Ökumenisches Heiligenlexikon

Caspar Tauber

1 Gedenktag evangelisch: 16. September

Name bedeutet: der Schatzmeister (persisch)

Märtyrer
* in Brünn / Brno in Tschechien (?)
17. September 1524 in Wien in Österreich


Dorotheergasse 3 in Wien
Dorotheergasse 3 in Wien

Caspar Tauber lebte ab 1508 in Wiener Neustadt. 1511 zog er nach Wien, wo er 1519 als wohlhabender Tuchhändler in der Dorotheergasse 3 genannt wird und 1521 zu den etwa 200 mit Aufgaben in der Stadtregierung betrauten Bürgern gezählt wurde. 1524 verfasste er eine - nicht erhaltene - Flugschrift, in der er kirchliche Missstände anprangerte, das Priestertum aller Gläubigen forderte und die Ohrenbeichte, die Fürbitte durch Heilige und die Lehre vom Fegefeuer verwarf. Er wurde der Ketzerei beschuldigt, verhaftet, verhört, im Stadtgefängnis Kärntnerturm eingesperrt und dazu verurteilt, in Büßerkleidung mit einem Strick um den Hals und einer brennenden Kerze in der Hand vor dem Portal des Stephansdomes an drei Sonntagen öffentlich zu widerrufen, zudem als ehemaliger Ketzer lebenslang ein schwarzes Kreuz an seiner Kleidung zu tragen. Er weigerte sich, den zunächst versprochenen Widerruf anzugeben, wurde deshalb zum Tod verurteilt und auf der Richtstätte auf der Gänseweide - an der Stelle des heutigen Hundertwasserhauses - 1 enthauptet.

Martin Luther war beeindruckt von Taubers Bekennermut, wie er in einem Brief an Georg Spalatin schrieb. An anderer Stelle verglich er ihn mit den ersten Märtyrern der Reformation in den Niederlanden. Tauber galt lange als der erste Märtyrer der lutherischen Reformation auf dem Boden des heutigen Österreich; tatsächlich war aber kurz zuvor schon der reformatorische Schriften verbreitende Buchhändler Georg in Neusiedl bei Güssing verbrannt worden.

1 Auf der Gänseweide waren schon 1421 etwa 200 Juden verbrannt worden wegen angeblicher Hostienschändung und Zusammenarbeit mit Hussiten. Daran erinnert dort heute eine Gedenktafel.


 

Web 3.0 - Leserkommentare:

Falls es jemals eine Hinrichtung eines evangelischen Ketzers im heutigen Burgenland gegeben haben sollte, so fand diese in Neusiedl bei Güssing statt. Dies ist dem Werk Geschichte des Protestantismus in Österreich von Grete Mecenseffy zu finden, die sich auf Bernhard Hans Zimmer Das Luthertum in Eisenstadt, Seite 14, beruft.

Im Lutherjahrbuch, 82. Jahrgang, 2015, Organ der internationalen Lutherforschung, heißt es dazu: Am 17. September 1524 war Caspar Tauber 2 enthauptet und kurz darauf Georg, ein Buchführer 3 lutherischer Schriften, in Ungarn verbrannt, am 10. Dezember Heinrich von Zutphen, ein Brieffreund Luthers, vom katholischen Mob erschlagen und verbrannt worden, worüber Luther Anfang 1525 einen umfangreichen Martyriumsbericht schrieb.

Es war nun zu klären, ob der Buchführer Georg in Neusiedl bei Güssing verbrannt worden ist, oder ob die Verbrennung des Buchführers Georg (Georgius) aufgrund eines Gedanken- oder Schreibfehlers von Ofen - dem heutigen Budapest - nach Neusiedl bei Güssing verlegt worden ist.

Nach Kontaktaufnahme mit mehreren Stellen der evangelischen Kirchen (A. B. und H. B.) in Österreich, die nichts von einer Verbrennung eines evangelischen Buchhändlers im Burgenland wissen, ist es durch die Hilfe von Honorar-Prof. Dr. Michael Bünker – Bischof der evangelischen Kirche A. B., und Universitäts-Prof. Dr. Rudolf Leeb - Institut für Kirchengeschichte, Christliche Archäologie und Kirchliche Kunst – gelungen, Klarheit in dieser Angelegenheit zu schaffen.

Die Nachricht über einen in Neusiedl bei Güssing hingerichteten Buchhändler ist äußerst vage. Sie beruht auf einer Meldung des Nuntius am Ofener Hof, Prello de Burgio, dass ein deutscher Buchführer ketzerische Bücher in den ungarischen Grenzraum lieferte bzw. öffentlich verkaufte, deshalb verhaftet und am 25. August 1524 mitsamt seinen Büchern verbrannt wurde. Es wird angenommen, dass ein unbekannter lokaler Adeliger für die Verhaftung verantwortlich war. Es gibt keinen Hinweis auf einen Ketzerprozess – wie etwa bei Caspar Tauber – bei dem der Buchführer angesichts der drohenden Todesstrafe die Gelegenheit zu einem Widerruf gehabt hätte, der aber auch standhaft hätte bekennen können und deshalb als Märtyrer hingerichtet worden wäre.

Falls ein Buchhändler mit seinen Büchern verbrannt worden ist, so erscheint dies Hinweis auf eine Strafaktion wegen unerlaubten (lukrativen) Bücherschmuggels. Aufgrund der Quellenlage kann in diesem Fall nicht von einem klassischen Märtyrer gesprochen werden. Vielmehr ist anzunehmen, dass der Buchführer, so seine Hinrichtung tatsächlich stattgefunden hat, und dessen religiöse Gesinnung nicht bekannt ist, die politische Lage im ungarischen Grenzraum offenbar nicht kannte bzw. falsch einschätzte.

Aus meiner Sicht bleibt Caspar Tauber der erste evangelische Märtyrer auf dem Boden des heutigen Österreich.

2 Schreiben Luthers an den Humanisten, Theologen, Reformator und Historiker Georg Burkhardt vom 1. 11. 1524

3 Schreiben Luthers an den evangelischen Prediger in Sachsen Nikolaus Hausmann vom 17. 11. 1524.

Prof. Helmut Bouzek aus Wien über E-Mail, 25. Februar 2018





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 28.05.2021

Quellen:

• Daniel Heinz. In: Friedrich-Wilhelm Bautz †, Traugott Bautz (Hg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. XI, Herzberg 1996

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.