Ökumenisches Heiligenlexikon

Gallus und Kolumban in Tuggen

In Tuggen erlebten die Irenmönche den ersten Zusammenprali mit dem alemannischen Heidentum. Über die Tuggener Erlebnisse berichtet Wetti: Der Ort habe gefallen, aber die Verkehrten Gewohnheiten der Bewohner missfielen. Grausamkeit und Bosheit herrschten unter ihnen, und sie waren dem Aberglauben der Heiden ergeben. Als daher die Diener Gottes unter ihnen ihren Wohnsitz nahmen, lehrten sie dieselben, den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist anbeten. Als Gallus begann, die Tempel der Heiden niederzubrennen und das, was den Göttern geweiht worden war, in den See zu versenken, ergriffen sie gegen Gallus und Kolumban die Waffen des Hasses, der so sehr ihre Herzen entflammte, dass sie nach gepflogener Beratung den Mann Gottes, Gallus, töten und Kolumban mit Schimpf und Schande aus ihrem Gebiet verjagen wollten. Kolumban habe darum gebetet. Gott möge mit Schande dieses Volk schlagen, damit, was es Böses seinen Dienern zudenke, auf sein Haupt falle. Seine Kinder sollen dem Untergang geweiht sein (Psalm 109, 13). Die Weissagung des Psalmisten möge an ihnen erfüllt werden (Psalm 7, 17): Sein Schmerz wird auf seinen Kopf kommen und sein Frevel wird auf seinen Scheitel fallen. Die älteste Karte der Eidgenossenschaft, die von Konrad Türst (1495 - 97), zeigt, dass Tuggen, wie Wetti sagt, im Mittelalter am Zürichsee lag. Der obere Zürichsee reichte hakenförmig um den Buechberg herum und bespülte auch die Ufer von Tuggen. Dieser mittelalterliche Tuggenersee ist heute versumpft. Wie heute war Tuggen zur Kolumbanszeit ein Dorf (Villa), das für die Iren darum bedeutend war, weil es eine heidnisch-alemannische Kultstätte barg. Die Behauptung, dass in Tuggen Holztempel als Stätten der Gottesverehrung bestanden, nimmt Blanke als zu Recht bestehend an. Fraglich scheint ihm, dass eine Mehrzahl von Tempeln da war. Die Tuggener Tempel enthielten wohl Weihe(Opfer-)gaben, wie sie auch sonst als Inhalt germanischer Heiligtümer bezeugt sind. Da die Tuggener Votivgeschenke in den See versenkt wurden, waren sie offenbar aus Metall. Blanke nimmt an, dass um 550 Alemannen nach Tuggen gekommen seien und also bereits zwei Menschenalter vor Kolumbans Erscheinen dort weilten und die dortige Kultstätte der religiöse Mittelpunkt des Landstrichs war.

Anhöhe „Egg” bei Tuggen
Anhöhe Egg bei Tuggen

Die Tuggener Ortsüberlieferung bezeichnet die Anhöhe Egg als die Stelle, wo die Irenmönche ihre Zellen bauten. Dort fanden die Mönche Wasser (noch heute fließt auf der Egg eine Quelle, die wohl in Erinnerung an den Wohnsitz der Iren schon im Mittelalter Gallusbrünnlein hiess), sie fanden dort auch Einsamkeit. Und die anmutige Rundsicht musste auch den angeborenen Natursinn der Iren befriedigen.

Für die Forschung eine schwierige Frage ist die, ob Kolumban in Tuggen ein irisches Kloster gegründet habe. Nach der Ortsüberlieferung standen die Heidentempel an der Stelle, die heute die Kirche einnimmt. Die Vernichtung der Heidentempel war ein Hauptmittel, um den Heiden die Unkraft ihrer eigenen Götter und die Übermacht des Christengottes zu beweisen. Dem Schicksal, getötet zu werden, entzogen sich die Iren mit ihren Genossen durch die Flucht. Der in die Form eines Gebetes gekleidete Fluch Kolumbans über die Tuggener war ein Stück der damaligen Missionsmethode, ein letztes Mittel, die Alemannen zur Umkehr zu bewegen, und hat in den alttestamentlichenWir verwenden den Begriff Altes Testament, wissend um seine Problematik, weil er gebräuchlich ist. Die hebräische Bibel, der „Tanach” - Akronym für „Torah” (Gesetz, die fünf Bücher Mose), „Nevi'im” (Propheten) und „Kethuvim” (Schriften) - hat aber natürlich ihre unwiderrufbare Bedeutung und Würde. Rachepsalmen seine Vorbilder.

Nach Blanke Ist der Fluch Kolumbans, zumal bei dessen loderndem Temperament, denkbar und nach P. Kilger auch eine Voraussage der Bekehrung der Tuggener Kinder. VonTuggen wandten sich die Flüchtlinge an den Bodensee.

aus: Paul Letter - Die Schweizer Kulturgemeinschaft im Lauf der Jahrhunderte
fotografiert am 26. August 2012

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Autor: Paul Letter - zuletzt aktualisiert am 14.09.2015
korrekt zitieren:
Paul Letter / Joachim Schäfer: Artikel
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