Ökumenisches Heiligenlexikon

Andreas Oxner von Rinn

auch: Anderl

1 Gedenktag katholisch: abgeschafft
bis 1953 / 1994: 12. Juli

Name bedeutet: der Mannhafte (griech.)

Märtyrer
* 26. November 1459 in Rinn bei Innsbruck in Österreich
12. Juli 1462 daselbst


Die Legende erzählt, wie der zweieinhalbjährige Andreas aus Rinn von fremden jüdischen Händlern aus dem Ort verschleppt und auf einem großen Stein - der seitdem Judenstein genannt wird - ermordet wurde, als seine Mutter bei der Feldarbeit weilte. Die Legende gehört in den Reigen der judenfeindlichen Legenden jener Zeit.

Der antijüdische Anderl-Kult bekam großen Aufschwung durch ein Buch des Haller Damenstiftsarztes Ippolito Guarinoni, der - angeregt vom Erfolg der Legende des Simon von Trient - 1642 den mehr als 150 Jahre zurückliegenden Märtyrertod des Tiroler Jungen behauptete; diese Biografie wurde Grundlage zahlreicher volkstümlicher Schauspiele. 1893 veröffentlichte der Wiener Geistliche Joseph Deckert das Traktat Vier Tiroler Kinder, Opfer des chassidischen Fanatismus, mit welchem er die Legende weiter am Leben halten und auch für die modernen Formen des Antisemitismus dienstbar machen wollte.

Andreas' Gebeine wurden 1475 erhoben und in der Pfarrkirche von Rinn bestattet. 1671 wurde an der Stelle seines angeblichen Martyriums über dem Judenstein bei Rinn eine neue Kirche erbaut und seine Reliquien wurden dorthin übertragen. Oft wurde der Kult zu antisemitischen Kundgebungen missbraucht.

Das inzwischen entfernte Wandgemälde in der in der Pfarrkirche in Rinn über den Mord an Andreas: „Sie schneiden dem Marterer die Gurgl ab und nehmen alles Blut von ihm„
Das inzwischen entfernte Wandgemälde in der in der Pfarrkirche in Rinn über den Mord an Andreas: Sie schneiden dem Marterer die Gurgl ab und nehmen alles Blut von ihm

Kanonisation: Papst Benedikt XIV. genehmigte am 22. Februar 1755 mit der Bulle Beatus Andreas auf Betreiben des Abtes von Wilten, Norbert Bußjäger, den Kult.
Der Festtag wurde 1953 vom damaligen Innsbrucker Bischof Paulus Rusch aus dem kirchlichen Kalender gestrichen, 1961 entzog der Vatikan die Erlaubnis zur Verehrung. Die alljährlichen offiziellen Wallfahrten fanden aber erst 1994 nach dem definitiven Verbot des Kultes rund um den Judenstein durch Bischof Stecher aus dem Jahr 1988 ein Ende. Schon 1985 hatte Bischof Stecher die Entfernung der angeblichen Gebeine von Anderl aus dem Altar veranlasst, danach wurde auch das Wandbild in der Pfarrkirche in Rinn übermalt. Dennoch pilgern bis heute im Juli rund 300 Unentwegte zum Judenstein. Ort und Straße heißen noch immer so.
Attribute: Messer

Die Judenstein-Sage der Brüder Grimm

Bilder aus Rinn und Judenstein





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 06.07.2021

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Dr. Florian N. Schomers und Augustinus Kühne: Wallfahrtskirche Judenstein und Pfarrkirche Rinn. Tulfes, 2. Aufl. 2009
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 1. Herder, Freiburg im Breisgau 1993
• https://it.wikipedia.org/wiki/Lorenzino_Sossio - abgerufen am 20.07.2023

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.