Ökumenischer Rat der Kirchen
Der Ökumenische Rat der Kirchen - kurz ÖRK, englisch World Council of Churches, WCC - wurde im August 1948 in Amsterdam gegründet. Er ist der weltweite Zusammenschluss von (2013) 345 protestantischen, anglikanischen, orthodoxen, altorientalischen und anderen Kirchen aus allen Kontinenten, die nicht zur römisch-katholischen Kirche gehören. Sein Sitz ist in Grand Saconnex bei Genf.
Ausgangspunkt der ökumenischen Bewegung war die erste Weltmissionskonferenz
, die 1910 in
Edinburgh unter dem Leitwort Evangelisation
der Welt
stattfand. Daraus entstanden die Bewegungen für Praktisches Christentum
mit internationalen Konferenzen
in Stockholm 1925 und in
Oxford 1937 sowie Glaube und
Kirchenverfassung
mit internationalen Konferenzen in
Lausanne 1927 und in Edinburgh 1937; beide
Bewegungen schlossen sich 1938 in Utrecht zusammen.
Entscheidende Anstöße gab 1920 auch das Ökumenische Patriarchat der Orthodoxen Kirchen in
Konstantinopel - dem heutigen Ístanbul - mit
einem öffentlichen Aufruf zur Einrichtung einer ständigen gemeinsamen Vertretung aller Kirchen ähnlich dem nach dem Ersten
Weltkrieg geschaffenen Völkerbund. Anstöße kamen auch vom schwedischen Erzbischof
Nathan Söderblom. 1937 trafen sich 35 Personen aus Kirchen in aller
Welt in London, um über die Gründung einer
weltweiten ökumenischen Organisation zu sprechen; dabei wurde die Struktur des ins Auge gefassten Rates beschlossen -
u. a. mit einer Frauenquote von 33 % -; am Ende wird der Niederländer Willem Visser 't Hooft zum Leiter bestimmt. Noch
im selben Jahr wurde der Plan auch auf den Konferenzen von Glaube und Kirchenverfassung
und Praktisches
Christentum
besprochen; an letzterer in Oxford nahmen Theologen und Laien, Männer und Frauen, Protestanten und Orthodoxe
teil und forderten angesichts der spürbaren Kriegsgefahr die Welt zum Frieden auf. 1938 wurde bei einem Treffen in Utrecht
die Gründung des Ökumenischen Rates im Jahr 1941 beschlossen, ein vorläufiges Komitee eingerichtet und Visser 't Hooft zum
Generalsekretär berufen.
Im Juli 1939 versammelten sich 1500 Jugendliche aus den Kirchen der Welt zu einer Konferenz in
Amsterdam; die Kriegsgefahr war inzwischen
beherrschendes Thema, das Treffen beschloss: In Krieg, Streit und Verfolgung müssen wir einander stärken und unserer
christliche Einheit ungebrochen bewahren.
Während des Krieges versuchte das Komitee von
Genf aus, die Bekennende Kirche
in
Deutschland und Widerstandsgruppen in den besetzten Niederlanden zu unterstützen, half Juden zur Flucht und unterrichtete
die Welt über die Massenmorde an den Juden in Deutschland. Nach Kriegsende wurden internationale Hilfen zum Wiederaufbau
koordiniert und schon im Oktober 1945 die Verbindung zu den Kirchen in Deutschland wieder hergestellt; in Anwesenheit von
Visser 't Hooft legten diese daraufhin das Stuttgarter
Schuldbekenntnis ab.
Nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs konnte schließlich 1948 in
Amsterdam der Ökumenische Rat der Kirchen
tatsächlich gegründet werden. 1961 schloss sich auch der 1921 gegründete Internationale Missionsrat
an, hinzu kam 1971 der Weltrat für
Christliche Erziehung
, der in der Sonntagsschul- und Kirnderkirch-Bewegung im 18. Jahrhundert seine Wurzeln hatte.
Erklärt wurde: Die christlichen kirchen sollten die Ideologie beider verwerfen, des Kommunismus und des
Laisser-Faire-Kapitalismus, und danach trachten die Menschen von der falschen Vorstellung zu befreien, diese beiden Extreme
stellten die einzigen Alternativen dar.
Voraussetzung für die Aufnahme einer Kirche in den Ökumenischen Rat sind:
• das Bekenntnis zum Glauben an den dreieinigen Gott wie er in der Bibel steht, zur Göttlichkeit
Christi und dessen leiblichem Tod und Auferstehung und zu den Lehren, wie
sie im Glaubensbekenntnis von Nicäa ausgedrückt sind;
• die Verkündigung des Evangeliums und die Feier der Sakramente nach ihrer Lehre;
• die Taufe im Namen des Vaters, des Sohns und des Heiligen Geists
und Akzeptanz dafür, dass die Kirchen die
gegenseitige Anerkennung ihrer Taufen anstreben;
• die Erkenntnis der Gegenwart und des Wirkens Christi und des Heiligen Geistes auch jenseits der eigenen Kirche und
die Bitte, dass allen Kirchen die Einsicht geschenkt werden möge, dass auch andere Mitgliedskirchen an die Heilige Trinität
und die erlösende Gnade Gottes glauben;
• die Anerkennung von Elementen der wahren Kirche in den anderen Mitgliedskirchen des ÖRK, selbst wenn man sie nicht
als Kirchen im wahren und vollen Sinne des Wortes
ansieht;
• die Fähigkeit zur autonomen Entscheidung über Lehre und Organisation;
• eine Mindest-Mitgliederzahl von 50.000 Menschen, wobei Ausnahmen möglich sind und kleinere Kirchen ohne Stimmrecht
aufgenommen werden können;
• die Bereitschaft, alles in ihrer Kraft Stehende tun, um konstruktive ökumenische Beziehungen zu anderen Kirchen
ihres Landes oder ihrer Region zu pflegen.
Die römisch-katholische Kirche gehört dem ÖRK nicht an, da Kirchenbild und die Lehren von der Kirche des ÖRK nicht mit denen der römisch-katholischen Kirche vereinbar seien. Sie arbeitet aber in mehreren Bereichen mit dem ÖRK zusammen und ist Vollmitglied der Kommissionen für Glauben und Kirchenverfassung sowie Weltmission und Evangelisation. 1965 wurde in Folge des 2. Vatikanischen Konzils ein gemeinsames Beratungsorgan eingerichtet. Auch viele evangelikalen Kirchen und die meisten Kirchen der Pfingstbewegung sind keine Mitglieder des ÖRK. Die Siebenten-Tags-Adventisten nehmen als Beobachter an den Sitzungen und Konferenzen teil.
In den Auseinandersetzungen um das große Engagement des ÖRK gegen die Apartheid in Südafrika traten 1961 drei der weißen südafrikanischen reformierten Kirchen aus dem ÖRK aus; 1978 folgten deshalb auch die Heilsarmee und 1980 die Presbyteriansche Kirche von Irland.
Nach dem Fall der Ost- / West-Spaltung 1989 bezogen die Orthodoxen Kirchen, die bis dahin auf die weltweite Solidarität und Unterstützung der Kirchen des ÖRK angewiesen waren, zunehmend eine kritisierende Position bis hin zu Austrittsdrohungen einzelner orthodoxer Kirchen. Sie sahen eine zu starke Orientierung auf sozialethische Fragen, eine übermäßige Anerkennung von Pluralität der Bewegungen und zu viele Aktionen, um Problemen in der Welt gerecht zu werden. Dies sei begründet in der zahlenmäßigen Dominanz der vielen verschiedenen evangelischen Kirchen, die daher in den Prioritäten und Programmen des ÖRK dominierten. Daraufhin wurde 2005 die Verfassung des ÖRK geändert und an Stelle des Mehrheits- das Konsens-Verfahren als Methode der Entscheidungsfindung und Beschlussfassung eingeführt; es wurde erstmals auf der Vollversammlung 2006 in Porto Alegre angewendet.
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 04.11.2018
Quellen:
• Frank Kürschner-Pelkmann: Ein Baum im Sturm. Eine Welt. ZS des EMW 2/1998
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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