Hinweise zu Stadlers »Heiligen-Lexikon« Abkürzungen
Saturninus (Sernin) von Toulouse
S. Saturninus Ep M. (29. Nov. al. 24., 26. Mai, 25. Juni, 6. Sept.) Der hl. Saturninus, erster Bischof von Toulouse und Martyrer, heißt französisch Sernin (Cernin). Seine Verehrung ist uralt und weit verbreitet. Er findet sich in den Festkalendern der Bisthümer von Agen, Auch, Autun, Angers, Blois, Chartres, Carcassonne, La Rochelle, Mende, Montauban, Montpellier, Nimes u. v. A., jedoch in vielen derselben als Bekenner, nicht als Martyrer. Daß er zu Toulouse lebte und wirkte, ist unbestritten; doch wird er von Einigen schon ins erste, von Andern aber, wie uns scheint mit besserm Grunde, ins 3. Jahrh. gesetzt; die Gallia chr. setzt das j. 184. Hienach verhält es sich mit der Geschichte des Heiligen in folgender Weise: Toulouse (Tolosa) an der Garonne war die Hauptstadt der Gallia Narbonnensis und römische Colonialstadt. Als solche zog sie die Aufmerksamkeit der christlichen Missionäre frühzeitig auf sich. Später erlag freilich auch sie den Stürmen der Völkerwanderung, blühte aber unter dem König Chlodwig, als Hauptstadt von Aquitanien bald von Neuem auf. Ums J. 245 kam der hl. Bischof Saturninus, von dem heil. Papste Fabianus1 gesendet, hier an. Fünf Jahre später legte er, als erster Bischof dcr Stadt, den Grund zu dauernder Niederlassung. So entstand »Rom an der Garonne.« Allerdings starb er noch unter Decius nach dem J. 250 als Martyrer. Seine Stiftung überleble ihn. Nicht bloß Sidonius Apollinaris und Venantius haben ihn durch Gedichte verherrlichet, sondern auch die Acten seines Martyriums sind noch erhalten. Sein Wirken war von Anfang an großartig. Die Orakel verstummten, der Trug der Götzenpriester wurde aufgedeckt, die Zahl der Götzendiener und ihr Eifer verminderte sich von Tag zu Tag. Hierin bestärkt uns der Bericht Gregors von Tours (hist. Fr. I. 30.), welcher seine Ankunft in Gallien und sein Martyrium erwähnt, zugleich aber über die Acten, die ihm vorlagen, Zeugniß ablegt und seiner Wunder gedenkt (de gl. M. M. I. 48). Außerdem erzählt Ruinart (admon. in pass. nr. 4.), daß er in den alten gothischen Missalien als »herrlichtönender Zeuge des göttlichen Namens« (conclamantissimus testis nominis divini) gepriesen wird. Das Gleiche geschah in der Mozarabischen Liturgie, wo in der Messe seine Leidensgeschikte ebenso wie in den Acten erzählt wird. Letztere sagen im Eingange, er sei mit einer doppelten Krone geschmückt, nämlich mit der Würde des Priesterthums und mit der Ehre des Martyriums. Unfern des Capitoliums stand seine Wohnung, etwas weiter ein kleines Kirchlein, in welchem er die hl. Geheimnisse feierte. Um hieher zu gelangen, mußte der Heilige am Capitol vorübergehen. Die Götzenpriester ließen diese Gelegenheit nicht unbenützt. Sie fingen an, keine Orakel mehr zu verkündigen, indem sie vorgaben, daß die Gegenwart und das öftere Vorübergehen eines ihrer ärgsten Feinde die Götter zum Stillschweigen bewogen habe. Es entstand eine allgemeine Unruhe und Angst unter den Heiden; Alles sprach von der neuen, im Finstern schleichenden Secte, die auf den Untergang der Götter und ihres Dienstes abziele. Der Bischof Saturninus sei an ihrer Spitze; er müsse sterben, wenn die Götter wieder zu Ehren kommen, die Orakel ihren Mund wieder öffnen sollen. Eines Tags wurde er erkannt und ergriffen. Um zu sehen, ob er wirklich ein Feind der Götter sei, befahl man ihm zu opfern. Er weigerte sich und sprach: »Ich kenne den Einen und wahren Gott. Ihm werde ich das Opfer des Lobes bringen. Eure Götter, das weist ich, sind Teufel, die ihr vergeblich ehret, nicht bloß durch das Blut der Opferthiere, sondern durch den Tod eurer Seelen! Wie kommt ihr dazu, von mir zu verlangen, daß ich sie fürchte, da ihr doch selbst saget, wie ich höre, daß sie mich fürchten?« Darüber gerieth das Volk in Wuth. Der bereitgehaltene Opferstier wurde wieder frei gemacht und der Heilige mit den Füßen an das Ende seines Schweifes festgebunden. Hierauf wurde der Stier über die Steintreppe des Capitoliums hinuntergejagt und mit Stacheln zur Eile angetrieben. Schon auf den ersten Steintreppen wurde der Heilige so zerschmettert, daß das Gehirn herausfloß; das Genick brach ab, der Leib wurde mit Wunden bedeckt, seine Seele flog zu Christus empor. Gleichwohl wurde er fortgeschleift, bis die Stricke zerrissen. Der Rumpf blieb auf einer Ebene vor der Stadt liegen. Zwei christliche Frauen (sie werden vom Volke heute noch »die heil. Mädchen« geheißen und am 17. Oct. verehrt) bestatteten heimlich seine Leiche und verbargen sie, damit die Heiden nicht etwa auch sie noch entehren könnten. Auch unter dem hl. Hilarius, welcher nach langer Zeit (so die Acten; nach der gewöhnlichen Annahme zur Zeit Constantins d. Gr.) zu Toulouse das bischöfliche Amt verwaltete, konnte der Ort seiner Reliquien nur durch ein kleines Oratorium ausgezeichnet werden, dessen Außenseite das innere Heiligthum verbarg. Die Acten geben zu erkennen, daß hier alle Christen beerdiget wurden. Bischof Sylvius begann eine größere Kirche zu bauen, starb aber noch vor deren Vollendung. Der hl. Exsuperius, dessen Nachfolger, vollendete sie. Unter ihm geschah die erste feierliche Uebertragung. Neben dieser geschichtlich sichern Erzählung des glorreichen Wirkens und Leidens des heil. Saturninus läuft noch eine andere, apokryphische, von welcher wir Notiz nehmen müssen, weil sie theilweise sich auf eine fortlaufende Tradition und historische Erinnerungen stützt, die einige Glaubwürdigkeit beanspruchen. Nach dieser Erzählung war er ein Sohn des Königs Aegeas von Achaja und seiner Gemahlin Cassandra. Seine Geburtsstätte war Patras. (Eine andere Version läßt ihn als Sohn angesehener Eltern in Judäa geboren sein, was jedenfalls mit dem Folgenden besser zusammenstimmt.) Durch den Ruf des hl. Täufers Johannes angezogen, vertheilte er sein Vermögen an die Armen, empfing von ihm die Bußtaufe, und wurde zuerst Johannesjünger, dann aber einer der 72 Jünger Jesu. Nach der Auffahrt des Heilandes in den Himmel, blieb er in der Gesellschaft der heil. Apostel und empfing mit ihnen am Pfingstfeste den heil. Geist. Bei der Vertheilung der Apostel wurde er dem hl. Petrus zugewiesen, welcher ihm anfänglich die palästinensische Pentapolis als Arbeitsfeld zuwies, von wo aus er nach Persien und Medien vordrang. Hierauf nahm ihn der hl. Petrus mit sich nach Rom, weihte ihn zum Bischof und schickte ihn als Missionär nach Gallien. (Andere sagen, diese Weihe und Sendung sei durch den heil. Clemens I. geschehen.) Als Begleiter und Gehilfe gab er ihm den hl. Papulus mit. (S. d.) So kam der Heilige als Bote des Glaubens über Arles und Nimes, wo der heil. Honestus als zweiter Gehilfe sich ihm zugesellte, nach Carcassonne. In dieser Stadt wurde er zum ersten Mal gewürdigt, für den Namen Jesu Verfolgung zu leiden. Man warf ihn längere Zeit in einen finstern Kerker und vertrieb ihn dann aus der Stadt. Jetzt begann er in Toulouse als Apostel zu wirken, und machte durch seine Predigten und Wunder nahezu die Hälfte der Einwohner zu Christen. (Daß er daselbst eine Kirche gründete, wo er selbst die hl. Geheimnisse feierte, ist auch durch die Acten festgestellt). Nun ließ er den hl. Papulus als ersten Pfarrer für Toulouse und die Umgebung zurück und begab sich nach Auch (damals Villa Clara genannt) und Eauze (Eluza), überschritt hierauf die Pyrenäen, und kam nach Pampeluna, wo unterdessen der heil. Honestus viele Bekehrungen gemacht hatte, und gründete eine große Gemeinde. (Die Zahl der Bekehrten wird auf 40,000 angegeben; man zeigt in der Nähe der alten Kirche seines Namens, die jedenfalls auf sein Wirken hier einen sichern Schluß zuläßt, den Brunnen, bei welchem er taufte. Der Ort liegt nur etwa 6-7 Meilen von der heutigen frz. Grenze.) Nach zwei Jahren kehrte er wieder nach Gallien zurück und predigte an verschiedenen Orten, als er die Nachricht erhielt, daß zu Toulouse eine Verfolgung ausgebrochen und der heilige Papulus in der Landschaft LauraEine Laura (von griech.„Λαύρα, enge Gasse”) ist eine Art Einsiedlergemeinschaft, bei der die Mönche während der Wochentage jeweils für sich alleine in Höhlen lebten und nur am Wochenende zur Feier der „Göttlichen Liturgie”, zum Gebet, zum gemeinsamen Mahl und zum brüderlichen Beisammensein zusammenkommen.ige als Martyrer gestorben sei. Er kehrte deßhalb sogleich zu seiner Heerde zurück, um sie zu leiten und allen kommenden Geschlechtern ein glänzendes Beispiel christlichen Heldenmuthes zu hinterlassen. Von hier ab stimmt diese Legende mit den Acten im Wesentlichen überein. Bezüglich des Vorausgegangenen besteht nur bezüglich der Zeitangabe ein wirklicher Widerspruch. Die Acten als solche erweisen sich aber dadurch als ächt, daß sie nur die nächste Veranlassung seines Martyriums und dieses selbst beschreiben. Wären sie unterschoben oder ein späteres Machwerk, so würden sie sein Vorleben nicht unerwähnt gelassen haben. Die erste Zerstörung der Basilica des Heiligen geschah im J. 721 durch die Saracenen. Unter Ludwig dem Frommen entstand ein neuer, schöner Bau über seinem Grabe, der im 11. Jahrh. durch die Vorläufer der Albigenser in Asche gelegt wurde. Die jetzt noch stehende Basilica, zu welcher später ein Kanonikat gestiftet wurde, ist von Papst Urban II. am 26. Mai d. J. 1096 eingeweiht. Sie ist mit ihrem hohen, achteckigen Thurme noch jetzt die großartigste Kirche der Stadt und besitzt noch gegen wärtig die Reliquien des Heiligen. Am 6. Sept. des J. 1258 fand die erste feierliche Erhebung der hl. Gebeine statt; das bei dieser Gelegenheit erbaute Grabmal wurde im J. 1736 beseitiget und an dessen Stelle ein anderes erbaut. Auch die Stadt Pamplona verehrt in dem hl. Saturninus bis auf den heutigen Tag ihren ersten Glaubensprediger. Auf Bildern sieht man den hl. Bischof an den Schweif eines wilden Stiers gebunden und von ihm geschleift; den Vorzug verdienen aber jene Bilder, auf welchen das Thier neben oder hinter ihm sich befindet. Falsch sind die Darstellungen, welche ihn vom Capitole einfach herabstürzen lassen.