Ökumenisches Heiligenlexikon

Berthold von Regensburg

1 Gedenktag katholisch: 14. Dezember

1 Gedenktag evangelisch: 14. Dezember

Name bedeutet: der glanzvoll Waltende (althochdt.)

Ordensmann, Priester, Volksprediger
* um 1210 in Regensburg (?) in Bayern
14. Dezember 1272 oder 13. Dezember 1272 daselbst


Kirche St. Salvator in Regensburg
Kirche St. Salvator in Regensburg

Berthold wurde zunächst im Kloster der Franziskaner in seiner Heimatstadt ausgebildet, trat in den Orden ein, studierte von 1230 bis 1235 am damaligen Kloster in Magdeburg und war ab 1236 dort als Lektor tätig. Der Novizenmeister David von Augsburg entdeckte 1240 seine große Predigtgabe und sandte ihn als Prediger auf die Wanderschaft. Berthold zog durch Niederbayern, den Rhein entlang durch das Elsass, durch die Schweiz und in die Steiermark. 1263 bestimmte Papst >Urban IV. ihn zusammen mit Albertus Magnus zum Prediger gegen die Häretiker in Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Adressaten des wirkungsmächtigsten deutschsprachigen Volkspredigers seiner Zeit waren in erster Linie die städtischen Mittel- und Unterschichten, aber auch die Landbevölkerung und der Adel, berichtet wird von 40.000 oder auch von 200.000 Zuhörern.

1250 bis 1255 verfasste Berthold drei Sammelbände mit insgesamt 257 lateinischen Predigten als Handbuch für Priester. Sie präsentieren das Predigtprinzip der Franziskaner gemäß der Bulle Solet annuere, pflegt eure Bestimmung, von Papst Honorius III. von 1229. Zur Erbauung des Volkes solle von den Lastern und Tugenden, von der Strafe und Herrlichkeit gepredigt werden.

Nachschriften seiner Predigten wurden vielleicht schon 1268 angelegt, andere wohl erst nach Bertholds Tod. Sie sind geprägt von der Situation der wechselnden Zuhörerschaft und dem Aufruf zu Bekehrung und Buße mit der Warnung vor Geldgier (gîtekeit), die mit der zunehmenden Bedeutung der Geldwirtschaft zum sozial schädlichen Laster geworden war. Die Schriftauslegung tritt stark zurück. Die Wirkung auf die Zuhörer erreichte Berthold mit erzählerischen Mitteln wie Märlein, Beispielen, Schilderungen und Vergleichen, mit volkstümlichem Sprachgebrauch aus Redensarten, Sprichwörtern und Wortspielen und rhetorischen Mitteln wie Anreden, Ausrufen oder Fragen. Als authentisch gilt die lateinische Sammlung von gut 250 Predigten in den Rusticani, Ländlichen, die Berthold um 1252 als Handbuch für Priester anlegte.

Berthold scheute sich nicht, Auswüchse beim Vertrauen auf den Ablass und die Fürsprache der Heiligen zu bekämpfen. Als Kreuzzugsprediger im Auftrag des Papstes kam er auch nach Paris zu Ludwig IX., dem Heiligen, nach Böhmen, Mähren, Schlesien und 1260 Ungarn, dann über Thüringen und Franken zurück nach Regensburg.

Berthold wurde in der Kirche St. Salvator seines Klosters in seiner Heimatstadt bestattet, das Grab wurde eine viel besuchte Wallfahrtsstätte; auch in Ungarn wurde Berthold wie ein Heiliger verehrt.

Worte des Seligen

Um die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu fesseln, bediente Berthold sich einer mitunter recht deftigen Sprache, gewürzt mit anschaulichen und sicherlich auch gelegentlich Heiterkeit erregenden Geschichten und Beispielen. Dies ist auch in der Predigt vom Frieden der Fall. Der Mensch soll einen dreifachen Frieden schließen: mit Gott, dem Nächsten und sich selbst. Als Widerpart darf auch der Teufel nicht fehlen in der Predigt. Mit ihm schließen drei Gruppen von Menschen Frieden: die Ketzer, die Sünder wider den Hl. Geist und die Habgierigen. Letztere sucht er mit folgender Anekdote von ihrer Gier abzubringen:
Einst gab man klugen Leuten die Frage zu beantworten auf, was wohl den Willen eines Mannes am schnellsten überwinden könne. Da meinte der eine, das gelinge am ehesten wohl einem König; der könne am schnellsten eines Mannes Willen überwinden. Denn zu allem, was der König einem Manne von niederem Stand abverlange, wäre der ohne Umschweife und eifrigst bereit; niemals würde er sich herausnehmen, dem König zu widersprechen, vielmehr würde er sich noch darüber freuen, wenn der König ihm etwas abverlangte.
Darauf sagte der zweite: So ist es durchaus nicht! Vielmehr überwindet der Wein eines Mannes Willen am schnellsten, bringt er ihn doch dazu, dass er von Burgen und Ländereien schwatzt, von reichem Besitz oder von tausend Mark, obwohl er davon auch nicht einen Pfennig besitzt.
Schließlich der Dritte: So ist es nicht! Die Frauen haben den Willen des Mannes am schnellsten überwunden. Dieser hatte gewonnen, denn er hatte recht und konnte es mit Adams Geschichte gut belegen. Den hatte Gott so stark gemacht, dass man ihn, auch wenn man täglich ganze Berge auf ihn gewälzt hätte, nicht hätte zerquetschen können, hatte ihn Gott doch unsterblich gemacht. Auch wenn man mit allen Schwertern und allen sonstigen Waffen auf ihn eingeschla­gen und ihn gestoßen hätte, er wäre dennoch nicht gestorben. Oder wenn man ihn auch in alle Wasser versenkt hätte, er wäre dennoch nicht ertrunken, war er doch wirklich unsterblich: was man ihm auch sonst noch angetan hätte, er hätte davon nicht sterben können. Wie stark und unsterblich jedoch Gott ihn auch geschaffen hatte, eine Frau hat ihn darin schließlich doch rasch überwunden; trotz all seiner Stärke, seiner Herrlichkeit und seiner Vorzüge hat ihn eine Frau überwunden, so dass er all seine Stärke verlor. Wäre das nicht geschehen, hätte er sie behalten. Auch Simson war so stark wie tausend Männer zusammen, und dennoch nahm ihm eine Frau seine ganze Stärke und all seine Kraft. Ebenso wurde auch Salomo trotz all seiner Weisheit von einer Frau betrogen, und es gibt noch viele andere Männer, die von Frauen betrogen worden sind. Somit haben die Frauen über die Männer den Sieg davongetragen.
Aufgrund dieser Geschichte nun will ich die Habgierigen um folgendes bitten: da also diese drei Dinge [d. h. der König, der Wein und die Frauen] den Willen des Mannes am ehesten überwinden, so lasst auch ihr euch von ihnen überwinden
: vom Wein der Liebe, von Gott, dem himmlischen König sowie von der himmlischen Herrin Maria.
Aber Berthold beurteilt den Erfolg dieses Appells selbst skeptisch: Wie ich aber auf die Habgierigen einrede, es ist alles umsonst: haben sie doch mit dem Teufel einen so dauerhaften Frieden geschlossen, dass er niemals mehr gebrochen werden wird. Ihr anderen Sünder dagegen sollt zu wirklicher Reue und zum Frieden mit Gott dem Allmächtigen, mit euch selbst und mit eurem Nächsten finden, wie ihn euch Gott der Allmächtige aufgegeben hat, auf dass ihr das Himmelreich gewinnt, das er euch, wie wir heute in der heiligen Messe lesen, versprochen hat. Dass uns allen das widerfahren möge, euch zusammen mit mir und mir zusammen mit euch, das schenke uns Gott der Allmächtige! Amen.

Quelle: Berthold von Regensburg: Vier Predigten. Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Übersetzt und hrsg. von Werner Röckle. Philipp Reclam jun., Stuttgart 1983, S. 133 - 141

Zitate von Berthold von Regensburg:

Man bindet einen Menschen wohl, wie man will; aber seinen Willen kann man nicht binden noch zwingen.

Die Juden soll man genauso beschirmen wie die Christen, was ihr Leben und ihr Gut betrifft, da sie in Frieden [auf]genommen sind!

Ihr sollt alle Weisheit, die euch nötig ist und die euch den Weg zum Himmelreich weisen soll, lernen und lesen: das sind Himmel und Erde. Daran sollt ihr alles lesen und lernen, was euch nötig ist für Leib und Seele!

Unsere liebliche Stimme haben wir nicht von uns selbst. Wir haben sie von dem, der nach unserer Seele verlangt: Ich suche den liebenden Gott in allen bunten Blumen, in allen Geschöpfen und in allen Kräften der Wurzeln.

aus dem Mittelhochdeutschen übersetzt

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung

Bertholds Predigt Sælic sint die reines herzen sint

Stadlers Vollständiges Heiligenlexikon

Catholic Encyclopedia

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon

Die Kirche St. Salvator in Regensburg ist über das Historische Museum zugänglich und - nicht in den Wintermonaten - täglich außer montags von 10 Uhr bis 16 Uhr zur Besichtigung geöffnet, der Eintritt beträgt 5 €. (2021)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 09.10.2023

Quellen:
• http://www.glaubenszeugen.de/kalender/b/kalb034.htm
• Charlotte Bretscher-Gisinger, Thomas Meier (Hg.): Lexikon des Mittelalters. CD-ROM-Ausgabe. J.B. Metzler, Stuttgart / Weimar 2000
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 2. Herder, Freiburg im Breisgau 1994

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.