Ökumenisches Heiligenlexikon

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Willehad von Bremen


S. Willehadus (Vilhadus), (8. Nov. al. 10., 13. Juli, 22. Dec.) Dieser Heilige war der erste Bischof in Bremen, zu welchem er am 13. Juli d. J. 788 zu Worms, als Bischof Erembert dieser Kirche vorstand, geweiht wurde. Seine vom heil. Bischofe Ansgar beschriebene Lebensgeschichte findet sich bei Mabillon (Saec. III. 2. 404) abgedruckt. Wir haben die bessere Ausgabe von Pertz (mon. scr. II. 378-390) übersetzt von Laurent, benützen können. 1 Er stammte (cap. 1.) aus Northumberland, wurde von Kindheit an in Gottesfurcht erzogen und wahrscheinlich zu York in den heil. Wissenschaften unterwiesen, von wo seine spätere vertraute Bekanntschaft mit dem gelehrten Alcuin herzurühren scheint. Zum Priester geweiht erbat er sich (cap. 2.) vom Könige Alachred auf einer SynodeSynode (altgriech. für „Zusammenkunft”) bezeichnet eine Versammlung in kirchlichen Angelegenheiten. In der alten Kirche wurden „Konzil” und „Synode” synonym gebraucht. In der römisch-katholischen Kirche sind Synoden Bischofsversammlungen zu bestimmten Themen, aber mit geringerem Rang als Konzile. In evangelischen Kirchen werden nur die altkirchlichen Versammlungen als Konzile, die neuzeitlichen Versammlungen als Synode bezeichnet. von Bischöfen (765-774) die Erlaubniß, als Missionär nach Friesland gehen zu dürfen, und kam um das J. 772, jedenfalls noch vor dem J. 774 nach Dockum. An der Stelle wo der heil. Bonifacius den Tod für den katholischen Glauben erduldet hatte, erneuerte er den Vorsatz und das Versprechen, als Glaubensbote ebenda wirken zu wollen, wo jener gepredigt hatte, und gestorben war. Von da wanderte er (cap. 3) über den Fluß Loveke (Mab.) oder Lavinca (Sur.), jetzt Lauwers, nach Humarcha, dermalen Gau Humsterland im Bisthume Münster, und predigte den Heiden. Diese nahmen ihn gefangen, und warfen das Loos, ob er sterben oder des Landes verwiesen werden solle; da Gott es fügte, daß das Loos für ihn günstig war, entging er dem Martertode. In Thrienta (Drenthegau) im Utrechter Bisthum, wohin er sich jetzt begab (cap. 4), hatte seine Predigt so guten Erfolg, daß er viele Heiden taufen konnte. Da aber die Neubekehrten die Heidentempel der Nachbarschaft zerstörten, kam er neuerdings in Todesgefahr, welcher er nur mit Mühe entging. Sein Halsriemen, an welchem Reliquien hingen, war bereits durchschnitten worden. Da hörte Carl d. Gr. von ihm, ließ ihn (cap. 5) um das Jahr 781 zu sich kommen, und schickte ihn zu den Sachsen in den Gau Wigmodien (am östlichen Ufer der Weser und Wümme von Langewedel bis Stotel). In diesem Gau lag die Stadt Bremen. Schon im zweiten Jahre nach seiner Ankunft gelobten alle Sachsen den christlichen Glauben anzunehmen, so daß der eifrige Missionär zahlreiche Kirchen erbauen konnte, an welchen er Priester zur Führung der Seelsorge anstellte. Aber neuerdings erhoben (cap. 6) sich zu wildem Kriegssturm die heidnisch gebliebenen Sachsen unter Widukinds Führung. Es gelang dem Heiligen, sich in Utriustrien (jetzt Rustringerland im Großherzogthum Oldenburg an beiden Ufern der Jahde) einzuschiffen und über das Meer zu entfliehen. Die Sachsen tödteten dafür seine zurückgebliebenen Schüler: den Priester Folcard sammt dem Grafen Emmig im Lande Leri (Leergau, westlich der Weser), ferner den Grafen Benjamin in Ubriustri (Ober-Riustri), den Geistlichen Atreban in Thitmaresgaho (Ditmarschen) und endlich den Gerwal mit seinen Genossen in Bremen aus Haß gegen die Christen. Nun begab sich der hl. Willehad (cap. 7) zum Könige Pipin, welcher sich damals in der Lombardei aufhielt, und weiter nach Rom zum hl. Vater Hadrian I., wo er (vgl. Rettb. II. 451 ff.) mit dem hl. Liudgerus, der aus demselben Grunde außer Thätigkeit gesetzt war, zusammengetroffen sein wird. Auf seiner Rückreise, welche er unter den Tröstungen und dem Segen des Vaters der Christenheit »freudigen Herzens« antrat, verweilte er zwei Jahre lang im Kloster Afternacha (Echternach) beim heil. Willibrordus in ascetischen und literarischen Uebungen. Er schrieb die Briefe des heil. Paulus und einige andere Bücher ab, und begeisterte durch öftere Ansprachen seine Gehilfen, welche sich hier allmählich alle zusammengefunden hatten, zu neuen Unternehmungen für den Fortgang des Evangeliums. Endlich gestattete ihm, nachdem er schon in der Einsamkeit des Klosters durch seine Lehre und sein Beispiel manche Seele für den Himmel gewonnen hatte, die Bekehrung und Taufe des Sachsenführers Widukindus die Wiederaufnahme seiner Thätigkeit an der untern Weser. Er erschien also (cap 8) zum zweiten Male vor König Carl, der sich damals zu Ostern des J. 785, in der Veste Eresburg in Sachsen aufhielt. Dieser gab ihm zur Unterstützung bei seiner Arbeit und zum Unterhalte für seine Gehilfen die Celle Justina (Mont- Jutin) in Oberburgund zum Lehen. Er nahm seinen Wohnsitz in dem damaligen Dorfe Bremen an der Weser 2. Seine Wirksamkeit erstreckte sich über Wigmodina, Laren, Riustrien, Asterga (Ostringien im Oldenburgischen), Nordendien (Umgegend der Stadt Norden) und Wanga (Wangerland im Oldenburgischen). Früher hatte er sich, obwohl er mit bischöflicher Vollmacht ausgerüstet war, die bischöfliche Weihe nicht ertheilen lassen, weil die Sachsen kaum einen Priester, vielweniger einen Bischof dulden wollten. Da er durch sein Beispiel bestätigte, was sein Mund predigte (cap. 9), war seine Lehre doppelt eindringlich, aber auch jetzt noch durch Aufstände und Kriegsunruhen vielfach gehindert. Er starb (cap. 10) auf einer Missionsreise zu Pleccateshem oder Piecäzze (Blexem an der Weser, unterhalb Vegesack), am 8. Nov. d. J. 789, nachdem er kurz zuvor am Allerheiligentage die von ihm erbaute St. Peterskirche, den nachmaligen Dom, zu Bremen eingeweiht hatte. Sein Leib wurde unter seinem Nachfolger, dem hl. Willericus (s. d.) mit verdienter Ehre und Feierlichkeit nach Bremen übertragen und in der ihm geweihten Capelle beigesetzt. Diese Capelle neben dem Willehadbrunnen ist dermalen entweiht. Eine Inschrift auf dem Rathhause zu Bremen aus dem J. 1465 nennt den hl. Bischof einen Martyrer. Er wurde bis zum Abfalle des Hochstifts zum Protestantismus (die Stadt nahm im J. 1522 die lutherische, im J. 1568 aber die calvinische Lehre an) hoch verehrt, und in Stade, nahe am Ausflusse der Schwinge in die Elbe, trägt noch heute eine große, ehemals katholische Pfarrkirche seinen Namen. Der Bremer Dom mit dem Grabe des Heiligen wurde im J. 1530 den Katholiken mit Gewalt genommen. Seine feierliche Canonisation wirb bei Butler in die Zeit des hl. Ansgar (834-865), der zugleich Erzbischof vom Hamburg war, gesetzt. Als der Geschichtschreiber der Heiligen des Benedictinerordens sich in Bremen nach den Reliquien des hl. Willehad erkundigen ließ, erfuhr er nur, daß dieselben in Vergessenheit gerathen seien. Durch den heil. Vicelinus wurde ein Theil derselben nach Corbei gesendet. Der prächtige lateinische Psalter, welchen Carl d. Gr. dem Papste Hadrian I., und dieser dem hl. Willehad geschenkt hatte, wurde länger als 806 Jahre in der Domkirche zu Bremen aufbewahrt, und alljährlich an hohen Festtagen dem Volke gezeigt. Diese kostbare, mit großen goldenen Buchstaben auf Pergament geschriebene Handschrift befindet sich jetzt in der Wienerbibliothek. Kurz, seit der sog. Reformation ist die Angabe, womit die 37 Capitel des Buches seiner Wunder schließen; »der Tag seiner Bestattung und zugleich seiner Translation ist der 8. Nov. Er wird gefeiert zu Lob und Preis unsers Herrn Jesu Christi« zur Unwahrheit geworden. Ob es recht war, seine Grabstätte und sein Andenken in Vergessenheit kommen zu lassen, nachdem er Jahrhunderte lang die Ehre eines Schutzheiligen der Stadt und des Bisthums empfangen hatte, ist aus seinen Thaten leicht zu erschließen. Datirt nicht selbst das zeitliche Aufblühen, der Wohlstand der Stadt Bremen von dem Tage, an welchem der Heilige hier seinen Hirtenstuhl bestieg? Auch sein Privatleben zeigt ihn uns als heiligen und überaus ehrwürdigen Mann: »Von Jugend auf« erzählt Ansgar (cap. 9), »war er sehr mäßig und schon als Kind diente er voll Eifer Gott dem Allmächtigen. Wein und Meth sowie alle berauschenden Getränke mied er. Seine Nahrung bestand in Brod und Honig, Gemüse und Obst, denn sowohl des Fleisches als der Milch und der Fische enthielt er sich. Als in seiner letzten Lebenszeit ihn vielfache körperliche Schwächen befielen, ermahnte ihn der Papst, Fische zu genießen, worauf er aus Gehorsam in diesem Stücke etwas weniger streng gegen sich selbst zu sein anfing. Ferner verging fast kein Tag, ohne daß er mit vielen Thränen und ganz zerknirschtem Herzen die Feier der hl. Messe beging. Unablässig widmete er sich dem Lesen und Durchforschen der hl. Schrift. Voll Eifer in Psalmengesang, war er hiemit fast täglich einmal, mitunter oft zweimal, ja dreimal beschäftiget. Diese und ähnliche gute Werke waren seine Stütze und befähigten ihn, sich der Gemeinde als ein großes Beispiel der göttlichen Gnade darzustellen.« Auch die Weise, wie er sterbend von der Welt Abschied nahm, zeigt uns seine große Heiligkeit: »Ich wünsche«, sprach er, »nicht länger mehr zu leben und fürchte mich nicht vor dem Tode. Nur das Eine bitte ich Gott, den ich stets von ganzem Herzen geliebt, dem ich mit voller Hingebung gedient habe, daß er mir für die Mühen des zeitlichen Lebens nach seiner Güte und Milde den Lohn ertheilen möge, der ihm gefällig ist. Die Schafe aber, die er mir anvertraut hat, übergebe ich seiner Obhut. Seine Kraft hat mich ja allein in den Stand gesetzt, das Gute zu wirken, was ich etwa gewirkt habe.« Er ist auf Münzen von Bremen und Stade als Bischof mit dem Modell einer Kirche abgebildet; anderwärts wie er einen Neubekehrten zur heil. Taufe führt, oder wie ein Götzendiener ihn ermorden will, oder wie er Götzenbilder zerstören läßt. Die Boll. nennen ihn zum 10. Juli unter den Uebergangenen; auch am 22. Dec. soll er (nach Hack) früher verehrt worden sein. Das Mart. Rom. feiert ihn mit einem kurzen Elogium zum 8. Nov. Zum 13. Juli findet sich bei den Boll. (III. 475) die Feier seiner Ordination notirt. Der Wunsch des »Benedictinerjahres«: »Wäre doch sein Andenken heutzutage nicht aus den Gemüthern seiner Landsleute entschwunden!« ist also gerechtfertiget.

1 Auch Herr Religionslehrer Dr. Grube in München hat uns eine kurze Skizze seines Lebens übersendet.

2 »Ein eigentliches Bisthum Bremen«, bemerkt hieher Herr Religionslehrer Dr. Grube, »war damit noch nicht errichtet. Der hl. Willehad kann richtig nur der erste Bischof in Bremen genannt werden. Die angebliche Stiftungsurkunde dieses Bisthums vom 14. Juli 788 ist entschieden unächt.« Hiemit scheint aber die genaue Umschreibung des Bisthums im Widerspruche zu stehen.




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zuletzt aktualisiert am 20.10.2018
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