wie Puder von menschlichen Schädelknochen, gemeinsam mit Wasser eingenommen,
gegen Lähmungen, Gehirnschlag, Epilepsie und Geisteskrankheiten hilft. Vermutlich bohrte man den Schädel an, als die
Knochen 1711 in der Kathedrale in Otranto
hinter Glas gelegt wurden.
Kanonisation: Papst Clemens XIV. anerkannte das Martyrium und die über Otranto hinaus verbreitete Verehrung am 14. Dezember 1771, nachdem sich der Rektor des erzbischöflichen Seminars von Otranto, Francesco Antonio Primaldo Catara, dafür besonders eingesetzt hatte. Am 11. Februar 2013 kündigte Papst Benedikt XVI. im Konsistorium die Heiligsprechung an, bevor er die Öffentlichkeit über seinen geplanten Rücktritt informierte. Am 12. Mai 2013 sprach Papst Franziskus die 800 Märtyrer heilig.
Roberto Cotroneo lässt in seinem Roman (Link mit Vergütung) Otranto das Martyrium und die Kathedrale von Otranto Hintergrund der geheimnisvollen Erlebnisse einer Restauratorin werden und erschließt das Mysterium der Stadt und ihrer Geschichte.
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 01.05.2023
Quellen:
•
• http://www.zenit.org/article-13001?l=german nicht mehr erreichbar
• http://www.webdiocesi.chiesacattolica.it/cci_new/s2magazine/index1.jsp?idPagina=6816 nicht mehr erreichbar
• http://www.viveresalento.info/p/otran/t/sto.asp - abgerufen am 16.04.2022
• http://derstandard.at/2000011598516/Forscher-loesen-Mysterium-um-loechrigen-Totenschaedel-aus-dem-15-Jahrhundert - abgerufen am 16.04.2022
• Peter Amann: Apulien, Gargano, Salento6, Aufl. Reise Know-How Verlag Peter Rump, Bielefeld 2016
• https://www.comune.otranto.le.it/vivere-il-comune/territorio/da-visitare/item/santuario-di-s-maria-dei-martiri?category_id=11516
- abgerufen am 16.04.2022
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.