Ökumenisches Heiligenlexikon

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Thomas von Villanova


S. Thomas, Conf. Ep. (18. al. 8. Sept.) Der hl. Thomas von Villanova, Erzbischof von Valencia, gehört zu den liebenswürdigsten Heiligen d. N. Das Städtchen, von welchem er seinen Beinamen trägt, liegt nicht weit von seinem Geburtsorte Fuenlana. Er erblickte im J. 1488 das Licht der Welt. Sein Vater Alphons Garzias war mit Glücksgütern nur mittelmäßig gesegnet, gab aber gleichwohl mit seiner Gattin Lucia, geb. Martinez, viele Almosen, und pflanzte auch ins Herz seines Söhnchens frühzeitig die Tugend aufopfernder Nächstenliebe. Schon als Knabe kam dieser manchmal im Winter ohne Mantel und Schuhe nach Hause - er hatte sie armen Kindern gegeben. Noch öfter gab er ihnen sein Morgenbrod und hungerte freiwillig bis zum Mittagessen Einst war er allein zu Hause und halte kein Geld, als einige Bettler zusprachen; er holte also sechs Hühnchen und gab sie den Armen. Bei der Mutter entschuldigte er sich mit dem Mitleid, das er mit ihnen gehabt habe. Er besaß viele Talente, weßhalb ihn seine Eltern nach Vollendung seiner Schulzeit in Villanova nach Alcalá (Complutum) am Henares schickten, wo der große Cardinal Ximenez im J. 1489 eine Universität gestiftet hatte. Um diese Zeit starb sein Vater; er richtete sofort das Haus zu Villanova, welches er als Erbtheil bekommen hatte, als Spital ein, und schenkte es der Stadt zu einem Zufluchtsorte für arme Jungfrauen und Wittwen. Nachdem er hierauf zwei Jahre lang zu Salamanca über Moral-Philosophie Vorlesungen gehalten hatte, trat er im J. 1516 in derselben Stadt in den Orden der Augustiner-Eremiten, um sich den Gefahren des Weltlebens zu entziehen, und legte im nämlichen Jahre, als in Deutschland Luther diesen Orden verließ und von der katholischen Kirche abfiel, die Gelübde ab. Während dieser die Irrlehre von der Gerechtigkeit allein durch den Glauben und der Verdienstlosigkeit der guten Werke verbreitete, predigte er durch Wort und That das Verdienst und den Segen des Glaubens, der durch die Liebe thätig ist. Schon bald nach seiner Priesterweihe, die er im J. 1520 empfing, nannte man ihn wegen seiner feurigen Predigten und seines großen Seeleneifers für die Bekehrung und Besserung der Sünder den »Apostel Spaniens.« Auch im Orden genoß er großes Ansehen; er war Prior zu Salamanca, wo er eine Zeit lang die heil. Schrift erklärte, zu Burgos, wo er eine Frau mit den Mördern ihres Sohnes versöhnte, und zu Valladolid, und dreimal Provincial in Andalusien und Castilien. Als Vorgesetzter leitete er seine Untergebenen mehr durch sein Beispiel, als durch Befehle und Anordnungen, und drang besonders auf strenge Clausur, Stillschweigen und Armuth. Er besaß eine so ausgezeichnete Menschenkenntniß, daß man ihm allgemein die Gabe der Geisterunterscheidung zuschrieb. Kaiser Karl V. ernannte ihn zu seinem Hofprediger. Er besaß in der That (vgl. Stabell, Lebensbilder II. 395) ungemeine Predigergaben und eine seltene Gewalt über die Gemüther; er redete nicht in der Sprache menschlicher Weisheit und kunstvoller Beredsamkeit; er war, als hätte er, was er sagte so eben an den Füßen des Gekreuzigten gelernt; seine aus tiefster Empfindung kommenden Worte erzielten niemals das eitle Lob der Welt, sondern nur Erkenntniß der Wahrheit, Belehrung und Besserung. Bei einer Predigt über die Fußwaschung überwältigte ihn, als er die Worte: »Herr, du mir!« auslegte die innere Bewegung so sehr, daß er plötzlich verstummte, und die Augen zum Himmel gerichtet und in Thränen zerfließend, unbeweglich wie eine Marmorsäule dastand. Wo er den Predigtstuhl bestieg, ließ man alles Werkzeug liegen, unterbrach alle Geschäfte, eilte aus jeder Gesellschaft. Bei dem Kaiser stand er deßhalb in ganz besonderer Gunst; er hörte auch in Regierungsangelegenheiten gerne seinen Rath und beauftragte ihn, seine Gutachten schriftlich vorzulegen. Das Erzbisthum Granada, das ihm der Kaiser übertragen wollte, lehnte er ab, aber im J. 1544 wurde er genöthiget, den Hirtenstuhl von Valencia zu besteigen. Carl V. hatte einen Hieronymiten ernennen wollen, der Secretär aber hatte in der Zerstreuung den Namen des Thomas von Villanova in das Decret gesetzt, dessen Streichung der Kaiser, hierin einen Wink der Vorsehung erkennend, nicht mehr zugab. Nochmal wollte der demüthige Ordensmann ablehnen, aber der Regent, Prinz Philipp, bestand auf der Ernennung und überdieß machten seine Obern die Annahme zu einer Pflicht des Gehorsams. So empfing er durch den Cardinal Johannes von Tavera, Erzbischof von Toledo die Bischofsweihe. Sein erster Ausgang nach der feierlichen Besitznahme des Bisthums (1. Jan. 1545) war in die Gefängnisse der Stadt, die er durch Beschaffung von Licht und Luft zu verbessern suchte. Mit den 4000 Ducaten, welche ihm das Domcapitel als erste Huldigung überreicht hatte, beschenkte er sogleich das Spital von Valencia, das kurz vorher niedergebrannt war. Das Ordenskleid behielt er bei, und beobachtete, so viel er konnte, auch die gewohnte Tagesordnung und alle im Kloster geübten Entsagungen. In Beobachtung der freiwilligen Armuth ging er bis an die äußerste Grenze. Er schaffte sich in eilf Jahren nur zwei neue Talare an, ließ Kleider und Schuhe so lange als möglich flicken, und besserte sie manchmal insgeheim selber aus; er prüfte jeden Monat genau alle Haus- und Küchenrechnungen und schickte Kleidungsstoffe und Speisen, die ihm zu theuer schienen, wieder auf den Markt zurück. Wenn seine Räthe ihm dann bemerklich machten, daß diese ungewöhnliche Vernachlässigung des Aeußern sein Ansehen schädige, gab er zur Antwort, daß er seinen Bisthumsangehörigen nur Wachsamkeit und Seeleneifer schuldig sei. Seine Schlafstelle war, Zeiten der Krankheit oder großer Ermüdung ausgenommen, ein Strohsack, das Kopfkissen ein Bündel Reisig oder ein Stein. Seine Einrichtung bestand lediglich in den nothwendigsten Hausgeräthen, und diese in möglichster Einfachheit. Er hatte keine Teppiche und Tapeten, kein Silbergeschirr, überhaupt nichts, was über den äußersten Bedarf hinausging. Ebenso war sein Tisch äußerst mager, während seine Gäste reichlich zu essen hatten. Täglich speiste und beschenkte er eine große Anzahl Arme und unterhielt sich mit ihnen im Hofe seines Palastes. Seinem Schaffner gab er die Vorschrift: »Gib Allen, gib freundlich, und gib mit gutem Herzen!« Nur um diesen recht viel Gutes thun zu können legte er sich so große Entbehrungen auf. Der einzige Unterschied, welchen er unter den Armen machte, war nicht Würdigkeit oder Unwürdigkeit, sondern die größere oder geringere Bedürftigkeit. Daher wendete er den Hausarmen, Waisen und Findelkindern, deren Verpflegern und Unterbringern, armen Handwerkern und Geschäftsleuten seine besondere Liebe zu. In gleicher Weise unterstützte er gerne arme Jungfrauen, um ihnen die Eheschließung zu erleichtern. Besonders große Summen gab er hin, um unglückliche Christensclaven aus der Gefangenschaft der Mauren loszukaufen. Er stiftete zu Valencia, Alcala und Oriola Collegien zum Unterhalte armer Studirender. Durch diese gottgefällige Verwendung aller seiner Einkünfte für die Armen gab er seinen Predigten über die Ausübung der Nächstenliebe den rechten Nachdruck. Was ihn zu diesen großen Opfern und Liebeswerken drängte, sagte er selbst in einer seiner Predigten: »Möchte ich eher vernichtet werden, o Gott, als aufhören, dich zu lieben!« Um die Kraft seiner Gebete zu verstärken, besprengte er sie gleichsam mit Thränen und Blut, indem er sich häufig dabei geißelte. Bei Anstellungen und Beförderungen seiner Geistlichen war seine Hauptsorge, einem Jeden diejenige Stelle zu übertragen, in welcher er mit Gottes Beistand den meisten Nutzen stiften könnte. Die Visitationen der Kirchen, Geistlichen und frommen Anstalten vollzog er mit ängstlicher Genauigkeit, und wollte auch von den scheinbar geringsten Dingen sich unterrichten. Er war besorgt für den Kirchengesang, die Reinlichkeit der Kirchen, heiligen Gefäße und Gewänder, für das Studium der heil. Schriften und theologischen Wissenschaften, für die Aufrechthaltung der Einigkeit und der amtsbrüderlichen Liebe, Zucht und Ordnung unter den Geistlichen. Oftmalige Besuche und Zusprüche, verbunden mit frommer Fürbitte und Verrichtung von Bußwerken waren die Besserungsmittel, welche er bei den letztern anwendete. »Wer Gott nicht fürchtet,« pflegte er zu sagen, »wird auch durch den Bann nicht gebessert.« Uebrigens suchte er alle diese Dinge durch die Abhaltung eines Provincialconcils kirchengesetzlich festzustellen und in Ordnung zu bringen. Sein Hauptgrundsatz war: als Bischof habe er aufgehört, sein eigener Herr zu sein und sei er der Diener Aller geworden. Daher befahl er, daß unterschiedslos Alle, die zu ihm verlangten, vorgelassen würden, auch wenn er vom Tische aufstehen oder sein Gebet unterbrechen mußte. Dabei achtete er sich gleichwohl für unwürdig, das Hirtenamt zu führen, und klagte öfter, daß er seit der Uebernahme desselben, von der Angst, aus der Zahl der Auserwählten gestrichen zu werden, gar nicht mehr frei werde. Nicht selten trat er Nachts in das anstoßende Zimmer seines Beichtvaters und rief mit Thränen. »Glaubet ihr wohl, mein Vater, daß ich mit meinem Bisthum selig werden kann?« Umsonst hielt er beim Kaiser und beim Papste um Enthebung an. Zuletzt waren es daher nur zwei Bitten, mit welchen er seine Gebete schloß: entweder daß er sein Amt niederlegen oder recht bald sterben dürfe. Und siehe, am Feste Maria Lichtmeß d. J. 1555 würdigte sich der Herr, ihn mit den Worten zu trösten: »Sei guten Muthes! Am Geburtstage meiner Mutter wirst du zu mir kommen.« Von diesem Augenblicke an verdoppelte er seine Andacht, seine Abtödtungen und seinen Seeleneifer. Mit seinem geringen Vermögen räumte er zu Gunsten der Armen so gründlich auf, daß er vor seinem Tode nichts mehr zu verschenken hatte, als sein Bett, das er dem Gefängnißmeister schenkte, mit der Bitte, es ihm leihweise bis an sein Ende zu überlassen. Als zu Ende des August des nämlichen Jahres sich ein gefährliches Halsübel mit Fieber einstellte, erkannte er, daß sein letztes Stündlein näher rückte, empfing mit innigster Andacht die heil. Sterbsacramente und verschied während der hl. Messe am 8. Sept. des oben genannten Jahres. Sein Grab erhielt er in seiner Ordenskirche zu Valencia. Das Volk trauerte mit lautem Weinen in allen Gassen der Stadt, als wäre sie vom Feinde genommen worden. Als an seiner Grabstätte Wunder geschahen, vollzog Papst Paul V. im J. 1605 seine Seligsprechung und Alexander VII. im J. 1658 die feierliche Canonisation. Auf Abbildungen trägt er außer den bischöflichen Insignien sinnig einen Geldbeutel.




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zuletzt aktualisiert am 02.12.2018
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