Ökumenisches Heiligenlexikon

Pius IX.

Taufname: Giovanni Maria Mastai-Ferretti

1 Gedenktag katholisch: 7. Februar
nicht gebotener Gedenktag bei den Salesianern Don Boscos

Name bedeutet: der Fromme (latein.)

Papst
* 13. Mai 1792 in Senigallia in Italien
7. Februar 1878 in Rom


Kirche San Michele und ehemaliges Kolleg der Piaristen in Volterra
Kirche San Michele und ehemaliges Kolleg der Piaristen in Volterra

Graf Giovanni Maria Mastai-Ferretti studierte ab 1802 am damaligen Kolleg der Piaristen an der Kirche San Michele in Volterra, musste aber 1809 nach Hause zurückkehren, weil er an einer epileptischen Krankheit litt, von der er gesundete; aber er blieb zeitlebens sehr erregbar. Ab 1814 lebte er in Rom, wo er vom Wirken von Vinzenz Pallotti und Kaspar del Bufalo beeindruckt wurde. 1819 hatte er sein theologisches Studium noch nicht erfolgreich abgeschlossen, wurde aber dennoch zum Priester geweiht. 1823 hielt er sich als Mitglied einer päpstlichen Delegation in Chile auf. 1825 wurde er Vorstand im Hospiz di S. Michele in Rom.

historischer Stich von 1699: Hospiz di S. Michele im Stadtteil Trastevere in Rom
historischer Stich von 1699: Hospiz di S. Michele im Stadtteil Trastevere in Rom

1827 wurde Graf Giovanni Maria Mastai-Ferretti zum Erzbischof von Spoleto ernannt, 1832 zum Bischof von Imola. Er machte sich einen Namen als engagierter Seelsorger und wurde als liberal eingeschätzt, denn er forderte Reformen in der KurieAls römische Kurie (von lateinisch curare = „pflegen, sich kümmern”) werden seit dem 11. Jahrhundert die Leitungs- und Verwaltungsorgane der katholischen Weltkirche in Rom genannt. Die Kurie ist für die Gesamtkirche zuständig, nicht für die Regierung des Staates Vatikan. und hatte Sympathie für die Neoguelfen, die Verfechter einer nationalen Einigung Italiens. 1840 wurde er Kardinal, 1846 zum Papst gewählt und gewann aufgrund einiger Reformen zunächst hohes Ansehen.

Bald schon wurde Pius aber trotz seiner Sympathien für die nationale Einigung Italiens verübelt, dass er die Eingliederung des Kirchenstaates verweigerte; aufgrund eines Volksaufstandes in Rom musste er im November 1848 nach Gaëta fliehen, das im damaligen Königreich Neapel lag; er wohnte dort für fast ein Jahr im damalige Königspalast von Karl III. - an dessen Stelle heute eine Schule steht. In der Kapelle d'Oro kam ihm die Erleuchtung, das Dogma von der unbefleckten Empfängnis der Maria zu verkünden - deshalb wird diese heute auch Capella Immaculata genannt.

Die weltliche Macht des Papstes in Italien wurde abgeschafft und die Republik ausgerufen. Diplomatische Bemühungen des Vatikan führten 1849 zur Besetzung von Rom durch französische Truppen, womit die Herrschaft des Papstes zunächst wieder hergestellt wurde. Nach seiner Rückkehr 1850 beeinflusste Pius die Politik des Vatikan im Sinne strengster Gegnerschaft zu liberalen Strömungen.

Pius IX.
Pius IX.

Im selben Jahr ließ Pius das Judengetto in Rom - an der Stelle der heutigen Großen Synagoge - wieder errichten, verweigerte Juden den Zugang zu den meisten Berufen und setzte den Talmud auf die Liste der verbotenen Bücher. 1858 ereignete es sich, dass ein Dienstmädchen heimlich das Kind ihrer jüdischen Arbeitgeber getauft hatte; sie suchte nun Hilfe, damit der Junge in der katholischen Kirche aufwachse; diese Unterstützung kam von höchster Stelle: Pius ließ den kleinen Edgaro Montana entführen und in ein Seminar stecken. Den verzweifelten Eltern sagte er, sie bräuchten nur katholisch zu werden, um ihr Kind wieder zu sehen, die weltweiten Proteste beantwortete er: Wenn es dazu käme, würde ich es wieder tun, den Jungen präsentierte er der Weltöffentlichkeit in den Kleidern eines katholischen Seminaristen. Pius bewirkte mit seiner Frömmigkeit aber eine Vertiefung des religiösen Lebens und eine Stärkung der Volksfrömmigkeit und der priesterlichen Spiritualität.

1860 gingen nach Volksentscheiden die zum Kirchenstaat gehörenden Gebiete Romagna, Umbrien und die Marken / Marche an das sich einigende Italien verloren, 1870 musste Pius nach der Eroberung Roms durch italienische Truppen und dem Abzug der Franzosen auch die Stadt Rom abgeben; er schlug die von Italien angebotenen Garantien aus und betrachtete sich bis zu seinem Tod als Gefangener im Vatikan.

Virginio Vespignani: Statue vor dem Reliquiar mit Brettern der Krippe Jesu aus Betlehem, 19. Jahrhundert, in der Basilika Santa Maria Maggiore in Rom
Virginio Vespignani: Statue vor dem Reliquiar mit Brettern der Krippe Jesu aus Betlehem, 19. Jahrhundert, in der Basilika Santa Maria Maggiore in Rom

1850 gelang Pius, die Leitung der katholischen Kirche in England, 1853 die seiner Kirche in den Niederlanden wieder herzustellen. Konkordate mit Russland 1847, Spanien 1851, Österreich 1855, Portugal 1857 sowie Staaten in Mittel- und Südamerika sicherten Stellung und Einfluss der Kirche. Die Selbständigkeit der nationalen katholischen Kirchen wurde rigoros eingeschränkt zugunsten der zentralen Macht Roms. 1854 verkündete Pius - einer Konzilsentscheidung vorgreifend - das Dogma von der unbefleckten Empfängnis der Maria.

1864 erschien seine Aufsehen erregende Enzyklika Quanta cura, Welch große Sorge, und zugleich die Liste Syllabus Errorum, Verzeichnis der Irrtümer in der Pius 80 hauptsächliche Irrtümer unserer Zeit wie Pantheismus, Naturalismus, Rationalismus und Liberalismus, Sozialismus und Kommunismus, Demokratie, Presse-, Gewissens- und Religionsfreiheit, Bibelgesellschaften, liberale KlerikerEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat. Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien.-Vereine oder auch Hoffnung auf ewige Seligkeit von Nicht-Katholiken verdammte. Um die Thesen seiner Enzyklika auf eine breitere Basis zu stellen, berief er das 1. Vatikanische Konzil ein, das 1860 bis 1870 unter seiner Leitung tagte.

Dogmatische Konstitution Pastor aeternus, Kapitel 4:
Wenn der römische Bischof ex cathedra spricht, d. h. wenn er in Ausübung seines Amtes als Hirt und Lehrer aller Christen kraft seiner höchsten apostolischen Amtsgewalt endgültig entscheidet, dass eine Glaubens- oder Sittenlehre von der gesamten Kirche festzuhalten ist, so besitzt er auf Grund des göttlichen Beistandes, der ihm im heiligen Petrus verheißen ist, jene Unfehlbarkeit, mit welcher der göttliche Erlöser seine Kirche in der endgültigen Entscheidung über eine Glaubens- oder Sittenlehre ausgestattet wissen wollte. Daher sind solche endgültige Entscheidungen des römischen Bischofs aus sich selbst, nicht auf Grund der Zustimmung der Kirche, unabänderlich.

In der die Konstitution Dei filius, Sohn Gottes bestätigte das Konzil Pius' Thesen, zudem verabschiedete das Konzil die Konstitution Pastor aeternus, ewiger Hirte, die dem Papst die oberste Gerichtsbarkeit über die ganze Kirche einräumt und feststellt, dass er bei Entscheidungen ex cathedra von Gott mit der Gnade der Unfehlbarkeit versehen sei; neu war dabei nicht die Unfehlbarkeit des Papstes als solche, aber seine Entscheidungsmöglichkeit auch ohne Beteiligung eines Konzils oder andere Rückversicherungen. Andere Meinungen wurden beim Konzil durch Tagesordnung und persönliche Einflussnahme systematisch unterdrückt, ein Drittel der teilnehmenden Bischöfe war deshalb vor der Abstimmung abgereist.

Gedenktafel zum 25-jährigen Amtsjubiläum - der überlieferten Amtszeit von Petrus -, angebracht über der Petrus-Statue im Petersdom in Rom. Pius regierte dann noch weitere sieben Jahre.
Gedenktafel zum 25-jährigen Amtsjubiläum - der überlieferten Amtszeit von Petrus -, angebracht über der Petrus-Statue im Petersdom in Rom. Pius regierte dann noch weitere sieben Jahre.

In Mitteleuropa bildete sich aus Protest gegen diese Beschlüsse des 1. Vatikanischen Konzils die Altkatholische Kirche. Besonders in Frankreich und Deutschland wuchsen die Befürchtungen, aus Rom bevormundet zu werden. Andererseits gelang es Pius, beim Volk und im niederen KlerusEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat. Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien. eine vorher ungekannte Verehrung des Papsttums zu etablieren; Pius wollte damit die Kräfte der Kirche gegen den aufkommenden Säkularismus stärken. Dem diente auch seine Förderung der Orden, der Verehrung der EucharistieDie Eucharistie - von griechisch „ευχαριστειν, Dank sagen” - vergegenwärtigt das heilvolle Sterben Jesu Christi. Die Römisch-Katholische, die Orthodoxe und die Anglikanische Kirche nennen diese Mahlfeier im Anschluss an 1. Korintherbrief 11, 24 Eucharistie, die Evangelischen Kirchen sprechen von „Abendmahl” im Anschluss an Markusevangelium 14, 17 und 1. Korintherbrief 11, 23., des Herzens Jesu und der Maria.

Pius IX. wurde in der Kirche San Lorenzo fuori le Mura in Rom bestattet.

Die 32 Jahre des Pontifikats von Pius IX. sind die längste Amtszeit eines Papstes in der Geschichte der katholischen Kirche. Gegen Ende seiner Zeit kam es zu Konflikten mit Spanien, das in seiner neuen Verfassung von 1876 eine gewisse Toleranz in Glaubensdingen einführte, und mit Deutschland, wo Bismarck den Kulturkampf gegen katholische Machtausübung ausrief.

Kanonisation: Schon bald nach seinem Tod wurde Pius' Heiligsprechung angeregt. Der Prozess wurde 1907 eröffnet und 1922 wegen Unzulänglichkeit der Dokumente eingestellt; 1954 wurde er wieder aufgenommen. Zusammen mit Papst Johannes XXIII. wurde Pius IX. im heiligen Jahr 2000 von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.
Als Rückschritt für die Ökumene betrachteten die evangelischen und orthodoxen Kirchen, als Affront verstanden Juden diese Seligsprechung; einzigartig war wohl auch das einstimmige Votum der deutschsprachigen katholischen Kirchenhistoriker gegen diese Seligsprechung: sie fördere ein Zerrbild von Heiligkeit und sei aufgrund der erheblichen menschlichen Schwächen von Pius nicht vertretbar.

Catholic Encyclopedia

Pius' Apostolische Konstitution über die unbefleckte Empfängnis der Maria und seine Enzyklika Quanta Cura gibt es in Englisch online.

Dokumente von Pius gibt es online zu lesen in den Documenta Catholica Omnia.

Das Pontifikat Pius' IX. in der Darstellung des Buches von August Franzen und Remigius Bäumer: Papstgeschichte. Aktualisierte Neuausgabe, Freiburg 1988, S. 353 - 367 gibt es online bei stjosef.at.

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon

Der Petersdom - die Basilika Sancti Petri in Vaticano - in Rom ist täglich von 7 Uhr bis 19 Uhr, mittwochs erst ab 13 Uhr geöffnet, der Eintritt ist wie in alle Kirchen Roms frei. Die Vatikanischen Grotten unter der Peterskirche mit dem Petrusgrab sind vom linken vorderen Vierungspfeiler des Petersdoms aus zugänglich und können von 8 Uhr bis 18 Uhr kostenfrei besucht werden. Der Besuch der darunter liegenden Nekropole ist nur nach Anmeldung unter scavi@fsp.va und mit Führung möglich, diese kostet 13 €. Der Besuch des Museums in der Sakristei ist von 8.30 Uhr bis 18.30 Uhr möglich, der Eintritt beträgt 5 €; der Besuch des Daches des Petersdoms, von dem man auch die Kuppel besteigen kann, kostet 6 €, bei der Fahrt mit dem Aufzug 8 €. (2017)
Die Kapelle d'Oro / Immaculata in Gaeta ist freitags, samstags und sonntags von 10.30 Uhr bis 12.30 Uhr und von 16.30 Uhr bis 18.30 Uhr geöffnet, der Eintritt beträgt 3 €. (2022)
Die Kirche San Lorenzo fuori le Mura in Rom ist täglich von 8 Uhr bis 12 Uhr und von 16 Uhr bis 18.30 Uhr geöffnet. (2017)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 27.04.2023

Quellen:

• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 8. Herder, Freiburg im Breisgau 1999

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.