Ökumenisches Heiligenlexikon

Der Kindermord in Betlehem - Faktum oder Fiktion?


Bekannt ist der Kindermord von Betlehem durch die Bibel. Von ihr ausgehend entstand die christliche Überlieferung, der zufolge hinter dem Mordanschlag die egoistische Furcht des Königs Herodes I. stand, durch den geweissagten neuen König der Juden, der in Betlehem zur Welt gekommen sein sollte, die eigene Herrschaft zu verlieren. Da Herodes nicht wusste, bei welchem der Neugeborenen es sich um den Messias handelte, habe er, um sein Ziel ganz sicher zu erreichen, in Betlehem alle Kinder im Alter bis zu zwei Jahren umbringen lassen.

Traditionen

Schon früh kam die Geschichte vom betlehemischen Kindermord auf die Bühne. In mittelalterlichen Magier-, Weihnachts- und Mysterienspielen wurde Herodes zum Prototyp des Bösewichts. Diese Tradition wurde im Zeitalter des Barocks fortgesetzt. Der Stoff vom Kindermord in Betlehem hat immer wieder neue Bearbeiter gefunden. Die bedeutendsten Dramatiker und Erzähler griffen ihn auf.

Als greifbaren Beweis gibt es angebliche Reliquien. Etwa fünf Kilometer westlich von Altötting in Oberbayern liegt in der Gemeinde Tüßling die Wallfahrtskirche Heiligenstatt. In dieser Kirche befindet sich ein Reliquienschatz, dessen auffälligstes Stück eine fast 70 cm hohe, aus Silber gefertigte und vergoldete Reliquienmonstranz aus dem Jahr 1721 ist, die die Fußreliquie eines unschuldigen Kindes birgt.

Mit dem Kindermord von Betlehem wurde auch der 1988 gemachte Fund von über hundert Skeletten von Neugeborenen in einem Wohnviertel hinter den ehemaligen Hafenanlagen der Hafenstadt Ashqelon, einer der zur Zeit Jesu wichtigsten Häfen Palästinas, in Verbindung gebracht. Der 2004 verstorbene Papyrologen Carsten Peter Thiede behauptete, diese seien auf die Zeit des Herodes zu datieren und stammten zu einem großen Teil von Jungen unter zwei Jahren.

Die griechisch-orthodoxe Liturgie nennt 14.000 ermordete Knaben, die syrische 64.000, während mittelalterliche Autoren bis zu 144.000 Opfer annahmen. In einem irischen Gebet ist von 2140 Kindern die Rede, die Armenische Kirche kennt 462 ermordete Kinder und Theologen im 19. Jahrhundert sprachen auf Grund der anzunehmenden Größe des Ortes Betlehem zu biblischen Zeiten nur noch von etwa sechs bis zwanzig erschlagenen Kindern, gegenwärtig kursieren die Zahlen 20 bis 30 bzw. 20 bis 50.

Die Quelle

Nur im Matthäusevangelium (2, 1 bis 18) wird die Geschichte erzählt von der Huldigung der Magier über die Flucht Josefs mit Maria und Jesus nach Ägypten bis zum Kindermord.
Unklar ist, warum sich in Verbindung mit dem Mord an unschuldigen Kindern das Wort des Propheten Jeremia erfüllt haben soll, der im Zusammenhang mit dem babylonischen Exil das Bild der Erzmutter Rahel beschwört, die im übertragenen Sinn den Verlust ihrer Kinder beweinte, nämlich der 10 Stämme des Nordreiches, die aus der assyrischen Gefangenschaft (722/21 v. Chr.) nicht mehr heimkehrten.

Bekannt ist der Kindermord in Betlehem durch die Bibel, und zwar einzig und allein durch das Matthäusevangelium. Der dort dargestellte Kindermord erscheint fragwürdig, da die Bibel in ihrer Gesamtheit nur mit Vorbehalt als historische Quelle zu benutzen ist und sie keinesfalls als Geschichtsdarstellung geschrieben worden ist. Sie ist also – wissenschaftlich gesehen – weniger als eine Geschichtsquelle; andererseits aber ist sie – jedenfalls für Christen – sehr viel mehr, nämlich Offenbarung und Wort Gottes. Daraus folgte der Unbedingtheitsanspruch der Bibel, wie er jahrhundertelang feststand, und der einen Irrtum von vornherein ausschloss. Doch seit mehreren Jahrzehnten sieht man das anders. Aufgrund sorgfältiger Forschung über die Entstehungsgeschichte werden die einzelnen Bücher und Schriften der Bibel derzeit unterschiedlich beurteilt. So gilt etwa die alte Überlieferung, nach der das Matthäus-Evangelium von Matthäus, einem der zwölf Apostel Jesu, geschrieben wurde, als unmöglich. Es spricht vielmehr alles dafür, dass der Verfasser des Matthäus-Evangeliums später als Jesus gelebt hat, denn er blickt auf die Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 n. Chr. zurück und hat offenbar das Markus-Evangelium als Quelle benutzt.

Der unbekannte Verfasser des in Rede stehenden Evangeliums hat wahrscheinlich im antiken Syrien – möglicherweise in Antiochia - dem heutigen Antakya - gelebt, war Juden-Christ und hat für Juden-Christen geschrieben. Sicher wollte er mit seinen Schilderungen von der Flucht der heiligen Familie nach Ägypten und dem Kindermord in Betlehem an die Geschichte des Mose anknüpfen.

Das wohl berühmteste Vorbild für die Legende vom Kindermord in Betlehem ist die Erzählung von der Bedrohung und wunderbaren Errettung des kleinen Moses. Aber es gibt auch viele andere berühmte Geburtslegenden:

Die Bedrohung und Errettung des Moses
Die Zahl der in Ägypten lebenden Israeliten wurde für die Landesherrn zu groß, die Israeliten wurden zu einer Bedrohung. Da gab der Pharao den Befehl – so heißt es im 2. Buch Mose (1, 15 - 22) – alle neugeborenen Knaben der Israeliten zu töten. Mose aber wurde nach seiner Geburt von seiner Mutter drei Monate lang verborgen gehalten. Länger aber konnte sie ihn nicht versteckt halten. Und sie nahm für ihn einen Korb aus Papyrus und verklebte ihn mit Asphalt und Pech. Und sie legte das Kind hinein und legte ihn ins Schilf am Ufer des Nil. Dort fand ihn die Tochter des Pharaos, die ihn rettete (2. Buch Mose 2, 1 - 10).
Die Geburtslegende Sargons
Sargon ist die hebräische Namensform für Scharrukin (Der König ist legitim). Er kam in jungen Jahren als Mundschenk an den Hof des Königs Ur-Zababa von Kiš - heute eine abgegangene Stadt bei Hillah. Von König Sargon von Akkad, der um 2350 v. Chr. das erste semitische Großreich geschaffen hatte, heißt es in Keilschrifttexten: „Sargon, der mächtige König, der König von Akkad bin ich. Meine Mutter war eine Tempeldirne, meinen Vater kannte ich nicht. Es empfing mich meine Mutter; im Geheimen gebar sie mich; sie setzte mich in ein Kästchen aus Rohr, verschloss mit Erdpech seinen Deckel. Sie setzte mich in den Fluss. Der Fluss trug mich zu Akki, dem Begießer. Akki, der Begießer, nahm mich zum Sohne an und zog mich auf.
Romolus und Remus
Der trojanische Held Aeneas, der Sohn des Anchises und der Göttin Aphrodite, verließ mit seinem greisen Vater auf dem Rücken das brennende Troja - die heutigen Ruinen bei Kumkale. Er verlor dabei seine Gattin Kreusa (Tochter des Priamos und der Hekuba/Hekabe), aber er rettete seinen Sohn Askanius, auch Iulus genannt. Iulus war der Stammvater der Iulier und damit der Ahnherr von Iulius Caesar. Mit einer Schar überlebender Trojaner gelangte Aeneas nach Sizilien, wo Anchises starb. Nach einiger Zeit bei Dido in Karthago - dem heutigen Vorort von Tunis - gelangte Aeneas nach Latium und heiratete Lavinia, die Tochter des Königs Latinus, dessen Nachfolge er antrat. Der Sohn und Nachfolger des Aeneas, Iulus, zog in die Albaner Berge und gründete Alba Longa - wohl das heutige Castel Gandolfo -, eine Stadt, die fortan von Königen regiert wurde, deren letzte Numitor und Amulius hießen. Numitor herrschte als König von Alba Longa, aber sein Bruder Amulius stieß ihn vom Thron. Um Rhea Silvia, Numitors Tochter, zu hindern, Nachkommen zu gebären, zwang Amulius seine Nichte, Priesterin der Vesta zu werden, woran die Pflicht zu 30-jährigem Dienst in Jungfräulichkeit gebunden war.
Der Kriegsgott Mars näherte sich aber Rhea Silvia und sie schenkte Zwillingen das Leben. Amulius brachte die Mutter um und ließ die Zwillinge, Romolus und Remus, in einer Wanne im Tiber aussetzen. Da der Tiber gerade Hochwasser führte, wurde die Wanne mit den Kindern in der Nähe des RomPalatins in Rom ans Ufer getrieben. Dort hörte eine Wölfin ihre Schreie und säugte sie, bis Faustulus, ein königlicher Hirte, sie fand. Zusammen mit seiner Frau Acca Larentia zog Faustulus die Kinder auf.
Aus der Kindheitsgeschichte des Octavianus (Augustus)
Der römische Schriftsteller Sueton überlieferte folgende Erzählung: Wenige Monate vor der Geburt des Augustus beobachtete man in Rom ein öffentliches Wunderzeichen, aus dem man erkannte, dass die Natur dem römischen Volk demnächst einen König geboren werde. Voller Schrecken beschloss der Senat, es dürfe kein kleiner Junge aufgezogen werden, der in diesem Jahr zur Welt komme. Aber die Senatoren, die zu Hause ein freudiges Ereignis erwarteten, sorgten dafür, dass dieser Senatsbeschluss keine Gesetzeskraft erhielt, denn jeder von ihnen bezog die Verheißung in der Stille auf sein eigenes Haus.
Zugleich erzählte Sueton eine andere Anekdote von der Geburt des Augustus, nämlich wie der Senator Gaius Octavius eines Tages, am 23. September 63 v. Chr. (dem Geburtstag des Augustus), ein wenig verspätet in die Senatssitzung kam und sich damit entschuldigte, dass ihm soeben ein Sohn geboren worden sei. Da habe sich ein Kollege, der Senator Nigidius Figulus, nach der genauen Geburtszeit erkundigt und sogleich das Horoskop erstellt und ausgerufen: Dem Erdkreis ist heute der Herr geboren worden!
Etwa 100 Jahre nach Sueton hat der aus Griechenland stammende Historiker Cassius Dio in seiner Geschichte Roms die beiden Anekdoten miteinander verbunden und dieser neuen Kombination folgenden Schluss gegeben: Als Nigidius die Ursache der Verspätung erfuhr, brach er in den Ruf aus: Du hast uns den Herrn geschenkt. Da geriet Octavius außer sich vor Schrecken und wollte das Kindchen töten. Aber Nigidius hielt ihn mit den Worten zurück: So etwas kann ihm gar nicht geschehen.

Nie hat jemand in diesen Geschichten etwas anderes gesehen als Anekdoten oder Legenden. Niemand hat sie je für bare Münze genommen. Es ist ja auch ganz und gar unwahrscheinlich, dass der römische Senat – noch dazu lediglich aufgrund einer Weissagung – zu irgendeiner Zeit befohlen oder auch nur überlegt haben könnte, alle neugeborenen Knaben eines ganzen Jahres töten zu lassen.
Diese Legenden sind ein literarisches Motiv, nichts weiter.

Der Ort des Geschehens

Nach den Berichten im Matthäus- und im Lukasevangelium wurde Jesus im judäischen Betlehem geboren. Das Markus-, das Johannesevangelium und Paulus erwähnen den Geburtsort nicht. Dass Matthäus Betlehem, die Stadt Davids ins Spiel bringt, hängt mit den Weissagungen der Alten Schriften zusammen. Um 1360 v. Chr. schrieb Fürst Abdihipa von Urusalimmu/Jerusalem mehrere Briefe an Pharao Amenophis IV. (Echnaton); in einem der Briefe erwähnte er Betlehem, das damals Bit ilu lachama, Haus der Göttin Lachama - einer kanaanitischen Fruchtbarkeitsgöttin - hieß und eine Stadt des Landes Jerusalem war. Aus Bit ilu lachama entwickelte sich der aramäische Name Bet lacham, Haus des Brotes. In Betlehem, Hauptort der Landschaft Efrat, Fruchtbarkeit wurde David geboren. Zwischen der Zeit des Königs Joschija (Josia) von Juda (639 – 609), der Betlehem noch in seiner Gauliste führte (Josua 15, 59), und dem Bau der ersten christlichen Andachtsstätte über der Geburtsgrotte blieb der Ort unerwähnt.
Die Geburtsgrotte wurde schon im 2. Jahrhundert verehrt, von dieser Tradition berichtete u. a. Origenes. Zur Zeit der Geburt Jesu dürfte der Ort rund 500 Einwohner gehabt haben.

Wahrscheinlicher ist, dass Jesus in Nazaret zur Welt kam. Betlehem wurde wahrscheinlich später als Geburtsort erschlossen, als man Jesus Christus in die Nachkommenschaft und die Tradition Davids einreihte. Weil prophezeit war, dass der Messias aus der Stadt Davids kommen werde, konstruierten die Evangelisten Matthäus und Lukas für Jesus Stammbäume (Matthäusevangelium 1, 2 - 17 und Lukasevangelium 3, 23 - 38), die dessen Herkunft von David und Abraham über Joseph belegen sollten. Dass diese nicht übereinstimmen und mit der Zeugung durch den Heiligen Geist und der Jungfrauengeburt durch Maria im Widerspruch stehen, hat seltsamerweise niemand gestört.

Herodes I., der Große

Der um 73 v. Chr. geborene Herodes wurde von den meisten Juden als Fremdling betrachtet, denn seine Heimat war Idumäa im Süden Judäas. Die Idumäer, die als Nachfahren der Edomiter angesehen wurden, wurden nach einem Bericht des Historikers Flavius Josephus in der Regierungszeit des Hasmonäerkönigs Johannes Hyrkarnos I. (134 – 104 v. Chr.) unterworfen und gewaltsam zum Judentum bekehrt. Sowohl Herodes’ Großvater als auch sein Vater, die beide Antipater hießen, waren unter den Hasmonäern Heerführer in Idumäa gewesen.
Herodes’ Vater verstand es, seine Macht zu festigen, indem er sich politischen Veränderungen anpasste – eine Fähigkeit, die sein Sohn von ihm erbte. Obwohl Antipater ein enger Berater des hasmonäischen Herrschers Hyrkan II. gewesen war, gelang es ihm, mit Rom in Verbindung zu treten, als Judäa von den Legionen des Pompeijus erobert wurde. Nachdem Hyrkan und Antipater Julius Caesar bei dessen Ägyptenfeldzug 48/47 v. Chr. mit Hilfstruppen in der Stärke 1500 Mann unterstütz hatten, wurden beide entsprechend belohnt. Hyrkan II. wurde zum Ethnarchen der Juden ernannt, dieses Amt sollten auch seine Nachkommen erhalten und darüber hinaus wurde ihm das erbliche Hohepriesteramt bestätigt. Antipater erhielt nicht nur das römische Bürgerrecht und persönliche Steuerfreiheit, sondern auch die Vollmacht zu regieren, in welcher Form er es für richtig halte. Er wurde Statthalter von Judäa und setzte seinen Sohn als Statthalter von Galiläa ein. Als Antipater im Jahr 43 v. Chr. vergiftet wurde, trat Herodes, noch keine 30 Jahre alt, das politische Erbe seines Vaters an.

Im Winter 41 v. Chr. drangen die Parther unter Pakoros I. nach Syrien ein und eroberten im darauf folgenden Jahr Jerusalem. Johannes Hyrkanos II. wurde gefangen genommen und abgesetzt, an seiner Stelle wurde Antigonos der letzte Herrscher der Hasmonäer in Judäa. Herodes gelang die Flucht über Masada nach Rom. 40 v. Chr. wurde er auf Beschluss des römischen Senats König (basileus) von Judäa.

Von Herodes ist bekannt, dass er hart und erbarmungslos durchgreifen konnte. Er ließ seine zweite Ehefrau Mariamme und deren Großvater und auch drei seiner Söhne hinrichten, weil er überzeugt war, dass sie gegen ihn konspiriert hatten. Überdies hatte er in seiner langen Regierungszeit viele, die gegen seine Politik opponierten und seine Macht zu beschränken versuchten, mit dem Tod bestrafen lassen. Also meinte man – wie etwa der evangelische Theologe Ethelbert Stauffer (1902 – 1979) – ganz einfach folgern zu können: In diesem Herrscherleben ist eine Aktion wie der Kindermord von Betlehem nur eine kleine Episode, wie sie der unaufhörliche Kampf um die Macht so mit sich bringt Aber eine solche Folgerung ist in sich nicht schlüssig.

Im Zusammenhang mit der Kindermord-Legende ist die Frage zu stellen, ob Herodes überhaupt befugt war, einen solchen Befehl zu geben, und er die Macht dazu hatte. Herodes durfte zwar den Titel König der Juden führen, aber er war als König keineswegs absoluter Herrscher in seinem Land, vielmehr war er immer von Rom und dem dortigen Imperator, später vom Kaiser, abhängig. Zwar musste der jüdische König von Roms Gnaden nicht für jedes Todesurteil, das in Jerusalem gesprochen wurde, um ausdrückliche Genehmigung nachkommen – immerhin hat Herodes dies in besonderen Fällen, z. B. bei seinem Söhnen, dennoch wohl getan -, doch konnte er nicht etwa auf eigene Faust und nach eigenem Gutdünken Todesurteile fällen und vollstrecken lassen. Dazu bedurfte es der Teilnahme des Synedrion, des obersten jüdischen Gerichts, oder eines Sondergerichts. Herodes hatte während seiner Regierungszeit sehr auf römische Gesetze geachtet, die auch für sein Land galten. Rom hätte den Befehl zum Kindermord, der ja über ein Todesurteil weit hinausgegangen wäre, der also ein glatter Mordbefehl gewesen wäre, nicht hingenommen. Und wenn ein Wahnsinniger ihn gegeben hätte und der Befehl aus Furcht vor weiteren Wahnsinnbefehlen ausgeführt worden wäre, hätte Octavianus diesen Wahnsinnigen vor Gericht gestellt; der Weltherrscher hätte darin einen Bruch der pax Augusta, des heiligen augusteischen Weltfriedens, gesehen.

Herodes I., der Mann, der von der christlichen Überlieferung, aber auch in den jüdischen Quellen, als blutrünstiger Tyrann dargestellt wurde, der um sich nur Angst, Schrecken und Hass verbreitet haben soll, gilt in der neueren und neuesten Geschichtsforschung als einer der bedeutendsten Herrscher, die das jüdische Volk in seiner langen Geschichte gehabt hat und der – so der Herodesbiograph und einstige Professor an der Hebräischen Universität in Jerusalem, Abraham Schalit (1898 – 1979) – wirklich Großes für das jüdische Volk geleistet hat. Er gilt als ein Mann von mutigem Herzen und scharfem Verstand, der eine große politische Erbschaft hinterließ. Schalit bescheinigt dem Herrscher Überlegung und Besonnenheit in all seinem Tun.
Auch ein anderer israelischer Historiker, Samuel Sandmel, ehemals Professor am Hebrew Union College, war überzeugt, dass man Herodes Größe und Verdienst nicht absprechen kann.

Resümee

Auch Grausamkeit kann Herodes nicht abgesprochen werden, doch für die Anordnung des Kindermordes in Betlehem fehlten ihm offensichtlich das Motiv, der Wille und die Macht.

Dass in Betlehem nach der Geburt Jesu ein Kindermord stattgefunden hat, ist kaum glaubhaft, zumal auch die Geburt Jesu in diesem Ort angezweifelt werden muss. Neben der Unsicherheit bezüglich des Geburtsortes besteht auch eine solche hinsichtlich des Geburtsjahres.

Vom Matthäusevangelium abgesehen, gibt es im ganzen Neuen Testament nicht den geringsten Hinweis auf den in Rede stehenden Kindermord. Und ebenso wenig wird er in außerbiblischen Quellen erwähnt, auch nicht in den ausführlichen Darstellungen über Herodes von dem aus Jerusalem stammenden Historiker Flavius Josephus, der Herodes als grausamen und mordlüsternen Tyrannen beschrieb.

Prof. Helmut Bouzek, E-Mail vom 16. Januar 2012

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Autor: Prof. Helmut Bouzek - zuletzt aktualisiert am 11.08.2020
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