Giotto di Bondone: 28 Szenen aus dem Leben von Franziskus
Giotto di Bondone, 1267 geboren, 1337 in
Florenz gestorben, entwickelte sich zu einem
der größten Künstler der Malerei. Seine ersten Werke in Assisi schuf er von 1290 bis 1295 im oberen Teil der Oberkirche
der Basilikadi
San Francesco, wo er einige biblische Geschichten darstellte. Reisen nach
Rom und die Begegnung mit der klassischen
Malerei und der römischen Schule der Cavallini ließen seine Persönlichkeit reifen und brachten ihn zu höchster
künstlerischer Ausdruckskraft. Er entwickelte die byzantinisch-romanische Kunst weiter: erstmals wird mit Landschaften im
Hintergrund und Architektur eine Tiefendimension erreicht; seine Figuren werden nicht statisch und flächig nebeneinander,
sondern innerhalb des Bildes durch Gesten, Haltung und Blickrichtung aufeinander bezogen, sie zeigen Individualität und
werden weicher, menschlicher und realistischer dargestellt. Von 1297 bis 1299 schuf er den einzigartigen Freskenzyklus der
Leggenda Francescana im unteren Teil der Oberkirche. Sein Zeitgenosse Cellini schrieb: Er wandelte die Malkunst
des Griechischen ins Lateinische um, führte sie zur Moderne und so entstand die vollkommenste Kunst, die es jemals gegeben
hat.
Das Leben des Heiligen Franziskus wird in 28 Szenen dargestellt. Giotto führte die Fresken mit Hilfe von Schülern und
einigen älteren Malern der römischen Schule aus. Die Arbeiten wurden in Eile ausgeführt, da Giotto viele andere Aufträge
aus Rom und
Florenz hatte. Vor allem an den letzten Szenen
war Giotto selbst nur noch wenig beteiligt, was einige Unstimmigkeiten hervorbrachte. Manche Kunsthistoriker bezweifeln
Giottos Urheberschaft deshalb in einigen Fresken.
Ein einfacher Mann aus Assisi breitet die Gewänder vor dem Heiligen Franziskus auf dem Boden aus und erbietet seinem
Schritt Ehre und bestätigt obendrein, dass Franziskus von Gott inspiriert und jeglicher Reverenz würdig sei, da er bald
großartige Dinge vollbringen werde und deshalb von allen geehrt werden müsse
Nachdem der Heilige Franziskus in der folgenden Nacht kurz eingeschlummert war, sah er einen prächtigen Palast mit
Ritterwaffen, die das Kreuzzeichen Christi trugen, und als er fragte, wem
sie gehören, wurde ihm von oben geantwortet, es seien alle seine und die seiner Ritter
Giotto folgte mit seinen Darstellungen der von Bonaventura
verfassten Legenda Maior, der großen Legende, deren Texte unter den Fresken wiedergegeben wurden. Heute sind
diese lateinischen Texte kaum noch lesbar. Wir geben die ursprünglichen Bildunterschriften nach der Rekonstruktion des
Franziskanerpaters Bonaventura Mariangeli und in deutscher Übersetzung durch Agnes
Wolf.
Der Heilige Franziskus begegnete einem adligen, aber armen und schlecht gekleideten Ritter und bewegt vor Mitleid entledigte
er sich sofort des Gewandes und zog es ihm an
Der Heilige Franziskus betet vor einer Darstellung eines Kruzifix, als vom Kreuz herab eine Stimme zu hören ist: Franziskus
geh und bereite mein Haus, das sich in Ruinen auflöst, womit die römische Kirche gemeint ist
Der heilige Franziskus gibt dem Vater alles zurück, verzichtet auf väterliche und irdische Güter und sagt: Von heute an
kann ich mit aller Bestimmtheit sagen: Vater unser, der Du bist im Himmel, da Pietro di Bernardone mich verstoßen hat
Der Papst sah die Lateransbasilika, die schon
fast in Ruinen lag und ein Armer, oder der Heilige Franziskus, nahm sie auf seinen Rücken und hielt sie um zu verhindern,
dass sie fiel
Papst Innozenz III. hatte die Regel genehmigt und gab den Auftrag, sie zu predigen und den Mönchen, die den Heiligen
begleitet hatten erlaubte er, die klerikale Tonsur durchzuführen um, Gottes Wort zu predigen
Der Heilige Franziskus betete in einer Hütte und war weit entfernt von seinen Mönchen, die sich in einer Hütte außerhalb
der Stadt versammelt hatten, als sie den heiligen Franziskus auf einem feurigen Wagen hell erleuchtet um Mitternacht im
Haus herumfahren sahen und das ganze Haus ward hell, und die Wachenden waren sehr erstaunt und die Schlafenden erwachten
und erschraken sehr
Eine Vision von oben zeigte einem Mönch viele Prunksessel im Himmel und einer war glänzender als der andere und er hörte
eine Stimme zu ihm sprechen: dieser Prunksessel gehörte einem Engel, der wegen seines
Hochmuts fiel, und jetzt ist er für den demütigen Franziskus reserviert
Der Heilige Franziskus sah über der Stadt Arezzo
viele jubelnde Dämonen und sagte zu seinem Anhänger Silvestro: geh und vertreibe im Namen Gottes die Dämonen … und
schreie in der Nähe der Pforte; er gehorchte und schrie und die Dämonen flüchteten sofort und sofort kehrte der Frieden
zurück zwischen den Aretinern
Der heilige Franziskus wollte zusammen mit den Priestern des Sultans von Babilonia ein großes Feuer durchschreiten, um
den Glauben zu Christus zu bezeugen; jedoch keiner von ihnen wollte mit
ihm gehen, sondern alle flüchteten sofort vor der Anwesenheit des Heiligen und des Sultans
In tiefem Gebet versunken wurde der Heilige Franziskus von seinen Mönchen beobachtet, wie er sich vom Boden abhob die Arme
nach oben streckte und eine leuchtende Wolke hüllte ihn ein
Zur Erinnerung an Weihnachten befahl der Heilige Franziskus, ihm
Heu, einen Ochsen und einen Esel zu bringen; daraufhin predigte er über die Armut des
Königs, und während der Heilige im Gebet versunken war, sah ein Ritter
(nämlich Johannes Velita von Greccio) das Jesuskind dort
liegen
Der Heilige Franziskus stieg auf dem Rücken eines Esels auf einen Berg; da der Besitzer des Esels, ein armer Mann, leidend
war und vor Durst zu sterben drohte, betete er für ihn und ließ aus einem Stein Wasser hervorquellen, das niemals dort
gewesen war und auch nie wieder dort gesehen worden war
Als der Heilige Franziskus nach Bevagna ging,
predigte er vielen Vögeln, die sich vor Freude erregten, die Hälse reckten, mit den Flügeln schlugen, die Schnäbel öffneten
und seine Kutte berührten; dies alles sahen seine Schüler, die auf dem Weg warteten
Der Heilige Franziskus bat für die Gesundheit der Seele des Ritters von
Celano, der ihn demütig zum Essen eingeladen
hatte und der, nach der Beichte und nachdem er seine persönlichen Dinge im Haus geordnet hatte und während sich die anderen
zu Tisch begaben, plötzlich starb und im Herrn ruhte
Der Heilige Franziskus predigte vor dem Papst und Kardinal so demütig und wirkungsvoll, dass klar wurde, dass er nicht mit
gelehrten Worten sondern durch göttliche Inspiration sprach
Während der Heilige Antonius von Padua dem Kapitel von
Arles predigte, erschien der abwesende Heilige
Franziskus, breitete die Hände über sie und segnete die Brüder, wie es ein gewisser Monaldo sah; und die anderen Mönche
freuten sich unbändig
Als der Heilige Franziskus am Abhang des Alverner
Berges predigt, sieht er Christus in Form eines gekreuzigten Seraphs,
der ihm auf den Händen und Füßen und auf der rechten Brust die Stigmata des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus aufdrückt
In der Stunde des Ablebens des Heiligen Franziskus sah ein Mönch seine Seele in Form eines leuchtenden Sternes zum Himmel
auffahren
Im selben Moment als der Heilige starb, schrie der Mönch Agostino, Prior des Konvents, leidend und seinem Ende nahe und
schon seit längerer Zeit ohne Sprache: warte auf mich, Vater, ich komme mit Dir; und sofort starb er und folgte dem Heiligen
Vater. Der Bischof von Assisi, der auf dem
Berg des heiligen Michaels, des Erzengels,
weilte, sah den Heiligen Franziskus, der ihm sagte: Jetzt fahre ich in den Himmel
Als der Heilige Franziskus tot in der Porziuncola
lag, kam Meister Girolamo, berühmter Arzt und Wissenschaftler, und bewegte die Nägel mit den eigenen Händen und berührte
Hände, Füße und Brust des Heiligen
Es hatte sich eine große Menge versammelt, als man den Körper des Heiligen nach
Assisi brachte und der heilige Körper war mit
Zweigen und himmlischen Gemmen geschmückt und viele Kerzen wurden angezündet und so brachten sie ihn zur Heiligen
Klara und den anderen Gott geweihten Jungfrauen
Der Papst kam persönlich in die Stadt von Assisi,
untersuchte sorgfältig die Wunder im Beisein seiner Mönche und kanonisierte den Heiligen Franziskus und schrieb ihn ins
Album der Seligen
Da Papst Gregor die Wunde in der Brust des Heiligen bezweifelte, erschien ihm der Heilige Franziskus im Traum und sagte ihm:
Gib mir eine leere Ampulle; und nachdem er sie ihm gegeben hatte, sah er wie sie sich mit dem Blut aus der Brust des
Heiligen füllte
Nachdem er mit seinen Händen die Binden gelöst und die Wunden leicht berührt hatte, heilte er sofort Giovanni di Ilerda,
der todkrank dalag und von den Ärzten aufgegeben ihn demütig sofort bei der Verwundung gerufen hatte
Der Heilige Franziskus machte diese tote Frau wieder lebendig, die, nachdem sie im Beisein Geistlicher und anderer eine
Sünde gestanden hatte, die sie noch nicht gebeichtet hatte, erneut starb und im Herrn ruhte; und der Teufel floh
Der Heilige Franziskus befreite diesen Häftling, der der Ketzerei beschuldigt worden war und vom Papst dem Bischof übergeben
worden war; dies geschah am Namenstag desselben Heiligen Franziskus, an dessen Vortag derselbe Häftling nach den Regeln der
Kirche gefastet hatte
Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 04.05.2021 korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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Quellen: • Kunst und Geschichte Assisi. Casa Editrice Bonechi, Florenz 2009