Ökumenisches Heiligenlexikon

Giuseppe Pino Puglisi

deutsch: Josef

1 Gedenktag katholisch: 15. September

Name bedeutet: Gott hat hinzugefügt (hebr.)

Priester, Märtyrer
* 15. September 1937 in Palermo in Italien
15. September 1993 in Palermo in Italien


„Pino” Puglisi mit seiner Familie
Pino Puglisi mit seiner Familie

Giuseppe Pino Puglisi, Sohn eines Schusters und einer Zuschneiderin, wurde in einem einfachen Haus im Stadtteil Brancaccio, einem Armutsviertel am Stadtrand von Palermo, geboren. Nach der Schule und dem Studium wurde er 1960 zum Priester geweiht und machte sich schnell als Seelsorger besonders für Jugendliche einen Namen. 1970 wurde er Pfarrer in Godrano bei Palermo und gleichzeitig als Rektor der Kirche San Giovanni dei Lebbrosi Ausbilder für Studenten in Palermo; zugleich engagierte er sich in Armengebieten der Stadt. Ab 1990 war er Priester an der Kirche San Gaetano in seinem heimatlichen Stadtteil Brancaccio, einem von der Mafia beherrschten Quartier.

Pino Puglisi kämpfte gegen die Mafia in seiner Kirche San Gaetano mit seinen Predigten und in seinem Stadtteil Brancaccio, indem er sich besonders für junge Leute einsetzte, Volksfeste und Sportveranstaltungen organisierte, für eine weiterführende Schule und eine funktionierende Kanalisation eintrat, ein Sozialzentrum aufbaute und eine Schwesternschaft ansiedelte, die Sozialarbeit leistete. Zwangskollekten, die üblicherweise zu Festtagen erhoben wurden und den Ruf der Mafia stärkten, lehnte er ebenso ab wie die Zusammenarbeit mit dem von Mafios durchsetzten Patronatsfest-Komitee; für die von der Mafia ermordeten Richter Falcone und Borsellino organisierte er Gedenkveranstaltungen. Dieser Priester zieht die Jungs auf seine Seite, befürchtete ein Mafiaboss.

„Pino<” Puglisi Wohnhaus, in dem er ab 1969 wohnte und an dem er erschossen wurde; seine Wohnung ist heute Museum
Pino Puglisis Wohnhaus, in dem er ab 1969 wohnte und an dem er erschossen wurde; seine Wohnung ist heute Museum

Nachdem 1992 der italienische Staatsanwalt und Mafia-Jäger Giovanni Falcone brutal von der Mafia getötet worden war, geißelte Papst Johannes Paul II. im Mai 1993 bei seinem Besuch in Agrigento die Mafia als unmenschlich und als Verstoß gegen das Evangelium. Den Verbreitern dieser Kultur des Todes drohte er in einer ungewöhnlich emotionalen Rede mit dem Gericht Gottes. Im September 1993 wurde Italien dann von einer zuvor nie dagewesenen Reihe von Attentaten der Mafia erschüttert, weil sie die Regierung zwingen wollte, die verschärften Haftbedingungen gegen Verurteilte der Mafia zu lockern - was im November dann auch geschah. Eines der Attentatsopfer war Pino Puglisi, der an seinem Geburtstag vor der Tür seines Wohnhauses durch einen Killer im Auftrag von zwei Mafiabossen überfallen wurde. Darauf habe ich gewartet, sagte er, lächelte und wurde mit einer Pistole hingerichtet.

Kirche San Giovanni dei Lebbrosi im Stadtteil Brancaccio in Palermo, an der „Pino” Puglisi Rektor war
Kirche San Giovanni dei Lebbrosi im Stadtteil Brancaccio in Palermo, an der Pino Puglisi Rektor war

Pino Puglisi wurde auch als Antwort auf die kurz zuvor ausgesprochene Verurteilung der Mafia durch Papst Johannes Paul II. ermordet. Der wandte sich im Mai 1993 bei seiner Messe im Tal der Tempel nahe der Mafiahochburg Agrigent als erster Papst unmissverständlich gegen das Organisierte Verbrechen; abweichend von seinem Redemanuskript rief er sichtbar erzürnt: Gott hat gesagt: Du sollst nicht töten. Kein Mensch, keine Menschenvereinigung, keine Mafia kann dieses hochheilige Gesetz Gottes ändern und mit Füßen treten … Im Namen Christi wende ich mich an die Verantwortlichen: Kehrt um! Eines Tages wird Euch das Jüngste Gericht Gottes einholen!

Foto vom Besuch von Papst Franziskus am 25. Todestag, dem 15. September 2018, in „Pino<” Puglisis Wohnung, ausgestellt vor dem Wohnhaus
Foto vom Besuch von Papst Franziskus am 25. Todestag, dem 15. September 2018, in Pino Puglisis Wohnung, ausgestellt vor dem Wohnhaus

Pino Puglisi war der erste von der Mafia ermordete Priester. Obwohl der Mord am hellichten Tag an einer belebten Piazza stattfand, fanden sich keine Zeugen. Dennoch wurden die Auftraggeber des Mordes, die örtlichen Mafiabosse Giuseppe und Filipo Graviano, später zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach dem Vorbild Puglisis entstanden mehrere Einrichtungen der Jugendhilfe und der Sozialarbeit, die nach ihm benannt sind. 2005 wurde sein Leben und Sterben verfilmt.

Pino Puglisis Sarg steht heute in einer ihm geweihten Kapelle in der Kathedrale von Palermo. In Godrano ist die Straße an der Kirche nach ihm benannt, in der Kirche erinnert ein über lebensgroßes Portrait an ihn. Am 25. Jahrestag der Ermordung von Pino Puglisi besuchte Papst Franziskus Palermo; dabei wandte er sich auch direkt an die Mafiosi: Ändert euch! Hört auf, an euch selber zu denken und an euer Geld! Bekehrt euch zum wahren Gott Jesu Christi! Ansonsten geht euer eigenes Leben verloren, und das ist die schlimmste aller Niederlagen!

Kanonisation: Pino Puglisi wurde am 23. Mai 2013 im Auftrag von Papst Franziskus in in der Kathedrale in Palermo seliggesprochen.

Pino Puglisis Wohnung im 1. Stock seines Wohnhauses ist mit der Originaleinrichtung erhalten und heute Museum, Öffnungszeiten sind nicht angegeben. (2020)

Worte des Seligen

Der Jünger Christi ist ein Zeuge. Das christliche Zeugnis kann auf Schwierigkeiten treffen, kann zum Martyrium werden.
Zeugen sein vor allem für den, der Wut in sich verspürt gegenüber einer Gesellschaft, die er als feindlich ansieht. Ihm soll der Zeuge Hoffnung einflößen und ihn dadurch verstehen lassen, dass das Leben wertvoll ist, wenn es geschenkt ist.
Wir sind Zeugen der Hoffnung. Der Zeuge par excellence ist Jesus, der treue und wahrhaftige Zeuge (vgl. Offenbarung 1, 5). Durch seinen Tod und seine Auferstehung bezeugt Jesus die Wirklichkeit der unendlichen Liebe Gottes, der die Welt so geliebt hat, dass er seinen einzigen Sohn hingab (Johannesevangelium 3, 16), und die Wirklichkeit der unendlichen Liebe des Sohnes, der eine so große Liege hat, dass er sein Leben für seine Freunde hingab (Johannesevangelium 15, 13). Diese unendliche und ewige Liebe Gottes, die schon immer auf den Menschen hin ausgerichtet ist, ist Gegenwart, ist in der Geschichte der gesamten Menschheit und jedes einzelnen Menschen.
Der Jünger ist Zeuge, vor allem ein Zeugnis für die Auferstehung Christi: Christus, auferstanden und gegenwärtig, der nun nicht mehr sterben wird und der im Inneren der christlichen Gemeinde ist, und der durch die christliche Gemeinde in der Geschichte der Menschheit gegenwärtig bleibt. Christliches Zeugnis ist ein Zeugnis, das sich Schwierigkeiten entgegenstellt, ein Zeugnis, das Martyrium wird. Vom Zeugnis zum Martyriums ist ein kleiner Schritt, ja das Martyrium ist es, das das Zeugnis wertvoll macht. Das Zeugnis lässt uns eindringen in die innere Natur Jesu Christi, in das Geheimnis seines Wesens, in die geheimnisvolle Wirklichkeit seiner Person.
Der Zeuge weiß, dass seine Botschaft den tiefsten und echten Sehnsüchten der Menschheit als ganzer und des einzelnen Menschen entspricht. Der Mensch erfährt, dass das Leben Hoffnung ist; denn die Gegenwart ist die Vermittlung zwischen dem Schon und dem Noch-nicht, zwischen der Vergangenheit und der Zukunft und klar baut jeder von uns seine Zukunft auf der Grundlage seiner Vergangenheit auf.
Die Hoffnung ist das Ergebnis der Freundschaft im strengsten Sinne des Wortes; nur Freunde hoffen, nur wo es Freundschaft gibt, gibt es Hoffnung. Der Zeuge der Hoffnung ist derjenige, der die Freundschaft Gottes bezeugt; derjenige, der selbst eine treue Freundschaft mit Gott selbst bei jeder Prüfung bezeugt. Ein sicherer Zeuge der Hoffnung ist einer, der schlussendlich die Wachsamkeit übt; die Hoffnung ist wachsam. Jesus spricht wirklich von der Achtung auf seine Gegenwart, auf sein Kommen; aber Jesus ist gekommen, er ist gegenwärtig; Zeugnis der Hoffnung ist wirklich ein wachsames Zeugnis, achtsam auf die Gegenwart Jesu. Der Zeuge ist ein Zeuge dieser Aufmerksamkeit auf die Gegenwart des Herrn, Achtung auf Christus, der auch gegenwärtig ist in einem selbst. Der Zeuge ist ein Zeuge einer Gegenwart Christi im Inneren, ja er sollte durchscheinend werden für diese Gegenwart, und er bezeugt die Gegenwart Christi durch dieses sein Leben, das gerade mit dieser beständigen Sehnsucht, in einer immer vollkommeneren, einer immer tieferen Gemeinschaft mit ihm, in Hunger und Durst nach ihm gelebt wird.

Quelle: Dagli scritti del beato Giuseppe Puglisi. Riflessione pubblicata sulla rivista Presenza del Vangelo 1991, n. 5; Digitalisat; eigene Übersetzung

Zitate von Pino Puglisi:

Es ist wichtig, über die Mafia zu sprechen, vor allem in Schulen, um gegen die Mafia-Mentalität zu kämpfen, eine Ideologie, die bereit ist, die Menschenwürde für Geld zu verschleudern. Wir wollen aber nicht bei Demonstrationen, Anklagen und Protesten stehenbleiben. All diese Initiativen haben einen Wert, aber wenn wir auf diesem Niveau stehenbleiben, handelt sich nur um Worte. Die Worte müssen immer von den Taten bestätigt werden.
Jeder von uns verspürt in sich eine Neigung, ein Charisma, einen [inneren] Entwurf, der jeden Menschen einzigartig und unwiederholbar macht. Dieser Ruf, diese Berufung ist das Zeichen des Heiligen Geistes in uns. Nur das Hören auf diese Stimme kann unserem Leben Sinn geben.
Denken wir an das Porträt von Jesus, das in der Kathedrale von Monreale dargestellt ist. Jeder von uns ist wie ein Steinchen in diesem großen Mosaik. Daher liegt es an uns zu begreifen, was unser Platz [in diesem Mosaik] ist und den anderen zu helfen zu begreifen, was ihr eigener Platz ist, damit das einzigartige Antlitz Christi geformt wurde.
Zwanzig, sechzig, hundert Jahren … Leben. Was nützt es, wenn wir die falsche Richtung einschlagen? Was zählt, ist, Christus zu begegnen, wie er zu leben, seine Liebe zu verkünden, die rettet, Hoffnung zu bringen und nicht zu vergessen, dass wir alle, jeder an seinem Platz, in persönlicher Verantwortung, die Erbauer einer neuen Welt sind.

Quelle: Dagli scritti del beato Giuseppe Puglisi. Riflessione pubblicata sulla rivista Presenza del Vangelo 1991, n. 5; Digitalisat; eigene Übersetzung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung

Im Wohnhaus von Pino Puglisi, vor dem er ermordet wurde, ist heute ein an ihn erinnerndes Museum eingerichtet. Es ist montags, donnerstags, freitags und samstags jeweils von 9.30 bis 12.30 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei. (2018)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 06.03.2020

Quellen:
• Marco Politi: Franziskus unter Wölfen. 2. Aufl. Verlag Herder, Freiburg i.Br. 2015
• https://de.wikipedia.org/wiki/Giuseppe_Puglisi - abgerufen am 20.07.2023
• Infotafeln in der Kathedrale in Palermo

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.