Ökumenisches Heiligenlexikon

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Petrus


S. Petrus, Ap. (29. Juni al. 18. Jan. 22. Febr. 1. u. 16. Aug. 18. Nov.). Der hl. Apostel Petrus hieß vor seiner Berufung Simon, ein Sohn des sonst unbekannten Jonas und Bruder des hl. Apostels Andreas, welcher älter als er und auch vor ihm mit Jesus bekannt geworden war. Seine Mutter soll Joanna geheißen haben. Geboren zu Betsaida am See Genesareth in Galiläa, wahrscheinlich um einige Jahre früher, als unser Heiland, gründete er sich in Kapharnaum ein Hauswesen. Seine Frau, welche nach unsichern Notizen Perpetua hieß und ihn später auf seinen apostolischen Reisen nach Rom begleitete, starb daselbst schon vor ihm als Martyrin. Eben so seine Tochter, die hl. Petronilla. Zu Kapharnaum betrieb er das Fischergewerbe. Von da weg berief ihn der Heiland zum »Menschenfischer«. Ohne alle gelehrte Bildung, aber von Natur aus frisch und feurig, und wie sein Bruder Andreas für alle religiösen Eindrücke empfänglich, hörte er in der Wüste die Predigten des hl. Johannes des Täufers und ließ sich unter seine Jünger aufnehmen. Dem Heilande wurde er durch Andreas vorgestellt und erhielt von ihm jetzt schon den Namen Kephas, d.i. Petrus, der Fels. Der göttliche Baumeister der Kirche bildete nämlich aus diesem Felsen den Grundstein derselben. Damals blieben die beiden Brüder den ganzen Tag bei Jesus. Seine Berufung zum Apostolate folgte einige Zeit später in folgender Weise: Jesus kam an den See Genesareth, als die beiden Brüder eben ihre Netze reinigten. Da bestieg Er bedeutsam das Schifflein des Petrus, um von demselben aus das Volk zu lehren. Nachdem Er geendet hatte, hieß Er den Simon das Netz auswerfen. Da dieser hievon Nichts erhoffte, entgegnete er: »Herr, die ganze Nacht haben wir gearbeitet u. Nichts gefangen, aber auf dein Wort hin will ich das Netz auswerfen.« Er wurde in der That das sichtbare Werkzeug der unsichtbaren Wunderkraft Christi, und fing so viele Fische, daß sein Netz zerriß, und nicht bloß sein Schiff, sondern auch jene des Jakobus und Johannes mit denselben anfüllen konnte. Da sank Petrus vor dem Herrn auf die Kniee und sprach: »Herr, geh' weg von mir, ich bin ein sündiger Mensch.« Diese Demuth, sagt Butler, machte ihn würdig, die größten Gnaden zu empfangen. Der reiche Fischfang war ein Vorbild der bewunderungswürdigen Bekehrung der Völker, welche die Apostel einst als Menschenfischer bewirken sollten. Von dieser Zeit an blieb Petrus unzertrennlich in der Umgebung des Herrn und wurde von demselben ganz besonderer Auszeichnung unter den übrigen Jüngern gewürdiget. Er hatte um seinetwillen Alles verlassen, auch hierin ein Führer der Uebrigen, und war Ihm nachgefolgt. Mit der ganzen Kraft glühender Begeisterung hing er an seinen Schritten, an seinem Munde, um seine Stellung im Reiche Christi, die er vorläufig nur dunkel ahnte, dereinst würdig auszufüllen. Daher spricht er zumeist im Namen der Uebrigen und wird vom Herrn auch da besonders angeredet, wo er Alle meint. Dieser Vorzug des hl. Petrus ist im Evangelium für aufrichtige und heilsbegierige Leser überall auffallend genug hervorgehoben. Wo immer die Namen der Apostel aufgeführt werden, auch wenn es nur drei sind, steht der Name Petrus jedesmal voran. Das berühmte, für die ganze Kirche grundlegende Ereigniß bei Cäsarea erzählt Döllinger (Christenthum und Kirche in der Zeit der Grundlegung, S. 30 u. 31) in folgender Weise: »Als Petrus das Bekenntniß abgelegt hatte, daß Jesus Christus der Sohn des lebendigen Gottes sei, belohnte ihn Jesus durch vier mit einander eng verbundene Verheißungen einer künftig ihm anzuvertrauenden Gewalt und eines Vorzugs in der Kirche. Er soll erstens der Fels seyn, auf welchen Jesus seine Kirche bauen wolle; die auf diesem Felsen ruhende Kirche soll zweitens niemals untergehen; Er werde ihm drittens die Schlüssel des Reiches, der Kirche geben, und viertens solle, was er auf Erden binden oder lösen werde, auch im Himmel gebunden und gelöst seyn. - Nicht auf sein Bekenntniß (also seinen Glauben), sondern wegen seines Bekenntnisses sollte auf ihn, diesen Mann mit seinem felsenfesten Charakter, die Kirche erbaut werden«. Ein ähnliches Bekenntniß legte der heil. Apostel ab, als der Heiland in der Synagoge zu Kapharnaum von der wunderbaren Nahrung sprach, welche Er den Seinigen in seinem hochgebenedeiten Fleisch und Blut geben wollte. Damals, erzählt das Evangelium, nahmen Viele Anstoß und fielen von Ihm ab. Da fragte Jesus seine Jünger, ob etwa auch sie gehen wollten. Auch dießmal aber war es Petrus, der im Namen der Uebrigen antwortete: »Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.« Das Leben des hl. Petrus im Umgange mit Jesus und seinen Jüngern ist überhaupt eine Art Voraussagung seiner und seiner Nachfolger Lebensschicksale und Lebensaufgaben. Wir finden bei ihm das Bekenntniß der wahren Gottheit Jesu Christi und aller Glaubensgeheimnisse, die Er uns verkündet hat, verbunden mit der Bestätigung, daß nur von Ihm alle Wahrheit und alle Seligkeit ausgehe, ferner die tiefinnige Begeisterung für den Herrn, so daß er, um Ihm folgen zu können, Alles verließ, was er hatte, die sich aber besonders in der Freude zu erkennen gab, die er bei dessen Verklärung empfand und aussprach: »Herr, hier ist gut seyn; wenn du willst, so wollen wir hier drei Hütten bauen, dir eine, dem Moses eine und dem Elias eine«, wobei er für sich und seine Mitjünger selbstverständlich seine Wohnung bei dem Herrn voraussetzte; dann die Bezahlung der Steuer, als schuldige Leistung gegen die Obrigkeit, von welcher er so sehr überzeugt war, daß er sie selbst von Jesus verlangte, gleichfalls eine Tugendäußerung, die der Herr mit einem Wunder belohnte; wiederum zeigt sich die sehnsuchtsvolle Liebe, der lebendige Glaube, der gegen alle Hoffnung sich thätig erweist, in seinem vertrauensvollen Begehen der Meereswogen auf das Wort des Meisters, verbunden mit der ächt menschlichen Furcht und Zaghaftigkeit, in Folge welcher er zu sinken anfing, aber von der Hand des Herrn über dem Wasser gehalten wurde; ebenso die rein menschliche und natürliche Zuneigung zu dem göttlichen Meister, die alles Leiden von Ihm fern halten wollte, und ihm den strengen Verweis: »Weg, von mir Satan!« zuzog. Besonders lieblich erscheint uns sein Bild beim heil. Abendmahle, wo er sich nicht getraut, den Herrn um den Namen des Verräthers zu fragen, und sich anfänglich in tiefer Demuth weigert, sich die Füße waschen lassen, während die Drohung des Herrn, wenn Er ihn nicht wasche, so werde er keinen Theil an Ihm haben, ihn zu dem Ausruf bewegt: »Herr, wenn's so ist, dann wasche mir nicht bloß die Füße, sondern auch die Hände und den Kopf.« Am nämlichen Abend noch weissagt ihm Jesus seine dreimalige Verleugnung, zu welcher er nicht bloß ungläubig den Kopf schüttelt, sondern noch beisetzt, er werde mit dem Herrn ins Gefängniß und in den Tod gehen. Wirklich war es nur Petrus, welcher den Muth hatte, bei der Gefangennehmung des Herrn das Schwert zu ziehen, um Ihn zu vertheidigen, was Er ihm aber verwies. Nach der Gefangennehmung sehen wir ihn in der Begleitung des »andern Jüngers« in das Haus des hohen Priesters gehen, um in der Nähe des Meisters zu seyn und zu erfahren, wie es Ihm gehe. Die Gefahr, der er hier erliegen sollte, nicht ahnend, begab er sich mitten in die Schaar der Gefängnißwärter, der Soldaten und Mägde, und hatte das Unglück, so tief zu fallen, daß er unter Fluchen und Schwören seinen Herrn und Meister dreimal verleugnete. Da fiel plötzlich der Blick des Heilandes, welchen er eben nicht zu kennen behauptet hatte, so tief und schneidend in seine Seele, daß er hinausging und bitterlich zu weinen anfing. Offenbar war die plötzliche und ihm selbst unerwartete Zaghaftigkeit, die nicht selten im Gefolge großer und muthiger Kraftanstrengungen sich einzustellen pflegt, die nächste Ursache seiner Sünde. Im Herzen war er nicht abgefallen, aber mit der Zunge getraute er sich um so weniger offenes Zeugniß abzulegen, als die Enthüllung, er sei mit dem Heilande im Garten gewesen, die Soldaten veranlassen konnte, sich sofort an ihm zu rächen. Für seinen Glauben bestand keine Gefahr, da der Herr ihn versichert hatte, Er selbst habe für ihn gebetet, daß bei den bevorstehenden teuflischen Versuchungen sein Glaube nicht wanke, und ihn beauftragt hatte, nach seiner Bekehrung die Brüder zu stärken. Nach der Auferstehung finden wir ihn mit dem hl. Johannes am offenen Grabe und sehen ihn mit einer besondern Erscheinung Jesu Christi begnadiget. Am See Genesareth wurde er nach Wiederholung des wunderbaren Fischzuges zum wirklichen Oberhirten der Kirche, der Schafe und Lämmer des Herrn, eingesetzt. Es scheint angemessen, auch dieß mit den Worten Döllingers (l. c. S. 31 u. 32, erste Aufl.) zu bekräftigen: »In dem dreimal wiederholten Auftrag: Weide meine Lämmer, weide meine Schafe, war der gesammten Kirche, die Apostel mit inbegriffen, ein oberster Hirt, ein den Herrn stellvertretendes, regierendes Haupt gegeben. Früher, unmittelbar vor Beginn seines Leidens, als Jesus dem Petrus vorhergesagt, daß er Ihn noch in derselben Nacht dreimal verleugnen werde, da hatte Er ihm zugleich die Versicherung gegeben, daß in Kraft eines besondern, für ihn an den Vater gerichteten Gebetes, sein Glaube nicht abnehmen, nicht vergehen werde, und daß er, wenn er von seinem Falle sich wiederum erhoben, seine Brüder, die Apostel, im Glauben stärken solle. Der Stuhl Petri sollte eine Stätte der Wahrheit, eine Allen zur Stärkung gereichende Burg des festen Glaubens bleiben. Denn die Worte, wie die Gebete des Herrn waren nicht bloß auf die einzelne Person, auf den nächsten Moment gerichtet, sondern sie waren grundlegend und bauend, sie galten vor Allem der Kirche und deren zukünftigen, von ihm im Geiste geschauten Bedürfnissen.« Uebrigens beweist auch die Rede des Engels: »Saget es den Jüngern und vorab dem Petrus, daß Er euch vorangehen wird nach Galiläa«, seinen unbestreitbaren Vorrang. Bei der nämlichen Gelegenheit weissagte ihm der Heiland seinen Martertod. Zur Zeit der Himmelfahrt des Herrn war Petrus wieder in Jerusalem und wie die andern Apostel Augenzeuge des wunderbaren Ereignisses. In der kurzen Zwischenzeit bis Pfingsten veranlaßte und leitete der hl. Petrus die Wahl des hl. Apostels Matthias. (S. d.) Es folgte die Sendung und Herabkunft des heil. Geistes, nach welcher der hl. Petrus, auch hierin der Erste unter den Aposteln, die erste christliche Predigt hielt, welche den Erfolg hatte, daß sogleich gegen dreitausend seiner Zuhörer seiner Aufforderung, sich zu bekehren und sich taufen zu lassen, Folge leisteten. Das große Wunder der plötzlichen Heilung des Lahmgeborenen an der goldenen Pforte zeigt uns das unbedingte Vertrauen, welches der hl. Apostel in die Kraft des Namens Jesu setzte. Eine begeisterte Anrede an das staunende Volk, in welcher er demselben die in der Kreuzigung des Heilandes, welchen er bezeichnet als »den Heiligen und Gerechten«, »den Urheber des Lebens«, »den Gesalbten Gottes«, »den Messias«, von welchem alle Propheten gesprochen haben, begangene schwere Sünde und seine durch die Auferstehung von den Todten bezeugte Messianische Würde verkündete, führte die Zahl der Neubekehrten auf fünftausend Männer. Die Priester und Sadducäer ließen hierauf Petrus und Johannes durch den Tempelhauptmann unter dem Vorwand, einem Volksaufruhr zuvorzukommen, ergreifen und ins Gefängniß schleppen, am folgenden Morgen aber vor den hohen Rath führen. Ohne Mühe bewiesen sie vor demselben, daß sie keines Aufruhrs schuldig seien, und der heil. Petrus erklärte laut, daß der Lahme im Namen Jesu geheilt worden: »Dieser ist der Stein, welcher zwar von euch, den Bauleuten, verworfen ist, der aber geworden ist zum Eckstein; es ist in keinem Andern Heil, und es ist den Menschen unter dem Himmel kein anderer Name gegeben, in welchem wir selig werden müssen.« Die Richter konnten die offenkundige Wahrheit des Wunders nicht bestreiten, noch sich dessen Beweiskraft entwinden; sie begnügten sich daher, die zwei Apostel, deren Lehrkraft sie in Erstaunen setzte, da sie ungelehrte und ungebildete Menschen waren, zu bedrohen, im Namen des Heilandes zu predigen. Auf dieses Verbot aber erwiderte der hl. Petrus: »Urtheilet selbst, ob es recht ist, euch mehr als Gott zu gehorchen; denn es ist uns unmöglich, nicht zu reden, was wir gesehen und gehört haben.« Als Petrus und Johannes entlassen waren, brachten sie den andern Jüngern die Kunde von dem Geschehenen, fuhren aber, wie zuvor, mit großer Kraft in ihrem gottseligen Wirken fort. Unter den damaligen Gläubigen brachte auch Ananias und sein Weib Saphira den Erlös ihrer Güter zu den Füßen der Apostel, behielten aber in beiderseitigem vorherigem Einverständniß einen Theil davon zurück. Diese Heuchelei hielt ihnen Petrus als eine Lüge gegen den hl. Geist vor, und sie fielen zur Warnung der Gläubigen todt vor ihm nieder. Ueberdieß bekräftigten die Apostel ihre Sendung noch durch viele Wunder. Sie trieben die Teufel aus und heilten die Kranken, so daß diese in ihren Betten auf die Straßen und Gassen gelegt wurden, wo sie der Schatten des hl. Petrus allein schon von ihrem Gebrechen befreite. Darauf hin ließen der Hohepriester und alle seine Genossen aus der Secte der Sadducäer die sämmtlichen Apostel ins Gefängniß werfen. Ein Engel des Herrn aber öffnete während der Nacht die Thüre des Gefängnisses, führte sie heraus und sprach: »Gehet und stellet euch hin und redet im Tempel zum Volke alle Worte des Lebens.« Niemand im ganzen hohen Rathe getraute sich, hierüber zu urtheilen. Gleichwohl ließen sie die Apostel sich vorführen und sprachen zu ihnen: »Ernstlich haben wir euch verwarnt, zu reden in diesem Namen - und siehe, ihr habt Jerusalem mit dieser Lehre erfüllt, - ihr wollet auf uns bringen das Blut dieses Menschen« (das Volk gegen uns, weil wir Ihn zum Tode gebracht, zur Rache reizen.) Wieder antwortete Petrus im Namen der andern Apostel: »Man muß Gott mehr gehorchen, als den Menschen. Der Gott unserer Väter hat Jesum erweckt, den ihr ermordet, ans Kreuz gehängt habt! Ihn hat Gott durch seine Rechte erhöhet zum Anführer und Heiland, um Israel Buße zu verleihen und Sündenvergebung. Wir sprechen, indem wir dieses sagen, als seine Zeugen. Aber auch der heil. Geist, welchen Gott denen gegeben hat, die Ihm gehorchen, gibt davon Zeugniß.« Voll Grimm im Herzen beantragten die Versammelten ihre Hinrichtung. Der weise Rathsherr Gamaliel beschwichtigte die Erzürnten und warnte ernstlich vor so gewaltsamem Vorgehen. Sie stimmten ihm bei, verhängten aber, um den Schein zu wahren, als hätten sie die Apostel mit Recht eingezogen, die für bewiesenen Ungehorsam, der hier für die Beschuldigten einfach in der Ausübung ihrer Pflicht bestand, gewöhnliche Strafe der Geißelung. Das in dieser Weise verschärfte und ausdrücklich erneuerte Verbot »im Namen Jesu zu reden«, beachteten indessen Petrus und die übrigen Apostel so wenig wie vorher, denn sie hörten nicht auf, jeden Tag im Tempel und zu Hause zu lehren, und Jesum als den Messias zu verkündigen. Die Wuth der Juden forderte das erste blutige Opfer in der Steinigung des hl. Stephanus (s.d.), welche das Signal zu weitern Angriffen auf die ganze Christengemeinde zu Jerusalem war. Es entstand nämlich jetzt, wie die Apostelgeschichte erzählt, eine große Verfolgung, so daß sich die Anhänger Jesu Christi in Jerusalem nicht mehr halten konnten, sondern in die Gegenden von Judäa und Samaria zerstreuten, nur die Apostel, namentlich der hl. Petrus, blieben in Jerusalem zurück. Die versprengten Christen benutzten überall die Gelegenheit, das Wort des Herrn zu verkünden. Die Stadt Sebaste oder nach Andern Sichem nahm auf die Predigt des Diakons Philippus den Glauben an, ungeachtet um eben diese Zeit Simon der Zauberer aus dem Flecken Gitthon die Gemüther verwirrte, indem er sich als die Kraft Gottes, oder, wie der hl. Hieronymus noch berichtet, für das Wort Gottes, den Tröster, die Werkstätte aller göttlichen Kräfte ausgab. Da dieser sah, daß er als offener Feind dem Evangelium nicht schaden könne, nahm er scheinbar selbst den Glauben an, empfing die Taufe und schloß sich dem Philippus an. Da kamen, von den Aposteln gesendet, die hhl. Petrus und Johannes, um die Neugetauften zu firmen. Als Simon sah, daß durch Auflegung der Hände der Apostel der heil. Geist ertheilt werde, - er sah dieß an den wunderbaren Geistesgaben, die an den Gefirmten hervortraten, - bot er ihnen Geld, wenn sie ihm dieselbe Gewalt ertheilen würden. Petrus aber gab ihm zur Antwort: »Dein Geld sammt dir gehe ins Verderben, weil du geglaubt, die Gabe Gottes dir um Geld zu erwerben. Du hast nicht Antheil noch Loos an diesem Worte, denn dein Herz ist nicht gerade vor Gott. Bekehre dich also von dieser deiner Bosheit und bitte Gott, ob dir etwa vergeben werden möchte dieses Sinnen deines Herzens, denn ich sehe, daß du zu bitterer Galle und zu Frevelbande dienst.« Da antwortete Simon und sprach: »Bittet für mich zu dem Herrn, damit nichts von dem, was ihr da gesagt habt, über mich komme!« Auf dem Rückwege verkündeten die hhl. Petrus und Johannes auch in den Ortschaften, durch welche sie zogen, das Evangelium. Unterdessen ließ zu Jerusalem die Verfolgung nach und hörte zuletzt ganz auf, als die Juden selbst von den Römern in ihrem Cultus aufs äußerste bedrängt wurden. Der hl. Petrus konnte jetzt den heil. Paulus zwei Wochen lang ungestört bei sich beherbergen (s. o. S. 728), und eine größere Rundreise zur Besuchung der Brüder im ganzen Lande unternehmen. Als er bei dieser Gelegenheit zu Lydda bei Joppe, etwa eine Tagreise von Jerusalem entlegen, unter den dortigen Christen einen Mann, Namens Aeneas antraf, welcher schon acht Jahre nicht mehr vom Bette konnte, da er gelähmt war, sprach er zu ihm: »Aeneas, es heilet dich Jesus Christus, stehe auf und bette dir selbst.« In demselben Augenblicke war er gesund. Das Wunder machte so großes Aufsehen, daß jetzt alle Bewohner von Lydda und Umgegend (Saron) sich bekehrten. Ein noch größeres Wunder geschah in dem nahe gelegenen Orte Joppe. Dort lag eine christliche Jungfrau, Namens Tabitha (Dorkas), krank und starb. Sie hatte viele gute Werke an Armen und Nothleidenden gethan, weßhalb die Jünger sogleich zu Petrus nach Lydda schickten, mit dem Ansuchen, er möge doch baldigst zu ihnen herüberkommen. Er trat in das Obergemach, wohin man die Leiche geschafft hatte, und ward tief gerührt, als er die Wittwen sah, die ihre Wohlthäterin beweinten, und ihm die Kleider und Gewänder zeigten, welche die Verstorbene gemacht hatte. Da hieß Petrus die Anwesenden hinausgehen und kniete nieder, um zu beten; und zu der Leiche gewendet, sprach er: »Tabitha, stehe auf.« Sie aber öffnete ihre Augen, und als sie den Petrus sah, setzte sie sich auf. Er aber reichte ihr die Hand und richtete sie auf. Dann rief er die Gläubigen, insbesondere die Wittwen, und stellte sie ihnen lebend vor. Als die Kunde hievon in Joppe sich verbreitete, glaubten viele an Jesus Christus. Wahrscheinlich um die neue Gemeinde vollkommen zu organisiren, verweilte der Apostel hier viele Tage und wohnte bei einem Gerber Namens Simon, nicht weit vom Meeresufer. Als er hier eines Tags um die sechste Stunde auf dem flachen Hausdache betete, hatte er ein Gesicht, das mit dem leiblichen Hunger, den er eben zu fühlen anfing, in Verwandtschaft stand. Er sah nämlich in der Verzückung den Himmel geöffnet, und herabsteigen ein Behältniß wie ein großes Linnentuch, an den vier Zipfeln angebunden und herabgelassen auf die Erde, in welchem sich alle vierfüßigen u. kriechenden Thiere der Erde und die Vögel des Himmels befanden. Und es erging eine Stimme an ihn: »Stehe auf, Petrus, schlachte und iß.« Petrus aber sagte: »O nein Herr! denn niemals aß ich Gemeines oder Unreines.« Und zum zweiten Mal erging eine Stimme an ihn: »Was Gott gereiniget hat, sollst du nicht unrein nennen.« Dasselbe geschah zum dritten Male und alsofort ward das Behältniß emporgenommen in den Himmel. Hierauf dachte Petrus nach, was wohl die Erscheinung bedeuten könnte, aber alsbald kamen Männer aus Cäsarea, die ihn auf Gottes Geheiß dahin abriefen, damit der Erste unter den Aposteln auch darin der Erste werde, daß er den ersten Heiden in die Kirche Jesu Christi aufnahm. Nun erkannte er die Bedeutung der ihm zu Theil gewordenen, bisher unklar gewesenen Erscheinung, denn der Geist des Herrn hatte ihm in demselben Augenblick gesagt: »Sieh', Männer suchen dich; wohlan, stehe auf, steige hinab und gehe mit ihnen, denn ich, ich selbst habe sie gesendet.« Da ging er hinab zu ihnen, und sprach: »Sehet, ich bin's, den ihr suchet, was ist der Grund, der euch hieher zu mir geführt hat?« Sie aber sprachen: »Cornelius, ein Hauptmann, ein gerechter und gottesfürchtiger Mann, der auch bei dem ganzen Volke der Juden in gutem Rufe steht, hat von einem heiligen Engel Gottes den Befehl erhalten, dich in sein Haus rufen zu lassen und die Worte des Heiles von dir zu hören.« Da nöthigte er sie, hereinzukommen und beherbergte sie in Folge der Erscheinung, obwohl sie noch unreine Heiden waren. Am folgenden Tage aber stand er auf und ging mit sechs Brüdern nach Cäsarea, wo sie Cornelius mit mehreren Verwandten und Freunden, die er eingeladen hatte, um Theilnehmer seiner Freude zu sein, schon erwartete. Er ging dem heiligen Apostel entgegen, fiel ihm zu Füßen und huldigte ihm, als einem übermenschlichen Wesen. Der heilige Petrus jedoch richtete ihn auf, indem er ihm sagte, daß er nur ein Mensch sei wie auch Cornelius. Dieser aber erklärte, nachdem er die ihm nach Gebet und Fasten zu Theil gewordene himmlische Erscheinung erzählt hatte, in seinem und der Anwesenden Namen: »Wir alle sind gegenwärtig vor Gott, um Alles zu hören, was dir aufgetragen ist von dem Herrn.« Nun erfolgte in Cäsarea die Gründung der römischen Kirche. (Vergl. hiezu S. Cornelius) Der heilige Petrus sprach: »In Wahrheit begreife ich, daß Gott nicht die Personen ansieht, sondern in jeglicher Nation ist ihm angenehm, wer Ihn fürchtet und Gerechtigkeit übt, - ich begreife das Wort, welches Er gesandt hat den Kindern Israels, Frieden verkündend durch Jesum Christum: dieser ist Aller Herr.« Eben diesen Satz führte er ihnen unter Hinweis auf die Thatsachen des wun(der)vollen Lebens und Leidens, sowie der Auferstehung unsers Herrn in kräftigen Zügen aus und schloß mit der Hinweisung, daß Er auch der Richter sei, den Gott bestimmt hat über Lebendige und Todte, daß aber jeder durch den Glauben an Ihn, durch seinen Namen Vergebung der Sünde empfange. Noch während er redete, wurden die Zeichen der Herabkunft des hl. Geistes auch an diesen Heiden sichtbar, so daß auch die Gläubigen aus den Juden, die das wunderbare Gesicht des hl. Petrus nicht selbst gesehen hatten, in Erstaunen geriethen: »denn sie hörten sie in fremden Zungen reden und Gottes Lob verkünden.« Der hl. Petrus aber befahl, sie im Namen des Herrn zu taufen. In Jerusalem hatte gleichwohl dieses Ereigniß unter den Gläubigen Aufsehen, zum Theil sogar Aergerniß erregt. Aber nachdem sie die wundervolle Bekehrung des Cornelius mit Allem, was ihr vorangegangen, vernommen hatten, fügten auch sie sich und priesen Gott und sprachen: »Also auch den Heiden hat Gott die Buße gegeben zum ewigen Leben.« 1Döllinger (Christenthum und Kirche, S. 99 Anm.) ist geneigt, nach dem Vorgange Hug's (Einl. II. 213) die erste Reise des hl. Petrus nach Rom in den Zeitraum von der Taufe des Cornelius bis zu seiner Gefangennehmung durch Herodes Agrippa zu setzen. Kein Wunder, daß der Teufel neuerdings in heftige Wuth gerieth. Das hiefür tauglichste Werkzeug fand er in dem Tyrannen Herodes Agrippa, welcher den Juden zu Gefallen bereits Einen der Apostel, den hl. Jacobus hatte hinrichten lassen und nun auf sein Anstiften auch den hl. Petrus gefangen setzte, um ihn nach dem Osterfeste dem Volke zur Verurtheilung und Hinrichtung vorzuführen. In derselben Nacht, deren Ende der Anfang zur Ausführung dieses Vorhabens werden sollte, während die versammelten Gläubigen demüthig und inbrünstig für ihr Oberhaupt beteten, schlief Petrus, auf den Schutz des Herrn vertrauend und in Allem seines Winkes gewärtig, zwischen zwei Soldaten, gebunden mit zwei Ketten, und zugleich bewachten Hüter vor dem Thore das Gefängniß. Und siehe, ein Engel des Herrn trat zu ihm und Lichtglanz strahlte im Kerker. Der Engel stieß den Petrus an die Seite, weckte ihn und sprach: »Stehe schnell auf!« Und sogleich fielen ihm die Ketten von den Händen. Und der Engel sprach zu ihm: »Umgürte dich, und binde deine Sandalen unter!« Und er that also. Jetzt sagte er zu ihm: »Wirf deinen Mantel um und folge mir!« Und heraustretend folgte er, ohne noch zu wissen, daß in Wirklichkeit geschah, was der Engel mit ihm that, vielmehr hielt er den ganzen Vorgang für ein Gesicht. So waren sie bereits an der ersten und zweiten Wache vorübergegangen und an das eiserne Thor gekommen, welches in die Stadt führte. Dieses öffnete sich von selbst vor ihnen, und sie traten hinaus und gingen eine Strasse entlang, als der Engel plötzlich von ihm schied. Erst jetzt, als sich der hl. Petrus allein sah, kam er völlig zu sich und sprach: »Nun weiß ich in Wahrheit, daß der Herr seinen Engel gesendet, und mich entrissen hat aus der Hand des Herodes und aller Erwartung des Volkes der Juden.« Und nachdem er sich orientirt hatte, kam er zu dem Hause der Maria, der Mutter des Johannes mit dem Zunamen Marcus, wo Viele versammelt waren, und beteten. Als er an die Pforte des Thores geklopft hatte, kam eine Magd, mit Namen Rhode, um zu horchen. Und da sie die Stimme des Petrus erkannte, vergaß sie vor Freude das Thor zu öffnen, sondern lief hinein und verkündete den Jüngern, daß Petrus vor dem Thore stehe. Diese aber sprachen zu ihr: »Du bist von Sinnen.« Sie aber versicherte, es sei so. Da sagten diese: »Sein Engel ist es.« Petrus aber hielt an mit Klopfen. Und als sie geöffnet hatten, sahen sie ihn und staunten. Er winkte ihnen aber mit der Hand, daß sie schweigen sollten, und erzählte, wie der Herr ihn aus dem Gefängnisse hervorgeführt habe. Zuletzt setzte er hinzu: »Verkündigt dieß dem Jacobus (dem Jüngern) und den Brüdern.« Wahrscheinlich noch in derselben Nacht ging er weg, und reiste nach einem andern Orte. Dieser Ort ist in der Apostelgeschichte nicht genannt. Es lag in der Natur der Sache, daß er in Palästina nicht mehr bleiben konnte. Am wahrscheinlichsten ist, daß er jetzt seine erste Missionsreise nach Rom antrat, um auch dort zunächst den Juden die christliche Heilslehre zu predigen. Wäre er in Palästina geblieben, würde der hl. Lucas, der uns dieses erzählt, gewiß nicht von einer »Reise« sprechen, die der Apostel angetreten habe. Es versteht sich zudem von selbst, daß der hl. Petrus, nachdem seine Flucht bekannt geworden war, vor der Nachstellung des Herodes Agrippa nur in einem fernen Lande sicher war. Seine Abreise geschah nach der Tradition noch unter der Regierung des Kaisers Claudius, also etwa um d.J. 44, vielleicht auch schon ein oder zwei Jahre früher. (Nach Gams »Jahr des Martertodes der Apostel Petrus und Paulus« kam er schon im J. 41 nach Rom). Schon früher soll er die Kirche von Antiochia, wo die Neubekehrten zuerst Christen genannt wurden, gegründet und eine Zeit lang, man sagt sieben Jahre, geleitet haben. Das festliche Andenken an dieses Ereigniß begeht die katholische Kirche alljährlich am 22. Febr. 2Im K.-L. von Aschbach (I. 287) findet sich hiezu folgende Bemerkung: In den ältesten Zeiten hatte sich der abergläubische Mißbrauch der Heiden, an diesem Tage Speisen auf die Gräber zu tragen und zu opfern, auch unter die Christen eingeschlichen. Man nannte diese Sitte das Fest des hl. Petrus zum Gastmahle (festum epularum, cara cognatio, caristia), woraus sich die altdeutsche Benennung »St. Peterszech'« erklären läßt. Genannte Unsitte bestand (Fleury, VIII. 35.) noch im 6. Jahrhundert. unter dem Namen: Petri Stuhlfeier zu Antiochia. Die Zeit, wann dieß geschah, läßt sich nicht genau bestimmen, die Forscher schwanken zwischen den Jahren 37 und 39. Beim ersten allgemeinen Concil im J. 49 oder 51 finden wir den hl. Petrus neuerdings in Jerusalem. Es handelte sich wieder um die Frage, ob die Heiden, welche in die christliche Kirche aufgenommen werden wollten, zur Beobachtung des mosaischen Gesetzes, vor Allem zur Beschneidung, verpflichtet sein sollen. Nachdem hierüber eine lange Streituntersuchung unter den versammelten Aposteln und Aeltesten stattgefunden hatte, erhob sich der hl. Petrus als Vorsitzender, um mit Bezugnahme auf die Bekehrung und Taufe des Hauptmanns Cornelius und der Seinigen, die vor etwa 9 Jahren stattgefunden hatte, das entscheidende Wort zu sprechen: »Geehrte Brüder,« sprach er, »ihr wisset, daß von alten Tagen her Gott unter uns die Wahl traf, daß durch meinen Mund die Heiden das Wort des Evangeliums hörten und glaubten. Gott selbst, der Herzensergründer, gab für sie Zeugniß, indem er ihnen den hl. Geist gab, wie auch uns, und machte in keiner Hinsicht einen Unterschied zwischen uns und ihnen, indem Er ihre Herzen durch den Glauben reinigte. Nun also (da Gott selbst die Frage entschieden hat), warum versucht ihr Gott, daß ihr auf den Nacken der Jünger ein Joch legen wollet, welches weder unsere Väter noch auch wir zu ertragen vermochten. Glauben ja auch wir durch die Gnade des Herrn Jesu (nicht durch das Gesetz) das Heil zu erlangen wie sie!« Als hierauf Alle schwiegen, bestätigten die hhl. Paulus und Barnabas das eben Gehörte durch Thatsachen aus ihrer eigenen Erfahrung. In dem darauf erlassenen Schreiben wurde daher ausdrücklich gesagt, daß die streitig gewordene Frage von Unberufenen, die keinerlei Auftrag hatten, aufgeworfen worden sei, zur Schädigung der Seelen, und daß deßhalb einmüthig folgender Beschluß gefaßt worden sei: »Es hat dem hl. Geiste u. uns gefallen, euch keine weitere Last aufzuerlegen, als das Nothwendige: daß ihr euch enthaltet von Speisen, die den Götzen geopfert waren, und von Blut und Ersticktem und von Hurerei.« Bald nach dem Concil finden wir den hl. Petrus wieder in Antiochia. Als hier einige Christen von Jerusalem bei ihm einkehrten, glaubte er um ihretwillen, damit sie nicht etwa Aergerniß an ihm nehmen möchten, sich des Umgangs und Tisches derjenigen, die früher Heiden gewesen, enthalten zu sollen, während er vorher kein Bedenken getragen hatte, »obwohl ein Jude, heidnisch zu leben,« d.i. keinen Speiseunterschied mehr zu beobachten und die jüdischen Ceremonialgesetze als nicht mehr bindend bei Seite zu lassen. Er konnte dieses thun, da durch den Concils-Beschluß eine freiwillige Uebernahme und Uebung nicht verboten, sondern nur die Nichtverbindlichkeit derselben für die aus dem Heidenthum Bekehrten ausgesprochen war. Dennoch widerstand ihm der hl. Paulus ins Angesicht und warf ihm Verstellung vor. Es liege in seinem Verhalten, das für Alle zur Richtschnur dienen solle, auch für die Heiden, ein Zwang, jüdisch zu leben. Bereits seien sämmtliche Juden, sogar Barnabas, seinem Beispiele gefolgt. So sei es nicht recht, man müsse ohne Furcht die Wahrheit des Evangeliums auch im Leben bethätigen. Wahrscheinlich kehrte der hl. Petrus bald hierauf nach Rom zurück, wo er schon seit längerer Zeit seinen Stuhl aufgerichtet hatte. Die jährliche Erinnerung hieran ist das Fest Petri Stuhlfeier (cathedra) in Rom, am 18. Jan., gleichsam der Geburtstag der römischen Kirche. Es findet sich dieses Fest, jedoch nicht unterschieden von der Antiochenischen Stuhlfeier, in den ältesten noch vorhandenen Martyrologien, wurde also im J. 1558 von Papst Paul IV. nicht erst angeordnet, sondern erneuert. Das Neue, was er verordnete, war die besondere Hervorhebung der römischen Stuhlbesteigung in der Absicht, der Tollkühnheit jener, die Petri Anwesenheit in Rom leugneten, entgegenzutreten. In der Vaticanischen Basilica findet sich jetzt noch der hölzerne Stuhl, welcher für den ersten Sitz des heil. Petrus gehalten wird. Ob er auf dieser, oder einer frühern Reise die Stadt Korinth besuchte, ist ungewiß. Aber seine Anwesenheit in dieser Stadt steht unwiderleglich fest. Ohne Zweifel war er überall, wohin Gott seine Schritte lenkte, für das Evangelium thätig. So auch namentlich in Pontus, Galatien, Cappadocien, Asien und Bithynien. Der hl. Petrus ist sohin nicht bloß in seinem Vorrange der Erste unter den Aposteln; auch in seinem Eifer, in seinem Glaubensmuthe, in seinem Verlangen, allerorts, unter Juden und Heiden, für die christliche Heilslehre zu wirken und zu leiden, ist er der Erste. Waren auch die Erfolge des hl. Paulus großartiger und ausgedehnter, so stand ihm der hl. Petrus gleichwohl an Arbeitskraft und Arbeitstreue in keiner Beziehung nach. Er nannte sich »Knecht und Apostel Jesu Christi,« stellte aber in seiner Demuth den Knecht höher als den Apostel. So sehr und nachdrücklich er es betonte, daß er größere und kostbarere Verheißungen als alle Andern empfangen hatte, so tief war er auch überzeugt, daß sein Glaube mit allen aus ihm hervorgehenden Gaben und Tugenden ein unverdientes Gnadengeschenk Jesu Christi war, das er nicht um seinetwillen, sondern um der Kirche willen erhalten hatte. Wenn er in seinen Briefen von der Gnade der Berufung und Auserwählung für die Kirche Jesu, von dem unaussprechlich großen Geheimnisse der Erlösung, von den Früchten der durch sie in der hl. Taufe geistig Wiedergeborenen, die der göttlichen Natur theilhaftig werden, spricht, findet er vor lauter Freude und Begeisterung nicht Worte genug; er ergießt sich förmlich in Lob-, Dankes- und Segenssprüche; wie die Wasser eines überfüllten Stromes wälzen sie sich dahin, einer über den andern, Gottes unendliche Liebe und Barmherzigkeit verkündend. Die Kirche ist ihm ein heiliges Gotteshaus, erbaut aus lebendigen Steinen, ein königliches Priesterthum, ein heiliges Volk, das Volk der göttlichen Erbarmung. Die Kinder der Kirche sollen geschmückt sein mit allen Tugenden; jede irdische Größe, jede fleischliche Lust sollen sie gering schätzen, um Gottes willen gehorsam sein der weltlichen Obrigkeit und ihren Beamten, Allen Gutes thun und die gebührende Ehre erweisen, ja sogar Allen sich als Diener unterwerfen. Stets, lehrte er, müsse man eingedenk sein des kommenden Gerichtes, Alle miteinander und jeder Einzelne, Männer und Frauen, Kinder und Erwachsene, Sclaven und Freie, Vorgesetzte und Untergebene, Hirten und Gläubige, müssen in ihrem ganzen innern und äußern Leben nach der vielgestaltigen Gnade Gottes in Allem Gott verherrlichen, allezeit wachen und beten, gegen alle höllischen und fleischlichen Versuchungen klug und tapfer den Kampf des Glaubens bestehen, alle Sorgen auf Gott werfen, und unablässig in guten Werken Ihm ihre Seelen weihen. Er hatte mit Johannes und Jacobus »ein festeres prophetisches Wort« gehört, als in irgend einer Zeit vorher oder nachher gehört worden war, die Stimme Gottes des Vaters selbst hatte ihm Jesum Christum als seinen Sohn bezeugt. An dieses von ihm verkündete Wort, nicht an irgend eine Schriftauslegung, die auf menschliche Weisheit und Gelehrsamkeit und auf eigene Meinung gegründet ist, lehrte er ferner, müsse man sich halten. Sectenstifter und falsche Lehrer, setzte er hinzu, müsse man fliehen, denn sie stürzen sich und Andere, die ihnen glauben, in den Untergang; sie verleugnen den Herrn; sie verkündigen unter dem Deckmantel der Freiheit von geistlicher Herrschaft die Ausgelassenheit der Sitten, sind die Sclaven ihrer eigenen Verdorbenheit und fallen noch tiefer, als jene, die den Weg der Wahrheit nie anerkannt hatten. Er kennt daher, um vor ihnen zu warnen, keine andere Rücksicht, als die Gefahr, in welche sie die unsterblichen Seelen bringen, und gibt ihnen furchtlos die ihnen gebührenden Namen, zeichnet schonungslos ihre Schlechtigkeit, und wiederholt wieder und wieder, daß die Lehren der Apostel der einzige Weg zum Heile sind. Von seiner apostolischen Thätigkeit zu Rom haben sich durch den Mund der hhl. Väter und ältesten Kirchenschriftsteller folgende Thatsachen bis auf unsere Zeiten in lebendiger Erinnerung erhalten:

1) Die nochmalige Bekämpfung des Zauberers Simon, welcher seine Thätigkeit als Sectenhaupt, ungeachtet der früher gemachten Versprechungen, bis an sein Ende fortsetzte. Justin der Martyrer schreibt sogar, es sei ihm zu Ehren in Rom eine Statue errichtet, d. h. er sei zum Gott erhoben worden.

2) Die Bekehrung des hl. Pudens und seines Hauses zum Christenthum. Dieser hatte den hl. Apostel gastlich aufgenommen. Seine Töchter Pudentiana und Praxedis nahmen gleichfalls den Glauben an. Auch die hl. Plautilia u. v. A. werden unter den von ihm Getauften genannt. Sehr viele Kirchen Italiens halten die Ueberlieferung fest, vom heil. Petrus gegründet zu seyn; zahlreiche Schüler sandte er, gleichfalls nach der Ueberlieferung der betreffenden Kirchen, nach Spanien, Frankreich und Deutschland. Der erste Schweizerapostel, der heil. Beatus soll gleichfalls von ihm gesendet sein. Wem anders könnte man die vom hl. Paulus verbürgte Thatsache, daß damals schon der Glaube der römischen Kirche in der ganzen Welt gepriesen wurde, zuschreiben, als der Thätigkeit des hl. Petrus? Dieß war auch der Grund, aus welchem der hl. Paulus sich so lange verhindert sah, nach Rom zu kommen, und warum er nur »im Vorübergehen«, auf seiner Reise nach Spanien, die dortigen Gläubigen besuchen, und im Geleite von solchen weiter nach Westen vordringen wollte.

3) Die Absendung der zwei noch vorhandenen Briefe an die Ankömmlinge der zerstreuten Christen (also die erste päpstliche Encyclica) aus Pontus, Galatien, Cappadocien, Asien und Bithynien. Vielleicht hatten ihn Abgesandte derselben besuchen wollen, aber ihren Zweck nicht erreicht. Daher wünscht er ihnen Vervielfältigung der Gnade und des Friedens von Jesus Christus. Das frühe Alterthum gab den beiden Sendschreiben bezeichnend genug den Beinamen: »Die Katholischen.« Die bevorstehende Verfolgung ankündigend, gibt der hl. Apostel entsprechende Vorschriften. »Selig Alle, die wegen der Gerechtigkeit leiden dürfen. Also weg mit jeder Art Furcht oder Betrübniß! Ein beständiges heiliges Opfer für den Herrn mit gutem Gewissen soll unser leibliches Leben seyn, und jedem, der es verlangt, sollen wir Rechenschaft geben können von der Hoffnung, die in uns ist. Die Vertheidigung sei ruhig und bescheiden, so daß jene, die unsern guten Wandel verläumden, sich schämen müssen, daß sie uns, obwohl unschuldig, verfolgen. Das Reich des Herrn besteht ewig, keine Verfolgung kann es zerstören.« Aehnlich der zweite Brief, in welchem er sein nahes Ende ankündet, das ihm der Herr selbst geoffenbart hatte. Die hhl. Marcus und Silvanus (s.d. d.) waren die Schreiber und Boten dieser Schriftstücke. Ersterer war von dem hl. Petrus getauft worden und war bei ihm in seiner Gefangenschaft. Auch das Evangelium nach Marcus ist aus den Lehrvorträgen des hl. Petrus über das Leben Jesu zusammengestellt.

4) Sein Martertod um Christi willen unter dem Kaiser Nero. Nicht blos ein oder zwei Mal, sondern öfter erduldete er, für seinen Meister zeugend, schwere Strafen, schreibt der hl. Clemens von Rom. Daß es aber unter Nero geschah, bezeugt das ganze christliche Alterthum, namentlich aber Irenäus, Lactantius, Eusebius u. v. A. Im Jahr 65 brach die Verfolgung aus, die in plötzlichen und wiederholten Schlägen auf die junge Kirche niederfiel; der hl. Petrus hielt sich längere Zeit verborgen, ergriff aber zuletzt die Flucht. Als er zum Stadtthore hinausging, erzählt eine schöne Sage, hatte er ein Gesicht. Er sah den göttlichen Meister ihm entgegen kommen. »Herr, wohin gehst du?« fragte der liebeglühende Jünger. »Nach Rom, um mich nochmal kreuzigen zu lassen,« war die Antwort. Der hl. Apostel erfaßte sogleich den Sinn dieser Erscheinung und kehrte in die Stadt zurück, wo er alsbald ergriffen und ins Mamertinische Gefängniß geworfen wurde. Die Erzählung, die in dem römischen Kirchlein: Domine quo vadis? ein Denkzeichen besitzt, ist vollkommen glaubhaft. Der hl. Petrus scheint in seinem zweiten Briefe selbst auf sie anzuspielen, wenn er schreibt: »Ich bin gewiß, daß die Niederlegung meines Zeltes nun bald vor sich gehen wird, wie auch unser Herr Jesus mir es angezeigt hat.« Zu gleicher Zeit war der hl. Paulus mit ihm eingeschlossen. Die katholische Kirche singt daher von ihnen: »Die glorreichen Fürsten der Erde, sind so, wie sie im Leben sich geliebt, auch im Tode nicht von einander geschieden worden.« Im Kerker bekehrte und taufte der hl. Petrus die Kerkermeister Processus und Martinianus mit 48 Andern, die Alle unter Nero getödtet wurden und am 14. März verehrt werden. Die schwere Haft dauerte 8 Monate. Unter den Consuln Lucius Fontejus Capito und Cajus Julius Rufus wurde ihnen das Todesurtheil gesprochen. Ohne Zweifel wurde der hl. Petrus, nach der bei den Römern üblichen peinlichen Gerichtsordnung, vorher noch gegeißelt. Dann wurden die beiden Apostel mit einander zum Thore von Ostia hinausgeführt. Noch bewahrt die Ueberlieferung den Ort, wo sie sich trennten. Als er jenseits der Tiber auf dem Hügel vor der Stadt angelangt war, welcher Janiculus genannt wurde, wo jetzt eine zur Erinnerung an dieses Ereigniß erbaute Kirche steht (St. Pietro in montorio), verlangte der hl. Apostel mit zur Erde gesenktem Haupte gekreuziget zu werden, weil er sich für unwürdig erachtete, ganz desselben Todes wie sein Meister zu sterben, und weil man, wie Prudentius schön hinzufügt, auf dem Wege der Demuth am leichtesten in den Himmel kommt. Schon Origenes berichtet diese Todesart und das einstimmige Zeugniß der ganzen alten Kirche pflichtet ihm bei. So lehrte, wirkte und starb der hl. Petrus als würdig es Vorbild aller spätern Päpste und als seelenvolles Beispiel der gesammten Heerde Jesu Christi. Sein Leichnam wurde (wie Einige sagen, von seinen Schülern Marcellus u. Apulejus) an der Aurelianischen Straße, nahe beim Apollo-Tempel, beigesetzt. Später wollten, wie erzählt wird, die orientalischen Christen seine Reliquien zu sich nehmen u. waren schon eine große Strecke auf der Via Appia mit denselben fortgezogen, als man den Raub entdeckte, worauf man die theuren Ueberreste, um sie vor weiteren Angriffen sicher zu stellen, in den nahe gelegenen Katakomben beisetzte. Ob die Veranlassung zu dieser Uebertragung in dieser Weise richtig angegeben ist, bleibt dahin gestellt; die Uebertragung selbst hat um d.J. 260 unter dem Pontificate des hl. Martyrers Sixtus wirklich stattgefunden. Freilich hat man aus Parteisucht sogar dieß bestritten, daß der hl. Petrus in Rom gestorben ist. Indessen kennt kein einziger Schriftsteller eine andere Stadt und ebenso wenig hat je eine andere Stadt der Welt den Anspruch erhoben, daß in ihr das Grab des hl. Apostels sich befinde. Döllinger (Christenthum u. Kirche, S. 101) setzt hinzu, daß Dionysius von Korinth um d.J. 170 bezeugt, die beiden Apostel hätten in Rom zu derselben Zeit den Märtyrer-Tod erlitten. Ich kann, sagt der römische Christ Cajus um d.J. 200 in seiner Schrift gegen den Montanisten Proklus, auf dem Vatican und auf dem Wege nach Ostia die Siegeszeichen der Apostel zeigen, welche diese Kirche gegründet haben. Sein Zeitgenosse Tertullian rechnet die Thatsache, daß der hl. Petrus in Rom »dem Leiden des Herrn gleich gemacht worden sei«, zu den Vorzügen der dortigen Kirche. Der eigentliche Grund des Streites war zu allen Zeiten lediglich Feindseligkeit gegen die römische Kirche und ihr im Stuhle des hl. Petrus ruhendes oberstes Lehr- und Hirten-Amt. Könnte man beweisen, daß der Apostelfürst gar nicht in Rom gelebt und gelitten habe, so wäre damit für die Bekämpfer der katholischen Kirche Vieles, wo nicht Alles gewonnen. Aber freilich, die Geschichte kann man nicht aus der Welt schaffen, so sehr auch Fanatiker früherer und unserer Zeit es wünschen mögen. Daß die Zeitgenossen über den Aufenthaltsort des Apostels vorsichtig schwiegen, und dieser selbst ihn nur bildlich bezeichnete, ist aus der beständigen Lebensgefahr, in welcher das Haupt der Kirche schwebte, genügend zu erklären. Es ist Thatsache und bleibt es: 25 Jahre (nämlich v. J. 42 bis z. J. 67) hat der hl. Petrus die römische Kirche geleitet, womit freilich nicht behauptet wird, daß er diese ganze Zeit in Rom zubrachte; so wenig nämlich die römische Kirche in der Stadt Rom eingeschlossen ist, so wenig ist es auch der römische Stuhl. Neben der Vaticanischen Basilica und der Paulskirche an der Straße nach Ostia, wo die Leiber der Apostelfürsten ruhen, deren Einweihungsfest alljährlich mit einander am 18. Nov. begangen wird, und der Basilica des hl. Johannes auf dem Lateran, wo ihre Häupter in goldenen Büsten aufbewahrt werden, ist das Kirchlein S. Pietro in Carcere und der Ort seiner Kreuzigung mit der Kirche St. Pietro in montorio viel besucht. An letzterm Orte wird der 6. Juli besonders festlich begangen. Zu St. Pietro in Grado hat er, wie die Ueberlieferung sagt, zuerst den Boden Italiens betreten. Eine besonders ehrwürdige Reliquie des heil. Petrus sind die Ketten, welche er zu Jerusalem und Rom als Gefangener getragen hat. Erstere waren, der frommen Ueberlieferung zufolge, in der Familie des Hauptmanns, welcher die Wächter des Gefängnisses auf Befehl des Herodes in Untersuchung genommen hatte, nachdem er das Wunder erkannt und den Glauben angenommen hatte, erblich geworden. Unter Kaiser Constantin d. Gr. kamen sie in die Auferstehungskirche. Der Bischof Juvenalis von Jerusalem schenkte dieselbe der Kaiserin Eudoxia, welche die eine Hälfte in Konstantinopel niederlegte, die andere aber nach Rom, an ihre Tochter Eudoxia, Gemahlin des Kaisers Valentinian III. um d.J. 439 übersendete. Diese machte sie dem Papste Leo dem Großen zum Geschenke. Als sie der Papst mit jener Kette zusammenhielt, welche der heil. Apostel in Rom getragen hatte, vereinigten sich beide zu einer Kette, als wären sie von einer Hand gemacht. Sie ist von Eisen und zählt 38 mittelgroße Ringe, mit zwei halbkreisförmigen größeren Bändern welche um den Hals des hl. Apostels geschmiedet waren. Andere 8 Ringe derselben Kette befinden sich bei St. Cäcilia in Trastevere. Sie werden, obgleich von Eisen, von den Gläubigen für kostbarer als Gold erachtet, und in der Basilika St. Pietro in Vincoli, welche die Kaiserin Eudoxia aus jenem Anlasse von Grund aus hatte erneuern lassen, am Tage Petri Kettenfeier (1. Aug.) und sonst bei außerordentlichen Anlässen gezeigt. Die Andächtigen küssen sie und lassen sich dieselben um den Hals legen; der dienstthuende Priester spricht einen Segensspruch. Hiezu bemerkt Baronius, daß nur vom heil. Apostel Petrus eine Kettenfeier begangen werde; ihm ist in der Kirche die erste Gewalt gegeben, die Ketten der Sünden aufzulösen; es ist also ganz billig, daß auch seine Ketten in Ehren gehalten werden. Auch die Griechen begehen die Kettenfeier des hl. Petrus, aber am 16. August. Das zu dieser Feier bestimmte Kirchengebet, besonders aber die Antiphon zur zweiten Vesper gibt den besten Schlüssel zu ihrer besondern Bedeutung. Sie lautet:

      Solve jubente Deo terrarum Petre catenas,
      Qui facis ut pateant coelestia regna beatis.

Zu Deutsch:

      Löse auf Gottes Geheiß, o Petrus die irdischen Ketten,
      Der Du öffnest den Guten die Pforten des himmlischen Reiches.

Der Hirtenstab des hl. Petrus wird in Köln und Trier in zwei Hälften aufbewahrt. (Vergl. hierüber St. Maternus). Die letztere Ueberlieferung stimmt vollkommen zu dem uralten Gebrauche, daß der Papst keinen Stab führt. Nicht beglaubiget sind folgende Reliquien: ein Schlüssel des hl. Petrus zu Lodi, der gegen die Bisse der wüthenden Hunde gebraucht wird, aber wahrscheinlich von einem andern Petrus herrührt; das Schwert, das er gegen Malchus gezückt, zu Konstantinopel; sein Hut zu Namur in Belgien, und endlich ein Theil seines Mantels zu Prag. Unter den Sagen, welche über das Apostolat, das Leben und Leiden des hl. Petrus sich im Laufe der Zeiten gebildet haben, deren historische Grundlage aber zweifelhaft ist, nennen wir noch folgende: Als er nach Rom reiste, war der heil. Apollinaris, später Bischof von Ravenna, sein Begleiter. Zu Cäsarea hat er vor seinem Abgange nach dem Abendlande den vormaligen Sünder Zachäus zum Bischof bestellt. Ferner soll er gleich nach der ersten Gründung der Kirche zu Rom den hl. Linus zu seinem Stellvertreter erkoren und eine Missionsreise nach England unternommen haben. 3A. Dürer gab ihm einen großen Schlüssel, an welchem zwei kleinere hängen. Wahrscheinlich ist, daß er die hhl. Bischöfe Clemens, Cletus u. A. geweiht hat: »Wie mir vom Herrn Jesus Christus die Gewalt zu regieren, zu lösen und zu binden übertragen ist,« soll er zu Ersterem gesagt haben, »so übertrage ich dir dieselbe.« Den Zauberer Simon, welcher in seiner Kühnheit die Himmelfahrt des Herrn durch Hilfe des Teufels nachzuäffen sich erdreistete, soll er zuerst durch eine Todtenerweckung, die lebhaft an den Kampf des Propheten Eliass mit den Baalspfaffen erinnert, besiegt, bei dem Versuche der Himmelfahrt aber durch sein Gebet herabgestürzt haben, so daß er die Beine brach und todt blieb. Die Stelle, wo der hl. Petrus im Gebete lag, als er dieses Wunder vollzog, ist in der Kirche St. Francisca Romana durch zwei vergitterte Steine angezeigt. Die Veranlassung zu seiner Einkerkerung soll nebst diesem Ereignisse, das ihm die Anklage der Zauberei zuzog, die Bekehrung einer der Concubinen des Kaisers Nero gewesen sein. Zuerst soll der hl. Apostel im Stadtviertel jenseits der Tiber, in der Nähe des Hauses, an dessen Stelle setzt die St. Cäcilien- Kirche steht, gewohnt haben. Dann zog er in den Vicus Patricius, auch Cornelius genannt, in das Haus des schon genannten Senators Pudens, dessen Grüße der hl. Paulus am Schlusse des zweiten Briefes an Timotheus seinem Mitstreiter sendet. Noch zeigt in der Kirche der hl. Pudentiana die christliche Ueberlieferung den Altar des hl. Petrus, nämlich einen Theil des hölzernen Tisches, welcher im Lateran den Hochaltar bildet. Man nennt sie deßhalb »die bescheidene Kathedrale Roms in den ersten drei Jahrhunderten.« Hier befand sich früher auch der jetzt in der St. Peterskirche auf dem Vatican befindliche Lehrstuhl des Apostels. Von der Anwesenheit des hl. Petrus bei dem Tode der Mutter Gottes, haben wir schon bei S. Maria gehandelt. Auch die Sage, daß der heil. Petrus jedesmal bitterlich weinte, so oft er einen Hahn krähen hörte, gehört hieher; die beständig fließenden Thränen hatten förmliche Furchen in seine Wangen gegraben. Außerdem wurden schon in früher Zeit unächte Schriften unter dem Namen des hl. Petrus verbreitet, ein angebliches Evangelium Petri, die Predigt des Petrus, des Petrus Thaten und eine ihm unterschobene Offenbarung. Sein Todesjahr wird nach der römischen Tradition, mit welcher die bedeutendsten Geschichtsforscher übereinstimmen, in's Jahr 67 gesetzt. Früher schwankte man unsicher zwischen der Zeit vom Jahr 62 bis 69. Neuestens hat aber Bartolini das Jahr 67 geschichtlich festgestellt. Später kann er nicht gelitten haben, weil Nero den 29. Juni des folgenden Jahres nicht mehr erlebte. Der Todestag der Apostelfürsten wurde seit den ältesten Zeiten festlich begangen, so daß nur die höchsten Feste des Herrn ein höheres Alterthum aufweisen können. Es wird mit Vigilie und Octave gefeiert. In der Zeit vor dem 12. Jahrhundert pflegte der Papst an diesem Tage zwei Messen zu lesen, die eine in der Peters-, die andere in der Paulskirche. (W. W. K. v. L. VIII. 339.) Später wurde das letztere Officium auf den 30. Juni unter den Namen: »Gedächtnißfeier des hl. Paulus« gesetzt. So ist es jetzt noch. Auf Abbildungen wird der hl. Petrus in verschiedener Weise dargestellt. Ständiges Attribut sind zwei, manchmal auch drei 4So unwahrscheinlich dieß sein mag, so möchten wir es doch für viel wahrscheinlicher erklären, als die durchaus leere und grundlose, dem christlichen Alterthum gänzlich unbekannte, lediglich zu schismatischen und häretischen Zwecken ausgedachte, auf wissentlich falscher Schriftauslegung beruhende Annahme, daß er auch in Babylon gewirkt habe. S. Döllinger, Christenthum und Kirche, S. 99 f. Schlüssel (daher auch sein Name: Schlüsselträger, Himmelspförtner), der Hahn und das umgekehrte Kreuz, nie aber der Hirtenstab. Die dreimalige Verleugnung wird durch drei erhobene Finger, die Reue über dieselbe durch die ringenden Hände angezeigt. Traditionell ist die Glatze (von Einigen für die Tonsur angesehen), die nur über der Stirne durch einen Büschel Haare unterbrochen ist, über dem ältlichen Gesichte, krause und dichte Barthaare, ein kräftiger und gesunder Körper. Seltener ist er mit den Insignien seiner Nachfolger, der Päpste, abgebildet. So findet sich seine Statue namentlich in Rom im Vatican an hohen Festtagen bekleidet. Manchmal erscheint er als Fischer oder als Hirte, den Stab in der Hand, an welchem zwei Schlüssel hangen, von Schafen umgeben. Auf größern Bildern finden sich einzelne Begebenheiten aus seinem Leben dargestellt. Man erzählt, daß es schon bei seinen Lebzeiten Bildnisse des hl. Petrus gab. Die Zeittafel seines Lebens dürfte ungefähr folgende sein: Im Jahre 35 die Stiftung der Kirche zu Antiochia. Gründungsjahr der römischen Kirche: 42. Apostelconcil in Jerusalem im Jahr 49. Ausbruch der Neronischen Christenverfolgung im Jahr 65. Sterbejahr 67. Als empfehlenswerthe populäre Schriften über das Leben und Leiden des heil. Petrus außer den hinreichend bekannten größeren Legendenwerken nennen wir schließlich: Brandes, der hl. Petrus in Rom und Rom ohne Petrus, Einsiedeln 1867, und die neueste Erzählung von Bolanden: »Die Staatsgefährlichen«, welche seinen Martertod, seine Lehre und sein Bekenntniß recht anschaulich vor Augen führt. Die Verehrung und Anrufung des hl. Petrus, des Fürsten der Apostel, des Felsen, auf den Christus seine Kirche gebaut, des ersten Schlüsselträgers des Himmelreiches, des Begründers und ersten Bischofs der römisch-katholischen Kirche, des ersten von Christus selbst verordneten Hirten über seine ganze Heerde, Schafe und Lämmer, des Vorbildes Aller in Glaubenstreue und Festigkeit, Buße und christlicher Entsagung, ist in der ganzen Kirche, deren erstes Oberhaupt er war, so allgemein, so bekannt, durch die Uebung aller Länder und aller Zeiten so sehr gut geheißen, daß es unnöthig ist, hierüber ins Einzelne sich zu verbreiten. Sehr schön sagt Kampschulte (westfäl. K.-P. S. 18): »Er ist so zu sagen der geborene, natürliche Patron aller Rechtgläubigen. Wie Ein Christus ist für Alle, so auch Ein Stellvertreter Christi bei Allen. Wie eine Mutter aller Christgläubigen, Maria, so auch Ein Hirt und Vater, Petrus«. Sein Grab ist daher auch, nach dem Grabe Christi, die besuchteste Wallfahrtsstätte, und die Kirchen und Altäre, die seinen Namen tragen, sind zahllos wie die Sterne des Himmels. Zu ihm rufen vertrauensvoll an seinen Festtagen und sonst tausend und tausend Stimmen:

      »O Petrus, seliger Hirte, nimm gütig auf mit Huld
      Der Bittenden Rufen und löse die Banden unsrer Schuld,
      Du, welchem Macht gegeben der Herr, der dich erkor,
      Zu öffnen und zu schließen der Erd' des Himmelsthor«. 5Nach Schlosser, die Kirche in ihren Liedern, S. 104.

1 Döllinger (Christenthum und Kirche, S. 99 Anm.) ist geneigt, nach dem Vorgange Hug's (Einl. II. 213) die erste Reise des hl. Petrus nach Rom in den Zeitraum von der Taufe des Cornelius bis zu seiner Gefangennehmung durch Herodes Agrippa zu setzen.

2 Im K.-L. von Aschbach (I. 287) findet sich hiezu folgende Bemerkung: In den ältesten Zeiten hatte sich der abergläubische Mißbrauch der Heiden, an diesem Tage Speisen auf die Gräber zu tragen und zu opfern, auch unter die Christen eingeschlichen. Man nannte diese Sitte das Fest des hl. Petrus zum Gastmahle (festum epularum, cara cognatio, caristia), woraus sich die altdeutsche Benennung »St. Peterszech'« erklären läßt. Genannte Unsitte bestand (Fleury, VIII. 35.) noch im 6. Jahrhundert.

3 A. Dürer gab ihm einen großen Schlüssel, an welchem zwei kleinere hängen.

4 So unwahrscheinlich dieß sein mag, so möchten wir es doch für viel wahrscheinlicher erklären, als die durchaus leere und grundlose, dem christlichen Alterthum gänzlich unbekannte, lediglich zu schismatischen und häretischen Zwecken ausgedachte, auf wissentlich falscher Schriftauslegung beruhende Annahme, daß er auch in Babylon gewirkt habe. S. Döllinger, Christenthum und Kirche, S. 99 f.

5 Nach Schlosser, die Kirche in ihren Liedern, S. 104.




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zuletzt aktualisiert am 20.10.2018
korrekt zitieren:
Artikel Stadlers Heiligen-Lexikon: Petrus, aus dem Ökumenischen Heiligenlexikon - https://www.heiligenlexikon.de/Stadler/Petrus.html, abgerufen am 23. 12. 2024
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