Ökumenisches Heiligenlexikon

Johannes von Ruysbroek

flämischer Name: Jan
auch: van Ruusbroek, van Ruysbroeck
Beiname: der Wunderbare

1 Gedenktag katholisch: 2. Dezember
gebotener Gedenktag im Orden der Augustiner-Chorherren / -frauen

1 Gedenktag evangelisch: 2. Dezember

Name bedeutet: Gott ist gnädig (hebr.)

Priester, Mystiker, Prior
* 1293 in Ruisbroek bei Brüssel in Belgien
2. Dezember 1381 in Groenendael heute Ortsteil von Hoeilaart bei Brüssel in Belgien


Jan von Ruysbroek
Jan von Ruysbroek

Jan wurde 1317 zum Priester geweiht. Er war dann KaplanEin Kaplan (von lateinisch capellanus, „der einer Hofkapelle zugeordnete Kleriker”) ist im deutschen Sprachraum ein römisch-katholischer Priester in den ersten Jahren nach seiner Weihe, der in der Regel noch einem erfahrenen Pfarrer unterstellt ist. In manchen Bistümern wird er Vikar genannt - dies ist die Bezeichnung des kanonischen Kirchenrechts von 1983 - in anderen Kooperator. an der Stiftskirche St. Gudula in Brüssel. Im Alter von 50 Jahren zog er sich mit den Freunden Hincaert und Vranke van Coudenberg in den Wald bei Waterloo zurück, wo er 1343 das Stift Groenendael der Augustiner-Chorherren gründete, dessen erster Prior er wurde.

Jan verfasste - als gesichert gelten elf - mystische Werke und - gesichert sieben - Briefe, er gilt als größter belgischer Mystiker, schon zu Lebzeiten wurde er der Wunderbare, auch Doctor ecstaticus, Gelehrter der Ekstase, und Doctor divinus, göttlicher Gelehrter, sowie der zweite Dionysius genannt. Bald schon wurden seine in der Muttersprache verfassten Schriften ins Lateinische übersetzt und fanden dadurch in ganz Europa Verbreitung.

Als Jans Hauptwerk gilt Die chierheit van der gheestelijkker brulocht, Die Zierde der geistlichen Hochzeit, 1330 entstanden, wo der Zugang zu Gott in drei Stufen aufgezeigt wird: über die moralische Verwesentlichung zum den inwendigen Gott begehrenden Leben und zur wesensmäßigen Vereinigung mit Gott. Jans Briefe zeigen sein seelsorgerliches Wirken und weisen Kommentare zum Zeitgeschehen auf, auch kirchenkritische Anmerkungen.

Das Priorat Groenendael wurde 1784 unter dem habsburgischen Kaiser Joseph II., der auch Herzog von Brabant war, aufgelöst; 1787 wurden die Kirche und andere Gebäude verkauft und weitgehend abgerissen, das ehemalige Mittelschiff der Kirche wurde zur Scheune umgewandelt.

Kanonisation: Jan von Ruysbroek wurde am 9. Dezember 1908 seliggesprochen.

Worte des Seligen

In seinem Werk Zierde der geistlichen Hochzeit spricht van Ruysbroek u. a. vom Endgericht und vom dreifachen Kommen Christi:
Fünf Gruppen von Menschen müssen vor dem Richter erscheinen.
Die erste und die schlimmste Gruppe sind die Christenmenschen, die in Todsünde sterben ohne Reue und Bedauern, denn sie haben den Tod Christi und seine Sakramente verschmäht oder sie vergebens und unwürdig empfangen. Sie haben weder Nächstenliebe, wie Gottes Gebot es verlangt, noch Taten der Barmherzigkeit an ihren Mitmenschen geübt und deswegen sind sie zuunterst in die Hölle verdammt.
Die zweite Gruppe sind ungläubige Menschen, Heiden und Juden. … [Das 2. Vatikanische Konzil räumt auch ihnen eine Heilsmöglichkeit ein, wenn sie wahrhaft Gott suchen bzw. den Regungen ihres Gewissens folgen und ein rechtes Leben führen: Lumen Gentium 16]
Die dritte Gruppe sind die guten Christenmenschen, die gelegentlich in Sünde gefallen sind, die aber voller Reue aufgestanden sind und Buße geleistet haben, ihre Buße jedoch nicht so entrichtet haben, wie die Gerechtigkeit es verlangt. Diese gehören ins Fegefeuer.
Die vierte Gruppe sind Menschen, die Gottes Gebote gehalten haben, oder wenn sie sie gebrochen haben, doch wieder mit Reue, Bußleistung und Werken der Liebe und der Barmherzigkeit zu Gott zurückgekehrt sind; und sie haben die Buße so vollbracht, dass sie ohne Fegefeuer von der Welt zum Himmel fahren können.
Die fünfte Gruppe sind diejenigen, die über alle äußeren Werke der Nächstenliebe erhaben sind und ihren Wandel im Himmel haben, denn sie sind vereinigt und versunken in Gott und Gott in ihnen, so dass zwischen Gott und ihnen nichts anderes steht, als die Zeit und der Zustand der Sterblichkeit. Wenn diese Menschen losgelöst werden von ihrem Leib, so genießen sie noch im selben Augenblick die ewige Seligkeit. Sie werden nicht verurteilt, sondern sie werden am jüngsten Tag mit Christus zusammen das Urteil über die anderen Menschen sprechen. …
Das erste Kommen Christi, als Gott Mensch wurde, in Demut lebte und um unsertwillen aus Liebe starb, diesem Kommen müssen wir nachfolgen, äußerlich mit vollkommener tugendhafter Sittlichkeit und innerlich mit Nächstenliebe und aufrichtiger Demut.
Das zweite Kommen, das sich in der Gegenwart vollzieht und wobei Christus mit Gnaden in jedes minnende [liebende] Herz kommt, dieses Kommen sollen wir begehren und täglich erbitten, damit wir beständig bleiben und in neuen Tugenden wachsen.
Das dritte Kommen Christi zum Urteil oder in der Stunde unseres Todes, diese Ankunft sollen wir sehnlich erwarten mit Vertrauen und Ehrfurcht, damit wir aus diesem Elend erlöst werden und in den Palast der Herrlichkeit eingehen.

Quelle: http://www.gottliebtuns.com/jan_van_ruysbroeck_3.htm, abgerufen am 4. Dezember 2019

Zitate von Jan van Ruysbroek:

Durch jedes gute Werk, sei es auch noch so klein, das mit Liebe und aufrichtigem, schlichtem Gedanken Gott dargebracht wird, gewinnt man eine größere Ähnlichkeit und ewiges Leben in Gott.

Entleertes, bilderloses Denken, ein klares Schauen im göttlichen Lichte und eine reine Entrückung des Geistes vor das Antlitz Gottes, - diese drei zusammen bilden das wahrhaft schauende Erleben, darin sich niemand irren kann.

Gott wirkt in uns von innen nach außen, die Welt der Erscheinungen aber von außen nach innen.

Der Liebende, der gerecht und innerlich ist, den will Gott aus freien Stücken erwählen und erhöhen zu einem überwesentlichen Schauen im göttlichen Lichte … Mit Kenntnissen und Scharfsinn oder mit irgendwelchen Andachtsübungen kann dazu aber niemand gelangen.

Quelle: https://zitate-aphorismen.de/autor-in-zitate/jan-van-ruysbroek, abgerufen am 4. Dezember 2019

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung

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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 13.01.2024

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• http://www.glaubenszeugen.de/kalender/r/kalr031.htm - abgerufen am 13.01.2023
• C. S., Brief vom 22. Juni 2008
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 5. Herder, Freiburg im Breisgau 1996
• https://fr.wikipedia.org/wiki/Prieur%C3%A9_de_Groenendael - abgerufen am 13.01.2023

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.