Ivo von Chartres
französischer Name: Yves
Gedenktag katholisch: 23. Dezember
in Paris: Übertragung der Gebeine: 28. Oktober
gebotener Gedenktag im Orden der Augustiner-Chorherren / -frauen: 21. Mai
Name bedeutet: wie Eibenholz (althochdt.)
Ivo studierte in Paris und in
Le Bec-Hellouin - dort zusammen mit
Anselm von Canterbury als Schüler von
Lanfranc von Canterbury, war
Augustiner-Chorherr und wurde 1078 Propst der Chorherren von St-Quentin in
Beauvais. 1090 wurde er als Bischof von
Chartres eingesetzt. Er war ein Reformer im
Sinne von Papst Gregor VII. und einer der bedeutendsten und angesehensten
Bischöfe seiner Zeit. Er verurteilte die ehebrecherische Beziehung zwischen König Philipp I. und Bertrade von Anjou,
wurde deshalb 1092 gefangen genommen, aber nach zwei Jahren freigesprochen. Im
Investiturstreit versuchte er zu vermitteln und war wesentlich beteiligt an
der Vorbereitung des Wormser Konkordats
, das dann 1122 auf den
Lobwiesen in Worms verkündet wurde; die
römischen Gesandten des Papstes tadelte er ob ihrer Geldgier und der Praxis der
Simonie.
In seinen Schriften wurde Ivo Wegbereiter der klassischen Scholastik. Die Collectio Tripartita
, die
dreiteilige Sammlung
, sein Decretum
, Grundsatz
, schließlich das Werk Panormia
,
Allbergend
, hatten großen Einfluss. Seine theologischen und juristischen Ausführungen zum
Investiturstreit prägten wesentlich die Bestimmungen des
Wormser Konkordats. Bis heute erhalten sind
auch seine bedeutenden Schriften zum Kirchenrecht und viele Briefe.
Worte des Heiligen
In folgender Predigt spricht Ivo vom Sinn des
Weihnachtsgeschehens:
Die erste Mutter des Menschengeschlechts zog sich, weil sie der Macht der
Überredung der Schlange unterlag, einen doppelten Fluch zu: Einerseits musste sie zusammen mit
ihrem Mann den Tod auf sich nehmen, andererseits die Kinder, die sie mit der Lust
des Fleisches empfing, unter Schmerzen gebären. Alle Töchter Evas erbten diese Verfluchung und alle ihre Kinder, die sie
gebaren, standen unter dem Urteil, sterben zu müssen. Allein diese Mutter, die
nicht dem Säuseln der Schlange, sondern den Worten des Verkündigungsengels
glaubte, verdiente es, den Segen zu vernehmen, der beide Verfluchungen ausschloss:
Du bist gesegnet unter den Frauen
,
denn du wirst nicht in der Begierde des Fleisches empfangen und auch nicht deinen Sohn unter Schmerzen gebären
[vgl.
1. Mose 3, 16], und gesegnet ist die Frucht deines Leibes
[Lukasevangelium 1, 42], nämlich der
Sohn selbst, der nicht aus dem Blut, noch aus dem Willen des Mannes geboren
ist [vgl. Johannesevangelium 1, 13] und nicht aus Zwang, sondern aus freiem Willen den zeitlichen Tod auf sich nahm, er hat
uns vom ewigen Tod befreit.
An diesem Geburtsfest Christi wurde Gott Mensch, damit die Menschen [gleichsam] als Götter wiedergeboren würden. Bei
dieser Geburt beugt sich die Gottheit herab, damit die Menschheit erhoben werde. Gott beugte sich herab als demütiger und
starker Helfer und er bot gleichsam seine Schulter dar, um [uns] emporzuheben, und bei der so großen Unähnlichkeit der
verderblichen [menschlichen] Natur und der unveränderlichen [göttlichen] Substanz bot er seine eigene Person, die an
beiden Naturen Anteil hat, als Mittler dar, der durch das, was er uns gleich hat, [uns] emporhebe; und unseren Augen, die
aufgrund der Leuchte des Fleisches nur schlecht sehen können und die Sonne nur unter [dem Schutz] einer Wolke sehen wollen,
ließ er den Schein eines gemäßigten Lichtes aufstrahlen. …
Das Wort des Herrn soll zu Beginn bei Gott zusammen mit den Engeln betrachtet werden, in unserer Erdenzeit rätselhaft
wie durch einen Spiegel, später aber in einer sichtbaren Schau, hier gleichsam wie auf dem Weg, dort gleichsam wie in
unserer Heimat; hier sollen wir uns freuen, dass uns die Wohltaten unseres Heils durch unseren Arzt [Christus] in weiser,
kräftiger, wunderbarer und barmherziger Weise erwiesen wurden. Dadurch, dass wir uns daran erinnern, wollen wir die Mühen
unserer Pilgerschaft erleichtern, insofern wir auf unserem Weg so voll Langmut kämpfen, dass wir in unserer Heimat den
Siegespreis erlangen.
In dieser Weihnachtspredigt vergleicht Ivo Christus auch mit einem Arzt:
Es erkannte der Kranke [in Christus] den liebevollen und erfahrenen Arzt, er bewunderte seine Demut, bewunderte
auch seine Weisheit und schätzte seine [eigene] Gesundung. …
Er erkannte die Demut, weil unser Arzt selbst wegen der Krankheit unseres Fleisches gleichsam auf dem Krankenbett lag,
um zu erkunden, was zur Heilung seiner Kranken notwendig sei. Auch die Weisheit dieses Arztes erkennt der Kranke, weil er
nach den Regeln der Heilkunst bei einigen die Gesundheit durch ähnliche [homöopathische] Mittel die Gesundheit wieder
herstellte, bei einigen wurde die Krankheit durch gegenteilige [allopathische] Mittel geheilt: und zwar durch ähnliche
Mittel, weil er geboren wurde, damit wir wiedergeboren würden; er wurde schwach, indem er die Leidensfähigkeit unserer
Sterblichkeit auf sich nahm, um uns vor aller Leidensfähigkeit zu bewahren; er ließ sich kreuzigen, damit wir nicht der
ewigen Pein unterworfen würden; er starb den zeitlichen Tod, damit wir nicht für die Ewigkeit sterben; er wurde auferweckt,
damit wir mit ihm auferweckt würden; er stieg [in den Himmel] auf, damit er durch sein Sitzen zur Rechten des Vaters seine
demütig ergebene Herde mit sich führe. Wenn man aber beachtet, mit welch gegensätzlichen Mitteln er die Krankheiten
geheilt hat, wird man sehen, dass er in der Person eines Sklaven unsere Freiheit wiederhergestellt hat, durch seine
Demut den Hochmut des alten Feindes herabgestürzt hat, durch seinen Gehorsam unseren Ungehorsam geheilt hat.
Quelle: Ivo von Chartres: De Nativitate Domini = D. Ivonis Carnotensis episcopi sermo 8. In: Patrologia Latina 162, Sp. 568 - 571; eigene Übersetzung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung
Schriften von Ivo und seine Lebensgeschichte gibt es online zu lesen in den Documenta Catholica Omnia.
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- zuletzt aktualisiert am 19.12.2019
Quellen:
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl.,
Bd. 5. Herder, Freiburg im Breisgau 1996
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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