Gunther von Thüringen
tschechisch: Vintíř
auch: von Niederalteich
Gedenktag katholisch: 9. Oktober
gebotener Gedenktag im Bistum Passau
nicht gebotener Gedenktag im Erzbistum Berlin und im Bistum Fulda
Name bedeutet: das Kampfheer (althochdt.)
Gunther stammte aus einem Grafengeschlecht, wohl aus dem Haus Käfernburg-Schwarzburg und wurde auf der - heute völlig abgegangenen - Käfernburg bei Oberndorf geboren. Er war ein Vetter von Kaiser Heinrich II. und Schwager von König Stephan I. von Ungarn und führte als Ritter ein weltliches Leben.
Nach einer Begegnung mit Godehard von Hildesheim, der damals Abt im Kloster der Benediktiner in Niederaltaich war und Gunther zu einem väterlichen Freund wurde, fand Gunther zum Mönchsleben. An Weihnachten 1005 verschenkte er seine Güter an das Kloster der Benediktiner in Hersfeld - dem heutigen Bad Hersfeld - das darauf das Tochterkloster in Göllingen bei Sondershausen in Thüringen gründete. Die Aufnahme ins Kloster der Benediktiner in Hersfeld blieb ihm aber zunächst versagt, erst nach einer Wallfahrt zu den sieben Pilgerkirchen in Rom konnte er 1006 in das von Godehard geleitete Kloster Niederaltaich eintreten. Gunther übernahm dann die Leitung seines Familienklosters in Göllingen, wobei er aber scheiterte.
1008 ließ Gunther sich zusammen mit einigen Gefährten nieder als Einsiedler in Lalling bei Deggendorf, dann 1011 an einsamer Stelle - der heutigen Kapelle Frauenbrünnl - bei Rinchnach im Bayerischen Wald. Ab 1011 sammelte er Mönche, WeltpriesterWeltpriester - oder auch Diözesanpriester - sind in der römisch-katholischen Kirche alle Priester, die keinem Orden angehören. und Laien um sich, gab seiner Gemeinschaft die Benediktinerregel und lebte 30 Jahre unter großen Entbehrungen. Er schuf einen Mittelpunkt zur Erschließung und Kultivierung des Gebietes um den Rachelberg, rodete Wald, baute Saumwege zur Erschließung des Böhmerwaldes und die Mauritius geweihte Kirche in Langendorf / Dlouhá Ves. König Stephan I. berief ihn mehrmals nach Ungarn zur Unterstützung der dortigen Missionsarbeit, 1017 versuchte Gunther auch, unter dem WendenDie Wenden sind die Westslawen, die vom 7. Jahrhundert an große Teile Nord- und Ostdeutschlands bewohnten. Höhepunkt ihrer Geschichte war die Staatsbildung der Abodriten im heutigen Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg im 11. Jahrhundert. Sie kämpften gegen Dänen und Deutsche um die Vorherrschaft im südlichen Ostseeraum. Durch die fränkische Kolonisation des Ostens ab dem 11. Jahrhundert verloren sie ihre Herrschaft und es kam zur Verschmelzung mit den zugewanderten deutschen Siedlern.stamm der Liutizen zu missionieren, blieb aber erfolglos, obwohl er ein begnadeter Prdeiger war.
Bischof Berengar von Passau weihte 1019
das 1012 aus der Gemeinschaft gewachsene Kloster
in Rinchnach, das 1040 von König Heinrich III. der
Abtei Niederaltaich unterstellt wurde. Immer
wieder trat Gunther als Bußprediger auf, 1015 missionierte er in Ungarn, 1018 gründete er dort das Kloster in
Bakonybél bei Veszprem. 1029 bekam Gunther für
sein Kloster in Rinchnach umfangreiche Schenkungen von Kaiser Konrad II. Beim - schließlich erfolglosen - Feldzug des
deutschen Kaiser Heinrich III. gegen Herzog Břetislav I. von Böhmen
1040 wirkte Gunther als Diplomat und Helfer des Kaisers. Im selben Jahr - nach dem vom Kaiser verfügten Anschluss des
Klosters Rinchnach ans Kloster Niederaltaich - zog Gunther sich tiefer in den Böhmerwald zurück nach Gutwasser - dem
heutigen Dobra Voda -; dort führte damals der
wichtige Handelsweg Böhmensteig
durch. Gunther starb hoch betagt.
Herzog Bretislav von Böhmen überführte Gunthers Gebeine in die Abtei Břevnov - heute ein Stadtteil von Prag. Das Grab wurde 1420 von den Hussiten zerstört, die Verehrung Gunthers verlagerte sich danach nach Gutwasser.
In der Vergangenheit kamen zur Gunther geweihten Kirche in
Gutwasser regelmäßig Tausende Pilger von
beiden Seiten der Grenze. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die deutschsprachigen Bewohner vertrieben, seit 1950 war das
Gebiet um Dobra Voda als Grenzzone für Zivilisten gesperrt, das Kirchengebäude diente als Munitionslager, der Innenraum
wurde zerstört. Nach der Wende wurde die Kirche renoviert, 1995 die Tradition der
Wallfahrten wieder aufgenommen; sie finden jeweils im Juni und Oktober statt.
Dabei kommen die tschechischen Teilnehmer aus der weiteren Umgebung, die Deutschen gehen traditionell zu Fuß von
Rinchnach aus - auf dem dem alten Handelsweg,
den der Überlieferung zufolge Gunther Anfang des 11. Jahrhunderts erschließen ließ und den er zu seiner selbst Zeit
beschritt. Nach drei Tagen Wanderung erwartet sie in Dobra Voda eine Messe in deutscher und tschechischer Sprache. 2021
wurde der 162 Kilometer lange Gunthersteig
von
Niederalteich über Rinchnach und Dobra Voda
bis nach Blatna in Südböhmen eröffnet.
Das Kloster in Göllingen wurde 1606 aufgehoben. Nahe Gehmannsberg bei Rinchnach steht die Kapelle Maria Geburt, auch Frauenbrünnl oder Guntherkircherl genannt, 1766 an der Stelle von Gunthers Einsiedelei erbaut. Die Propstei Rinchnach wurde 1803 in der Säkularisation aufgelöst.
Kanonisation:
Die Heiligsprechung Gunthers betrieb im 13. Jahrhundert der böhmische
Premysliden-König Otakar II.; der Tod des Königs brachte die Initiative zum Erliegen, später wurde sie nicht mehr erneuert.
Das älteste päpstliche Dokument über Gunthers Verehrung stammt aus dem Jahr 1390 - eine
Bulle, in der Papst Bonifatius IX. den Besuchern der Begräbniskirche Gunthers in
Břevnov einen unvollkommenen Ablass
gewährt.
Ausführlich informiert die Webseite St. Gunther, Ortsgründer, Ortspatron und Böhmerwaldheiliger über Gunther, seine Verehrung und die Wallfahrtsrouten.
Über den Pilgerweg Gunthersteig
informiert eine eigene
Webseite.
Die
Ruine der Klosterkirche in Hersfeld ist täglich
außer montags von 10 Uhr bis 16 Uhr zur Besichtigung geöffnet, der Eintritt beträgt 1 €. (2021)
Die Kapelle Maria Geburt nahe Gehmannsberg
ist von Mai bis Oktober sonntags von 13.30 Uhr bis 16 Uhr geöffnet, sonst durch den angrenzenden Raum im Turm zu besichtigen.
(2021)
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 12.09.2024
Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• P. Ezechiel Britschgi: Name verpflichtet. Christiana, Stein am Rhein, 1985
• Günter Iberl, Fürst-Thurn-und-Taxis-Hofbibliothek und Zentralarchiv in Regensburg, E-Mail vom 8. August 2007 und vom
15. Oktober 2007
• https://www.radio.cz/de/artikel/92705 - abgerufen am 01.11.2023
• http://www.niederalteich.de/a/05_07_Chronik.php nicht mehr erreichbar
• Friedrich-Wilhelm Bautz. In: Friedrich-Wilhelm Bautz (Hg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. II,
Hamm 1990
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl.,
Bd. 4. Herder, Freiburg im Breisgau 1995
• https://www.radio.cz/de/rubrik/tourist/auf-den-spuren-des-heiligen-gunther-zwischen-bayerischem-wald-und-boehmerwald - abgerufen am 01.11.2023
• http://www.radio.cz/de/rubrik/tagesecho/brueckenbauer-sankt-gunther-wird-in-gutwasser-gefeiert - abgerufen am 01.11.2023
• Josef Dengler: Rinchnach. Kunstverlag Peda, Passau 2010
• Infotafeln am ehemaligen Kloster in Göllingen
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.