Maria - Immaculata Conceptio - unbefleckte Empfängnis
- katholische Kirche: Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria
: Maria Immaculata
- orthodoxe Kirchen, orientalische Kirchen, anglikanische Kirche: Empfängnis der Gottesmutter Maria
- syrisch-orthodoxe Kirche: Verkündung der Schwangerschaft Annas
Gedenktag katholisch: 8. Dezember - gebotener Feiertag (= Tag mit Sonntagspflicht)
Hochfest
Regionalkalender von Spanien
Diözesankalender Köln, Eigenkalender des spanischen Militärerzbistums, Ordenskalender der Rogationisten, der Marianer von der Unbefleckten Empfängnis
Fest I. Klasse Im alten Messbuch entspricht die I. Klasse einem Hochfest.
Gedenktag anglikanisch: 8. Dezember
Gedenktag orthodox: 9. Dezember
Weihe der Diakonissenkirche in Konstantinopel: 13. Mai
Gedenktag armenisch: 9. Dezember
Gedenktag koptisch: 6. Dezember, 9. Dezember
Gedenktag äthiopisch-orthodox: 9. Dezember
Name bedeutet: C: Empfängnis (latein.)
Biografie: => Maria
Conception
, das Fest der Empfängnis der Gottesmutter Maria, bezieht sich auf die Empfängnis der Maria durch
ihre Mutter Anna.
Neun Monate vor Mariä Geburt feiert die katholische Kirche damit die Empfängnis der
Gottesmutter - diese wird sonst nur noch für Jesus Christus mit dem
Hochfest Annunziata - Verkündigung des Herrn
begangen; die
Orthodoxen Kirchen feiern auch die Empfängnis von
Johannes dem Täufer, nämlich am 23. September. Der
Osten feierte das Fest der Empfängnis der Gottesmutter an manchen Orten schon um 700 als Tag der Empfängnis der
Allerheiligsten Gottesmutter durch Anna
, über Süditalien und Frankreich kam es
nach England; um 1100 führte es Anselm von Canterbury für seine
Diözese ein. Besonders durch Franziskaner wurde der Tag propagiert und fand dann
allgemeine Verbreitung. 1477 führte Papst Sixtus IV. das Fest im Bistum
Rom ein, seitdem wird es am 8. Dezember mit
Messe und Hochamt zelebriert. Unter Papst Clemens XI. weitete sich das Fest als Mariä Empfängnis
1708 auf die gesamte
katholische Kirche aus.
Ineffabilis Deusvon Papst Pius IX. vom 8. Dezember 1854:
Die Lehre, dass die allerseligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis auf Grund einer besonderen Gnade und Auszeichnung von seiten des allmächtigen Gottes im Hinblick auf die Verdienste Jesu Christi, des Erlösers der ganzen Menschheit, von jeder Makel der Erbsünde bewahrt blieb, ist von Gott geoffenbart und muss deshalb von allen Gläubigen fest und unabänderlich geglaubt werden.
Dazu kommen dann noch die herrlichen Aussprüche der Väter, mit denen sie Zeugnis von der Empfängnis der heiligen Jungfrau ablegen, so wenn sie sagen, dass bei Maria die Natur vor der Gnade gewichen sei. Die Natur habe in ihrem Unvermögen voranzuschreiten gleichsam furchtsam stillgehalten; denn es war ja bestimmt, daß die jungfräuliche Gottesmutter nicht eher von Anna empfangen wurde, als bis die Gnade ihre Frucht gebracht hatte; sollte doch die Erstgeborene empfangen werden, die selber wieder den Erstgeborenen der ganzen Schöpfung empfangen sollte.
Die Franziskaner legten einen Schwerpunkt der Betrachtung
Marias zunehmend auf die unbefleckte Empfängnis
der Gottesmutter, d. h., dass schon bei
ihrer Zeugung die Verstrickung in die Erbsünde aufgehoben wurde; besonders
Johannes Duns Skotus entwickelte diese Lehre. 1854 verkündete Papst
Pius IX. das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis nicht nur des
Gottessohnes Jesus durch Maria, sondern auch der Maria durch
Anna. Bei der Empfängnis Christi ist nach katholischer Lehre das Entscheidende die
Empfängnis durch die Kraft des Heiligen Geistes und die unversehrte Jungfrauschaft der Gottesmutter Maria vor, während und
nach der Geburt.
Bei der Empfängnis der Maria durch Anna steht die Mitwirkung von
Joachim außer Frage, die Besonderheit ist jedoch, dass durch Gott Maria vom
ersten Augenblick ihres Daseins von jeglichem Makel der Urschuld unversehrt bewahrt wurde
. Das neue päpstliche
Dogma stieß damals wie heute sowohl in den protestantischen Kirchen wie in der
Orthodoxen Kirche auf Ablehnung.
Die Kirchen des Ostens besingen in Hymnen die Besonderheit der Erwählung der Gottesmutter, lehnen aber ab, wie dieses
Dogma durch den Entscheid des Papstes verkündet wurde. Patriarch Kyriakos von Konstantinopel, - dem heutigen
Ístanbul -, der von 596 bis 606 amtierte, weihte
zur Zeit von Kaiser Maurikios, der von 582 bis 602 regierte, die Diakonissenkirche in Konstantinopel der unbefleckten
Empfängnis der Gottesmutter
.
Früher sollten an diesem Tag die Frauen nicht arbeiten; gleichwohl war er nach alter Sitte der Tag des Beginns der
Bäckereien für Weihnachten. Seit 1953 pflegen die Päpste den
Brauch, sich am Nachmittag des 8. Dezembers zur Säule der Unbefleckten Empfängnis
auf der
Piazza di Spagna in Rom zu begeben, um sich -
nach der Übergabe eines Blumengebindes - im Gebet vertrauensvoll an die heilige Jungfrau zu wenden. Die katholische Kirche
gewährt demjenigen Gläubigen Teilablass, der an einer öffentlich abgehaltenen Gebetsnovene zur Vorbereitung auf dieses Fest
teilnimmt.
Maria Empfängnis ist heute gesetzlicher Feiertag in Österreich, Liechtenstein und den katholisch geprägten Kantonen der Schweiz sowie in Italien, Spanien, Portugal, Malta und Argentinien.
Patronin
von Spanien; der Tuchscherer, Böttcher und Tapezierer; der Diözese Köln und des Bistums Lausanne-Genf-Fribourg
Bauernregel:
Zu Mariä Empfängnis Regen, / bringt dem Heu keinen Segen.
Martyrologium Romanum Flori-Legium
Web 3.0 - Leserkommentare:
Eher zufällig bin ich auf die interessanten Leserkommentare von 2014 bis 2018 zum Marienfest am 8. Dezember
gestoßen und habe dazu zwei Anmerkungen:
• Offensichtlich wird dort mehrfach der der Geburt Mariens vorausgehende Zeugungsakt – als solcher traditionell durch
die erbsündliche Konkupiszenz [Begierde] belastet – in die Thematik der unbefleckten Empfängnis
mit einbezogen.
Dagegen lese ich schon in einem nur gut 30 Jahre nach der Verkündung des Dogmas erschienenen alten Dogmatiklehrbuch:
Vorab weisen wir auch noch auf den Unterschied zwischen conceptio activa et passiva hin. Unter der ersteren verstehen
wir jenen Act der Eltern, dessen Product für die Aufnahme der Seele bestimmt ist, unter der letzteren die creatio et
infusio animae. Von der conceptio activa nun behauptet das Dogma nicht, daß sie unbefleckt und heilig, d.h. frei von
erbsündlicher Concupiszenz gewesen sei; vielmehr denkt die Kirche an die conceptio passiva und lehrt danach, daß vom
ersten Augenblicke an, in welchem die Vereinigung der Seele mit dem Leib erfolgte, d.h. vom ersten Augenblicke ihres
Daseins an, Maria vor der Erbsünde bewahrt und mit der heiligmachenden Gnade ausgestattet worden sei.
M. a. W. der
Geschlechtsakt von Joachim und Anna wird ausdrücklich nicht als (im damaligen Sinne) unbefleckt und rein dargestellt.
• Ich entsinne mich, dass in den ersten Jahren der Liturgiereform nach dem
Konzil das Fest der Immaculata Conceptio im deutschen Heiligenkalender
Erwählung Mariens
genannt wurde; nach meinem Empfinden eine sehr schöne, aus der Tradition begründete Bezeichnung,
die treffend das zum Ausdruck bringt, um was es hier – abseits von aller komplizierten Erbsündenproblematik – letztlich
und eigentlich geht. Leider ist sie dann bald wieder aus den liturgischen Kalendern verschwunden, wohl wegen vermeintlich
mangelnder dogmatischer Korrektheit und Präzision.
Joachim Donsbach aus Euskirchen über E-Mail, 9. Dezember 2019
Zum heutigen Tag der Conceptio
habe ich besonders die langen und kenntnisreichen Kommentare
genossen. Für mich liegt hier ein Beispiel vor, wie aus der Haltung des aktuell diskutierten Klerikalismus Dogmen- und
Kirchengeschichte geschrieben wurde. Als Frau, die sich für die Geschichte des Umgangs mit Weiblichkeit in der Kirche
interessiert, stellt sich mir hier die Frage, inwiefern die ganze Marienverehrung - und nicht nur diese weibliche Heilige
- von diversen klerikal-männlichen Wünschen und Phantasien verzweckt wurde und wird. Ich sehe ebenfalls eine sehr enge
Verbindung zum zölibatären Denken und Wünschen, welche Maria, aber für mich auch
Maria Magdalena, aus biblischen Texten extrapoliert, um sie auf eine unantastbare
Säule zu stellen, sie liturgisch einzuwickeln
, was nichts mit wissenschaftlich-biblischen Befunden zu tun hat. …
Als Mann UND Frau sind wir Gottes Ebenbild, wie schon der vorausgehende eine Kommentar hervorragend herausstellte. - Vielleicht wird der Diskurs über das, was Klerikalismus in der Kirche anrichtet, noch ganz neue Glaubenserkenntnisse über Maria und Frauen in der Kirche / Kirchengeschichte hervorbringen. Ich würde es uns allen wünschen.
Pia Kutschera aus Duisburg über E-Mail, 8. Dezember 2018
Ihre Analyse zur unbefleckten
Empfängnis Mariens finde ich sehr interessant und journalistisch
gut recherchiert.
Ich bin selbst Medienschaffende und äusserst kritisch gegenüber unrecherchierten Behauptungen. Darum finde ich ihren
Beitrag interessant. Aber - bitte nehmen Sie mir es nicht übel - Ihr Beitrag ist eben nur
interessant.
Wissen Sie, um die tieferen Beweggründe zu verstehen, braucht es tatsächlich die Hilfe des Heiligen Geistes, der -
wie Jesus seinen Jüngern versprach - ihnen alles in Erinnerung rufen
werde, was Er ihnen bereits gesagt hat
. Als äusserst kritische Person (die eigentlich nur glaubt, was sie sieht
,
das macht alles eher kompliziert), konnte ich mir unter der unbefleckten Empfängnis
einfach nichts vorstellen.
Man kann sich nämlich auch die Frage stellen: ist denn eine Empfängnis, wenn sie innerhalb einer Ehe stattfindet
wirklich sündhaft
oder befleckt
?
Ehrlich gesagt, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, weil die (geordnete
, d.h. von Gott geschaffene
und gewollte) Sexualität niemals sündhaft
sein kann.
Doch richtig verstehen kann man diese Fragen nur, wenn wir auf den Schöpfungsmoment zurückschauen:
Gott schuf das Universum, die Himmelskörper, also auch die Erde und alles, was darauf kreucht und fleucht
. Zum
Schluss (…) schuf Er den Menschen und zwar als UNBEFLECKTE Schöpfung! Gott macht nichts unter diesem höchsten Standard
!
Man muss auch unbedingt verstehen, was eigentlich dieser verbotene Baum in der Mitte des Garten Edens
eigentlich richtig war: nämlich NICHT der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen
, sondern der Baum des Todes!
Besser verständlich, dass Gott dem Menschen verbat, von dieser tödlichen Frucht zu essen!
Warum Baum des Todes
? Ganz einfach: als Unbefleckte Schöpfung war der Mensch bis in alle Details, von der
kleinsten biologischen Einheit über seine biologische Ganzheit bis hin zu allen Eigenschaften wie Psyche, Gedanken, Geist
und Sein einfach nur GUT! Nichts, aber auch gar nichts ausser dem Guten gehörte zur tiefgreifenden Essenz des Menschen -
genauso wie es bei allen Schöpfungselementen, Natur, Stein, Luft, Wasser, Mineralien, usw., usw. der Fall war!
Durch die Versuchung des gestürzten Engels, d.h. jenes Engels, der die
Allmacht an sich reißen wollte, wurde die Würde Evas, der Frau
Adams, erst befleckt! Erst als sie Adam ebenfalls aktiv versuchte, wurde ihre
tiefste Essenz tatsächlich beschmutzt
, befleckt
und ein Teil des Guten wurde durch das Böse geschwächt. Als
Adam sich versuchen liess, war auch er in grosser Gefahr: Doch hätte Adam sich vom bösen abgewandt, indem er Gott um
Vergebung gebeten hätte, dann hätte die Sünde keine Wirkung auf die gesamte Menschheit gehabt. Aber Adam, anstatt um
Vergebung zu bitten, hat Gott noch vorgeworfen, dass die Frau die GOTT ihm gegeben hat, ihn verführt habe
und ihm
sozusagen die Schuld zugeschoben. Sein Hochmut, dass ihm so eine Schwäche ohne diese Frau doch nie passiert wäre, ist der
wahre Grund des Sündenfalles, der wie ein Gift alles Gute beeinträchtigt.
Und nun zu Maria: Da sie Nachkomme des ursprünglich unbefleckt geschaffenen
Menschen ist, konnte
sie nicht eine neue unbefleckte Schöpfung
sein. Denn der Widersacher (oder gefallene
Engel
) hätte niemals akzeptiert, dass eine neue Schöpfung
die alte
rettet!
Gott hat der Menschheit (der einzigen, in der Mann und Frau von der gleichen Natur
sind, wie Vater, Sohn und der
Heilige Geist von gleicher Natur
sind) mit der unbefleckten Empfängnis
ganz einfach eine zweite Chance gegeben!
Glücklicherweise hat Maria ihr FIAT
, ES GESCHEHE
d. h. das vollständig überzeugte Ja zur Schöpfung, gegeben,
weshalb Gott in ihr Gestalt annehmen und damit Seine Schöpfung besuchen konnte!
Ob Sie dieser Erkenntnis (die ja nur mich als Person engagiert …) zustimmen, sie nachvollziehen und
vielleicht als logische
Folge der Geschichte wahrnehmen können (oder wollen), das liegt selbstverständlich in Ihrer
(von mir vollständig respektierten) Freiheit!
Und sollte diese Erkenntnis tatsächlich der ursprünglichen Schöpfung entsprechen, dann hat dies
Jesus mit absoluter Sicherheit seinen Jüngern bereits offenbart … Es gibt
nämlich keine neuen
Offenbarungen, denn alles wurde gesagt
in der Zeit als Jesus unter uns lebte!
Es gibt deshalb keine neuen Propheten
mehr, sondern vielleicht einfach Menschen, die in ihrem Herzen die längst
offenbarte, aber vielleicht vergessen geratene Wahrheit wahrnehmen.
Elisabeth Sch. über E-Mail, 29. November 2018
Über die Dogmen bezüglich der Erbsünde und der Unbefleckten Empfängnis bin ich für meine Bedürfnisse ausreichend informiert, und da keines der 245 Dogmen der römisch-katholischen Kirche für mich maßgebend ist, kann ich mich unbefangen mit den Inhalten vergangener und gegenwärtiger Religionen befassen.
Ich kann z. B. die Unbefleckte Empfängnis (immaculata conceptio), die dauernde
Jungfräulichkeit der Maria von Nazarat (virginitas ante partum, in partu, post partum) und deren
leibliche Himmelfahrt nach Belieben bezweifeln oder leugnen, und
ich kann Maria bedauern, weil man ihr ihre Kinder genommen hat.
Ich kann mich mit Lilith, der vermutlich ersten Frau Adams
befassen und mir die Frage stellen, wo Kain seine Frau fand,
wenn doch alle Menschen von Adam und Eva abstammen und ihre
Nachkommen daher – außer ihren eigenen Kindern – aus inzestuösen Verbindungen stammen müssen, was
Sie ja verurteilen.
Im Zusammenhang mit der Unbefleckten Empfängnis ist es interessant, dass es vom
Geschlechtsverkehr einer Anna (Hanna) und eines
Joachim (Jojakim), die nur aus den so genannten
apokryphen Schriften bekannt sind, rund 1900 Jahre gedauert hat, bis dieses Faktum der wunderbaren
Empfängnis zu einer Lehrmeinung von unumstößlichen Wahrheitsanspruch geworden ist.
Da, wie gelehrt wird, die in Rede stehende Empfängnis, in Vorschau auf die Geburt
Jesu, frei von der Erbsünde war, könnte der dazu
notwendige Geschlechtsverkehr vorausschauend nach den Richtlinien der zölibatären römisch-katholischen
Geistlichkeit erfolgt sein.
Auch wenn sich Ihre Haare sträuben, die Einwohner von
Nazaret hatten an der
Gottesmutter
nichts Ungewöhnliches entdeckt.
Von ihrer Sündlosigkeit findet sich im Neuen Testament nichts.
Aus dem ausgehenden 2. Jahrhundert stammt ein Traktat, das in älteren
Handschriften auch als Historischer Bericht
bezeichnet wurde, in dem es heißt,
dass Maria im Alter von sechs Monaten gehen konnte, dass sie von ihrem dritten Lebensjahr
an im Tempel aus der Hand eines Engels aß und mit
16 Jahren durch den Heiligen Geist schwanger wurde (vgl. das Protoevangelium des
Jakobus, entstanden um 150).
Ernster zu nehmen sind sicher die Kirchenväter,
und viele von ihnen wie Tertullian,
Irenäus,
Chrysostomus,
Origenes,
Basilius und
Cyrill von Alexandria beschuldigten Maria
vieler Sünden; man sagte ihr auch Eitelkeit, Stolz u.a. mehr nach.
Papst Gregor I. „der Große”
erklärte klar und deutlich: Christus
allein wurde ohne Sünde empfangen
. Immer wieder sagte er, dass alle Menschen sündig
seien, selbst die heiligsten, mit der einzigen Ausnahme Christus. Seine Argumente und die
vieler Kirchenväter lassen keinen Zweifel an der Angelegenheit. Geschlechtlichkeit hatte immer
etwas mit Sünde zu tun. Maria wurde normal empfangen, deshalb in Sünde; Jesus wurde jungfräulich
empfangen, deshalb ohne Erbsünde.
Die Tradition war so gefestigt, dass für den großen mittelalterlichen Gelehrten
und Anselm von Canterbury das Problem bestand,
wie der sündlose Christus von einer Sünderin geboren sein konnte. Anselm pries Maria auf vielfältige
Weise: Ihre Fülle des Geistes machte alle Geschöpfe wieder grünen
. Doch er folgte Papst
Gregor und der großen Tradition standhaft:
Die Jungfrau selbst war in Ungerechtigkeit empfangen, und in Sünde hat ihre Mutter sie empfangen,
und mit Erbsünde wurde sie geboren, denn auch sie sündigte in Adam, in dem alle gesündigt haben.
Die Griechisch- und die Russisch-Orthodoxe Kirche
haben diese Tradition beibehalten. Der Gedanke, Maria sei sündlos geboren worden, beraubt sie ihrer
Meinung nach ihrer Größe und Verdienste.
Im Westen hingegen entwickelte sich der Marienkult im Mittelalter rasch. Die Katholiken neigten dazu,
die Menschheit Christi aus den Augen zu verlieren.
Deswegen erschien er fern, nicht so sehr als der Vermittler zwischen Gott und Mensch als vielmehr Gott
selbst. Dies führte zum Bedürfnis einer Vermittlung zum Vermittler durch eine heilige und mächtige
Instanz. Der Aufstieg der Mariologie ging mit dem Niedergang der Christologie einher.
Die großen Leuchten der Kirche wie der bedeutende Vertreter der Scholastik Alexander von Hales (* um 1185, † 1245), der Mystiker, Kreuzzugsprediger und Mönch des Zisterzienserordens Bernhard von Clairvaux, der Gelehrte und Bischof Albertus Magnus sowie einer der einflussreichsten Philosophen und Theologen, der Dominikaner Thomas von Aquin haben mit Berufung auf Augustinus von Hippo die Unbefleckte Empfängnis als Aberglauben bekämpft.
In der Mitte des 12. Jahrhunderts wurde in Lyon der Empfängnis der Jungfrau mit einem neuen Fest gedacht. Bernhard von Clairvaux war entsetzt. Er schrieb an die Domherren von Lyon und warnte sie, ihr Argument für Marias sündlose Empfängnis wäre auf alle ihre Vorfahren anzuwenden, männliche wie weibliche.
Der scholastische Theologe Petrus Lombardus (* um 1095/1100, † 1160) folgte dem griechischen Kirchenvater Johannes Damascenus. Maria war in Erbsünde empfangen und nicht von ihr gereinigt, bevor sie zustimmte, den Heiland zu gebären. Papst Innozenz III. (Papst von 1198 bis 1216) billigte diese Ansicht.
Weitere Gegner der immaculata conceptio unter den Päpsten waren Johannes XXII., der von 1316 bis zu seinem Tod 1334 ausschließlich in Avignon residierte, und seine Nachfolger Benedikt XII. (* um 1285, † 1342).
Besonders heftig wurde der Streit im 15. Jahrhundert ausgetragen, involviert waren
dabei u. a. die Universität Paris,
das Konzil von Basel und die Könige von
Aragón. Die theologische
Lösung für das Problem wurde schon zuvor von dem schottischen Philosophen und Theologen
Johannes Duns Skotus ausgearbeitet.
Er argumentierte, dass Maria aufgrund der Erwählung durch Gott im Wege der Vorauserlösung (praeredemptio)
bereits bei ihrer Geburt von der Erbsünde befreit gewesen sei, so dass sie auch bei der Geburt
Christi schon ohne Sünde gewesen sei. Seine
Beweisführung folgte einem Dreierschritt. Von Gott sagte Duns Scotus aus, er konnte es (potuit),
es geziemte sich (decuit), also hat er es gemacht (ergo fecit). Diese Auffassung, für die Skotus
auch den Beinamen Doctor marianus
erhielt, führte in der Folgezeit immer wieder zu
theologischen Auseinandersetzungen, vor allem mit den Dominikanern,
die in dieser Lehre eine Herabstufung der Göttlichkeit Jesu sahen.
Die gültige Lehre, die davon abgeleitet ist, wurde später in der Bulle Ineffabilis Deus
,
Der unbegreifliche Gott
definiert und dogmatisiert. Aber schon das
Konzil von Trient nahm bei seinen Aussagen über die
Erbsünde die heilige Jungfrau Maria ausdrücklich aus.
Der Dominikaner Vincenzo Bandello nannte nicht
weniger als 260 gelehrte Katholiken, um die besonders von den Franziskanern propagierte Lehre von der
Unbefleckten Empfängnis als Irrglauben zu erweisen.
Papst Sixtus IV., ein ehemaliger Franziskaner, untersagte
1482 die Verdammung des Glauben an die Unbefleckte Empfängnis. Aber 1568 verbot Papst Sixtus V. ihre Feier
aufs neue.
1622 sagte Papst Gregor XV., niemand könne etwas gegen das Fest der Unbefleckten
Empfängnis haben, nicht einmal privat, doch verbot er den Ausdruck unbefleckt
.
Im Jahr 1701 machte Papst Clemens XI. das Fest der Unbefleckten Empfängnis zur Pflicht für
die ganze Kirche. Er unterstützte damit auch die bereits 1621 von dem Mediziner Paolo Zacchia vertretene
Auffassung von der sofortigen Beseelung.
Thomas von Aquin z. B. folgte noch Aristoteles,
der sagte, die Beseelung des Ungeborenen sei ein gradueller Prozess.
Benedikt XIV. erklärte in seinem Dekret zur Seligsprechung, dass die Kirche zur Unbeflecken Empfängnis neige, aber nie einen Glaubensartikel daraus gemacht hat
1847 erschien in Rom das Werk des Jesuiten
Giovanni Perrone De immaculato b. v. Mariae conceptu an dogmatico decreto definiri
, mit dem
er einen Beweis
für die Unbefleckte Empfängnis aus dem Alten Testament lieferte.
Pius IX. hatte ein gutes Gespür für
Politik. Dass die Tage des Kirchenstaates gezählt waren, wusste er, denn zwei Jahre nachdem er
Papst geworden war, musste er fliehen.
In Gaëta hatte er
Zeit, über den Bereich nachzudenken, den er souverän beherrschen konnte. Er bereitete dies mit der
Enzyklika Ubi primum
mit dem Untertitel Über die Unbefleckte Empfängnis
vom 2. Februar
1849 vor, in der er ein besonderes Bild von Maria zeichnete.
Am 8. Dezember 1854 definierte Pius IX. dann die Unbefleckte Empfängnis der Jungfrau Maria in
der dogmatischen Bulle Ineffabilis Deus
, Der unbegreifliche Gott
.
Es war ein langer Kampf, den der Heilige Geist mit sich gekämpft hatte. Aber das letzte Mariendogma war es noch nicht.
Papst Pius IX. beglückte die Katholiken
zehn Jahre nach der Dogmatisierung der Unbefleckten Empfängnis am 8. Dezember 1864 mit der Enzyklika
Quanta Cura
, mit dem Anhang Syllabus errorum
, einer Liste von 80 Aussagen, die
von der Kirche als falsch verurteilt wurden.
Am 10. September 1874 verbot Pius IX. Katholiken unter Androhung des Entzugs kirchlicher Privilegien
sowohl die aktive als auch passive Teilnahme an den Wahlen in Italien.
Den Höhepunkt seiner Amtszeit bildete das 1.
Vatikanische Konzil, auf dem die Unfehlbarkeit des Papstes beschlossen wurde, wenn er ex cathedra
eine Glaubens- oder Sittenfrage als endgültig entschieden verkündet.
Die stark umstrittene Lehre der Unbefleckten Empfängnis war nur der Versuchsballon für die Definition
der päpstlichen Unfehlbarkeit.
Nach 1854 mussten sich die Dominikaner geschlagen geben und
keine Erscheinung Marias konnte ihnen noch helfen.
Zwischen Katholiken und anderen Christen war eine Barriere errichtet worden. Die Unbefleckte Empfängnis
war kein frommer Glaube mehr, den Katholiken in Freiheit annehmen oder ablehnen konnten. Sie waren mit
Exkommunikation bedroht, wenn sie nicht daran glaubten. Ohne einen ausdrücklichen Akt des Glaubens daran,
sagte ihnen Pius IX., konnten sie nicht erlöst werden. Andersdenkende sind durch ihr eigenes Urteil verdammt,
haben im Glauben Schiffbruch erlitten und sind von der Einheit der Kirche abgefallen
.
Die Definition der Unbefleckten Empfängnis war nicht nur in Inhalt und Methode der
Verkündigung außergewöhnlich. Trotz ihrer scheinbaren Nebensächlichkeit hat sie fast die gesamte Theologie
der katholischen Kirche beeinflusst.
Das zeigt sich u.a. hinsichtlich der päpstlichen Autorität, speziell bei der Definition der Lehre,
und bei den Themen Erbsünde
und der Sexualität
.
Papst Pius IX. stärkte die Vorstellung der Erbsünde
als Erbe von einem fernen Ahnen, der gesündigt hatte und diese Sünde auf den Rest der Menschheit übertrug.
Er war vor allem dafür verantwortlich, dass die katholische Kirche Darwins Befunde nicht akzeptieren
konnte, so wie sie zwei Jahrhunderte früher Galileos Aussagen nicht akzeptieren konnte.
Trotz der zunehmenden wissenschaftlichen Beweise, dass sich der Mensch über Jahrmillionen aus
niedrigeren Formen entwickelt hatte, bestand man im Vatikan darauf – und tut es noch heute – dass es
ursprünglich nur ein Paar gegeben habe, vollkommen an Leib und Geist, von dem die ganze Menschheit abstamme.
Darwins Erkenntnisse hätten der Kirche jedoch auch aus einer Schwierigkeit geholfen. Wenn nämlich
am Anfang der Menschheit ein einziges Paar stand, könnte sich der Mensch nach Gottes Plan nur durch Inzest
fortgepflanzt haben, der den katholischen Moraltheologen zufolge gegen das Naturgesetz verstößt und den
Gott selbst nicht billigen kann.
Die Lehre von der Unbefleckten Empfängnis hat auch die katholische Lehre zu Sexualität und dabei
besonders zu Empfängnisverhütung, Abtreibung und In-vitro-Fertilisation beeinflusst.
Die dogmatische Bulle von 1854 steht in enger Beziehung zur Enzyklika Humanae vitae
von Papst Paul VI. vom 25. Juli 1968.
Auch der Zölibat ist mit der Lehre der Unbefleckten
Empfängnis eng verknüpft. Ehelose, die gelobt haben, sich sexuell nicht auszudrücken, also keine Erbsünde
weitergeben, gelten als Menschen, die vollkommener leben als Eheleute.
Prof. Helmut Bouzek über E-Mail, 14. November 2014
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Quellen:
•
• E-Mail Domvikar Peter Lauer vom 6. Dezember 2004
• http://www.bauernregeln.net/dezember.html nicht mehr erreichbar
• http://www.zenit.org/german/visualizza.phtml?sid=99566 nicht mehr erreichbar
• Handbuch der Ablässe, Normen und Bewilligungen. Deutsche Ausgabe des Enchiridion Indulgentiarum, Rosenkranz-Verlag,
München 1971
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb.
Aufl., Bd. 6., Herder, Freiburg im Breisgau 1997
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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