Bernhard Lichtenberg
Gedenktag katholisch: 5. November
nicht gebotener Gedenktag in den Erzbistümern Bamberg, Berlin und München-Freising
Name bedeutet: der Bärenstarke (althochdt.)
Bernhard Lichtenberg, ältester Sohn einer katholischen Kaufmannsfamilie, studierte an der Theologischen Fakultät in Innsbruck und in Breslau / Wrocław Theologie und wurde 1899 zum Priester geweiht. 1900 wurde er Pfarrer an der Kirche St. Mauritius in Berlin-Lichtenberg, ab 1913 an der Herz-Jesu-Kirche in Berlin-Charlottenburg.
Ab 1920 oder 1921 war Lichtenberg Abgeordneter der Zentrumspartei in der Stadtverordneten-Versammlung, wo er er sich mit
Joseph Goebbels manches Rededuell geliefert haben soll. 1926 wurde er zum Päpstlichen Geheimkämmerer ernannt, 1932 zum
Dompfarrer an der St.-Hedwigs-Kathedrale in Berlin.
Als Mitglied des Vorstands des Friedensbundes Deutscher Katholiken
predigte er nach der Machtübernahme der
Nationalsozialisten öffentlich gegen den Faschismus; schon 1933 durchsuchte die Geheime Staatspolizei seine Wohnung. 1935
überreichte er der Kanzlei des preußischen
Ministerpräsidenten Hermann Göring eine Beschwerde zu der Häufung von ungeklärten Todesfällen im von der SS geführten
Konzentrationslager Esterwegen.
1938 wurde Lichtenberg Dompropst für Berlin.
Nach der Reichspogromnacht 1938 betete er jeden Abend öffentlich in der Berliner St.-Hedwigs-Kathedrale für die verfolgten
Juden. Im Auftrag des Berliner Bischofs übernahm er die Leitung des Hilfswerks beim Bischöflichen Ordinariat
, das
nichtarischen Christen unterstützte und Juden beim Auswandern oder Untertauchen half. 1941 protestierte er beim
Reichsärzteführer gegen die Maßnahmen zur Vernichtung unwerten Lebens
, dem Euthanasie-Programm; daraufhin wurde er
verhaftet, dann wegen Vergehens gegen das Heimtückegesetz
sowie Kanzelmissbrauch zu zwei Jahren Haft verurteilt.
Der schon länger herz- und nierenkranke Lichtenberg verbüßte seine Haft im Gefängnis in Berlin-Tegel; unmittelbar nach seiner Entlassung wurde der inzwischen todkranke wieder verhaftet; er sollte ins Konzentrationslager Dachau überführt werden. Auf dem Weg musste er in Hof ins damalige Krankenhaus gebracht werden, wo er völlig entkräftet starb.
Lichtenberg wurde auf dem St.-Hedwig-Friedhof I
in Berlin bestattet. Mit der Einleitung des Seligsprechungsprozesses 1965 wurden seine
Gebeine in die Krypta der Berliner
St.-Hedwigs-Kathedrale übertragen. 2004 nahm die
israelische Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem
Lichtenberg unter die Gerechten unter den Völkern
auf. Das Erzbistum Berlin strebt auch seine Heiligsprechung an. Im
Zuge der Renovierung der St.-Hedwigs-Kathedrale soll daneben ein nach Lichtenberg benanntes Gemeindehaus entstehen.
Kanonisation: Bernhard Lichtenberg wurde am 23. Juni 1996 beim Besuch von Papst Johannes Paul II. in Berlin im Olympiastadion seliggesprochen.
Worte des Seligen
Die besten Zeugnisse für Lichtenbergs Gesinnung liefern die Vernehmungsprotokolle der Gestapo:
Lichtenberg: Ich kann als katholischer Priester nicht von vornherein zu jeder Verfügung und Maßnahme, die von der
Regierung getroffen wird, Ja und Amen sagen. Wenn sich die Tendenz derartiger Regierungsverfügungen und Maßnahmen gegen
die geoffenbarte Lehre des Christentums und damit gegen mein priesterliches Gewissen richtet, werde ich meinem Gewissen
folgen und alle Konsequenzen mit in Kauf nehmen, die sich daraus für mich persönlich ergeben. Ich bekämpfe falsche
Grundsätze, aus welchen falsche Taten entstehen müssen, man denke an Beseitigung des Religionsunterrichts aus den Schulen,
Kampf gegen das Kreuz, Beseitigung der Sakramente, Verweltlichung der Ehe, absichtliche Tötung angeblich lebensunwerten
Lebens (Euthanasie), Judenverfolgung usw.
Frage: Vertreten Sie diesen Standpunkt auch von der Kanzel herab?
Antwort: Ja.
Frage: Danach geben Sie zu, dass Sie staatliche Maßnahmen nicht billigen?
Antwort: Die aus den eben genannten Grundsätzen fließenden Maßnahmen billige ich nicht.
Frage: Es dürfte auch Ihnen klar sein, dass durch die soeben geschilderten Ansichten, die von Ihnen auch öffentlich
vertreten werden, eine Beunruhigung der Volksgemeinschaft eintreten kann?
Antwort: Diese Beunruhigung kann nur verhindert werden, indem man falsche Maßnahmen unterlässt.
Frage: Damit stellen Sie die Rechte der Kirche vor die des Staates.
Antwort: Christus der Herr hat das Recht: zu lehren, Sakramente zu spenden und sittliche Gebote zu geben, nicht dem
Staat übertragen, sondern der Kirche.
Frage: Und wie stehen Sie zum Führer?
Antwort: Ich habe nur einen Führer, Jesus Christus.
Zu den Maßnahmen des Staates gegen die Juden … nimmt Lichtenberg wie folgt Stellung: Diese Maßnahmen
muss er als katholischer Priester ablehnen, weil sie unchristlich sind und er diese auf Grund des Gebotes:
Du sollst
deinen Nächsten lieben wie dich selbst
mit seinem priesterlichen Gewissen nicht vereinbaren kann. Auf Grund dessen
hatte er vor, folgende Vermeldung von der Kanzel zu verlesen: In Berliner Häusern wird ein anonymes Hetzblatt gegen
die Juden verbreitet. Darin wird behauptet, dass jeder Deutsche, der aus angeblich falscher Sentimentalität die Juden
irgendwie unterstützt, und sei es auch durch freundliches Entgegenkommen Verrat an seinem Volk übt. Lasst euch durch diese
unchristliche Gesinnung nicht beirren, sondern handelt vielmehr nach dem strengen Gebot Jesu Christi:
Du sollst
deinen Nächsten lieben wie dich selbst!
Ich erkenne auch im Juden meinen Nächsten, der eine unsterbliche, nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffene
Seele besitzt. Da ich aber diese Regierungsverfügung [Juden zu deportieren] nicht hindern kann, war ich entschlossen,
deportierte Juden und Judenchristen in die Verbannung zu begleiten, um ihnen dort als Seelsorger zu dienen.
Quelle: Dieter Hanky: Bernhard Lichtenberg - Priester - Bekenner - Martyrer - … ein Priester
ohne Furcht und Tadel …
. Verlagsgesellschaft Benno - Bernward - Morus, Hildesheim 1994
Gotthard Klein: Seliger Bernhard Lichtenberg. Schnell & Steiner, Regensburg 1997
Zitate von Bernhard Lichtenberg:
Zu Hitlers Aussagen in Mein Kampf
bemerkte er vor der Gestapo:
Die Taten eines Menschen sind die Konsequenzen seiner Grundsätze. Sind die Grundsätze falsch, so werden die Taten
nicht richtig sein.
Anlässlich der Pogromnacht vom 9. November 1938 formuliert er in seinem Abendgebet:
Was gestern war, wissen wir, was morgen ist, wissen wir nicht, aber was heute geschehen ist, haben wir erlebt:
draußen brennt der Tempel - das ist auch ein Gotteshaus.
Graf von Preysing, Bischof von Berlin, der
zu ihm sagte, er könne freigelassen werden, wenn er sich bis Kriegsende dazu verpflichte, nicht mehr gegen den
nationalsozialistischen Staat zu predigen, antwortet er:
Was kann einem denn Besseres passieren, als für den heiligen katholischen Glauben zu sterben! ich bin bereit,
heute noch, ja diese Stunde noch, für ihn zu sterben!
Eine Religiosität, die keine Opfer bringt, ist keinen Pfennig wert.
Quelle: Dieter Hanky: Bernhard Lichtenberg - Priester - Bekenner - Martyrer - … ein Priester
ohne Furcht und Tadel …
. Verlagsgesellschaft Benno - Bernward - Morus, Hildesheim 1994
Gotthard Klein: Seliger Bernhard Lichtenberg. Schnell & Steiner, Regensburg 1997
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung
Martyrologium Romanum Flori-Legium
Konzentrationslager Esterwegen Das ehemalige
Konzentrationslager Esterwegen - 1937 bis 1945 dann
Straf- und Kriegsgefangenenlager, 1945 bis 1947 Internierungslager der Briten, 1953 bis 1959 Durchgangslager für Flüchtlinge,
1963 bis 2001 Depot der Bundeswehr, ist seit 2011 Gedenkstätte, zugleich für die anderen 14 NS-Lager im Emsland. Diese
Gedenkstätte, in der es nur wenig zu sehe gibt, ist täglich außer montags von 10 Uhr bis 18 Uhr - von November bis März nur
bis bis 17 Uhr - geöffnet, der Eintritt ist frei. (2024)
Das Bistum Osnabrück hat dort 2007 ein kleines geistliches Zentrum errichtet, das von
Franziskanerinnen geführte
Kloster Esterwegen
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 06.10.2024
Quellen:
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl.,
Bd. 2. Herder, Freiburg im Breisgau 1994
• Martin Persch. In: Friedrich-Wilhelm Bautz †, Traugott Bautz † (Hg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon,
Bd. V, Herzberg 1993
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.