Ökumenisches Heiligenlexikon

Über Theodoros


Rufinus berichtete in seinem Leben der Väter:

34. Auch vom Abte Theodorus müssen wir Beispiele der Tugend anführen. Dieser heilige Mann war ein Schüler des heiligen Pachomius, des Vaters einer zahllosen Menge von Mönchen und Stifters vieler Klöster in der Thebais. Wie er in allen Tugenden der Heiligkeit glänzte, so erlangte er auch von Gott die Gnade der Weissagung, denn der Herr offenbarte ihm viele zukünftige Dinge. Zu einer Zeit aber kam die leibliche Schwester dieses Theodorus zu dem Kloster, in welchem er lebte, um nach vielen Jahren ihren Bruder wieder zu sehen. Als man ihm die Ankunft seiner Schwester meldete, sendete er sogleich zwei Mönche ab, welche die Pforte des Klosters zu bewachen hatten, und ließ ihr durch dieselben sagen: Sieh, Schwester! du hast gehört und weißt, daß ich lebe; betrübe dich also keineswegs darüber, mich nicht gesehen zu haben; sondern betrachte vielmehr die Eitelkeit und Unbeständigkeit der Welt und bekehre dein Herz zu einem heiligen Lebenswandel, auf daß du zum ewigen Leben und zu den himmlischen Gütern gelangen könnest, welche Gott denen, die ihn lieben und seine Gebote halten, bereitet hat. Erwäge daher bei dir selbst, dieses sei die einzige wahre und feste Hoffnung, daß der Mensch Gottes Gebote erfülle, damit er der glorreichen und ewigen Verheissungen unsers Herrn und Heilandes Jesu Christi theilhaftig werden möge. Als dieß die Schwester gehört hatte, wurde sogleich ihr Herz gerührt, sie vergoß viele Thränen vor dem Angesichte Gottes, und trat bald darauf in ein Kloster heiliger Jungfrauen ein, welches in selbem Dorfe bestand, und wurde im Verlaufe der Zeit immer heiliger. Als dieß die Mutter derselben erfuhr, bat sie die Bischöfe, und diese gaben ihr Briefe an den heiligen Vater Pachomius für ihren Sohn mit. Als sie angekommen war, kehrte sie in dem Kloster der Dienerinnen Gottes ein und überschickte dem Abte einen Brief, und bat ihn um die Erlaubniß, daß sie ihren Sohn sehen dürfe. Der heilige Pachomius berief den Theodorus zu sich und sagte zu ihm: Ich hörte, mein Sohn, deine Mutter sei deinetwegen gekommen. Geh also wegen der Briefe, welche die Bischöfe an mich geschrieben haben, hin, damit deine Mutter dich sehe. Theodorus aber sprach: Du hast mir befohlen, mein Vater, ich soll meine Mutter sehen; wenn ich aber hingehe, dieß zu thun, so fürchte ich, nach so vieler geistlicher Belehrung und Wissenschaft vor Gott schuldig befunden zu werden; denn es geziemt mir, zum guten Beispiele anderer Brüder Starkmuth des Geistes zu zeigen. Als die Mutter hörte, ihr Sohn weigere sich, sie zu sehen, wollte sie aus übergroßer Zuneigung zu demselben nicht wieder zurückkehren, sondern blieb in dem Kloster der Jungfrauen, indem sie sprach: Wenn ich hier verweilen werde, so werde ich doch öfters meinen Sohn sehen, wenn er mit den andern Brüdern ausgehen muß, um die nothwendigen Angelegenheiten des Klosters zu besorgen; auch werde ich durch seine heilsamen Ermahnungen im heiligen Wandel gefördert werden und seine geistlichen Lehren werden mein Herz befestigen, damit ich gewürdiget werde, zur ewigen Ruhe einzugehen, welche unser Herr Jesus Christus denen, die ihn lieben, verheißen hat. Es hat aber Gott viele und große Wunder durch den heiligen Pachomius gewirkt; denn er heilte häufig von Teufel Besessene durch die Anrufung des Namens Jesu Christi; und auf sein Gebet erbarmte sich der Herr Vieler, welche an verschiedenen Krankheiten und an der Gicht litten.

54. Als einst an einem hohen Festtage nach dem Gottesdienste in der Kirche die Brüder speisten, sagte Einer zu denen, die bei Tische dienten: Da ich nichts Gekochtes esse, so laßt mir Salz bringen. Der Bruder, welcher dieß gehört hatte, rief mit lauter Stimme den übrigen zu, sie möchten jenem Bruder, da er nichts Gekochtes esse, etwas Salz geben. Hierauf sagte der selige Theodorus: Es wäre besser gewesen, mein Bruder, du hättest in deiner Zelle Fleisch gegessen, als daß du hier vor den Brüdern etwas solches gesagt.

Quelle: Heribert Rosweid, deutsch bearbeitet von Michael Sintzel: Leben der Väter, Bd. 2. Karl Kollmann, Augsburg 1847

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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 14.11.2023

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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