Ökumenisches Heiligenlexikon

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Thomas Cantelupe (von Hereford)


Thomas, Ep. Conf. (2. Oct.) Dieser hl. Bischof von Hereford, mit dem Zunamen Cantelupe 1, stammte aus einem vornehmen Hause. Sein Vater Wilhelm Lord Cantelupe war einer der größten Kriegshelden, die England hervorgebracht hat, und normannischer Abstammung. Seine Mutter hieß Melicenta und war eine Tochter Hugo's Lords von Gournay. Er hatte noch drei jüngere Brüder und einige Schwestern. Sein Gebursort war Lancashire. Da der Vater sich größtentheils bei Hof aufzuhalten hatte, übergab er seinen ältesten Sohn, welcher frühzeitig gute Anlagen zu erkennen gab, der Leitung seines Verwandten Walter Cantelupe, Bischofes von Hereford, und später den Händen eines gelehrten Dominicaners, Namens Robert Kilwarby, spätern Erzbischofs von Canterbury und nachherigen Cardinalbischofs von Porto, welcher die Dominicanermönche (Black Friars, schwarze Mönche) in London einführte. Dieser erfahrene Lehrmeister fand in dem Herzen seines Zöglings nicht den geringsten Widerstand gegen seine Lehren; noch ein Knabe begann er täglich das Brevier zu beten und außerdem mit wundervollem Eifer die Messe zu hören und andern Andachten zu obliegen. Die Philosophie studirte er in Paris. Während seines Aufenthalts daselbst ereignete es sich, daß er einmal einen Weinpfahl aus eines andern Mannes Weinberg nahm, um sein Fenster offen halten zu können. Darüber machte er sich so große Vorwürfe, daß er sich selbst zu sieben Jahren strenger Buße verurtheilte. Obwohl er bereits entschlossen war, als Geistlicher Gott zu dienen, studirte er in Orleans die weltlichen Rechte, um das canonische Recht um so gründlicher zu erlernen. Zu Lyon, wo er während des dortigen ersten allgemeinen Concils im J. 1245 sich eine Zeit aufhielt, gewann er Freunde unter den hier gegenwärtigen Kirchenhirten, und wurde vom Papste Innocenz IV. zu seinem Caplan ernannt, obwohl er nach England zurückkehren wollte, um das Studium des Kirchenrechts fortzusetzen. Er wurde zu Oxford zum Doctor der Rechte promovirt und bald darauf zum Kanzler dieser berühmten Universität erwählt. Dieser Stellung stand er mit so großem Glanze vor, daß ihn König Heinrich schon nach kurzer Zeit zum Großkanzler des Königreiches erhob. Seine Klugheit, sein Muth, seine unermüdliche Thätigkeit, gewissenhafte und ängstliche Gerechtigkeit und seine Abneigung gegen jedes Ansehen der Person, seine feste Weigerung, unter irgend einer Form Geschenke anzunehmen, machten ihn zu einem vollendeten Beamten. Der Graf von Glocester, Roger Lord Clifford, Peter Corlet und der König selbst erfuhren seine Unbeugsamkeit. Er ließ die verstockten Juden aus dem Lande treiben, weil sie durch ihren Wucher, ihre Erpressungen und Falschmünzereien ein offenbarer Schaden des Staates geworden waren. Umsonst drang er unaufhörlich in den König um Enthebung. Zwar erhielt er sie bei der Thronbesteigung seines Sohnes Eduard I., jedoch unter der Bedingung, daß er als Mitglied des geheimen Rathes den Sitzungen beiwohne, was er bis zu seinem Tode that. Damals war der Heilige 54 Jahre alt. Er lebte von jetzt an zu Oxford und beschäftigte sich lediglich mit Bücherschreiben und Beten. Er nahm jetzt auch den Doctorgrad in der Theologie, bei welcher Gelegenheit Robert Kilwarby, sein alter Freund und Erzieher, damals Erzbischof von Canterbury, ungeachtet der Demuth des Promovirten keinen Anstand nahm, in öffentlicher Rede zu sagen, daß der Candidat ein Leben ohne allen Tadel geführt und seine Taufgnade unverletzt bewahrt habe. Im J. 1294 berief ihn Papst Gregor X. zu dem zweiten General-Concil von Lyon, welches zur Wiedervereinigung der Griechen mit der römischen Kirche etc. versammelt war und im folgenden Jahre erwählte ihn das Domkapitel von Hereford auf canonische Weise zum Bischofe. Seine Weigerung blieb ohne Erfolg; er wurde in der Christuskirche zu Canterbury consecrirt. Er strebte jetzt eifrig, alle die Tugenden zu erlangen, welche die würdige Führung dieses hohen Kirchenamtes verlangten und verdoppelte seine Bemühungen, sich wo möglich zu einem ganz vollkommenen Leben emporzuschwingen. Er fand deßhalb sein ganzes Vergnügen in einer erhabenen Verachtung der Welt, in heiliger Zurückgezogenheit, und in den Verrichtungen seines Amtes. Gott war ihm Alles in Allem; er hielt sein Herz in beständiger Vereinigung mit Ihm in Gebet und heiliger Beschaulichkeit. Er unterwarf sein Fleisch auch strengem Wachen, Fasten und trug bis zu seinem Tode ein rauhes härenes Unterkleid, ungeachtet er nicht selten von mancherlei Leibesbeschwerden, besonders Kolik heimgesucht war, welche er mit großer Geduld ertrug. Sein Eifer für die Kirche schien keine Grenzen zu haben, und so groß war seine Nächstenliebe, daß er erst dann zufrieden war, wenn er zuvor alle leiblichen und geistlichen Bedürfnisse des Nächsten befriediget hatte. Er pflegte die Armen seine Brüder zu nennen und behandelte sie auch als solche sowohl bei Tische als mit seiner Börse. Beleidigende Reden oder schimpfliche Behandlung waren nicht im Stande, ihn zum Zorn zu bringen; er behandelte auch seine Feinde mit Achtung und Zartgefühl und wollte niemals ein Wort sagen, was nur den Schein einer Beziehung auf Andere haben könnte. Niemand konnte je ängstlicher gegen üble Nachreden oder Verleumdung sich benehmen. Er vertheidigte die Besitzungen und Privilegien seiner Kirche mit unerschütterlicher Festigkeit wie sich in seinen Rechtsstreitigkeiten mit Llewellin, Prinz von Wales, Roger Lord Clifford, und seinem Primas John Peckham, Erzbischof von Canterbury, zeigte. Die letztere Angelegenheit führte ihn nochmal nach Rom, zum Papste Nicolaus IV. Der Ruf seines heiligen Lebens verschaffte ihm die günstigste Aufnahme. Nach Beendigung seiner Geschäfte wollte er nach England zurückkehren, aber er wurde in dem Städtchen Montefiascone in Toscana so bedenklich krank, daß er seine Reise unterbrechen mußte. Sofort ließ er sich mit den letzten Sacramenten versehen, die er mit unglaublicher Freudigkeit und Andacht entgegen nahm, und machte die Leiden und den Tod seines Erlösers zum beständigen Gegenstande seiner frommen und unablässigen Gebete, in welchen er im 63. Jahre seines Alters am 25. Aug. d. J. 1282, ruhig seinen Geist aufgab. Sechs Tage später wurde er im St. Severuskloster beigesetzt. Bald nachher wurden seine Gebeine vom Fleische abgelöst und mit seinem Haupte und Herzen nach Hereford gebracht, wo sie in der Kapelle Unser Frau im Dome beigesetzt wurden. Edmund Graf von Cornwall verschaffte sich sein Haupt und brachte dasselbe in einem kostbaren Schreine in das zur Verehrung des hl. Thomas gestiftete Kloster zu Ashridge in der Grafschaft Buckingham. Im J. 1287 fand in Gegenwart des Königs Eduard III. eine feierliche Uebertragung seiner Gebeine in ein Marmorgrab an der östlichen Mauer des nördlichen Kreuzschiffes in derselben Kathedrale statt. Zahlreiche Wunder, deren zum Behufe seiner Heiligsprechung 129 (sic!) vorgelegt wurden, bewirkten seine feierliche Canonisation durch den Papst Johannes XXII. im J. 1310. Das Capitelhaus zu Hereford und das Grabmal des Heiligen sind nur in wenigen Resten noch vorhanden.

1 Wir haben sein Leben nach Butler (engl. X. 47-51) bearbeitet.




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zuletzt aktualisiert am 20.10.2018
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