Ökumenisches Heiligenlexikon

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Sebastian


S. Sebastianus M. (27. Aug., 20. Jan., al. 18. Dec.) Die ursprünglichen Acten dieses in der ganzen Welt hoch verehrten römischen Martyrers sind verloren gegangen. Die noch vorhandene Ueberarbeitung derselben stammt aus dem 4. Jahrh.; sie wird von Einigen dem hl. Ambrosius zugeschrieben, von Andern aber abgesprochen. Als seine Geburtsstadt wird ziemlich übereinstimmend Narbo Marcius am Atax (Narbonne), die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, genannt. Seine Familie stammte aber aus Mailand, wo er auch erzogen wurde. Dem Christenthume war er von Jugend auf zugethan. Seine Uebersiedelung nach Rom soll im J. 283 erfolgt sein. Hier wurde er im folgenden Jahre zu einer Befehlshaberstelle der Prätorianischen Leibwache erhoben. Daßß er ein Christ sei, war unbekannt. Er benützte diese Stellung, um die traurige Lage seiner gefangenen Glaubensbrüder möglichst zu erleichtern. Da er freien Zutritt in alle Gefängnisse hatte, und die Kaiser größtentheils von Rom abwesend waren, konnte er diesen Liebeswerken lange Zeit ungehindert obliegen. Im genannten Jahre war nämlich Kaiser Carinus von dem zum Kaiser ausgerufenen Diocletianus, der sich in dem grausamen Maximianus einen Mitregenten wählte, bei Murcium in Illyrien geschlagen und ermordet worden. Der Bruderssohn des neuen Kaisers, Papst Cajus19, fand in der Verfolgung bei dem hl. Sebastianus im kaiserl. Palaste eine Zufluchtsstätte. Dieser gab ihm daher den Ehrentitel eines Vertheidigers der römischen Kirche. Um nicht zu wiederholen, verweisen wir über die großartige, wenn gleich geräuschlose Thätigkeit des heil. Sebastianus unter Heiden und Christen auf die Artikel: Marcus30 und Marcellianus5, Nicostratus3, Claudius19, Polycarpus5, Zoe, wo überall seiner gedacht ist. Alle diese Martyrer verdanken seiner Frömmigkeit und seinem Liebeseifer ihre Siegeskronen. Wie zum Lohne dafür hörte er eines Tages den Heiland sagen: »Du wirst allezeit bei mir sein.« Endlich wurde auch er entdeckt und festgenommen. Der erzürnte Kaiser bemühte sich umsonst, ihn zum Abfalle zu bringen, und übergab ihn endlich den mauritanischen (numidischen) Bogenschützen, die so lange seinen unschuldigen Leib mit Pfeilen durchschossen, bis er wie todt auf dem Platze blieb. Die hl. Wittwe Irene2, welche ihn begraben wollte, fand ihn noch bei Leben. Sie nahm ihn zu sich, und pflegte ihn mit solchem Erfolge, daß er wieder gesund wurde. Jetzt stellte er sich freiwillig dem Kaiser, als er zum Tempel ging und machte ihm Vorhalt wegen seiner Ungerechtigkeit und Grausamkeit gegen die Christen, die nicht seine Feinde, sondern seine besten Freunde wären, da sie täglich für seine und des Reiches Wohlfahrt beteten. Er setzte hinzu: »Deßwegen hat mich mein Herr Jesus Christus wieder aufleben lassen, um dir vor allem Volke auszusprechen und zu bezeugen, daß du ungerechter Weise die Diener Christi verfolgen lassest.« Sogleich befahl der Kaiser, ihn im Circus mit Stockschlägen zu tödten. Sein Leichnam wurde in die anstoßende große Kloake geworfen. Eine fromme Frau, Namens Lucina4, welche durch eine Erscheinung des Heiligen hievon Kenntniß erhielt, ließ ihn herausnehmen und bestattete ihn ehrenvoll in den nach ihm genannten Katakomben. Dreißig Tage lang betete und wachte sie bei seinem Grabe. Sein glorreiches Ende fällt nach Einigen ins J. 286 oder 288, nach Andern aber ins J. 304. In letzterm Jahre ging nämlich der Kaiser Diocletianus, welcher gewöhnlich zu Nicomedia residirte, zur Feier seiner 20jährigen Regierung auf längere Zeit nach Rom. Im Jahre vorher war er daselbst triumphirend eingezogen, aber bald wieder weggegangen. Die Säule, an welcher der Heilige auf der kaiserl. Rennbann sein Leben aushauchte, blieb den Christen in werthem Andenken, und wurde später als Heiligthum aufbewahrt. Sie befindet sich bei St. Peter ad vincula. Die Basilica des Heiligen, eine der sieben Hauptkirchen Roms, wurde von Papst Damasus im J. 367 über seinem Grabe erbaut. Der dermalige Bau ist im J. 1611 von dem Cardinal Scipio Borghese aufgeführt worden. Hier ruhet er seit dem J. 1612 unter dem ihm geweihten Altare genau über seinem frühern Grabe in den Katakomben. Sein Bild aus weißem Marmor ist eine der schönsten Zierden dieses Gotteshauses. Auf dem Sarge liest man die Inschrift: »Dem hl. Sebastianus, dem Soldaten und Martyrer Christi. Vertheidiger der Kirche und Vertreiber der Pest.« Eine andere kleine Kirche seines Namens, zugenannt alla Polveriera, steht auf dem Palatinus an dem Orte, wo er seine Seele aushauchte. In der Kirche zu St. Andreas della Valle, die über dem Fundorte des heil. Leibes erbaut ist, befinden sich außer andern Reliquien in der ihm geweihten Capelle drei in einem silbernen Kästchen aufbewahrte Ringe der Kette, womit der Heilige gefesselt gewesen. Schon im 7. Jahrh. oder etwas früher kamen einige Reste des Heiligen nach Florenz in Toscana. Namentlich sind aber Capua und Mailand berühmte Verehrungsstätten derselben. In letzterer Stadt wurde sein Fest schon zu Zeiten des heil. Ambrosius gefeiert. Unter Ludwig dem Frommen i. J. 826 fand eine Uebertragung von Reliquien des Heiligen mit Erlaubniß des Papstes Eugen II. durch den Abt Hilduin nach St. Medard in Soissons statt. Die Hugenotten vergriffen sich im J. 1564 auch an diesem Heiligthümern und warfen sie mit denen des heil. Papstes Gregorius d. Gr. und des hl. Medardus in die Gräben der Abtei. Man fand sie zum Theile wieder und setzte sie zur Hälfte bei St. Medard, zur andern Hälfte in der Frauenkirche bei. Zur Revolutionszeit scheinen sie gänzlich zu Grunde gegangen zu sein. Die altberühmte Abtei besteht seit jener Zeit nicht mehr; in den Räumen, welche von ihr noch übrig sind, hat der vorige Bischof von Soissons ein Taubstummeninstitut eingerichtet. Die wenigen zu U. Fr. von Moret (Bisthums Meaux) und zu Jalons aufbewahrten Reliquien sind noch vorhanden. Seine Hirnschale wird zu Ebersberg in Bayern verehrt. Der Ort ist durch viele, auf seine Fürbitte geschehene Wunder verherrlichet. Eine Hand des Heiligen kam nach Brüssel. Auch in einigen Städten Spaniens zeigt man Reliquien dieses glorreichen Blutzeugen. Der Heilige wird zumeist in seiner ersten Marter, der Erschießung mit Pfeilen, dargestellt. Gewöhnlich schwebt ein Engel mit dem Siegeskranze über seinem Haupte. Daß er zur Zeit seines Todes kein junger Mann mehr war, dürfte aus seiner Geschichte hervorgehen. In der That stellt ihn ein altes Mosaikbild bei St. Peter ad vincula mit langem weißen Barte dar. Auf andern, zumeist altdeutschen Bildern, sieht man ihn in königlichem Schmuck, die Pfeile in den Händen tragend. Besonders glücklich ist der Gedanke, ihn die Pfeile Gott zum Opfer bringen zu lassen, wie er in der Gallerie Pitti zu Florenz dargestellt ist. Auf einigen Bildern sieht man zwei Frauen beschäftiget, ihm die Pfeile aus den Wunden zu ziehen, auf andern geschieht dieses durch Engel. Ein Cyclus sein Leiden darstellender Bilder befindet sich in der ihm geweihten Kirche zu Venedig. Der hl. Sebastianus ist Patron gegen die Pest und pestartige Krankheiten. Die berühmtesten Gebetserhörungen dieser Art sind jene von Rom im J. 680, von Mailand im J. 1575 und von Lissabon im J. 1599. Namentlich erzählt Paulus Diaconus, daß die Pest zu Rom aufgehört habe, als man in Folge einer göttlichen Offenbarung zu Ehren des Heiligen in der Kirche St. Peter ad vincula einen Altar erbaute. Das Gleiche besagt die neben diesem Altare befindliche Inschrift. Ueberhaupt sind die meisten Kirchen des Heiligen in größeren Städten oder in deren Nähe Votivkirchen. Bei den Lateinern wird sein Fest am 20. Jan., bei den Griechen am 18. Dec. gefeiert. Eine Translation ist von den Boll. zum 27. Aug. (VI. 2.) angemerkt. Zahlreiche Bruderschaften zu seiner Verehrung und Anrufung sind aus dieser Ursache entstanden. Namentlich betrachteten ihn die christlichen Staaten und Heerführer als den himmlischen Protector aller kriegerischen Uebungen und erwählten ihn als Patron der Schützenbündnisse. (II. 257-295.)




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zuletzt aktualisiert am 00.00.2014
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