Leben des Abtes Zosimus von Cilicien

Joannes Moschus überlieferte:

Leben des Abtes Zosimus von Cilicien

Auf unserer Reise kamen wir auch zu dem Abte Zosimus auf dem Berge Sina, wo er wohnte; denn er hatte sein Bisthum niedergelegt, und war in seine kleine Zelle zurückgekehrt. Er war aber ein äußerst enthaltsamer Mann, und erzählte uns folgendes: Als ich noch jünger war, verließ ich den Berg Sina, und ging nach Ammoniace, um mich dort niederzulassen; daselbst fand ich einen Altvater, der einen gewebten Leibrock trug. So wie mich der Altvater erblickte, sprach er, ehe ich ihn noch grüßte, zu mir: Wozu bist du hieher gekommen, Zosimus? Gehe; hier kannst du nicht bleiben. In der Meinung, er kenne mich bereits, warf ich mich ihm zu Füßen und fragte ihn: Sei so gut, mein Vater, und sage mir, woher kennst du mich? Der Altvater antwortete mir: Vor zwei Tagen erschien mir ein Mann und sprach: Siche, es wird zu dir ein Mönch kommen, Namens Zosimus; dem sollst du nicht gestatten, hier zu bleiben; denn ich will ihm die Kirche von Babylon in Aegypten vertrauen. Hierauf schwieg der Altvater, ließ mich stehen, und ging etwa einen Steinwurf weiter von mir weg. Nachdem er sodann gegen zwei Stunden im Gebete zugebracht hatte, kam er wieder, küßte mein Angesicht und sagte zu mir: Geliebtester Sohn! du bist zur rechten Zeit gekommen; denn der Herr hat dich hieher geführt, daß du meinen Leib zur Erde bestattest. Auf meine Frage, wie lange er schon an dieſem Orte sich aufhalte, antwortete er mir: fünf und vierzig volle Jahre sind es bereits. Sein Angesicht leuchtete aber wie Feuer, und er sprach zu mir: Friede sei mit dir, mein Sohn, und bete für mich. Nach diesen Worten legte er sich selber nieder und entschlief im Herrn. Ich aber machte ein Grab, begrub seinen Leichnam, und reiste nach zwei Tagen Gott lobpreisend weiter.

Eine Erzählung von Eben demselben

Der nämliche Altvater erzählte uns auch folgende Geschichte: Vor fünf und zwanzig Jahren ging ich nach Porphyritis, um dort zu bleiben, und hatte auch meinen Jünger Johannes mit mir genommen. Bei unserer Ankunft daselbst fanden wir zwei Einsiedler, und blieben in ihrer Nähe. Es war aber der Eine, Namens Paulus aus Galata, der Andere aber, welcher Theodorus hieß, ein Maltheser und aus dem Kloster des Abtes Euthymius. Sie trugen aber Leibröcke von Büffelhäuten. Ich hielt mich bei ihnen beiläufig zwei Jahre auf, und wir waren gegen zwei Meilen weit von einander entfernt. Eines Tages aber, als mein Jünger Johannes ruhig saß, stach ihn eine Schlange, und er starb sogleich an der Verblutung. In dieser großen Angst ging ich zu den Einsiedlern, welche, sogleich als sie mich so verwirrt und niedergeschlagen kommen sahen, ehe ich noch ein Wort reden konnte, zu mir sprachen: Was ist es, Abt Zosimus, ist der Bruder gestorben? Ich antwortete ihnen: Ja, gewiß, er ist bereits todt. Sie begleiteten mich nun, und als sie den Bruder auf der Erde liegen sahen, sagten sie: Betrübe dich nicht, Abt Zosimns, Gottes Hilfe ist nahe. Und sie riefen dem Bruder zu: Bruder Johannes! steh auf, dein Vater bedarf deiner! Und alsogleich stand der Bruder auf. Hierauf suchten sie die Schlange, und als sie dieselbe gefunden hatten, nahmen sie das Unthier vor unseren Augen in die Hand und rißen es in zwei Theile auseinander. Alsdann sprachen sie zu mir: Abt Zosimus, gehe nach Sina; denn Gott will dir die Kirche von Babylon übertragen. Wir trennten uns sogleich, und nachdem ich nach Sina gekommen war, sendete mein Abt mich und noch zwei andere Brüder in Geschäften nach Alexandrien, und der dortige Erzbischof, der selige Apollinaris, behielt uns bei sich und machte uns alle drei zu Bischöfen, nämlich den Einen zum Bischofe von Heliopolis, den Anderen von Leontopolis, und mich von Babylon.

Quelle: Heribert Rosweid, deutsch bearbeitet von Michael Sintzel: Leben der Väter. 2. Bd., Zehntes Buch. Karl Kollmann, Augsburg 1847

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