Angela Merici
auch: von Brescia
Gedenktag katholisch: 27. Januar
gebotener Gedenktag im Bistum Brescia
nicht gebotener Gedenktag in Polen: 29. Januar
Gedenktag III. Klasse Im alten Messbuch entspricht die III. Klasse einem gebotenen Gedenktag. Grundsätzlich werden offiziell alle Klassen als „Feste” bezeichnet, da der Rang ja nicht durch das Wort „Fest”, sondern durch die Klasse gekennzeichnet wird.
Die Feste III. Klasse sind außerhalb der geprägten Zeiten (Advent, Weihnachtsoktav, Fastenzeit, Osteroktav) immer zu feiern, wenn sie nicht von einem Fest I. oder II. Klasse verdrängt werden. Innerhalb der geprägten Zeiten können sie in der Regel nur kommemoriert, aber nicht gefeiert werden.:
1. Juni
Todestag: 27. Januar
Name bedeutet: die Engelin (griech. - latein.)
Angela, Tochter des Bauern Giovanni Merici und seiner Frau aus angesehener Familie, wurde christlich erzogen. Im Alter von 17 Jahren musste sie den Tod des Vaters und wenig später auch der Mutter verkraften. Gemeinsam mit einer weiteren Schwester, die ebenfalls bald starb, wurde sie von einem Onkel in Salò am Gardasee erzogen; dort lernte sie das luxuriöse Leben der vornehmen Gesellschaft der Renaissance kennen, das ihr nicht gefiel. Sie trat deshalb dem Dritten Orden der Franziskaner bei und widmete sich vorrangig der Kindererziehung. Sie erkannte, wie ungebildet die Kinder ihrer Heimat aufwuchsen: Schulen gab es nicht, die Eltern waren unwissend und maßen einer gediegenen Ausbildung kein besonderes Gewicht bei. In ihrem Heimatort konnte sie zunächst einige Freundinnen überreden, zusammen mit ihr eine Art regelmäßige Schule zu organisieren. Ob ihres Erfolges lud man sie 1516 nach Brescia ein, um dort ähnliches zu versuchen. Mehr und mehr erkannte Angela, wie wichtig für das Wohlergehen der Familien und für eine zivilisierte Gesellschaft eine umfassende Bildung und Erziehung gerade der Frauen ist.
In Brescia lebte Angela weiterhin in strenger Askese. Bald schon sammelte sich um Angela eine Gruppe junger Männer und Frauen, deren geistiger Mittelpunkt sie wurde. 1524 unternahm sie eine Wallfahrt nach Palästina; unterwegs erblindete sie aus unerfindlichen Gründen, dennoch besuchte sie die Heiligen Stätten; am Ende ihres Aufenthaltes im Heiligen Land wich die Blindheit genauso unvermittelt, wie sie gekommen war. Wohl 1525 reiste sie als Wallfahrerin nach Rom und wurde in Privataudienz von Papst Clemens VII. im Apostolischen Palast empfangen. Ihre körperlichen Kräfte nahmen im Gegensatz zu ihrer geistigen Frische immer mehr ab. Die Gruppe der um sie gescharten Frauen wuchs, Angela sah die Notwendigkeit einer auch rechtlich abgesicherten Grundlage für ihre Gemeinschaft und verfasste eine Regel; nachdem Klara von Assisi ihre Regel erst nach Auseinandersetzungen verfassen konnte, war dies die erste von einer Frau verfasste Regel für eine Frauengemeinschaft.
1535 rief Angela zusammen mit 28 Frauen an der damaligen, Afra von
Brescia geweihten Kirche Sant'Afra - an der Stelle der heutigen, Angela geweihten Kirche
Sant'Angela Merici - in Brescia die
Compagnia di Sant' Orsola
, die Gesellschaft der Heiligen Ursula
ins
Leben, benannt nach Ursula - eine Gemeinschaft von Frauen, die sich
zwar ganz dem Dienst am Nächsten weihten und sich zu einem Leben im Geiste der Evangelischen Räte verpflichteten, aber
nicht in klösterlicher Abgeschiedenheit wohnten. Ohne Gelübde und Klausur lebten sie in ihren Familien unter den Geboten
der Ehelosigkeit, der Armut und des Gehorsams und waren damit das erste Säkularinstitut der Kirchengeschichte. 1535
bestätigte Papst Paul III. den Orden; der Bischof von
Brescia, Kardinal Franz Cornaro, genehmigte
1536 die von Angela verfasste Ordensregel; Angela stand ihrem Orden ab 1537 als erste Oberin vor. Die neue Gemeinschaft
fand großen Anklang, die Zahl der Mitglieder wuchs rasch, bei Angelas Tod war die Gemeinschaft in fast allen wichtigen
Städten Norditaliens vertreten.
Angela verfasste die Ricordi
, Merkschriften
, und die Legati
, das Vermächtnis
, beide
Traktate mit Anleitungen für Erzieherinnen. Glaubenspraxis und Pädagogik der Angela wirkten beispielgebend und machten
sie zur gesuchten Ratgeberin und wichtigen kirchlichen Reformerin in ihrer Zeit. Angela starb in ihrem kleinen Zimmer an
der Kirche Sant'Afra in Brescia.
Wenige Jahre nach Angelas Tod wandelte sich die Gemeinschaft der Ursulinen in eine Klostergemeinschaft um. Die Ursulinen wurden neben dem Jesuitenorden wichtig für die religiöse Erziehung und Bildung der Jugend in Europa und in Amerika. Über Bordeaux und Paris verbreiteten sich die Ursulinen in Flandern und Wallonien, in Deutschland und in Österreich-Ungarn sowie in Osteuropa, oft waren katholische Landesherren oder Ortsbischöfe die treibende Kraft für Neugündungen, da man die Erziehungstätigkeit der Ursulinen als wichtiges gegenreformatorisches Instrument erkannte; bald schon hatte der Orden mehr als 300 Niederlassungen.
Das erste deutsche Ursulinenkloster entstand 1639 in Köln. Jede Neugründung unterhielt eine Mädchenschule und ein Internat sowie eine kostenlose Elementarschule. Ende des 18. Jahrhunderts beeinträchtigten die Französische Revolution, dann die zunehmende Säkularisierung, ab 1871 in Deutschland der Kulturkampf die Arbeit, dennoch sind die Ursulinen noch heute der größte Frauenorden, der sich der Jugenderziehung und dem Unterricht widmet und der noch immer bedeutsam ist für die Frauenbildung in der katholischen Kirche.
Kanonisation:
Am 30. April 1768 wurde Angela von Papst Clemens XIII. seliggesprochen; am
24. Mai 1807 sprach Papst Pius VII. die Ordensstifterin heilig.
Patronin
von Desenzano del Garda
Worte der Heiligen
In ihren Ricordi
, Merkschriften
, gibt Angela den Oberinnen ihrer Ordensgemeinschaft
Anweisungen, wie sie mit ihren Mitschwestern umgehen sollen. Mit beschwörenden Worten ruft sie zum Schluss ihre
Gemeinschaft zur Wahrung der Einheit auf:
Bedenkt also, dass ihr sie [die Einheit] wert halten müsst wie einen kostbaren Schatz. Je höher ihr sie schätzt,
desto mehr werdet ihr sie lieben, und je mehr ihr sie liebt, desto wachsamer wird eure Sorge für sie sein. Und es wird euch
unmöglich sein, sie nicht Tag und Nacht alle und jede einzelne unauslöschlich im Herzen zu tragen, denn so handelt und wirkt
die wahre Liebe. …
Verliert nicht den Mut und glaubt nicht, euer Wissen und Können reiche für diese einzigartige Aufgabe nicht aus. Habt
Zuversicht und das feste Vertrauen auf Gott, dass er euch in allem helfen wird; betet zu ihm und demütigt euch unter Seine
gewaltige Macht. Da Er euch dieses Werk anvertraut hat, wird Er euch auch gewiss die Kraft geben, es zu vollbringen, wenn
nur ihr es an nichts fehlen lasst. Handelt, seid rührig und glaubt; müht euch und vertraut; ruft zu Ihm aus ganzem Herzen,
und ihr werdet ganz sicher Wunderbares erleben, da Gott alles zum Lobe und Ruhme Seiner Herrlichkeit und zum Heile der
Seelen lenken wird. …
Mit der letzten Kraft meiner Stimme bitte ich euch aus innerstem Herzen: Seid einig und einträchtig untereinander,
alle ein Herz und ein Wollen. Lasst das Band der Liebe euch fest zusammenschließen. Schätzt einander, helft einander,
ertragt einander in Jesus Christus. Wenn ihr euch darum bemüht, wird Gott, der Herr, gewiss in eurer Mitte sein. Die
Gottesmutter, die Apostel, alle Heiligen, die Engel, der ganze Himmel und alle Geschöpfe der Erde werden euch lieben;
denn Gott hat von Ewigkeit her angeordnet, dass die, die zu Seiner Ehre im Guten einträchtig verbunden sind, in allem
gesegnet seien. Und was sie unternehmen, geht gut aus, denn sie stehen bei Gott selbst und all seiner Kreatur in Gunst.
Folgender Abschnitt aus den Ricordi
gilt nicht nur für das Verhältnis der Vorgesetzten gegenüber ihren
Mitschwestern, sondern auch für diese selbst im Umgang mit den ihnen zur Erziehung anvertrauten Mädchen:
Seid gütig und freundlich gegen eure lieben Töchter, und bemüht euch darum, dass nur die Liebe zu Gott und der Eifer
für die Seelen euch bewegen, wenn ihr sie ermahnt, beratet, zum Guten ermuntert oder vom Bösen abhaltet. Denn durch
liebreiche Freundlichkeit werdet ihr mehr erreichen als durch Härte und strengen Tadel, die man nur für eine wirkliche
Notwendigkeit vorbehalten soll. Und selbst dann tadle man nie ohne Rücksicht auf Ort, Zeit und die jeweilige persönliche
Eigenart. Nur die Liebe, die in allem auf die Ehre Gottes und das Heil der Seelen sieht, lehrt diese Unterscheidung und
lenkt das Herz, jeweils dem Ort und der Zeit entsprechend mit mehr Milde oder Strenge zu verfahren, wie es gerade notwendig
ist.
Zitate von Angela Merici:
Liebt eure jungen Töchter gleichmäßig; zieht nicht eine der anderen vor; denn alle sind Geschöpfe Gottes,
und ihr wisst nicht, was er aus ihnen machen will.
Übt gegenüber jedermann Freundlichkeit und gebt vor allem Acht, dass eure Weisungen nicht unter Zwang erfüllt werden.
Denn Gott hat einem jeden die Freiheit verliehen. Darum zwingt niemand, sondern gebt nur Hinweise, ruft und ratet!
Handeln, wie der Geist es eingibt.
Weitergeben, was Jesus lehrt.
Auf bewährten Wegen Neues wagen.
Quelle: K. Seibek-Royer: Die heilige Angela Merici - Gründerin des ersten weltlichen Säkularinstituts. Graz - Wien - Köln 1966, S. 133 - 143
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung
Eine informative Website in italienischer und englischer Sprache mit der Lebensgeschichte von Angela und einem Video auch in deutsch betreibt ihre Heimatstadt Desenzano.
Die Kirche Sant'Angela Merici in Brescia ist Sanktuarium für Angela Merici, sie ist täglich von 8 Uhr bis 11 Uhr und von 15 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. (2021)
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 28.01.2024
Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Erhard Gorys: Lexikon der Heiligen. dtv, München 1997
• Hiltgard L. Keller: Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten. Reclam, Ditzingen 1984
• Kapuzinerbuder Martin Steger, Antoniusblatt 1/2009, Meran
• Friedrich Wilhelm Bautz. In: Friedrich-Wilhelm Bautz (Hg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon,
Bd. I, Hamm 1990
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb.
Aufl., Bd. 1. Herder, Freiburg im Breisgau 1993
• http://de.radiovaticana.va/news/2015/02/15/aktenzeichen_angela_merici_%E2%80%93_475_todestag_/1122721
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.