Ökumenisches Heiligenlexikon

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Verena


S. Verena, V. (1. Sept.). Die heil. Jungfrau Verena steht in der ganzen Schweiz, besonders aber zu Zurzach am Rhein und in der Stadt Solothurn an der Aar, in Verehrung. Bei letzterm Orte hat sie längere Zeit als Einsiedlerin gelebt, und zu Zurzach ist sie gestorben. Heute noch ist unweit von Solothurn die in Felsen gehauene, in eine Kapelle umgewandelte Höhle zu sehen, welche sie bewohnt hat. Ihre Heimat ist Aegypten. Der hl. Bischof Charämon (von Nilus?) hat sie getauft und erzogen. Als die Thebäische Legion nach Gallien gerufen wurde, um die Bagauden zu bekämpfen (vgl. S. Mauritius), folgte sie derselben bis nach Mailand, wo sie bei dem hl. Manne Maximus Wohnung nahm. Als daselbst die Nachricht von der Niedermetzelung der Thebäischen Legion eintraf, bei welcher sich auch der hl. Victor, ihr Bräutigam, befunden hatte, kam sie nach Agaunum, und küßte den Boden, auf welchem die christlichen Helden ihr Blut vergossen hatten. Doch durfte sie hier nicht bleiben, und verfolgte daher weiter die Spur der Reste der Thebäischen Legion. So kam sie nach Solothurn, wo sie anfänglich bei einem heiligmäßigen Thebäer, welcher dem Blutbade entronnen war, wohnte. Zu gewissen Zeiten verschloß sie sich zur Abtödtung in die oben erwähnte enge Höhle, in deren Nähe eine schon bejahrte Christin wohnte. Sie beschäftigte sich hier mit Beten, Fasten und frommer Lesung (besonders in St. Cyprians Buch von der Jungfrauschaft). Noch jetzt liegt in dem Walde unfern davon der sog. Teufelsstein, ein erratischer Block, den der Teufel einmal aus Zorn der Heiligen nachwerfen wollte. Die Bevölkerung der Stadt und ihrer Umgebung, namentlich die hier angesiedelten Alemannen, waren großentheils noch heidnisch. Als auf das Gebet der Heiligen mancherlei Wunder geschahen, wurde sie immer mehr bekannt und beliebt. Manche Alemannen bekehrten sich, und wurden von einem italienischen Priester, der hier in der Verbannung lebte, getauft. Da ließ sie der römische Tyrann 1 gefangen nehmen. Im Gefängnisse sah sie einen Jüngling in hellem Lichtglanze vor sich stehen, welcher sie tröstete und aufmunterte. Es war der hl. Mauritius. Noch in derselben Nacht erkrankte der Statthalter an einem heftigen Fieber; er ließ die Gefangene zu sich rufen, und bat sie, den Gott, welchen sie anbete, für ihn um Hilfe anzurufen. Sie that es, und das Fieber verließ ihn. Darauf setzte er sie in Freiheit. Doch wollte sie nicht länger in Solothurn bleiben, sondern ging zu Schiff bis an den Ort, welcher von dem Zusammenflusse der Aar, Limmat und Reuß Confluentia, jetzt Coblenz, genannt wurde, wo sie an's Land stieg. Hier bewohnte sie längere Zeit eine Zelle, welche später von ihr den Namen Verenazelle erhalten hat, wo sie einige Jahre verweilte. Von da siedelte sie nach Zurzach über, wo mehrere christliche Familien wohnten, und sammelte eine Anzahl Jungfrauen, mit welchen sie ein gottgeweihtes Leben führte. Sie lebten in großer Armuth. Als sie einmal besonders großen Mangel an Lebensmitteln litten, wurden sie gewahr, daß vierzig Säcke des besten Mehles vor ihrer Thüre standen, ohne daß sie wußten, wer sie gebracht habe. Die Biographie erwähnt außerdem noch ihre und ihrer Mitschwestern große Liebe und Andacht zu der heil. Mutter Gottes. Sie starb in hohem Alter unter herzlichen Ermahnungen an ihre Jungfrauen noch in der zweiten Hälfte des 4. Jahrh. In Zurzach bewahrte die Weihegasse das Andenken an ihre Liebeswerke; die dortigen Kirchengenossen hießen die Familie der hl. Verena. Dieß sind die ältesten glaubwürdigen Nachrichten über ihren Lebensgang und ihr Ende. Es läßt sich an denselben mit Fug und Recht nichts bemängeln. Die Orte, in welche die hl. Verena auf ihrem Wege kam, sind sämmtlich, Zurzach (Tenedo) miteingeschlossen, altrömische Orte. Es ist ferner nachgewiesen (Friedr., K.-G. Deutschl. I. 135), daß ägyptische Frauen mit den Thebäern sogar nach Cöln kamen; was hindert also, daß unsere Heilige nach Solothurn und Zurzach gelangte. Weiterhin stimmt die Angabe, daß die Alemannen um jene Zeit im römischen Gebiete bereits seßhaft, aber noch heidnisch waren, mit den sonstigen geschichtlichen Angaben genau überein. Eine absichtliche Verquickung mit der christlichen Tradition der Stadt Solothurn kann, wie bei Lütolf gut bemerkt ist, schon deßhalb nicht angenommen werden, weil sonst nicht der hl. Victor, sondern der zu Solothurn verehrte heil. Ursus in die Legende verflochten worden wäre. Wie zu Solothurn an den zeitweiligen Aufenthalt, so hat man zu Zurzach an ihr Grab beständig geglaubt, und dasselbe seit den ältesten Zeiten in Ehren gehalten. Schon vor dem 10. Jahrh. stand über demselben eine Kirche, denn im 9. Jahrh. ist das St. Verena-Frauenkloster zu Zurzach urkundlich beglaubiget. Das Martyrol. von Wandelbert aus derselben Zeit enthält bereits ihren Namen. Der Benedictiner Notker von St. Gallen hat die über sie vorhandenen Nachrichten gleichfalls schon im 10. Jahrh. gesammelt, (der Verf. starb im J. 912), und ist im Obigen sein Bericht (nach Lütolf, Gl.-B. S. 183 ff.) auszüglich von uns wiedergegeben. Außerdem erwähnt ein Einsiedler-Codex des 10. Jahrh. der Kirchweihe St. Verena in Stäfen (Steveia), im Canton Zürich, was zugleich auf eine weitere Verbreitung des Cultus der Heiligen für jene Zeit hinweist. Wie lange das Frauenstift zu Zurzach schon bestand, als Carl der Dicke im J. 881 dasselbe seiner Gemahlin Richardis zum Nießgebrauch verlieh, ist noch unermittelt. Im J. 1279 wurde dasselbe in ein Chorherrenstift umgewandelt. Das Haus, in welchem die Heiligen an den Kranken und Siechen ihre Liebesdienste übte, ist den spätern lebenden Geschlechtern in theuerem Andenken geblieben. Erst die kirchenfeindlichen Barbaren der neuesten Zeit haben auch diese heilige Stätte der Verödung preisgegeben, und das nahezu 400 Jahre bestehende Stift aufgehoben. Viele, besonders ältere Kalendarien und Breviere nennen sie Martyrin, die spätern bezeichnen sie regelmäßig als Jungfrau. Unter ihren Wundern wollen wir nur hervorheben, daß, als einmal bei einer Ueberschwemmung ihre Reliquien zu dem immer höher steigenden Wasser getragen wurden, der Rhein plötzlich zurückging (Pertz, mon. scr. IV. 459). Unter Erzherzog Rudolph IV. von Oesterreich hat eine Uebertragung der. hl. Reliquien in die neue St. Stephanskirche in Wien stattgefunden. Da sie vielfach als Stifterin und erste Abtissin des Klosters zu Zurzach betrachtet wird, wird sie öfters als Nonne abgebildet. Jene Abbildungen aber, welche sie mit einer Dornenkrone auf dem Haupte darstellen, verwechseln sie mit Veronica. Die ihr mit Recht beigegebene Kanne ist keine Gießkanne (Hack, S. 361), sondern eine Wasser- oder Weinkanne, welche sie zu ihren Werken der Barmherzigkeit bedurfte. Auch findet sie sich abgebildet, wie ihr im Sterben die hl. Mutter Gottes erscheint. (I. 157-175.)

1 So der Text der ältesten Vita. Es scheint uns daher, daß die Legendenschreiber mit Unrecht einen »heidnischen Alemannenfürsten« substituiren.




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zuletzt aktualisiert am 20.10.2018
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