Ökumenisches Heiligenlexikon

Carlo Gnocchi

1 Gedenktag katholisch: 25. Oktober
Todestag: 28. Februar

Name bedeutet: der Tüchtige (althochdt.)

Priester
* 25. Oktober 1902 in San Colombano al Lambro bei Mailand in Italien
28. Februar 1956 in Mailand in Italien


Carlo Gnocchi in jungen Jahren
Carlo Gnocchi in jungen Jahren

Carlo Gnocchi, jüngster von drei Brüdern, verlor im Alter von fünf Jahren seinen Vater an Silikose, die durch den Staub bei seiner Arbeit als Marmorarbeiter verursacht wurde, und dann 1908 und 1915 seine Brüder an Tuberkulose. Er konnte das damalige Priesterseminar in Mailand besuchen und wurde 1925 zum Priester geweiht. Als Pfarrer wirkte er dann an der Pfarrkirche in Cernusco sul Naviglio bei Mailand und ab 1926 an der Kirche San Pietro in Sala in Mailand, wo er sich jeweils besonders für die Katechese und Bildung junger Menschen einsetzte.

1936 wurde Carlo Gnocchi deshalb von Erzbischof Ildefons Schuster zum geistlichen Leiter des angesehenen Gonzaga-Instituts der Brüder der christlichen Schulen in Mailand ernannt. Ende der 30-er Jahre ernannte der Erzbischof ihn zum Geistlichen Assistenten der 2. universitären Legion des MVSN, der Freiwilligen Nationalen Sicherheitsmiliz, der Schwarzhemden genannten Mitglieder der paramilitärischer Milizen der italienischen Faschisten; beim Beginn des 2. Weltkriegs ging er als Freiwilliger mit dem Alpinen Battalion an die griechisch-albanische Front und 1942 im Rang eines Leutnants an die russische Front. Nach den schrecklichen Erlebnissen des Krieges wandelte sich seine Haltung; er besuchte nach seiner Rückkehr in die Heimat nun Angehörige gefallener und verwundeter Soldaten, schloss sich der Organisation OSCAR an, die Juden und alliierten Häftlingen zur Flucht in die Schweiz half und schrieb Artikel in der Untergrundzeitschrift Il Ribelle. Carlo Gnocchi wurde deshalb mehrmals im Gefängnis San-Vittore in Mailand inhaftiert, aber dank der Interventionen von Erzbischof Schuster immer wieder frei gelassen.

Nach Ende des Krieges begann Carlo Gnocchi, Hilfseinrichtungen für die im Krieg am schwersten getroffenen Kinder aufzubauen. So wurde er 1945 Direktor des Instituts Grandi Invalidi - heute ein Altenheim - in Arosio bei Como. 1948 gründete er eine Einrichtung für verstümmelte Kinder und wurde Berater des italinischen Premierministers für Hilfe an im Krieg Verstümmelte. 1951 wurden seine Aktivitäten in der Stiftung Pro Juventute vereinigt, die dann auch eine Einrichtung für an Polio erkrankte Kinder schuf. Don Gnocchi verfasste dafür eines seiner bedeutendsten Werke als Erzieher: die Pädagogik des unschuldigen Schmerzes. Er starb an einer Krebserkrankung. Dabei schenkte er seine Hornhaut zwei blinden Jugendlichen seiner Einrichtungen, was großes Aufsehen erregte und in der Folge dazu führte, dass Organspende in Italien gesetzlich erlaubt und geregelt wurde.

Sanktuarium Don Gnocchi in Mailand
Sanktuarium Don Gnocchi in Mailand

Carlo Gnocchi wurde zunächst auf dem monumentalen Friedhof in Mailand bestattet; anlässlich der Seligsprechung wurden die Gebeine in das von der Stiftung Don Gnocchi errichtete und ihm geweihte Sanktuarium übertragen. Heute wirken etwa 4000 Mitarbeiter in 28 Zentren in verschiedenen Regionen Italiens.

Kanonisation: Carlo Gnocchi wurde am 25. Oktober 2009 durch den Präfekten der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse, Erzbischof Angelo Amato, im Auftrag von Papst Benedikt XVI. im Mailänder Dom seliggesprochen.

Worte des Heiligen

Über Enttäuschung über das Schwinden des Elans der Anfangszeit:
Liebe Mariuccia [Meda], … Ich habe aus vielerlei Gründen und Anlässen, heute wie noch nie, das [tiefe] Gefühl meiner geistlichen Einsamkeit und leide darunter viel. … Der wahre und tiefste Grund meiner Traurigkeit, die seit einiger Zeit in mein Wesen und meine Arbeit eindringt, ist folgender, auch wenn er sich nicht leicht in Worte fassen lässt: Es ist die Trauer, nicht mehr von der Poesie der Liebe und vom Ideal, das Gute wegen des Guten zu tun, umgeben zu sein, angesichts derer, die jetzt meine Mitarbeiter geworden sind. Ich habe jetzt Angestellte um mich, die ihrer Arbeit gegenüber distanziert sind, die sich nicht darum kümmern, mit der Zeit sparsam umzugehen, die kein Gefallen haben am Opfer, die ihre Leistung in Rechnung stellen, die Mehrarbeit als Schaden betrachten, die sich nicht interessieren, sich nicht freuen oder leiden am Wohlergehen oder Missgeschicken unserer Einrichtungen, die keine Projekte, Pläne, keine Kritik üben, sondern sich zufrieden geben mit der bloßen Ausführung; die - auf einen Punkt gebracht - nicht mit mir und wie ich, sondern neben mir arbeiten.
Als unser Werk entstand war das eine ganz andere Sache, du erinnerst dich. Es war eine Sache von allen und eines jeden. … Und wir haben in diesem Geist, was den Umfang und was die Schnelligkeit betrifft, eine wahrhaft wunderbare Arbeit getan. … Es ist eine Sache, die sich nur mit der göttlichen Vorsehung erklären lässt, was den Anteil Gottes betrifft, und mit unserer Leidenschaft, was den Anteil der Menschen betrifft. Keiner kümmerte sich um die Zeit, um das Opfer, keiner machte einen Unterschied von Pflicht und Schuldigkeit, und jeder machte abwechselnd und nach Gelegenheit die Schreibmaschinen-, die Archiv-, die Botenarbeit, machte Gepäckträger, Chauffeur, Personal- und Mechanikerarbeit, Briefträger, Korrekturarbeit und Autor usw. usw.
Das war die Poesie, die jetzt, wie du weißt, gestorben ist und der Bürokratie Platz gemacht hat, in Kleinbuchstaben, wenn du willst, aber immer Bürokratie. Das bedeutet nicht Schreibarbeit und [bestimmte] Praktiken (auch damals gab es eine Menge von Schreibarbeit), sondern Desinteresse und Distanz gegenüber dem, was man behandelt. …
Mir schien, dass, als du weggingst, der letzte Zeuge diese Atmosphäre verlassen hat, jener Atmosphäre, die wir fünf Jahre hindurch erlebt haben und die geprägt war von einem heiligen Arbeitsfieber, von Hoffnungen und Ärger, von Projekten und Entdeckungen, von Freuden und auch Enttäuschungen, eine Atmosphäre, die vor allem geprägt war vom lebendigen Kontakt mit den (Kriegs-)Versehrten, mit wahren und lieben Freunden der Sache, und von vollem Einvernehmen unter uns selbst.

Quelle: Carlo Gnocchi: Cristo con gli Alpini. Mursia, Milano 2008, S. 346 - 349; eigene Übersetzung

Zitat von Carlo Gnocchi:

Der Krieg entsteht aus einer moralischen Unordnung, viel mehr als aus einem ökonomischen Ungleichgewicht oder aus einer Störung der politischen Ordnung: Der Krieg entsteht aus [menschlicher] Schuld. Das, was unerbittlich zum Konflikt führt, ist der Hochmut und der Egoismus der mächtigen Nationen, die Gier und Stumpfheit der reichen Völker, der künstlich entfachte Hass zwischen Nationen und Rassen, das Misstrauen und die Unbeständigkeit in den internationalen Beziehungen, die Willkür derer, die herrschen, der Hedonismus, der die Grundlagen des individuellen Lebens bedroht und das Leben der Nationen an den Abgrund bringt, es sind die Übermacht, die Ungerechtigkeit, die Lüge, der Neid, die Verleumdung, in einem Wort: die ganze Ansammlung der menschlichen Leidenschaften und Schuld. Dies und nichts anderes ist die wahre und unterirdische Ursache, die die Kriege bestimmt, auch wenn an der Oberfläche die Gründe der Politik, der Wirtschaft und der Diplomatie erscheinen und wirken.

Quelle: Carlo Gnocchi: Cristo con gli Alpini. Mursia, Milano 2008, S. 71f; eigene Übersetzung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung

Das Sanktuarium Don Gnocchi in Mailand sowie das angeschlossene Museum sind werktags von 14 Uhr bis 17 Uhr und sonntags von 9 Uhr bis 12 Uhr geöffnet. (2024)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 18.03.2024

Quellen:
• https://it.wikipedia.org/wiki/Carlo_Gnocchi - abgerufen am 17.03.2023

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.