Ökumenisches Heiligenlexikon

Raphael der Archimandrit und Gefährten

auch: von Lesbos, von Mytilene
griechischer Name: Ραφαήλ
Taufname: Georg, griechisch: Giorgos (Γιώργος) Laskaridis

4 Gedenktag orthodox: 9. April
liturgische Feier: Dienstag nach Ostern
Auffindung der Gebeine von Irene: 12. Mai
Auffindung der Gebeine von Nikolaus: 13. Juni
Auffindung der Gebeine von Raphael: 3. Juli

Name bedeutet: Heiler mit Gottes Hilfe (hebr.)

Priester, ArchimandritEin Archimandrit (aus griech.„αρχή, Anfang” und „μάνδρα, Unterkunft”) ist in den östlichen und orthodoxen Kirchen der vorgeordnete Vorsteher eines oder mehrer Klöster, entsprechend etwa dem westlichen Erzabt. Er steht hierarchisch über dem Hegumen. Der Begriff wird auch als besonderer Ehrentitel für orthodoxe Priestermönche verwendet., Märtyrer
* um 1405 auf der Insel Ithaka in Griechenland
8./9. April 1463 im Kloster bei Thermi auf Lesbos in Griechenland


Ikone: Raphael (links), Nikolaus (rechts) und Irene, im Katholikon des ehemaligen Klosters Panagia Polemarcha bei Epidauros auf dem Peloponnes
Ikone: Raphael (links), Nikolaus (rechts) und Irene, im Katholikon des ehemaligen Klosters Panagia Polemarcha bei Epidauros auf dem Peloponnes

Raphael ging als 16-jähriger nach Athen, diente zunächst als Armeeoffizier, wurde dann aber dort Mönch. Nach seiner Priesterweihe wurde er Pfarrer an der Kirche St. Dimitrios in Loumbardiaris in Athen. Als er im Auftrag des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel - dem heutigen Ístanbul - in Frankreich weilte, lernte er dort den griechischen Studenten Nikolaus (griechisch: Nikolaos - Νικόλαος) aus Thessaloniki kennen, der unter Raphaels Einfluss auch Mönch und dann Diakon wurde. Beide kamen wieder nach Athen; als sie 1453 nach Konstantinopel reisen wollten, mussten sie ihr Vorhaben abbrechen, da die Stadt im Mai von den Türken erobert wurde, und landeten im kleinen Hafen von Thermi auf der Insel Lesbos, die seit 1355 unter der Herrschaft von Genua stand. Sie kamen hier in eine Einsiedelei an der Stelle des heute nach Raphael benannten Klosters Agios Raphael bei Thermi, in der der Mönch Rufinus lebte. Dort hatte früher ein Frauenkloster bestanden, bis es 1235 von türkischen Piraten zerstört wurde und seine Äbtissin Olympia von Lesbos sowie ihre etwa dreißig Nonnen dabei das Martyrium erlitten. Unter Raphael schlossen sich weitere Mönche dem Kloster an, er wurde dessen ArchimandritEin Archimandrit (aus griech.„αρχή, Anfang” und „μάνδρα, Unterkunft”) ist in den östlichen und orthodoxen Kirchen der vorgeordnete Vorsteher eines oder mehrer Klöster, entsprechend etwa dem westlichen Erzabt. Er steht hierarchisch über dem Hegumen. Der Begriff wird auch als besonderer Ehrentitel für orthodoxe Priestermönche verwendet. und konnte das Kloster neun Jahre lang leiten.

Nachdem die Türken 1462 auch die Insel Lesbos eroberten, versteckten sich Rebellen gegen die türkische Herrschaft im Kloster, bis sie alle am Gründonnerstag gefangen genommen wurden. Raphael wurde dann an einen Baum gebunden, sein Kinn durchbohrt, schließlich wurde er enthauptet. Irene (griechisch: Irini - Ειρήνη), der zwölfjährigen Tochter des Bürgermeisters von Thermi namens Basilius (greichisch: Vasilios - Βασίλειος), des Anführers der Widerstand Leistenden, die mit ihrer Familie ins Kloster gekommen war, wurde ein Arm abgeschnitten und dieser ihren Eltern zugeworfen, dann wurde die Jungfrau in ein großes Tongefäß gesteckt und darin ein Feuer entzündet, so dass sie erstickte. Nachdem sie diese Qualen mit ansehen mussten, wurden die Eltern - die Mutter hieß Maria - ebenfalls getötet. Auch Nikolaus war gefoltert worden, er starb angesichts des grausamen Todes der Irene an einem Herzinfarkt. Auch Theodor, der Lehrer in Thermi war, und Helene (griechisch: Eleni - Ελένη), auch Susanne genannt, die 15-jährige Cousine von Irene, wurden getötet.

An der Stelle des Standortes des ehemaligen Klosters auf dem Karyes genannten Hügel bei Thermi gab es die kleine Landkapelle Panagia, allerheiligste (Gottesmutter); sie bestand nur aus einer alten, immergrünen Eiche und einem Bruchstein aus Marmor, der als Altar diente. Hier erhielten viele Menschen immer wieder die Vision eines Mönchs, der dort umherlief, oft mit einem Räuchergefäß in der Hand, und dann inmitten von Licht verschwand. Nachdem im 1. Weltkrieg die türkisache Herrschaft über Lesbos geendet hatte, wurde 1917 die Polizei von Thermi beauftragt, eine Untersuchung durchzuführen; die Polizisten erkannten mit ihren eigenen Augen, dass es sich um eine übernatürliche Vision handelt. Die Bewohner von Thermi kamen traditionell am Gründonnerstag dorthin, um die göttliche Liturgie zu feiern.

Bei den Ausgrabungen eines der Gräber
Bei den Ausgrabungen eines der Gräber

1959 gelangte der Hügel mit seiner Olivenplatage in den Besitz einer Familie, die dort eine kleine Kirche erbauen wollte. Dabei fanden die Arbeiter am 3. Juli ein Grab mit einem menschlichen Skelett, das süßen Duft verbreitete. Der Kopf ruhte - etwa 30 cm vom Körper entfernt - auf einem Stein, der Unterkiefer fehlte, die Hände des Körpers waren über der Brust gekreuzt; im Grab befanden sich zudem eine Keramikfliese aus byzantinischer Zeit mit einem eingravierten Kreuz und einige kirchliche Perlen. Die Arbeiter erkannten die mögliche Bedeutung des Fundes, sammelten die Knochen in einem Sack, der aber aufgrund ihres übermäßigen und unerklärlichen Gewichts nicht bewegt werden konnte, und baten den Priester von Thermi um Hilfe. In der Nacht hatten dann der Priester und viele andere Menschen einen Traum: das Skelett sagte ihnen, dass sein Name Raphael war; er erschien den Leuten manchmal als Geistlicher, andere Male mit den sakralen Gewändern eines höheren Geistlichen, weitere Male als einfacher Mönch. Er erzählte seine Lebensgeschichte, vom Martyrium unter den Türken am Gründonnerstag und dass er der Mönch sei, den sie so viele Jahre lang gesehen hatten.

Kloster Agios Raphael bei Thermi heute
Kloster Agios Raphael bei Thermi heute

Nikolaus' Grab wurde 1960 aufgefunden nach der Offenbarung von dessen Standort durch Raphael. Irenes Grab und das irdene Fass ihres Martyriums wurden 1961 gefunden, nachdem Raphael und Nikolaus erschienen waren und mitgeteilt hatten, wo man suchen solle. Auch die Gräber des Lehrers Theodoros, die beiden Gräber des Gemeindevorstehers Vasilios und seiner Frau Maria, dazu das von Olympia, eine Ikone des Pantokrators und weitere Gegenstände konnte man auf diese Weise finden. An den Gräbern ereigneten sich zahlreiche Wunderheilungen. Das Kloster für Frauen wurde wieder hergestellt und 500 Jahre nach dem Tod der Märtyrer 1963 eröffnet, die neue Kirche wurde 1969 fertiggestellt und ist ein weithin beliebter Wallfahrtsort. Heute wird die Erinnerung an diese Heiligen jedes Jahr am Dienstag nach Ostern gefeiert, weil der Tag ihres Martyriums normalerweise während der Großen Fastenzeit in der Karwoche liegt.

Kanonisation: Raphael, Nikolaus und Irene wurden 1970 vom Ökumenischen Patriarchat in Ístanbul heiliggesprochen.

Auf der Homepage des Klosters Agios Raphael wird in englischer Sprache ausführlich über die Auffindung der Gebeine der Heiligen berichtet.





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 27.06.2019

Quellen:
• https://oca.org/saints/lives/2018/04/09/108897-new-martyr-raphael-of-lesbos - abgerufen am 04.02.2024
• http://www.lesvos.co.uk/monasteries/raphael.htm - abgerufen am 04.02.2024

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.