Roger Schutz
Gedenktag evangelisch: 29. August
Name bedeutet: der mit dem Speer Ruhmreiche (engl./franz. - althochdt.)
Roger Louis Schutz-Marsauche, Sohn eines Pfarrers der Reformierten Kirche, studierte von 1935 bis 1939 Theologie in
Lausanne und
Straßburg. 1940 gab er seine sichere Karriere
als Pfarrer auf und fuhr mit dem Fahrrad in ein kleines Bergdorf nach Frankreich, das direkt an der Demarkationslinie
zwischen dem deutsch besetzten Frankreich und den französischen Truppen des freien Südens lag: das Dorf
Taizé. Er wollte dort eine Gemeinschaft gründen,
die das christliche Ideal der Versöhnung lebte. Er versteckte viele Flüchtlinge, darunter vor allem Juden. Nach Kriegsende
kümmerte er sich um deutsche Kriegsgefangene. Freunde und Gleichgesinnte, darunter auch Katholiken, schlossen sich Roger
Schutz an und er entdeckte, dass auch sein Christsein sich erst im Zusammenfluss mit der katholischen Theologie
richtig entwickelte.
1949 legten die ersten sieben Brüder ein gemeinsames Gelübde zum überkonfessionellen klösterlichen Leben ab und
gründeten damit die Communauté
, die Gemeinschaft
von
Taizé. Die Ordensmitglieder leben nach den
evangelischen Räten
- Maßstäben, die der Bergpredigt entnommen sind - in Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam. Die
Entwicklung des inneren Lebens
einerseits, die Solidarität mit den Menschen
andererseits sind Grundpfeiler
der Gemeinschaft. Frère Roger, wie er sich nun nannte, stand der Gemeinschaft bis zu seinem Tod als Prior vor.
Seit den 50er-Jahren versammelten sich Zehntausende vor allem junger Christen aus Europa und der ganzen Welt in
Taizé zu Gesprächen und zum Gebet. 1950
richtete er mehrere Eingaben an Papst Pius XII., um das Dogma von der leiblichen
Aufnahme der Maria in den Himmel zu verhindern; nachdem er kein Gehör fand,
gab es jahrelang keine Kontakte mehr zwischen Roger Schutz und dem Vatikan. Nach der
Wahl von Papst Johannes XXIII., der Taizé den kleinen Frühling der
Kirche
nannte, begann ein intensiver Gedanken- und Meinungsaustausch mit dem Vatikan, 1962 wurde Roger Schutz zum
2. Vatikanischen Konzil eingeladen. Dort lernte er auch Karol Woityła,
den späteren Papst Johannes Paul II., kennen, der später zweimal
Taizé besuchte und Schutz 1973 nach Polen einlud.
Roger Schutz und sein kleiner Orden fanden wachsenden Zuspruch unter jungen Menschen aus allen Teilen Europas; das
Konzil der Jugend
, das 1974 in Taizé
stattfand, wurde von mehr als 40.000 Jugendlichen besucht. Seither treffen sich jährlich Zehntausende junger Menschen aus
allen Teilen der Welt im Rahmen des Europäischen Pilgerweges des Vertrauens auf der Erde
in wechselnden
europäischen Städten. Bis zu 60.000 Jugendliche aus allen Erdteilen sprechen in den Wochentreffen über Glaubens- und
Sinnfragen, beten und feiern gemeinsam Gottesdienst. Inzwischen gehören der ökumenischen Gemeinschaft 100 Brüder aus
evangelischen und katholischen Kirchen und aus 25 Nationen an. Sie verdienen ihren Lebensunterhalt selbst und verzichten
auf Spenden und Gaben. Einige Brüder leben mit den Ärmsten in Asien, Afrika und Südamerika.
In der zunächst protestantisch, dann überkonfessionell orientierten Gemeinschaft stand der ökumenische Gedanke immer
vornean. Es komme nicht auf die theologischen Differenzen an: Suchen wir nicht, wer recht oder unrecht hat, sondern
versöhnen wir uns
, sagte er mit einem Satz, den er von Papst Johannes
XXIII. übernahm. Nachdem 1949 sieben Protestanten die Gelübde abgelegt hatten, kam 1969 der erste Katholik zur
Gemeinschaft hinzu; heute sind rund ⅓ der Brüder römisch-katholisch. Schutz stellte sich eine Art dritter Konfession
vor und schlug dafür in den 1970er-Jahren eine Doppelmitgliedschaft in beiden Kirchen vor, um so zu einer Kirche der
Gemeinschaft
zu werden, die insgesamt den Papst als sichtbaren Garanten der Einheit anerkenne.
Frère Roger beschrieb seine Grundgedanken in den Büchern In allem ein innerer Friede
und Kampf und
Kontemplation
; aber er wirkte bis zuletzt v. a. durch sein Vorbild, seine persönliche Ausstrahlung und seine
Glaubwürdigkeit: das Vertrauen des Herzens
sei aller Dinge Anfang
. Nicht mit Moralpredigten, sondern durch
erfahrbare Güte des Herzens gewann er vor allem junge Leute. 1974 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels,
1988 den UNESCO-Preis für Friedenserziehung, 1989 in
Aachen den Internationalen Karlspreis. In
Italien wird er der heilige Franziskus des 20. Jahrhunderts
genannt.
Roger Schutz erlag wenige Stunden nach dem Attentat den Verletztungen, die ihm eine psychisch gestörte Besucherin während des Abendgebets in Taizé vor 2500 Jugendlichen mit drei Messerstichen zufügte. Schon vor acht Jahren hatte er Frère Alois Löser bestimmt, ihm nach seinem Tod als Verantwortlicher für die Communauté nachzufolgen.
Worte von Roger Schutz
Aus der Kleinen Quelle von Taizé
, der Regel der Gemeinschaft, an der Frère Roger von 1941 bis 2001
gearbeitet hat:
Du willst um Christi und des Evangeliums willen dein Leben hingeben (vgl. Markusevangelium 10, 29; Matthäusevangelium,
16, 25) – denk daran, dass du sogar in deiner eigenen Nacht mit ihm auf das Licht zugehst.
Verzichte also darauf, zurückzuschauen (vgl. Lukasevangelium 9, 62), und laufe in den Spuren Jesu Christi. Er führt dich
auf einen Weg des Lichts: Ich bin, aber auch: Ihr seid das Licht der Welt (Johannesevangelium 8,2; Matthäusevangelium 5, 14).
Du möchtest vielen anderen die Wege des Herrn Jesus Christus bereiten (vgl. Markusevangelium 1, 3), selbst noch in den
Nächten der Menschheit ein Feuer entzünden (vgl. Lukasevangelium 12, 49). Du weißt, Jesus Christus ist für alle (vgl.
Titusbrief 2, 11), nicht nur für einige gekommen; er hat sich ausnahmslos an jeden Menschen gebunden. Eine solche
Katholizität des Herzens hat Gott in dich gelegt.
Stiftest du mit fast nichts Versöhnung im Geheimnis der Gemeinschaft, das die Kirche ist?
Der gemeinsame Einsatz spornt dich an – freu dich, du bist nicht mehr allein, in allem gehst du den Weg mit deinen
Brüdern. Mit ihnen bist du berufen, ein Gleichnis der Gemeinschaft zu verwirklichen.
Auch wenn du keinen fühlbaren Widerhall spüren solltest, die geheimnisvolle Gegenwart Christi weicht nie von dir. Es
mag dir vorkommen, als regten sich Zweifel – in dir ist jedoch vor allem das Wunder seiner steten Gegenwart.
Manchmal überraschst du dich dabei, ihn zu fragen: Was erwartest du von mir? Und du sagst zum Auferstandenen: Höre,
höre mein Kindergebet, gib, dass ich in jedem Augenblick dir alles anvertraue.
Gott könnte ohne unser Gebet auskommen. Es ist ein Geheimnis, dass er so großen Wert darauf legt.
Er versteht alle Sprachen der Menschen. Dich still in seiner Nähe halten heißt schon beten: Deine Lippen bleiben
geschlossen, aber dein Herz spricht zu ihm. Durch den Heiligen Geist betet Christus in dir, mehr als du denkst (vgl.
Römerbrief 8, 26).
Im gemeinsamen Gebet lässt der Geist des Lobpreises den einen oder anderen Widerschein des Unsichtbaren erkennen. Dort
empfängst du unvermittelt einen Sinn. Und es erfüllt dich das Staunen einer Liebe. Die einfache Anwesenheit belegt bereits
deine Erwartung des lebendigen Gottes; sie ist Vorspiel der Kontemplation.
Quelle: Quellen des geistlichen Lebens, Bd. 4, hrsg. von Gisbert Greshake und Josef Weismayer. Matthias-Grünewald-Verlag, Ostfildern 2008, S. 267 - 269
Zitate von Roger Schutz:
Gott will, dass wir glücklich sind: Wo aber liegt die Quelle dieser Hoffnung? Sie liegt in einer
Gemeinschaft mit Gott, der im Grund der Seele jedes Menschen lebt.
In jedem Menschen findet sich ein Teil der Einsamkeit, die keine menschliche Vertraulichkeit ausfüllen kann. Dort ist
es, wo Gott uns begegnet.
Gebet ist das Bewusstsein einer tiefen Freundschaft mit Gott.
Christus lieben und die Kirche lieben, das ist eins.
Lebe das, was du vom Evangelium verstanden hast. Und wenn es noch so wenig ist, aber lebe es!
Maria hat ihren Sohn nicht für sich behalten, sondern der Welt hingegeben.
In gleicher Weise sind auch wir berufen, die Menschen, die Gott uns anvertraut, nicht für uns zu behalten, sondern hinzugeben,
was Gott uns gibt.
Quelle: www.evangeliums.net/zitate/roger_schutz_frere.htm - abgerufen am 29.04.2020
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung
Die internationale ökumenische Communauté de Taizé hat auf ihrer Website in 27 Sprachen Informationen über das Leben in der Gemeinschaft, über Frère Roger Schutz und über Möglichkeiten des Besuches in Taizé.
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 05.07.2024
Quellen:
• Chronik-Kalender 2005 Kalenderblatt vom 12. Mai. Harenberg, Dortmund 2004
• Paul Kreiner: Sein Vertrauen war grenzenlos. Stuttgarter Zeitung, 18. August 2004
• Martin Schuck: Nähe zum Papst. zeitzeichen 9/2005
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der
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https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.