Das Augsburger Bekenntnis
(Confessio Augustana)
Dieses Bekenntnis wurde 1530 Kaiser Karl V. in Augsburg von Philip Melanchthon überreicht.
I. Teil
ARTIKEL DES GLAUBENS UND DER LEHRE
ARTIKEL 1: VON GOTT
Zuerst wird einträchtig laut Beschluß des Konzils von Nizäa gelehrt
und festgehalten, dass ein einziges göttliches Wesen sei, das
Gott genannt wird und wahrhaftig Gott ist, und dass doch drei Personen
in diesem einen göttlichen Wesen sind, alle drei gleich mächtig,
gleich ewig: Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist. Alle drei sind
ein göttliches Wesen, ewig, unteilbar, unendlich, von unermeßlicher
Macht, Weisheit und Güte, ein Schöpfer und Erhalter aller sichtbaren
und unsichtbaren Dinge. Unter dem Wort Person
wird nicht ein Teil, nicht
eine Eigenschaft an einem anderen Sein verstanden, sondern etwas, was in
sich selbst besteht (selbständig ist), so wie die Kirchenväter
in dieser Sache dieses Wort gebraucht haben. Deshalb werden alle Irrlehren
verworfen, die diesem Artikel widersprechen. 1.
ARTIKEL 2: VON DER ERBSÜNDE
Weiter wird bei uns gelehrt, dass nach Adams Fall alle natürlich geborenen
Menschen in Sünde empfangen und geboren werden, das heißt, dass
sie alle von Mutterleib an voll böser Lust und Neigung sind und von
Natur keine wahre Gottesfurcht, keinen wahren Glauben an Gott haben können,
ferner dass auch diese angeborene Seuche und Erbsünde wirklich
Sünde ist und daher alle die unter den ewigen Gotteszorn verdammt,
die nicht durch die Taufe und den Heiligen Geist wieder neu geboren werden.
Damit werden die verworfen, die die Erbsünde nicht für eine Sünde
halten, damit sie die Natur fromm machen durch natürliche Kräfte,
in Verachtung des Leidens und Verdienstes Christi.
ARTIKEL 3: VOM SOHN GOTTES
Ebenso wird gelehrt, dass Gott, der Sohn, Mensch geworden ist, geboren aus der reinen Jungfrau Maria, und dass die zwei Naturen, die göttliche und die menschliche, also in einer Person untrennbar vereinigt, ein Christus sind, der wahrer Gott und wahrer Mensch ist, wahrhaftig geboren, gelitten, gekreuzigt, gestorben und begraben, dass er ein Opfer nicht allein für die Erbsünde, sondern auch für alle anderen Sünden war und Gottes Zorn versöhnte, ebenso dass dieser Christus hinabgestiegen ist zur Hölle (Unterwelt), am dritten Tage wahrhaftig auferstanden ist von den Toten und aufgefahren ist in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, dass er ewig über alle Geschöpfe herrsche und regiere; daß er alle, die an ihn glauben, durch den Heiligen Geist heilige, reinige, stärke und tröste, ihnen auch Leben und allerlei Gaben und Güter austeile und sie schütze und beschirme gegen den Teufel und die Sünde; dass dieser Herr Christus am Ende öffentlich kommen wird, zu richten die Lebenden und die Toten usw. laut dem Apostolischen Glaubensbekenntnis.
ARTIKEL 4: VON DER RECHTFERTIGUNG
Weiter wird gelehrt, dass wir Vergebung der Sünde und Gerechtigkeit vor Gott nicht durch unser Verdienst, Werk und Genugtuung erlangen können, sondern dass wir Vergebung der Sünde bekommen und vor Gott gerecht werden aus Gnade um Christi willen durch den Glauben, nämlich wenn wir glauben, dass Christus für uns gelitten hat und dass uns um seinetwillen die Sünde vergeben, Gerechtigkeit und ewiges Leben geschenkt wird. Denn diesen Glauben will Gott als Gerechtigkeit, die vor ihm gilt, ansehen und zurechnen, wie der Hl. Paulus zu den Römern im 3. und 4. Kapitel sagt.
ARTIKEL 5: VOM PREDIGTAMT
Um diesen Glauben zu erlangen, hat Gott das Predigtamt eingesetzt, das Evangelium
und die Sakramente gegeben, durch die er als durch Mittel den Heiligen
Geist gibt, der den Glauben, wo und wann er will, in denen, die das Evangelium
hören, wirkt, das da lehrt, dass wir durch Christi Verdienst,
nicht durch unser Verdienst, einen gnädigen Gott haben, wenn wir das
glauben.
Und es werden die verdammt, die lehren, dass wir den Heiligen Geist ohne
das leibhafte Wort des Evangeliums durch eigene Vorbereitung, Gedanken
und Werke erlangen.
ARTIKEL 6: VOM NEUEN GEHORSAM
Auch wird gelehrt, dass dieser Glaube gute Früchte und gute Werke
hervorbringen soll und dass man gute Werke tun muss, und zwar
alle, die Gott geboten hat, um Gottes willen. Doch darf man nicht auf solche
Werke vertrauen, um dadurch Gnade vor Gott zu verdienen. Denn wir empfangen
Vergebung der Sünde und Gerechtigkeit durch den Glauben an Christus
- wie Christus selbst spricht: Wenn ihr alles getan habt, sollt ihr sprechen:
Wir sind untüchtige Knechte.
So lehren auch die Kirchenväter.
Denn Ambrosius sagt: So ist es bei Gott beschlossen, dass, wer an
Christus glaubt, selig ist und nicht durch Werke, sondern allein durch
den Glauben ohne Verdienst Vergebung der Sünde hat.
ARTIKEL 7: VON DER KIRCHE
Es wird auch gelehrt, dass allezeit eine heilige, christliche Kirche
sein und bleiben muss, die die Versammlung aller Gläubigen ist,
bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut
dem Evangelium gereicht werden. Denn das genügt zur wahren Einheit
der christlichen Kirche, dass das Evangelium einträchtig im reinen
Verständnis gepredigt und die Sakramente dem göttlichen Wort
gemäß gereicht werden. Und es ist nicht zur wahren Einheit der
christlichen Kirche nötig, dass überall die gleichen, von
den Menschen eingesetzten Zeremonien eingehalten werden, wie Paulus sagt:
Ein Leib und ein Geist, wie ihr berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung;
ein Herr, ein Glaube, eine Taufe
(Eph 4,4.5).
ARTIKEL 8: WAS DIE KIRCHE SEI?
Ebenso, obwohl die christliche Kirche eigentlich nichts anderes ist als die Versammlung
aller Gläubigen und Heiligen, jedoch in diesem Leben unter den Frommen
viele falsche Christen und Heuchler, auch öffentliche Sünder
bleiben, sind die Sakramente gleichwohl wirksam, auch wenn die Priester,
durch die sie gereicht werden, nicht fromm sind; wie denn Christus selbst
sagt: Auf dem Stuhl des Mose sitzen die PharisäerDie Pharisäer (hebr. für „die Abgesonderten”) waren eine theologische Ausrichtung im Judentum zur Zeit des zweiten jüdischen Tempels (ca. 530 v. Chr. bis 70 n. Chr.) und wurden danach als rabbinisches Judentum die einzige bedeutende überlebende jüdische Strömung.
Im Neuen Testament werden die Vertreter der Pharisäer in polemischer Weise als Heuchler kritisiert und herabgewürdigt.
Die Pharisäer hielten nicht nur die niedergeschriebenen Gesetze Mose' für verbindlich, sondern befolgten auch die mündlich überlieferten Vorschriften der Vorfahren.
Sie glaubten an eine Auferstehung der Toten und einen freien Willen des Menschen.
usw. (Mt 23,2).
Deshalb werden alle verdammt, die anders lehren.
ARTIKEL 9: VON DER TAUFE
Von der Taufe wird gelehrt, dass sie heilsnotwendig ist und dass durch sie Gnade angeboten wird; dass man auch die Kinder taufen soll, die durch die Taufe Gott überantwortet und gefällig werden, d. h. in die Gnade Gottes aufgenommen werden. Deshalb werden die verworfen, die lehren, dass die Kindertaufe nicht richtig sei.
ARTIKEL 10: VOM HEILIGEN ABENDMAHL
Vom Abendmahl des Herrn wird so gelehrt, dass der wahre Leib und das wahre Blut Christi wirklich unter der Gestalt des Brotes und Weines im Abendmahl gegenwärtig ist und dort ausgeteilt und empfangen wird. Deshalb wird auch die Gegenlehre verworfen.
ARTIKEL 11: VON DER BEICHTE
Von der Beichte wird so gelehrt, dass man in der Kirche die private Absolution
oder Lossprechung beibehalten und nicht wegfallen lassen soll, obwohl es
in der Beichte nicht nötig ist, alle Missetaten und Sünden aufzuzählen,
weil das doch nicht möglich ist: Wer kennt seine Missetat?
(Ps 19,
13).
ARTIKEL 12: VON DER BUSSE
Von der Buße wird gelehrt, dass diejenigen, die nach der Taufe gesündigt
haben, jederzeit, wenn sie Buße tun, Vergebung der Sünden erlangen
und ihnen die Absolution von der Kirche nicht verweigert werden soll. Nun
ist wahre, rechte Buße eigentlich nichts anderes als Reue und Leid
oder das Erschrecken über die Sünde und doch zugleich der Glaube
an das Evangelium und die Absolution, nämlich dass die Sünde
vergeben und durch Christus Gnade erworben ist. Dieser Glaube tröstet
wiederum das Herz und macht es zufrieden. Danach soll auch die Besserung
folgen und dass man von Sunden lasse; denn dies sollen die Früchte
der Buße sein - wie Johannes sagt: Tut rechtschaffene Frucht der
Buße
( Mt 3, 8).
Hiermit werden die verworfen, die lehren, dass diejenigen, die einmal fromm
geworden (zum Glauben gekommen) sind, nicht wieder in Sünden fallen
können. Andererseits werden auch die verworfen, die die Absolution
denen verweigerten, die nach der Taufe gesündigt hatten. Auch werden
die verworfen, die nicht lehren, dass man durch Glauben Vergebung
der Sünde erlangt, sondern durch unsere Genugtuung.
ARTIKEL 13: VOM GEBRAUCH DER SAKRAMENTE
Vom Gebrauch der Sakramente wird gelehrt, dass die Sakramente nicht nur als Zeichen eingesetzt sind, an denen man die Christen äußerlich erkennen kann, sondern dass sie Zeichen und Zeugnis sind des göttlichen Willens gegen uns, um dadurch unseren Glauben zu erwecken und zu stärken. Darum fordern sie auch Glauben und werden dann richtig gebraucht, wenn man sie im Glauben empfängt und den Glauben durch sie stärkt.
ARTIKEL 14: VOM KIRCHENREGIMENT
Vom Kirchenregiment (kirchlichen Amt) wird gelehrt, dass niemand in der Kirche öffentlich lehren oder predigen oder die Sakramente reichen soll ohne ordnungsgemäße Berufung.
ARTIKEL 15: VON KIRCHENORDNUNGEN
Von Kirchenordnungen, die von Menschen gemacht sind, lehrt man bei uns, diejenigen einzuhalten, die ohne Sünde eingehalten werden können und die dem Frieden und der guten Ordnung in der Kirche dienen, wie bestimmte Feiertage, Feste und dergleichen. Doch werden dabei die Menschen unterrichtet, dass man die Gewissen nicht damit beschweren soll, als seien solche Dinge notwendig zur Seligkeit. Darüber hinaus wird gelehrt, dass alle Satzungen und Traditionen, die von Menschen zu dem Zweck gemacht worden sind, dass man dadurch Gott versöhne und Gnade verdiene, dem Evangelium und der Lehre vom Glauben an Christus widersprechen. Deshalb sind Klostergelübde und andere Traditionen über Fastenspeisen, Fasttage usw., durch die man Gnade zu verdienen und für die Sünde Genugtuung zu leisten meint, nutzlos und gegen das Evangelium.
ARTIKEL 16: VON DER POLIZEI (STAATSORDNUNG) UND DEM WELTLICHEN REGIMENT
Von der Polizei (Staatsordnung) und dem weltlichen Regiment wird gelehrt, dass
alle Obrigkeit in der Welt und geordnetes Regiment und Gesetze gute Ordnung
sind, die von Gott geschaffen und eingesetzt sind, und dass Christen
ohne Sünde in Obrigkeit, Fürsten- und Richteramt tätig sein
können, nach kaiserlichen und anderen geltenden Rechten Urteile und
Recht sprechen, Übeltäter mit dem Schwert bestrafen, rechtmäßig
Kriege führen, in ihnen mitstreiten, kaufen und verkaufen, auferlegte
Eide leisten, Eigentum haben, eine Ehe eingehen können usw.
Hiermit werden die verdammt, die lehren, dass das oben Angezeigte unchristlich
sei. Auch werden diejenigen verdammt, die lehren, dass es christliche
Vollkommenheit sei, Haus und Hof, Weib und Kind leiblich zu verlassen und
dies alles aufzugeben, wo doch allein das die rechte Vollkommenheit ist:
rechte Furcht Gottes und rechter Glaube an Gott. Denn das Evangelium lehrt
nicht ein äußerliches, zeitliches, sondern ein innerliches,
ewiges Wesen und die Gerechtigkeit des Herzens; und es stößt
nicht das weltliche Regiment, die Polizei (Staatsordnung) und den Ehestand
um, sondern will, dass man dies alles als wahrhaftige Gottesordnung
erhalte und in diesen Ständen christliche Liebe und rechte, gute Werke,
jeder in seinem Beruf, erweise. Deshalb sind es die Christen schuldig,
der Obrigkeit untertan und ihren Geboten und Gesetzen gehorsam zu sein
in allem, was ohne Sünde geschehen kann. Wenn aber der Obrigkeit Gebot
ohne Sünde nicht befolgt werden kann, soll man Gott mehr gehorchen
als den Menschen.
ARTIKEL 17: VON DER WIEDERKUNFT CHRISTI ZUM GERICHT
Auch wird gelehrt, dass unser Herr Jesus Christus am Jüngsten Tag
kommen wird, um zu richten und alle Toten aufzuerwecken, den Gläubigen
und Auserwählten ewiges Leben und ewige Freude zu geben, die gottlosen
Menschen aber und die Teufel in die Hölle und zur ewigen Strafe verdammen
wird.
Deshalb werden die verworfen, die lehren, dass die Teufel und die verdammten
Menschen nicht ewige Pein und Qual haben werden.
Ebenso werden hier Lehren verworfen, die sich auch gegenwärtig ausbreiten,
nach denen vor der Auferstehung der Toten eitel (reine) Heilige, Fromme
ein weltliches Reich aufrichten und alle Gottlosen vertilgen werden.
ARTIKEL 18: VOM FREIEN WILLEN
Vom freien Willen wird so gelehrt, dass der Mensch in gewissem Maße
einen freien Willen hat, äußerlich ehrbar zu leben und zu wählen
unter den Dingen, die die Vernunft begreift. Aber ohne Gnade, Hilfe und
Wirkung des Heiligen Geistes kann der Mensch Gott nicht gefallen, Gott
nicht von Herzen fürchten oder an ihn glauben oder nicht die angeborenen,
bösen Lüste aus dem Herzen werfen, sondern dies geschieht durch
den Heiligen Geist, der durch Gottes Wort gegeben wird. Denn so spricht
Paulus: Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geist Gottes
(1.
Kor 2,14). 2
ARTIKEL 19: ÜBER DIE URSACHE DER SÜNDE
Von der Ursache der Sünde wird bei uns gelehrt: wiewohl Gott der Allmächtige
die ganze Natur geschaffen hat und erhält, so bewirkt doch der verkehrte
Wille in allen Bösen und Verächtern Gottes die Sünde, wie
es denn der Wille des Teufels und aller Gottlosen ist, der sich, sobald
Gott seine Hand abzog, von Gott weg dem Argen zugewandt hat, wie Christus
sagt: Der Teufel redet Lügen aus seinem Eigenen
(Joh 8,44).
ARTIKEL 20: VOM GLAUBEN UND GUTEN WERKEN
Den Unseren wird in unwahrer Weise nachgesagt, dass sie gute Werke verbieten.
Denn ihre Schriften über die Zehn Gebote und andere beweisen, dass
sie von rechten christlichen Ständen und Werken einen guten nützlichen
Bericht und eine Ermahnung hinterlassen haben, worüber man früher
wenig gelehrt hat; sondern man hat in allen Predigten vor allem zu kindischen,
unnötigen Werken, wie Rosenkränze, Heiligenverehrung, Mönchwerden,
Wallfahrten, Fastenordnungen, Feiertage, Bruderschaften usw. angetrieben.
Diese unnötigen Werke rühmen auch unsere Gegner jetzt nicht mehr
so sehr wie früher. Außerdem haben sie auch gelernt, nun vom
Glauben zu reden, über den sie doch früher gar nicht gepredigt
haben. Sie lehren jetzt, dass wir vor Gott nicht allein aus Werken
gerecht werden, sondern fügen den Glauben an Christus hinzu und sagen,
daß Glaube und Werke uns vor Gott gerecht machen, welche Lehre etwas
mehr Trost bringen mag, als wenn man allein lehrt, auf Werke zu vertrauen.
Weil nun die Lehre vom Glauben, die das Hauptstück im christlichen Wesen
ist, lange Zeit - wie man bekennen muss - nicht betrieben worden ist,
sondern überall allein die Lehre von den Werken gepredigt wurde, ist
von den Unseren folgende Unterrichtung gegeben worden:
Erstlich, daß unsere Werke uns nicht mit Gott versöhnen und uns nicht
Gnade erwerben können, sondern das geschieht allein durch den Glauben
- wenn man nämlich glaubt, dass uns um Christi willen die Sünden
vergeben werden, der allein der Mittler ist, um den Vater zu versöhnen.
Wer nun meint, das durch Werke zu erreichen und dadurch Gnade zu verdienen,
der verachtet Christus und sucht einen eigenen Weg zu Gott gegen das Evangelium.
Diese Lehre vom Glauben wird deutlich und klar bei Paulus vielerorts vertreten,
besonders hier: Aus Gnade seid ihr selig geworden durch den Glauben, und
das nicht aus euch, sondern Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit
sich niemand rühme
(Eph 2,8) usw.
Daß hierdurch von uns kein neues Verständnis des Glaubens eingeführt
worden ist, kann man aus Augustinus beweisen, der diese Sache ausführlich
behandelt und ebenfalls lehrt, dass wir durch den Glauben an Christus
Gnade erlangen und vor Gott gerecht werden und nicht durch Werke, wie sein
ganzes Buch Über den Geist und den Buchstaben
beweist.
Obwohl nun diese Lehre von nicht sachkundigen Leuten sehr verachtet wird, so zeigt
sich doch, dass sie für schwache und erschrockene Gewissen sehr
tröstlich und heilsam ist. Denn das Gewissen kann nicht durch Werke
zu Ruhe und Frieden kommen, sondern allein durch den Glauben, wenn es bei
sich mit Gewißheit schließt, dass es um Christi willen
einen gnädigen Gott hat - wie auch Paulus sagt: Weil wir durch den
Glauben gerecht geworden sind, haben wir Ruhe und Frieden vor Gott
(Röm
5,1). 3
Ferner wird gelehrt, dass gute Werke geschehen sollen und müssen, aber
nicht, dass man darauf vertraut, durch sie Gnade zu verdienen, sondern
um Gottes willen und zu Gottes Lob. Der Glaube ergreift immer nur die Gnade
und die Vergebung der Sünde; und weil durch den Glauben der Heilige
Geist gegeben wird, darum wird auch das Herz befähigt, gute Werke
zu tun. Denn zuvor, weil es ohne den Heiligen Geist ist, ist es zu schwach;
dazu befindet es sich in der Gewalt des Teufels, der die arme menschliche
Natur zu vielen Sünden antreibt, wie wir's an den Philosophen sehen,
die versucht haben, ehrlich und unsträflich zu leben sie haben es
aber dennoch nicht erreicht, sondern sind in viele große, offenkundige
Sünden gefallen. So geht es mit dem Menschen, der ohne den rechten
Glauben und ohne den Heiligen Geist lebt und sich allein aus eigener menschlicher
Kraft regiert.
Deshalb ist diese Lehre vom Glauben nicht zu schelten, dass sie gute Werke
verbiete, sondern vielmehr dafür zu rühmen, dass sie lehrt,
gute Werke zu tun, und Hilfe anbietet, wie man zu guten Werken kommen kann.
Denn außer dem Glauben und außerhalb von Christus ist menschliche
Natur und Vermögen viel zu schwach, gute Werke zu tun, Gott anzurufen,
im Leiden Geduld zu haben, den Nächsten zu lieben, befohlene Ämter
fleißig auszurichten, gehorsam zu sein, böse Lust zu meiden
usw. Solche hohen und rechten Werke können ohne die Hilfe Christi
nicht geschehen, wie er selbst sagt: Ohne mich könnt ihr nichts tun
(Joh 15,5).
ARTIKEL 21: VOM DIENST DER HEILIGEN
Vom Heiligendienst wird von den Unseren so gelehrt, dass man der Heiligen
gedenken soll, damit wir unseren Glauben stärken, wenn wir sehen,
wie ihnen Gnade widerfahren und auch wie ihnen durch den Glauben geholfen
worden ist; außerdem soll man sich an ihren guten Werken ein Beispiel
nehmen, ein jeder in seinem Beruf. Aus
der Hl. Schrift kann man aber nicht beweisen, dass man die Heiligen
anrufen oder Hilfe bei ihnen suchen soll. Denn es ist nur ein einziger
Versöhner und Mittler gesetzt zwischen Gott und den Menschen, Jesus
Christus
(1.Tim 2,5). Er ist der einzige Heiland, der einzige Hohepriester,
Gnadenstuhl und Fürsprecher vor Gott (Röm 8,34). Und er allein
hat zugesagt, dass er unser Gebet erhören will. Nach der Hl.
Schrift ist das auch der höchste Gottesdienst, dass man diesen
Jesus Christus in allen Nöten und Anliegen von Herzen sucht und anruft:
Wenn jemand sündigt, haben wir einen Fürsprecher bei Gott, der
gerecht ist, Jesus
( 1. Joh 2,1) usw.
ABSCHLUSS DES ERSTEN TEILS
Dies ist beinahe die Zusammenfassung der Lehre, die in unseren Kirchen zum rechten christlichen Unterricht und zum Trost der Gewissen sowie zur Besserung der Gläubigen gepredigt und gelehrt wird. Wie wir ja auch unsere eigene Seele und Gewissen nicht gern vor Gott durch Mißbrauch des göttlichen Namens oder Wortes der höchsten Gefahr aussetzen oder unseren Kindern und Nachkommen eine andere Lehre hinterlassen oder vererben als eine solche, die dem reinen göttlichen Wort und der christlichen Wahrheit gemäß ist. Weil denn diese Lehre in der Heiligen Schrift klar begründet ist und außerdem der allgemeinen christlichen, ja auch der römischen Kirche, soweit das aus den Schriften der Kirchenväter festzustellen ist, nicht zuwider noch entgegen ist, meinen wir auch, dass unsere Gegner in den oben aufgeführten Artikeln mit uns nicht uneinig sind. Deshalb handeln diejenigen ganz unfreundlich, vorschnell und gegen alle christliche Einigkeit und Liebe, die die Unseren als Ketzer abzusondern, zu verwerfen und zu meiden suchen, ohne dass sie dafür einen triftigen Grund in einem göttlichen Gebot oder in der Schrift haben. Denn die Uneinigkeit und den Zank gibt es vor allem wegen einiger Traditionen und Mißbräuche. Wenn denn nun an den Hauptartikeln kein vorfindlicher falscher Grund oder Mangel festzustellen ist und dies unser Bekenntnis göttlich und christlich ist, sollten sich die Bischöfe billigerweise, selbst wenn bei uns wegen der Tradition ein Mangel wäre, wohlwollender erweisen; obwohl wir hoffen, stichhaltige Gründe und Ursachen anführen zu können, warum bei uns einige Traditionen und Mißbräuche abgeändert worden sind.
Der Zweite Teil des Augsburger Bekenntnisses behandelt Regelungen in der Kirche, die die Reformation als Missbräuche erkannt und dem Evangelium gemäß neu geordnet hat. Die Artikel sind überschrieben:
ARTIKEL 22: Von den beiden Gestalten des Sakraments
ARTIKEL 23: Vom Ehestand der Priester
ARTIKEL 24: Von der Mess
ARTIKEL 25: Von der Beichte
ARTIKEL 26: Von der Unterscheidung der Speisen
ARTIKEL 27: Von Klostergelübden
ARTIKEL 28: Von der Gewalt (Vollmacht) der Bischöfe
Anmerkungen:
1 ▲ Hier werden wie an entsprechenden Stellen in den Artikeln 2, 5, 8, 9, 12, 16, 17 und 18 Beispiele von Irrlehren aus der Alten Kirche oder der Reformationszeit genannt, auf die sich die Verwerfungen beziehen. Diese Verurteilungen wollen das Evangelium vor Entstellungen bewahren, richten sich aber nicht gegen den persönlichen Glauben bestimmter Menschen.
2 ▲ Hier ist der Text gekürzt.
3 ▲ Hier ist der Text gekürzt.
Copyright © 1997 Evangelische Kirche in Deutschland, Herrenhäuser Straße 12, 30419 Hannover, E-Mail: presse@ekd.de
zurück zu: Glossar - Augsburger Bekenntnis
Wir werden Fehler deshalb nicht korrigieren.
Wir verantworten nur die Veröffentlichung.
Heiligenlexikon als USB-Stick oder als DVD
Unterstützung für das Ökumenische Heiligenlexikon
Artikel kommentieren / Fehler melden
Suchen bei amazon: Bücher über Augsburger Bekenntnis
Wikipedia: Artikel über Augsburger Bekenntnis
Fragen? - unsere FAQs antworten!
Impressum - Datenschutzerklärung
korrekt zitieren: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.