Ökumenisches Heiligenlexikon

Marcellin Champagnat

eigentlich: Marcellin-Joseph-Benoît

1 Gedenktag katholisch: 6. Juni
Hochfest bei den Maristen
nicht gebotener Gedenktag in Neuseeland

Name bedeutet: M: der Kleine,
dem (altröm. Kriegsgott) Mars Geweihte (latein. - französisch)

Priester, Ordensgründer
* 20. Mai 1789 in Marlhes bei Saint-Etienne in Frankreich
6. Juni 1840 in Saint-Chamond bei Saint-Étienne in Frankreich


Anbau am Hofgut von Marcellins Familie, sein Geburtshaus in Marlhes
Anbau am Hofgut von Marcellins Familie, sein Geburtshaus in Marlhes

Marcellin war das neunte von zehn Kindern Familie des landwirtschaftlichen Händlers Jean-Baptiste Champagnat und der Marie geb. Chirat. In seiner Jugend erlebte den Priestermangel in den Jahren nach der französischen Revolution und entschloss sich, Priester zu werden und sein Leben Maria zu widmen.

Statue, 1981, beim ersten Haus der Maristen in La Valla-en-Gier
Statue, 1981, beim ersten Haus der Maristen in La Valla-en-Gier

1805 trat Marcellin Champagnat ins damalige Kleine Seminar - heute ein Berufsgymnasium - in Verrières - dem heutigen Verrières-en-Forez - ein und 1813 ins damalige >Große Seminar - heute eine Niederlassung der Maristen - in Lyon, wo er auch Johannes-Maria Vianney traf und Jean-Claude Colin kennen lernte.

1816 wurde Marcellin Champagnat zum Priester geweiht und dann Vikar im Bergdorf La Valla-en-Gier. Dort war sein Katechismusunterricht schnell so erfolgreich, dass auch Erwachsene kamen; die Moral der Menschen versuchte er zu heben mit dem Verbot von Tanzveranstaltungen und schlechten Büchern wie jenen des Philosophen der Aufklärung Voltaire.

1817 gründete Champagnat in einem von ihm gekauften Haus in La Valla-en-Gier die Laienkongregation der Frères de la Doctrine Chrétienne, der Brüder der christlichen Lehre, die == Maristen, um die Kinder der Gemeinde zu unterrichten. Die Schule wuchs schnell erheblich.

Jean-Jacques Borghetto: Glasfenster, 1958, in der Marcellin geweihten Kirche in Marlhes
Jean-Jacques Borghetto: Glasfenster, 1958, in der Marcellin geweihten Kirche in Marlhes

1818 beschloss Champagnat, die Leitung der von ihm gegründeten Gemeinschaft zu übernehmen und verließ die Kirchengemeinde in La Valla-en-Gier, um bei seinen Brüdern zu leben; er wurde nicht Oberer, sondern Animator und geistlicher Leiter. Schnell konnten an verschiedenen Orten neue Schulen eröffnet werden. 1825 verzichtete er auf sein geistliches Amt, um sich ausschließlich um die Arbeit der Brüder zu kümmern, und er errichtete in Saint-Chamond das große Gebäude Notre-Dame-de-l'Hermitage als Noviziat für 150 Männer.

Weiter Schulen folgten, so im ehemaligen Kloster Valbe­noîte im heutigen gleichnamigen Stadtteil von Saint-Étienne. Die staatliche Anerkennung scheiterte 1830 aufgrund der Juli-Revolution in Frankreich. 1837 war die von Champagnat ausgearbeiteten Ordensregel druckfertig, nachdem Papst Gregor XVI. im Jahr zuvor die Maristenpriester als Société de Marie, Gesellschaft Marien, anerkannt hatte und Champagnat die Ordensweihe als Marist empfangen hatte. Generaloberer wurde Jean-Claude Colin, Champagnat sein Assistent. Nachdem er lange Zeit an einer Krebskrankheit zu leiden hatte, starb Champagnat im Duft der Heiligkeit nach langem und schmerzhaftem Todeskampf im Ordenshaus Notre-Dame-de-l'Hermitage.

Marcellin Champagnats Gebeine im Ordenshaus Notre-Dame-de-l'Hermitage
Marcellin Champagnats Gebeine im Ordenshaus Notre-Dame-de-l'Hermitage

Marcellin wurde im unterseiner Leitung und Mitarbeit erbauten ersten Mutterhaus Notre Dame de l'Her­mitage bei Saint-Chamond bestattet. Sein Geburtshaus in Marlhes wurde als Museum eingerichtet, daneben eine ihm geweihte Kirche und ein Einkehrhaus der Maristen-Schulbrüder errichtet.

Bei Champagnats Tod hatten die Maristen 280 Brüder, 48 Schulen und etwa 7000 Schüler, hute ist sie mit knapp 4700 Brüdern in 78 Ländern auf allen Kontinenten, vor allem auch in den Ländern des Südens vertreten.

Kanonisation: Am 29. Mai 1955 sprach Papst Pius XII. Marcellin Champagnat selig, am 18. April 1999 sprach Papst Johannes Paul II. ihn heilig.

Worte des Heiligen

Marcellin beschreibt, welche Eigenschaften ein idealer Erziehers braucht:
Eine Autorität, die alle notwendige Freiheit für die Entwicklung des Charakters gewährt, die zurückweist, was ihm schaden könnte; Sanftheit ohne Schwäche, eine Strenge ohne Härte; einen Ernst ohne Rohheit; eine Gefälligkeit und ein Wohlwollen ohne Vertraulichkeit; ein glühendes Verlangen nach Erfolg, gemäßigt durch eine Geduld, die nichts barsch abweist und die die Hoffnung nicht aufgibt; eine Wachsamkeit, der nichts entgeht, verbunden mit einer Weisheit, die oft unwissend zu sein scheint; eine Zurückhaltung, die dem Freimut, nicht entgegensteht; eine Festigkeit, die niemals halsstarrig sein darf; ein Scharfsinn, der die Neigungen durchschaut, es sich aber niemals anmerken lässt; eine Klugheit, die erkennen lässt, was man entschuldigen oder bestrafen muss, und die dafür die günstigen Augenblicke ergreifen lässt; ein Geschick, das niemals abgleitet zu bloßer Listigkeit, die sich in den Geist [der Zöglinge] einfügt, ohne ihn zum Widerstand zu reizen; eine Freundlichkeit, die die Anweisungen angenehm macht, ohne ihnen die Festigkeit zu nehmen; eine Nachsichtigkeit, die die Zuneigung erwirbt, verbunden mit einer Genauigkeit und Gerechtigkeit, die Furcht einzuflößen vermag; eine Herablassung, die sich den Neigungen [der Schüler] anpasst, ohne sie allzu sehr zu begünstigen; eine Geschicklichkeit, um die einen [Neigungen] durch die anderen zu bekämpfen, die guten zu stärken, die schlechten zu schwächen; eine Voraussicht, die gefährliche Gelegenheit voraussieht; eine Geistesgegenwart, welche nicht unerwartete Ereignisse und die Verlegenheit verursachende Fragen der Kinder nicht aus der Fassung bringen. Um ein guter Lehrer zu sein, … muss man ein vollkommener Mensch sein.

Quelle: Bienheureux Marcellin Champagnat: Textes choisis et présentés par Josse Alzin. Les Èditions du Soleil Levant, Namur (Belgique) 1959, S. 99f; eigene Übersetzung

Zitat von Marcellin Champagnat über die Notwendigkeit der Erziehung:

• Die Erziehung ist für das Kind, was der Anbau für die Erde ist; so gut auch die Erde sein mag, wenn sie ohne Anbau bleibt, bringt sie nur Gestrüpp und Dornen hervor. …
• Die Erziehung ist für das Kind das, was das Zuschneiden für einen Obstbaum bedeutet; es ist der Zuschnitt, der dem Baum seine Schönheit gibt und ihm die Quantität und die gute Qualität der Früchte verschafft; außerdem gilt: Je mehr ein Baum gepflegt und beschnitten wird, umso mehr sind seine Früchte überreich und hervorragend. Jeder Baum, der nicht beschnitten wird, bringt letztendlich nur Holz oder entartete Früchte hervor. …
• Ein Strauch kann alle möglichen Formen annehmen; wenn man ihn von allen Seiten her biegt, nimmt er ohne Schwierigkeit die Richtung an, die man ihm gibt, und er behält sie beständig bei; aber wollte man ihn wieder geradebiegen, wenn er groß geworden ist, statt ihn zu biegen, würde er abbrechen. Dies ist ein getreues Bild des Kindes und der guten Wirkungen, die die Erziehung in ihm hervorbringt. Solange das Kind jung ist, berichtigt man leicht seinen Willen, korrigiert man ohne Mühe seine schlechten Neigungen, verbessert man unschwer seine Charakterfehler, wohingegen man, sobald es groß geworden ist, kein Mittel mehr hat, es zu ändern. …
• Die Erziehung ist für ein Kind das, was ein zuverlässiger Führer für einen unerfahrenen Reisenden ist. Wenn der Reisende gut geführt wird, kommt er glücklich und ohne viel Mühe an das Ziel seiner Reise. Wenn er aber auf einem Irrweg geht, wird er in einem Abgrund landen, oder durch das Schwert eines Mörders oder die Zähne wilder Tier zugrunde gehen. …
• Die Erziehung ist für das Kind auch das, was ein Lotse für das Schiff ist. Ein Schiff ohne Lotsen wird an den Klippen zerschellen oder in den Tiefen des Ozeans untergehen. …
• Die Erziehung ist für das Kind das, was die Fundamente für ein Gebäude sind. Wird ein Haus ohne Fundamente je Bestand haben? Wenn die Fundamente brüchig sind, wenn sie nicht auf festem Boden, auf Fels gegründet sind, wird das Gebäude durch den Wind oder auch durch die ersten Regenfälle, die die Erde aufweichen, zum Einsturz gebracht. …
• Schließlich ist die Erziehung für das Kind das, was der Samen für die Erde ist. Man erntet auf einem Feld nur das, was man dort gesät hat; wenn es sich um einen Weizensamen handelt, wird man Weizen ernten; wenn es sich um Unkrautsamen handelt, dann wird man Unkraut einbringen und nicht gutes Korn. Das Herz der Kinder ist ein jungfräuliches Land, das seine ersten Samen empfängt; wenn die Herzen gut bereitet, gut gepflegt sind, wenn der Samen, den man dort ausstreut, von guter Qualität ist, wird es reiche und dauerhafte Früchte bringen.

Quelle: Bienheureux Marcellin Champagnat; Textes choisis et présentés par Josse Alzin, Les Èditions du Soleil Levant, Namur (Belgique) 1959, S. 135 - 140; eigene Übersetzung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung

Die Maristen-Schulbrüder in Deutschland stellen auf ihrer Internet-Seite Geschichte und Wirken ihres Ordens dar.

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon

Das erste Haus der Maristen in La Valla-en-Gier kann nach Absprache mit der Gemeindeverwaltung besucht werden. (2024)
Die Kapelle im Ordenshaus Notre-Dame-de-l'Hermitage ist täglich von 14.30 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. (2024)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 26.06.2024

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 6., Herder, Freiburg im Breisgau 1997
• https://fr.wikipedia.org/wiki/Marcellin_Champagnat - abgerufen am 22.06.2024

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.