Johann Ludwig Schneller
Gedenktag evangelisch: 19. Oktober
Name bedeutet: J: Gott ist gnädig (hebr.)
L: berühmter Krieger (althochdt.)
Johann Ludwig Schneller war Sohn einer pietistischen Bauern- und Weberfamilie, deren Vorfahren als evangelische Salzburger geflohen waren. Er wurde zum Lehrer ausgebildet und war ab 1838 in verschiedenen Orten in Württemberg tätig. Christian Friedrich Spittler erkannte seine missionarische Berufung und berief ihn 1847 zum Leiter der Missionsschule St. Chrischona bei Basel. Nach seiner Verlobung mit Magdalene Böhringer, einer Besucherin seiner Andachtsstunden, konnte er nach den Regeln der Bruderschaft das Amt nicht mehr ausüben, deshalb wurde ihm 1854 die Leitung des Brüderhauses in Jerusalem übertragen; dieses schon 1846 gegründete Haus musste schon 1849 wieder aufgegeben werden und sollte nun erneut Brüder für ihren Dienst in Abessinien - dem heutigen Äthiopien - ausbilden.
1855 machte Schneller sich aber selbständig und wollte Missionare für den Dienst an Muslimen ausbilden, was aber schnell als nicht möglich erkannt wurde. 1860 brach im Libanon Bürgerkrieg zwischen maronitischen Christen und den Drusen - einer aus dem Islam hervor gegangenen Gruppe - aus, viele Kinder verloren ihre Eltern; Schneller reiste ins Kriegsgebiet und holte sechs verwaiste Knaben in sein Haus nach Jerusalem. Schon im ersten Jahr stieg die Zahl der betreuten Waisen auf 41 Kinder. So wurde er zum Pionier diakonischer Tätigkeit im Vorderen Orient.
Schneller errichtete in diesem Waisenhaus Werkstätten mit Lehrlingsausbildung nach deutschem Muster, eine Druckerei,
eine Ziegelei, eine Töpferei und landwirtschaftliche Betriebe zur Ausbildung von Bauern. Grundlage der strengen Erziehung
war der Lehrplan der württembergischen
Volksschulen; neben Arabisch lernten die Schüler Deutsch, Kernfach war der Religionsunterricht. 1880 wurden schon 130
Mädchen und Jungen betreut. Ab 1888 wurden in einem Seminar arabische Lehrer und Hilfspastoren ausgebildet. Mit dem Beginn
der Verfolgung der Armenier in der Türkei ab 1894 bekam das Werk ein großes weiteres Aufgabenfeld mit der Betreuung dieser
Flüchtlinge. Um 1900 war das Gebiet des Syrischen Waisenhauses
größer als das der damaligen Altstadt von Jerusalem.
Nach Schnellers Tod führte sein Sohn Theodor die Arbeit weiter. In den 20er-Jahren konnte eine Zweigstelle in Nazaret eröffnet werden. Nach der Errichtung des Staates Israel wurde sämtlicher Besitz als Teil der Reparationen Deutschlands für den neuen Staat enteignet, das Werk wurde in Khirbêt Qanafâr bei Zahlé im Libanon durch Hermann Schneller und in Amman in Jordanien durch Ernst Schneller - beide Enkel des Gründers - neu aufgebaut, jeweils rund 200 Kinder werden dort heute betreut und ausgebildet.
Träger dieser Arbeit sind heute protestantische Kirchen vor Ort, unterstützt vom Evangelischen Verein für die
Schneller-Schulen
mit Sitz in Stuttgart.
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 09.09.2015
Quellen:
•
• Georg Sauer. In: Friedrich-Wilhelm Bautz †, Traugott Bautz (Hg.): Biographisch-Bibliographisches
Kirchenlexikon, Bd. IX, Herzberg 1995
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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