Otmar von St. Gallen
auch: Othmar
eigentlich: Audomar, Audemar
Gedenktag katholisch: 16. November
Fest im Bistum St. Gallen
gebotener Gedenktag im Bistum Chur
nicht gebotener Gedenktag im Bistum Basel und im Erzbistum Freiburg im Breisgau
Übertragung der Gebeine: 15. April
zweite Übertragung der Gebeine: 25. Oktober
Name bedeutet: der durch Besitz Berühmte (althochdt.)
Der in der Domschule in Chur erzogene Alemanne Otmar wurde nach seiner Priesterweihe vom Tribun Waltram zum Vorsteher der Einsiedelei des Gallus im Hochtal der Steinach an der Stelle des heutigen Klosters St. Gallen ernannt. Er baute 719 mit rätischen Mönchen die Zelle zum Kloster aus, 744 wurde Otmar erstmals als Abt erwähnt. 747 gab er seinem Kloster auf Betreiben der Brüder Karlmann und Pippin des Jüngeren die Benediktinerregel. Die Abtei wurde bald reich mit Gütern alemannischer Grundbesitzer bedacht, die für ihr Seelenheil sorgen, aber auch ihre Güter dem Zugriff des Frankenreiches entziehen wollten.
Otmar hatte eine ausgeprägte soziale Ader, verschenkte Klostervermögen an die Armen, baute in der Nähe des
Klosters das erste Haus für Aussätzige in der
Schweiz und nahm Kranke, Blinde und Arme in einem weiteren Bau auf, wo er sie auch nachts selbst betreute; die enge
Verbindung der Klosterbrüder zum einfachen Volk begründete Missionserfolge und brachte ihm den Namen Armenvater
ein.
Er fürchtete den wachsenden Reichtum seines Klosters und kleidete sich selbst einfach, ritt nur auf einem Esel statt auf
einem Pferd. Im Jahre 753 verpflichtete sich ein Bauer, dem Galluskloster und namentlich seinem Abt Otmar jährlich eine
bestimmte Menge Bier abzuliefern. In der dabei ausgestellten, bis heute erhaltenen Urkunde kommt erstmals im Abendland das
lateinische Wort cerevisia
für Bier
vor.
Das aufblühende Kloster St. Gallen geriet dann
in die Wirren der Politik im Frankenreich. Der Stamm der Alemannen hatte sich zwar den Franken unterworfen, doch der
fränkische Hof lebte in ständiger Furcht vor einem alemannischen Aufstand; vorbeugend wurde deshalb 746 mit
dem Blutgericht von Cannstatt
die gesamte
alemannische Elite ermordet. Die fränkischen Gaugrafen Warin und Ruthard nutzten die Gelegenheit, das Kloster und seinen
wachsenden Besitz zu schwächen, erhoben gegen Otmar Anklage aufgrund von Verleumdungen eines Lampertus und erwirkten,
dass er deportiert wurde. Erst wurde er in den Kerker der
Königspfalz in Bodman geworfen, dann zu einem
Schauprozess geführt, bei dem ihm die Schändung einer Frau vorgeworfen und er zum Hungertod verurteilt, später zu
lebenslänglicher Haft begnadigt wurde. Bei Graf Gozbert fand er schließlich auf der
Rheininsel Werd bei Stein am Rhein Asyl,
überlebte die zuvor erduldeten Misshandlungen aber nicht mehr lange und starb dort.
Otmars Biograph Gozbert berichtet, dass nach zehn Jahren Mönche aus
St. Gallen den Leichnam des Klostergründers
zurückholen wollten und ihn unverwest in seinem Hochgrab auf der Insel fanden. Die Brüder hätten ein Weinfässchen als
Wegzehrung mitgenommen, es blieb auf dem Hin- und Rückweg stets gefüllt, so viel sie daraus auch tranken. Auch wurde ein
die ganze Gegend verwüstender Sturm auf wunderbare Weise vom Schiff bei der Fahrt über den
Bodensee und von ihrem Wagen ferngehalten, so
dass nicht einmal die Kerzen zu Füßen und am Kopf von Otmar verlöschten. Die als Gründungsmythos der Schweiz bedeutsame
Schlacht am Morgarten bei Oberägeri von
1315 fand am Tag vor St. Otmar
statt; damals habe ein Sterndeuter dem Habsburger Herzog erklärt, er sehe am Tag
vor St. Otmar großes Glück
; allerdings fiel das Glück des Sieges der Schweizer Gegenseite zu.
Die um 830 von Gozbert verfasste Lebensgeschichte wurde um 836 von Walahfrid Strabo überarbeitet. 867 wurden die
Reliquien in die nun Otmar geweihte
Klosterkirche von St. Gallen gebracht, bereits
887 wurde Otmar neben Gallus als Patron des Klosters genannt. Die Verehrung
verbreitete sich schnell. Wasser, Öl und Kinderkleider werden in seinem Namen geweiht und sollen gegen
Kinderkrankheiten helfen; die Otmars-Kittelchen
wurden kranken Kindern neun Tage lang angezogen, was die Genesung
bewirke. Auch in Attenhausen bei Krumbach liegen
Reliquien, zahlreiche Wunder seien hier geschehen, seit 1750 gibt es dort eine
Wallfahrt. Im Veitsdom in
Prag wird sein Kopf verehrt, der Überlieferung nach
wurde dieser zusammen mit dem von Gallus durch König Karl IV. 1353 entwendet, als er
St. Gallen besuchte.
In einem Außenbezirk von St. Gallen ist heute auch die ab 1905 erbaute große Kirche Otmar geweiht.
Attribute:
Weinfässchen
Patron
der Winzer; gegen Kinderkrankheiten und Krankheiten allgemein; des Bistums St. Gallen
Martyrologium Romanum Flori-Legium
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- zuletzt aktualisiert am 06.12.2024
Quellen:
• Charlotte Bretscher-Gisinger, Thomas Meier (Hg.): Lexikon des Mittelalters. CD-ROM-Ausgabe. J.B. Metzler,
Stuttgart / Weimar 2000
• http://beta.shn.ch/index.php?rub=news&page=detail&detail=237826
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb.
Aufl., Bd. 7., Herder, Freiburg im Breisgau 1998
• https://www.20min.ch/schweiz/ostschweiz/story/Schaedel-der-St--Galler-Klostergruender-gefunden-19194587
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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