Ökumenisches Heiligenlexikon

Inquisition


Inquisition - lateinisch für eine gerichtliche Untersuchung - bezeichnet die seit dem Mittelalter eingerichtete Behörde der katholischen Kirche, deren Aufgabe darin bestand, Ketzer zu verfolgen, vor Gericht zu stellen und zu verurteilen.

Im Urchristentum war die Strafe für Ketzerei oder Häresie in der Regel die Exkommunikation. Nachdem das Christentum Staatsreligion geworden war, wurden Ketzer auch als Staatsfeinde angesehen, die Inquisition wurde seitdem auch mit staatlicher Hilfe betrieben. 385 wurden wohl das erste Mal Christen von anderen Christen um ihres Glaubens willen getötet: der Spanier Priscillian - Vordenker des Priscillianismus - wurde zusammen mit zwölf Gefährten in Trier wegen Häresie hingerichtet - trotz des Einspruchs von Martin von Tours; Bischof Ambrosius und Papst Siricius verurteilten die Maßnahme.

Die eigentliche Inquisition nahm ihren Anfang Ende des 12. Jahrhunderts, als Papst Innozenz III. einen Kreuzzug gegen die Albigenser organisierte und die Waldenser exkommunizierte. Der Papst erließ Strafgesetze gegen die Ketzer und schickte Prediger zur Bekehrung in die abtrünnigen Gebiete. Inquisition im eigentlichen Sinn existierte ab 1231, eingeführt durch die Schrift Excommunicamus, wir exkommunizieren, die sogenannten Ketzerdekrete von Papst Gregor IX., durch die er die Verantwortung der Bischöfe für die Bewahrung der Glaubenslehre einschränkte, die Inquisitoren der besonderen Gerichtsbarkeit des Papstes unterstellte und harte Strafen einführte.

Pedro Berruguete: Verbrennung der Häretiker - Dominikaner bei der Inquisition, um 1490, im Nationalmuseum del Prado in Madrid
Pedro Berruguete: Verbrennung der Häretiker - Dominikaner bei der Inquisition, um 1490, im Nationalmuseum del Prado in Madrid

Das Amt des Inquisitors wurde fast ausschließlich von Franziskanern und insbesondere von Dominikanern ausgeübt, da diese über die besten Kenntnisse der kirchlichen Lehre verfügten. Dadurch wollte Papst Gregor dem Inquisitionsanspruch von Kaiser Friedrich II. zuvorkommen und den Einfluss der Kirche stärken. Friedrich II. bekämpfte aus machtpolitischen Gründen Häretiker in Oberitalien und führte dabei 1224 den Scheiterhaufen ein. Gregor IX. übernahm diese Hinrichtungsmethode in den so genannten Ketzerdekreten mit der Begründung, dass beim Verbrennen des Leibs zumindest die Seele durch Fürbittgebete gerettet werden könne.

Die Institution der Inquisition war zunächst auf Deutschland und Aragonien beschränkt, sie wurde jedoch bald schon auf die ganze katholische Kirche ausgedehnt. Dem Tribunal standen zwei Inquisitoren von gleicher Machtbefugnis vor, die ihre Autorität direkt vom Papst erhielten. Sie hatten sogar die Vollmacht, Fürsten zu exkommunizieren, und waren damit auch politisch einflussreich.

Die Inquisitoren richteten sich für eine bestimmte Zeit an einem Ort ein. Hier hatten sich all jene einzufinden, die entweder denunziert worden waren oder die sich durch Selbstanklage zu verantworten hatten. Die Strafen für diejenigen, die sich selbst stellten, fielen milder aus als die Strafen für jene, die vor Gericht gestellt und überführt wurden, wobei es eine Gnadenfrist von etwa einem Monat für ein freiwilliges Geständnis gab. In der Regel galten bereits zwei Zeugenaussagen als Beweis für die Schuld. 1252 legitimierte Papst Innozenz IV. offiziell den Einsatz der Folter, um die Verdächtigen zu einem Geständnis zu zwingen. Zunächst wurden die Namen der Ankläger den Angeklagten nicht mitgeteilt, bis Papst Bonifatius VIII. Ende des 13. Jahrhunderts diese Praxis abschaffte.

Den Inquisitoren half bei der Urteilsfindung eine Art Jury aus Geistlichen und Laien. Die Strafen und Urteile wurden öffentlich verkündet. Die Strafe konnte in einer Wallfahrt bestehen, in öffentlicher Auspeitschung, in einem Bußgeld oder darin, ein Kreuz durch die Straßen des Orts zu tragen. Wer falsche Anklage erhob, musste ein Gewand tragen, auf das zwei rote Stoffzungen aufgenäht waren. In schweren Fällen konnten die Angeklagten auch mit Konfiszierung ihres Eigentums oder Gefängnis bestraft werden. Eine Todesstrafe konnten die Inquisitoren nicht verhängen, deshalb überstellten sie einen Schuldigen den weltlichen Behörden, die dann das Todesurteil aussprachen und vollstreckten.

Die Inquisition, die sich zunächst auf Albigenser und Waldenser beschränkte, dehnte ihre Tätigkeit später auch auf andere Gemeinschaften aus, die von der offiziellen Kirchenlehre abwichen; außerdem wurden Wahrsager sowie in Deutschland ab 1484 aufgrund einer Bulle von Papst Innozenz VIII. Frauen verfolgt, die man als Hexen bezeichnete. 1465 wurde der Hexenhammer, Malleus Maleficarum, veröffentlicht, der bis 1669 in 30 Auflagen erschien; Schätzungen über die Zahl der Opfer schwanken zwischen 100.000 und 500.000. Allein in Quedlinburg wurden 1574 etwa 40 Frauen, 1589 sogar 133 Frauen als Hexen dem Flammentod übergeben. Die letzte Hinrichtung in Deutschland fand 1775 in Kempten im Allgäu statt.

Denkmal für Giordano Bruno, den Priester, Dichter, Philosophen und Astronomen, der 1600 der Ketzerei und Magie für schuldig befunden und an der Stelle des Denkmals auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde, 1887, auf dem Platz Campo de' Fiori in Rom
Denkmal für Giordano Bruno, der an der Stelle des Denkmals auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde, 1887, auf dem Platz Campo de' Fiori in Rom

Nachdem die Albigenser anfangs des 15. Jahrhundert zurückgedrängt waren, schränkte die Inquisition ihre Tätigkeit zunächst ein. Aber als im 16. Jahrhundert der Protestantismus auch nach Italien vordrang, richtete Papst Paul III. auf den Ratschlag von Kardinal Gian Pietro Carafa in Rom die Kongregation für Inquisition ein, auch als römische und weltweite Inquisition oder als Sanctum Officium bezeichnet. Die ursprüngliche Kommission mit Befugnissen für die gesamte Kirche tagte im Dominikanerkloster an der Kirche Santa Maria sopra Minerva und bestand aus sechs Kardinälen. Das Sanctum Officium war nicht nur geringeren Kontrollen als die Inquisition des Hochmittelalters unterworfen, sie hatte auch andere Funktionen: die ursprüngliche Inquisition befasste sich mit dem Irrglauben im Volk, das Sanctum Officium prüfte Rechtgläubigkeit eher im eher akademischen Sinn und untersuchte insbesondere die Schriften von Theologen und hohen KlerikernEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat. Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien..

In den ersten zwölf Jahren war die Tätigkeit des Sanctum Officium relativ bescheiden und beschränkte sich fast ausschließlich auf Italien. Als 1555 Kardinal Gian Pietro Carafa zum Papst gewählt wurde und den Namen Paul IV. annahm, drängte er auf die energische Verfolgung Verdächtiger, auch Bischöfe und sogar Kardinäle wurden nicht ausgenommen. Er beauftragte das Officium mit der Erstellung einer Liste von Büchern, die dem kirchlichen Glauben sowie der kirchlichen Moral widersprachen, worauf 1559 der erste Index librorum prohibitorum, Index der verbotenen Bücher, erschien.

1600 wurde der Dominikaner, Priester, Dichter, Philosoph und Astronom Giordano Bruno der Ketzerei und Magie für schuldig befunden und in Rom auf dem Scheiterhaufen verbrannt. 1633 wurde Galileo Galilei von der römischen Inquisition angeklagt und zu lebenslanger Haft verurteilt, die später in lebenslangen Hausarrest abgemildert wurde; erst im Oktober 1992 rehabilitierte die katholische Kirche Galilei öffentlich. Aufgrund zahlreicher Beschwerden wandelte Papst Paul VI. das Sanctum Officium 1965 im Rahmen des 2. Vatikanischen Konzils in die nun Glaubenskongregation genannte Behörde um.

Die spanische Inquisition unterschied sich deutlich von der Inquisition des Hochmittelalters. Sie wurde 1478 auf Wunsch des spanischen Königs Ferdinand V. und der Königin Isabella I. mit Zustimmung des Papstes eingerichtet und sollte sich vor allem mit den Marranen befassen: das waren Juden, die sich unter Zwang oder auf Grund gesellschaftlichen Druckes hatten taufen lassen, insgeheim jedoch ihren jüdischen Glauben beibehielten. Nach 1502 wandte sich die spanische Inquisition auch den Personen zu, die auf ähnliche Weise vom Islam zum Christentum konvertiert waren. Binnen weniger Jahre verlagerte der Papst den größten Teil der Kontrolle über die Inquisition aber auf die weltlichen Herrscher, die spanische Inquisition wurde zu einem Instrument des Staates. Die spanische Inquisition war vor allem in protestantischen Gebieten für ihre Grausamkeit bekannt. 1522 führte Kaiser Karl V. die Inquisition in den Niederlanden ein, sie erwies sich jedoch als zur Bekämpfung des Protestantismus untauglich.

In einigen Ländern bestand die Inquisition bis ins 19. Jahrhundert; erst 1834 wurde sie in Spanien, 1859 in Italien und 1870 im Kirchenstaat abgeschafft.

Auch im reformierten Schweizer Protestantismus gab es eine Institution, die der Glaubensbefragung diente: das sogenannte Genfer Konsistorium zur Zeit von Johannes Calvin.





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 24.09.2024

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korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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